Volltext Seite (XML)
90 ten Liberufer wird von Victor Emanuel für neutral und unverletzlich erklärt; dort wird der Papst un eingeschränkt herrschen. Er wird ein 309 Mann starkes bewaffnetes Corps haben, welches im Um kreis seines Roms die Ordnung bewacht, doch hört die päpstliche Stadt auf, ein unbedingtes Asyl für alle Verbrecher zu sein. Der Palast-Inhaber auf dem rechten Tiberufer schließt mit jenem auf dem linken Auslieferungsverträge. Eine von den katholischen Machten zu gleichen Theilen gestellte und unterhaltene Schaar von 600 Mann bildet die'Leibwache Sr. Heiligkeit, und in dieser neutra len Stadt werden auch die Konklaves für die Wahl des Papstes abgchalten. Das Königreich Italien afsekurirt dem Papste eine Civilliste im Betrage 1,500,000 Scudi, mehr als der Papst jetzt hat; der König von Italien läßt dem Papste den Vor tritt bei allen öffentlichen Feierlichkeiten. Es soll, in Rom eine Menge Kardinäle geben, die, um Ruhe zu haben, darauf eingehen möchten, aber der Papst selbst soll erklärt haben, Rom an dem Lage protestirend zu verlassen, an welchem der erste Soldat Victor Emanuel's in den Straße» der Ewigen Stadt erscheinen würde. — Die dänischen Kriegsrüstungen nehmen den ungestörtesten Fortgang und werden in groß artigem Maßstabe betrieben. Schon vor einiger Zeit hat die Regierung in den meisten Städten an der Ostküste Schleswigs Vorfragen über die für etwaige Forlisicationsarbeiten verfügbaren Holzvorräthe an stelle» lassen, Recognoscirungsarbcilen in der Gegend von Schleswig und Eckernförde vorgenommen rc. und gegenwärtig werden die nöthigcn Vorkehrungen getroffen, um beim ersten Einmarsch deutscher Bun destruppen ganz Eidcrstedt, namentlich die Umgegend des durch das Bombardement im Jahre 1850 be kannten Städtchens Friedrichstadt sofort unter Was ser setzen zu können. I» den nächsten Tagen soll ein Ingenieur-Detachement von Kopenhagen ab- gchen, um alle Arbeiten zu leiten. Eine Flolille von Kanonenbooten wird durch den Schleswig-Hol steinischen Canal dinigirt, um noch vor dem Ein tritt der Bundes-Execution an der Westküste Schles wigs Station zu nehmen. Die liberale Wandlung in Oesterreich. Oesterreich hat endlich, aber vielleicht zu spät,, eine Verfassung erhalten. Der Eintritt dieses wich tigen Ereignisses war schon lange gewiß. Wir bewundern nur die kolossale Zähigkeit der Regie rung, welche selbst durch die eiserne Hand der Noth- wendigkcit sich von ihrer Maxime: „Nur immer langsam voran", so wenig abbringen ließ. Vor einem halben Jahre hätte eine Rcichsvertretung selbst nach dem unglücklichen Muster des preußischen Landtags dem Reich eine neue Stütze gegeben und die Regierung zu einer Kraftanstrengung in Deutsch land befähigt, vor welcher die thatenlose und matte Politik zu Berlin Grund gehabt hatte, zu zittern. Heute aber sind die Schwierigkeiten und Gefahren, die Oesterreich drohend umlagern, gegen jenen Zeit punkt wieder um das Doppelte gestiegen, und da mit der praktische Werth der verkündigten Reform bereits im Voraus um die Halste abgeschwächt. Die Entwickelung der innern Zustände Oesterreichs fangt an, eine Aehnlichkeit mit der Geschichte Frank reichs vor der Revolution zu zeigen. Gleiche Finanz- noth, gleiche Verkehrtheit in der Wahl der Mittel, dieser Noth zu steuern, und dazu die Gefahren des Kriegs -vor allen Lhoren. Freilich stehen der kaiser lichen Regierung noch zwei bedeutende Stützen zur Seite: eine treue, noch ungebrochene Armee und die nicht minder treue Bevölkerung der deutschen Provinzen. Aber auch der größte soldatische Opfer- mutb hält heutzutage ein in sich gebrochenes Reich nicht auf die Dauer zusammen; und die deutsche Bevölkerung Oesterreichs ist gegen die fremden Na tionalitäten zu sehr in der Minderzahl, um mit ihren Leibern die tiefen Risse auszufüllen, welche sich durch das ganze Reich hindurchziehen. Ob in dieser gefährlichen Lage eine Rcichsvertretung den Staat retten kann, ist eine bedenkliche Frage. In ruhigen Zeiten, wo die Entwickelung des StaatS nirgendswo von Gefahren bedroht ist, mag der Ringkampf zwischen Herrenhaus und Volkshaus die wohlthätjgstc Bewegung im Staatsleben sein. Aber in einem kritischen Augenblick,-wo alle Hoff nung einzig und allein auf der Kraft und Hingabe des Volks beruht und nur ein treues Bündniß mit diesem die Krone retten kann, da ist ein Adelshaus mit -all' seinem romantischen Schimmer eine sehr überflüssige und gefährliche Sache. Wenn alle Bür ger und Stände in dieser gleichen Gefahr verstän dig sind, so wird das einträchtige Zusammenhalten Aller, das aber nimmermehr durch die prinzipiell feindselige Scheidung einer Landesvertretung inAdels- und Volkshaus erreicht werden kann, den Staat retten. Welchen Einfluß aber auch diese Neuge staltung auf die Schicksale Oesterreichs ausüben mag, den Freund des Volkes muß die Thatsache mit erhebender Freude erfüllen, daß nach und nach auch in den ab so lute st regierten Ländern die Wahrheit sich Bahn bricht, daß die eigentlich er haltenden Elemente nicht in übermüthiger Polizei herrschaft, sondern nur in freisinnigen Institutionen beruhen. Durch jene, durch die willkürliche Politik des Fürsten Schwarzenberg und seine Nachfolger, ist Oesterreich in große Gefahr gerathen. Die äußere Politik geht heutzutage mit Ler innern Hand in Hand, Die nationale Größe kann sich nur an dem Stabe der Freiheit aufrichten. Hätte Oesterreich in den schimmernden Tagen, wo Ungarn und Italien besiegt zu seinen Füßen lagen und Preußen seine Mattherzigkeit zu Olmütz verbüßte, redlich sich mit den gerechten Forderungen seiner Völker verstanden, so würde es wahrlich heute nicht das Bild darbie ten, zu welchem es die zehnjährige Herrschaft des Absolutismus gebracht hat. In Oesterreich hat der Conservatismus, neu aufgebaut auf glänzende Siege, zehn Jahre lang unumschränkt geblüht und alle