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, Vermischtes. Das bei Kober und Markgraf in Prag erschei nende iüustrirte Blatt „Von Haus zu Haus" enthält in Nr. 27 v. I. einen lesenswerthen Aufsatz „An dersen in Dresden. Ein Salonbild", in dem u. A. in Bezug auf den Major Serre eine interessante wahrheitsgetreue Anecdote erzählt wird. Wir wollen dieselbe hier mittheilen, nicht etwa, um auf das gast liche Haus des Genannten hinzuweisen, welches von je der Sammelplatz bedeutender Künstler und Schrift steller gewesen ist und noch ist, sondern um nachzu- wciscu, daß Major Serre, der bekannte Gründer der Schillcrloiteric, dessen rastlosen, energischen, wage- muthigcn Charactcr und dessen enthusiastische, organi- sationssähige und dabei zähe und harthörig durch alles Geschrei hindurchschreiende Natur bei allen sonstigen menschlichen Schwächen Niemand in Abrede stellen wird, von frühester Jugend an ein eifriger Förderer alles Guten, ein großer Verehrer und Beschützer der Kunst und deutschen Dichterlebens gewesen und noch ist. Als im Jahre 1859 — heißt es im besagten Aufsatz — das Comil« zusammentrat, um die Sta tuten der deutschen Schillerstiftung festzusetzen und der Major Serre bei einem Banquet anwesend war, wurde Professor Förster aus München aufgefordert, einen Toast auszubringen; er lehnte diese Ehre ab und bat nur um die Erlaubniß, eine kleine Geschichte erzählen zu dürfen. Als sich die Preußen gegen Lie Franzosen und Napoleon I. rüsteten und Freicorps gebildet wurden, hielt ein Trupp junger Krieger vor dem Hause von Förster's Vater. Dieser, noch ein Knabe, theilte Erfrischungen an die Kamptbegeisterten aus. Da trat ein Jüngling aus der Reihe, zog ein Buck aus der Brusttasche und gab es dem kleine» Förster mit den Worten: „Bewahre mir das Buch, kehre ich zurück, dann giebst Du es mir wieder, — falle ich — so ist es Dein Eigenthum!" Der junge Mann forderte es nicht wieder, und doch kam er unversehrt aus dem Kriege heim. Förster sah ihn nicht mehr, bewahrte aber das Buch. Es war eine auserlesene Sammlung deutscher Dichtungen. Des Jünglings Name stand darin. Jetzt, nach fast einem halben Jahrhundert, hat ihn Förster wiedergefunden, auch jetzt noch begeistert für deutsches Dichtcrlebcu, im rastlosen Wirken für Lie Kunst. — Es war der Major Serre. — Die „Dr. N." bringen folgende Erzählungen über das frühzeitige Tanzen junger Mäd chen aus dem „Turner", Jahrgang 1846: „Meine drei Töchter waren 16, 15 und 14 Jahre alt; die jenigen, welche sie gekannt haben, werden sich erinnern, Laß sic sehr hübsch und liebenswürdig waren. An einem Winterabende zierten sie einen Ball, den die Museums^ Gesellschaft veranstaltet hatte. Ich trat in den Saal, meine Töchter tanzten und zogen Aller Blicke auf sich. — Ich näherte mich dem Kamine; ein Mann von ernster Gcsichtsbildung stand früher da und verlor meine Töchter nicht aus den Augen. — Mein Herr, kennen Sie diese drei hübschen Mäd chen, fragte er mich. Ich hätte ihm sagen sollen, Laß ich ihr Vater sei; aber ich unterließ dieß, ich 100 weiß selbst nicht warum, ich antwortete: Ich glaube, daß es drei Schwestern sind, mein Herr. Das glaube ich auch, erwiderte er, seit geraumer Zeit habe ich sie beobachtet und bemerkt, daß sie drei Stunden lang getanzt haben, ohne sich einen Augenblick Ruhe zu gönnen. Und, setzte der Mann ganz kalt hinzu, mein Herr, in drei Jahren wird von Liesen drei Mädchen keins mehr leben. Der Unglücksbote, der ein Schüler des berühmten Or. K. war, hatte wahr gesprochen, drei Jahre darauf hatte ich keine Kinder mehr." — Beobachtet man heut zu Tage die Jugend und das tolle Tanzen unserer Mädchen auf Bällen, so möchte dem Menschenfreunde das Herz brechen. Sie werden daher gewiß im Interesse des großen Publikums handeln, wenn Sic gelegentlich diese wenigen Zeilen in Ihr Blatt aufnchmen werden, um zu zeigen, wie verderbend eine so schöne Lcibes- bewegung, wie das Tanzen doch immer bleibt, werden kann, wenn es zu frühzeitig, leidenschaftlich und un sinnig getrieben wird. — Eine Abendgesellschaft im Hhdepark in London begann fröhlich und endigte traurig. Man tanzte bei den Klängen eines Piano's. Eine Dame, die einen lustigen Walzer spielte, näherte sich mit einer Handbewcgung zu sehr den Armleuchtern, ihre Aer- mel wurden von der Flamme erfaßt. Ihre Schwester wollte sie retten und stand bald selber in Flammen; ein gleiches Schicksal hatten noch drei andere Damen, die sämmtlich an argen Brandwunden daniederliegen. Die Schwester der Pianistin ist daran bereits ge storben. — Gemäß den Berichten des englischen „Llohd" litten im vor. Jahre nicht weniger als 1811 Schiffe Schiffbruch, die völlig scheiterten, was mithin fast » 5 Schiffe aus den Tag ergiebt. Im December be lief. sich die Zahl der Schiffbrüche auf 186. — Der blaue Montag. Es ist um das Jahr 1500 Sitte geworden, zur Zeit der Fasten die Kir chen blau auszuschmücken. Zur selben Zeit fingen dic Handwerker an, ihre Andachten vom Sonntag auf den Montag assszudehnen und erlaubten auch ihren Gesellen, die Arbeit am Montage einzustellen und die blau ausgeschlagene Kirche zu besuchen. Das hieß man den Tag blau machen, und der Unfug erstreckte sich fast über alle deutschen Länder, erstrcckte sich bald auf alle Montage auch außer der Fasten zeit und setzte an die Stelle der nützlichen Arbeit den Müssiggang und sein Gefolge von Sünden und Lastern. Das erste Verbot dagegen erschien schon unter Kaiser Maximilian II. und wurde sofort, aber fast immer wirkungslos, bald hier, bald dort, alle Decennien bis auf unsere Tage herauf erneuert und verschärft. Aber Jean Paul sagt treffend: „In Deutschland braucht man allemal drei Jahrhunderte, um einen Mißbrauch aufzuheben!" — Man schreibt aus Hannover: „Bei der Jubel feier der Nürnberg - Fürther Eisenbahn wurde als außerordentlicher Fall hervorgehoben, daß ein Kassen- bcamtcr Lie vollen 25 Jahre hindurch auch nicht einen Tag in seinem Bu cau gefehlt habe. Ein Seitcnstück bildet unser glücklicher Cantor Kiel in Osterrodc (am Harz) der scit dem 1. März 1811 bis zu dem-