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fen, er wird sich endlich doch mit Victor Emanuel vertragen müssen. Damit ist aber sicher nicht das letzte Hinderniß der „Consvlidirung Italiens" beseitigt. Die Schwie rigkeiten, der äußeren Annexion die innere Ver wandlung der unter ein Scepter vereinigten Pro« vinzen folgen zu lassen, bleiben übrig; allein sie sind jedenfalls gemindert und werden überwunden werden, wenn der Frieden erhalten bleibt. In dielen Schwierigkeiten liegt aber die beste Garantie, daß er es bleibt. Die Schwierigkeiten vor Capua haben Garibaldi bewiesen, daß er ohne Sardinien nichts vermag, und nie wäre Gaöta durch seine Kraft überwältigt worden. Auch die indirecte Intervention der französischen Flotte vor Gaöta hat der Sache Italiens nichts geschadet. Daß sie es sollte, ist nicht zu bezweifeln, denn die Abneigung Napoleons, oder, besser gesagt, Frankreichs gegen ein einheit liches Italien ist neuerdings in sehr ernsthaft ge meinten politischen Aktenstücken so zu Tage getreten, daß man vollkommen berechtigt ist, der Sendung der Flotte nach Gaöta den Zweck unterzulegen, den bourbonischen Reactionsversuchen in den Abruzzen einen Stützpunkt zu geben und ihnen Zeit zu lassen, sich zu organisiren. Diese napoleonische Politik Kat aber Unglück gehabt.- Sardinien hat sich nicht irre Machen lassen und England die Entfernung der französischen Flotte so entschieden verlangt, daß sich die französische Thronrede genöthigt sah, den Rück zug derselben in einer Weise zu motiviren, daß die Sendung um so unmotivirter erscheint. Je weniger Hoffnung nun den Plänen, Italiens nationalen Bestrebungen hemmend entgegen zu treten, übrig bleibt, um so mehr steigern sich die Fricdensaus- slchten und je größerer Druck wird auf Frankreich geübt, dem wiedergebornen Italien seine natürliche Hauptstadt wiederzugeben. — In Turin ist das erste italienische Par lament eröffnet worden, um das Königreich Ita lien in eine Form zu gießen, wie cs einen König hat. Aus Neapel und Sicilienf aus Parma, Mo dena und Toskana, aus den päpstlichen Provinzen und aus Piemont sind die Abgeordneten zusammen gekommen, nur die Römer fehlen, die Venetianer und — die Savoyarden und die Leute aus Nizza, die aus Italienern Franzosen geworden sind. Dem König Victor Emanuel hörte man an, wie ihm mit dem Falle von Gaeta ein mächtiger Stein vom Herzen gefallen ist; er sprach seine Freude offen aus. Uebrigens sagte er vorsichtig: „Das neue Königreich wird der Stimme der Weisheit folgen. Meine Stimme hat sich einst kühn erhoben; es ist aber weise, zu gelegener Zeit zu warten, wie eS weise ist, zu gelegener Zeit zu wagen. Ich habe mein Leben und meine Krone gewagt, aber Nie mand hat das Recht, die Eristenz und das Geschick meiner Nation aufs Spiel zu setzen." Das heißt zu deutsch: hüten wir uns jetzt, Venedig, d. h. Oesterreich anzugreifen, wir könnten sonst alle Er rungenschaften gefährden. Aus Turin wird berichtet, das Ministerium habe im Senate eine Vorlage ciagchracht, wonach 67" Victor Emanuel und seine Nachfolger den Titel: „König von Italien" führen sollen. Dieselbe wurde mit allgemeinem Beifall ausgenommen. Die fremden Truppen Gasta'S werden nach Genua eingeschifft. Die Seesoldaten und Invaliden bleiben in Gaöta. Die italienischen Truppen wer den in den Provinzen vertheilt. Admiral Persano ist vor Messina angekommen. General Cialdini wird zu ihm stoßen, falls die Besatzung die Ueber- gäbe verweigert. — Die spanische Fregatte „Colomb" ist vor Civita-Bcchia angekommen, wo sie zur Dis- posttwn König Franz II. steht, der den 28. Rom verlassen und, wie man glaubt, sich über Triest nach Baiern begeben Md. Die Zahl der Kriegsgefangenen von Gaeta beträgt 11,000, wobei 25 Generale. General Fer- gola weigert sich, Messina zu übergeben mit dem Hinzufügen, daß er sich auf'S Aeußerste verlbeidigen werde. Admiral von Persano ist mit Truppen unter General Cialdini nach Messina gegangen. Im Fall der Verweigerung der Uebergabe wird angegriffen. lieber den Moment der Abreise der königlichen Familie von Gaöta erfährt man Folgendes: Den 14. Febr. um ^9 Ubr Morgen« schifften sich der König und die Königin, sowie die Prinzen und ihr Gefolge auf dem französischen Avisodampfer „La Monette" mit etwa 90 Personen ein. Die Königin saß auf dem Verdeck und blickte unver wandt auf Gaöta, ohne ein Wort zu sprechen, die Damen des Gefolges standen hinter ihr und waren gleichfalls schweigsam und in Gedanken versunken. Der König schien gefaßt, das Haupt geneigt; seine beiden Brüder waren blaß vor Galle, besiegt, aber nicht überwunden; die Sehnsucht nach Rache blitzte auS ihren Augen. Die Piemontesen zogen, den Prinzen Eugen und Cialdini an der Spitze, in Gaöta ein. Kurz bevor der König absegelte, über sandte ex an den Grafen v. Trapani, seinen Onkel, folgende telegraphische Depesche: „Von allen Mäch ten verlaffen, sehe ich täglich meine Getreuesten umkommen, und in der traurigen Gewißheit,- daß die Sterblichkeit immer mebr zunimmt, habe ich capitulirt. Schicke mir drei Wagen nach Tenacina. Francesco." — Der Anblick von Gaöta ist schrecklich. Unge fähr 200 Unglückliche liegen vielleicht noch lebend begraben unter den Trümmern der Bastionen und Niemand denkt daran, ihnen beizustehen. — Die vertriebene Königsfamilte kam um l > Ubr Morgens in Rom an. Im Quirinal erwarteten die Königin-M stter und ihre Kinder, Graf und Gräfin Trapani, mit Ungeduld ihre Ankunft. Am folgen den Tage um 4 Ubr fuhr die Königin Marie Christine von Spanien zum Ouirinal. Wenig später kam der Papst. Am Fuße der Treppe wurde derselbe vom König, der Königin und den Prinzen und Prinzesfinnen empfangen. Alle sielen zur Erbe und wollten den heiligen Fuß küffen. Nachdem Pius lX. sie erhoben und gesegnet, stieg er an der Seite des Königs zu den Zimmeru empor. Man sah ost Franz von Bour- 9*