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WMatt fiir WilsW Tharandt, Nossen, Siebenteßn und die Amgegenden. Amtsblatt > «3. Jahrg. Sonntag, den 3». Oktober 1994 M die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, ' sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für WilSdraff, Alttannebera Birkenbain Blankenstein Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, »dr-dM »ME «rsckeint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. - Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf., Inserate we?den Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. - JnsertionspreiS 15 Pfg. pro viergespallene KorpuSzeUe: und Verlag von Martin Berger 8k Friedrich in Wilsdruff. — Verantwortlich für Oertliches und dm Inseratenteil: Martin Berger, für Politil und die übrigen Rubriken: Hugo Friedrich. «o 129. 1 Jie mW Ar. ersEeint Mlivoch LvenS.! Jnseralen-Annahme bis mittags 12 Uhr. Klar z«m Gefecht. Das ist auch heute noch die Signatur der Sage im englisch-russischen Konflikte. Die diplomatischen Verhand lungen dauern fort und es läßt sich zur Stunde noch nicht beurteilen, ob ihr Verlauf einer friedlichen Lösung näher kommt oder ob Rußland in den nächsten Tagen vor die Aufgabe gestellt sein wird, zwei Kriege zu gleicher Zeit führen zu müssen. Lange kann diese Ungewißheit freilich nicht dauern: die ausgebrachte englische Bevölkerung verlangt rasche Entscheidung und weitgehendste Sühne. Der offiziöse „Daily Graphic" sagt, die Geduld der Nation sei auf das äußerste gespannt. In dieser Tatsache selbst liege ein furchtbares Ultimatum, dementsprechend sich auch die Regierung zu handeln gezwungen sehen werde. Die Stimmung in der Londoner Bevölkerung spiegeln folgende Telegramme von gestern Nachmittag wider: London, 28. Oktober. Hier herrscht nur eine Stimme, daß die Krise durch das Zögern der russischen Regierung heute den Gipfelpunkt erreicht hat, und daß wenige Stunden über Krieg und Frieden zwischen den beiden Weltreichen entscheiden werden. Mit inten siver Spannung erwartet ganz England den auf heute mittag im Auswärtigen Amte einberufenen Kabinettsrat, der, wie niemand zweifelt, auf Jahre hinaus über Krieg und Frieden des größten Teils der bewohnten Erde entscheiden wird. Schon jetzt drängt sich eine dichte Menschenmenge um die Zugänge zu Dowuing Street, um dem welthistorischen Ereignis wenigstens als Zuschauer beizuwohnen. In allen Regierungsdepartements herrscht ununterbrochen fieberhafte Tätigkeit. Ein hoher Minister sagte: „Wir hoffen das ^Beste und rüsten uns auf das Schlimmste." Nach Depeschen aus den britischen Arsenalen und Flottenstationen in England und in allen Weltteilen herrscht eifrige Rüstung und Bewegung mit der bei Kriegszeiten üblichen Verschwiegenheit. Etwas Hoffnung auf friedliche Lösung läßt folgende — zunächst allerdings noch unkontrollierbare — Reuter-Meldung aus London von gestern abend zu: London, 28. Oktober. Die britische und die russische Regierung haben ihre Bereitwilligkeitkund- gegeben, im Prinzip den Vorschlag anzunehmen, daß die strittigen Punkte, betreffend den Vorfall auf der Doggerbank einer Untersuchungskommission überwiesen werden und die russischen Schiffe unterdessen in Vigo verbleiben. (Ursprünglich verlangte England bekanntlich Bestrafung der schuldigen Offiziere ohne jedeUnterjuchung, was Rußland ablehnte. Red.d.W.W) Jnbetreff der Einzelheiten ist noch nichts festgesetzt Morden, doch dürften die Artikel 9, 10 und 32 der Haager Konvention eine befriedigende Grundlage für das einzuschlagende Verfahren bieten. Dieser Vorschlag M nicht von der britischen Regierung ausgegangen. Nunmehr liegt auch der Bericht des Kommandeurs des russischen Geschwaders — es ist ein Glück für den Mann, daß er den kaum im Gedächtnis zu bewahren den Namen Roschdjestwenski führt, sein „Ruhm" würde sonst für alle Zeit fortleben —vor. Was dieser Seemann zur „Rechtfertigung" seines bösen Streiches zu erzählen weiß, ist sehr mager und sicher nicht geeignet, die Ver handlungen mit England zu erleichtern. Der famose Herr erzählt in seinem ersten Telegramm: vereidigt. Die Beschießung anderer neutraler Schiffe. Die russische Flotte scheint auf jedes ihr begegnende Schiff ohne weiteres geschossen zu haben. Es wird nämlich noch berichtet: Der in Geestemünde eingetroffene deutsche Fischdampfer .Sonntag" ist von der russischen Flotte 2V- Stunden bei der Doggerbank beschossen, aber nicht getroffen worden. Der Schiffsführer, Kapitän Hähnel, teilt hierüber folgendes mit: „Wir befanden uns am 21. Oktober bei den Horns- riff-Fischgründen an der jütländischen Westküste. Vormittags passierten fünf russische große Schiffe, abends neun weitere. Nördlich von uns befand sich ein großer Frachtdampfer. Um 8V, Uhr wurden wir durch Scheinwerfer beleuchtet: gleich darauf fielen die ersten Granaten in unserer Nähe. Das russische Schiff feuerte nach allen Seiten, bis 80 Schüsse in der Minute. Gegen O^UHr kam der Frachtdampfer in unsere Nähe und lenkte das Feuer auf sich. Beim Licht des Scheinwerfers konnten wir das Aufschlagen der Granaten dicht bei diesem Dampfer be obachten, sahen dann südlich einen zweiten Scheinwerfer und in der Nähe des uns beschießenden Schiffes Granaten aufschlagen. Wir blieben unbeschädigt. Nach 11 Uhr kamen keine Granaten mehr." Demnach müssen die Russen glücklicherweise unglaub lich schlecht geschossen haben. Aus Kopenhagen wird noch berichtet: Auf Ersuchen der schwedischen Regierung wurden der Kapitän und die Besatzung des Helsingborger Dampfers „Aldebaran" über die nach Angabe des Kapitäns am Freitag abend durch ein fremdes, answeinend russisches Kriegsschiff er- folgte Beschießung des „Aldebaran" polizeilich verhört; alle waren der Ueberzeugung, daß scharf geschossen wurde. Die Mannschaft habe Granaten in der Luft und über den Aldebaran explodieren sehen. Der Abstand habe eine halbe Seemeile betragen. Das russische Kriegsschiff habe die schwedische Flagge deutlich sehen müssen. Kapitän und Mannschaft wurden auf ihre Aussagen * Wolffs Bureau meldet uns heute, Sonnabend mittag: London, 29. Oktober. Es ist gelungen, zwischen England und Rußland eine Einigung dahin zu erzielen, daß der Zwischenfall durch das internationale Schiedsgericht entschieden werden soll und die in Betracht kommenden russischen Seeoffiziere zu diesem Zwecke ausgeschifft werden. London, 29. Okt. (Reutermeldung.) Trotz der gebesserten politischen Lage macht sich im ganzen Lande, in allen Kriegshäfen eine gesteigerte Tätigkeit be merkbar. Es wird eine große Anzahl von Linienschiffen und Kreuzern der Reserve fertiggestellt. Die Admiralität scheint eine Flottenkundgebung zu beabsichtigen. 110 Torpedo boote sind der Heimatsflotte attachiert. London, 29. Oktober. Die Ansichten der englischen Presse über die Lösung des Zwischenfalles sind sehr geteilt. Die Blätter der Opposition erklären sich mit der Ver meidung des Krieges befriedigt. In der Bestimmung daß ein Teil der baltischen Flotte während der Unter suchung in Vigo bleiben muß, erblickt „Daily Chronikle" die beste Gewähr dafür, daß derartige Verstöße sich nicht wiederholen werden. im Schutze der Dunkelheit das an der Spitze des Ge schwaders fahrende Schiff angriffen. Das Geschwader ließ die Scheinwerfer spielen und eröffnete das Feuer. Dabei zeigten sich einige kleine Dampfschiffe, die Fischdampfern ähnelten. Das Geschwader versuchte diese Dampfer zu schonen und stellte das Feuer ein, sobald die Torpedoboote aus dem Gesichtskreis verschwunden waren. Die englische Presse ist darüber empört, daß das am Ort des Zusammenstoßes vom Geschwader bis zum Morgen zurückgelassene Torpedoboot den Bc- schädigten keine Hilfe geleistet habe. Beim Geschwader befand sich nicht ein Torpedoboot und niemand wurde am Orte des Zusammenstoßes zurückgelassen Folglich blieb bei den kleinen Dampfern dasjenige von den zwei Torpedobooten, das nicht in Grund gebohrt, sondern nur beschädigt war. Das Geschwader leistete den kleinen Dampfern keine Hilfe, da es sie in Ver dacht hatte, daß sie Beihilfe leisteten, denn sie versuchten hartnäckig, die Linie der Schiffe zu durchbrechen. Einige von ihnen zeigten gar keine Lichter, andere erst sehr spät. Ein zweites Telegramm des Admirals meldet: Das Geschwader stieß auf viele Hunderte von Fischern, denen es immer die nötige Aufmerksamkeit schenkte, nur nicht als unter den Fischern fremde Torpedoboote angetroffen wurden. Eins von den Torpedobooten ist verschwunden, das andere ist, nach den Aussagen der Fischer, bis zum Morgen bei ihnen geblieben. Sie hielten es für ein russisches und waren empört, daß es den Beschädigten keine Hilfe leistete. Es war aber ein fremdes, das bis zum Morgen blieb, entweder, um das andere zu suchen, oder um seine Beschädigungen auszubesscrn, wobei es sich nicht getraute, sich denen, die nicht seine Genossen waren, zu erkennen zu geben. Wenn auch Fischer unvorsichtiger Weise in die Affäre hereingezogen worden sind, so bitte ich im Namen des ganzen Geschwaders, den unglücklichen Opfern unser aufrichtigstes Beileid ausdrücken zu wollen. Wie aber die Sache lag, konnte kein Kriegsschiff, auch nicht im tiefsten Frieden, anders handeln. Was das für Torpedoboote gewesen sein sollen, ist schlechterdings unerfindlich. Englische können es nicht gewesen sein, denn dann hätte man längst davon gehört. Und an japanische Torpedoboote zu denken, ist so absurd, daß man fast lieber annehmen möchte, die Russen hätten auf zwei ihrer eigenen Torpedoboote geschossen. England rüstet inzwischen fleißig weiter. Man berichtet darüber von gestern: Das Kanalgeschwader hat heute nachmittag gefechtsklar gemacht. Es geht das Gerücht, die ganze Flotte, mit Ausnahme des Schlacht schiffes „Cäsar" gehe morgen in der Frühe nach Westen in See, um angeblich einen Scheinangriff gegen Gibraltar auszuführen. Heute nachmittag sind einige Torpedoboote nach Tanger abgegangen. Die Tätigkeit im Arsenal wird kräftig fortgesetzt. Die Division der Mittelmeer flotte, welche hier erwartet wird, umfaßt sechs Schlacht- schiffe, sämtliche Panzerkreuzer, sowie 20 Torpedoboote und Torpedobootzerstörer. Vier Schiffe des englischen Mittermeergeschwaders verließen um 11^ Uhr abends den Hafen von Fiume. Der in den griechischen Gewässern befindliche Teil des englischen Mittelmeergcschwaders erhielt Befehl, diese Gewässer mit aller Beschleunigung zu ver lassen. In Malta sind der britische Kreuzer „Bacchante" mit Kontreadmiral Walker, das Schlachtschiff „Albemarle", mit Kontreadmiral Hamilton an Bord, ferner das Schlacht schiff „Montagu" und 6 Torpedobootzerstörer von Korfu eingetroffen. Das Schlachtschiff „Oueen" und 9 Torpedo- zurückberufen. * Die Affäre in der Nordsee wurde durch zwei j bootszerstörer sind mit unbekannter Bestimmung von Torpedoboote hervorgerufen, die, ohne Lichter zu zeigen, i Malta abgegangen. Sämtliche beurlaubten Offiziere wurden