Volltext Seite (XML)
genommen und am Abend fährt er, von glänzendem Gefolge umgeben, in der Kalesche spazieren und geht seinem Ver- gnügen in den Gärten von Rescht nach. Vorgestern hackte man auf Befehl des Herrn Gouverneurs einem Manne die Fersen ab und einem anderen zog man einen Strick durch die Nase und führte ihn so auf dem Bazar umher, wo seine Wächter von den Händlern Geld etnsammelten. Zu wessen Besten die Geldsammlung stattfand, habe ich nicht erfahren können. In den letzten zwei Tagen ist die Cholera wieder stärker ausgetreten, täglich erliegen ihr 20 und mehr Menschen. Es gibt weder Krankenhäuser noch Aerzte. Die Cholcraleichrn werden zum Flüßchen Tschailak gefahren, dort gewaschen und dann begraben. Derselbe Tschailak liefert uns das Trinkwasser. Anderes ist in Rescht nicht vorhanden." Aurze Lhrsnik. Großer Felssturz. In dem freundlichen Veitsch- tal, das von Mitterdorf gegen die Veitschalpe emporziedt, ereignete sich ein gewaltiger Felssturz. Die Arbeiter Johann Rodler und Anton Krampl wurden verschüttet und getötet. Weitere Felsstürze drohen. Grubenunglück. Durch herabstürzende Kohlen wurden auf der Hcinrichsgrube und der Luiscngrube in Beutben se 1 Arbeiter getötet. Giftmordverfuch. In Rummelsburg versuchte das Dienstmädchen Radke die drei Kinder ihrer Herrschaft mit Blausäure zu vergiften. Die Radke wurde verhaftet. Schrecklicher Selbstmord. In Allais (Frankreich) hatte ein Grudenardeiter mit einem Wirte einen Wort wechsel. Der Grubenarbeiter zog den Revolver, worauf der Wirt die Gendarmerie verständigte. Während dessen steckte sich der Grubenarbeiter eine Dynamitpatrone in den Mund und brachte sic zur Explosion. Der Körper des Unglücklichen wurde vollständig zerrißen. Einen Schadenersatz von 6V0ÜÜ Mark ver- langt von der Allgemeinen Eleklrizttäts-Gesellschaft zu Berlin der Glasermeister Otto Mediger, weil sein Sohn bei Ausführung einer Reparatur in einem Gebäude der Gesellschaft durch einen Sturz dauernd arbeitsunfähig ge worden ist. Familientragödie. In Königsberg i. Pr. ver suchte die Tischlcrsrau Kaleck nach einer häuslichen Szene sich und ihre vier Kinder zu ertränken. Die beiden Jüngsten sind tot, die anderen wurden gerettet. Aus Stadt und Land. Mitteilungen aus dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 15. November 1904. — „Mehr Luther!" so tönt es durch unsere Zeit, die sich in dankbarer Verehrung auf ihre führenden Geister besinnt. Was unser Luther, der „größte deutsche Mann" nach unseres Kaiser? Ausspruch, seinem Volke gewesen, tritt immer klarer zu Tage, je mehr die köstlichen Schätze gehoben werden, die seine zahlreichen Schriften bergen. Und immer greifbarer bricht sich die Erkenntnis Bahn: niemals hätte dieser Feuergeist die weltüderwindende Höhe christlichen Glaubens erklommen, wenn er nicht vorher in Demut und Selbsterkenntnis in die Tiefe der Buße hinabgestiegcn wäre. So lautet sein erster Hammer schlag unter den 95, die am 31. Oktober an der Schloß kirche zu Wittenberg erklangen: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Lut Buße, so will er, daß das ganze Leben seiner Gläubigen auf Erden eine stete und unaufhörliche Buße sein soll." Landesbuß- und Bettag, den wir wieder feiern, will diesen Bußklang widerhallen lassen, nicht so sehr in Erinnerung an eigene persönliche Schuld als an die Gesamtschuld des ganzen deutschen Volkes. Daß sie in erschreckendem Umfange vorhanden ist, wird kein christlicher Volksfreund leugnen. Hier heißt es auch: einer für alle, alle für einen. Solls besser werden in Haus und Familie, in Gemeinde und Volk, in Kirche und Staat, es gibt nur einen Weg. Er heißt nach dem Worte des Meisters, dessen Werkzeug der Wittenberger Mönch war: Buße! Darum mag auch, recht verstanden, am Bußtage der Ruf ertönen: Mehr Luther! — Das Reichsgericht hat entschieden, daß ein Wähler, der versehentlich an zwei verschiedenen Orlen in die Wahlliste eingetragen ist und bei der Hauptwahl an dem einen, bei der Stichwahl an dem anderen Orte wählt, strafbar ist. — In der Tagesordnung für die Montag, den 21. November 1904, vormittags halb 12 Uhr stattfindende Sitzung des Bezirksausschusses der Königlichen Amts- hauptmannschüft Meißen befinden sich u. A. folgende Beratungsgegenständc: Gesuch Max Kießlers in Nieder- Wartha um Uebertragung der ihm für das abgebrannte Gasthofsgebäude Kataster-Nummer 7 daselbst erteilten Konzession zur Gastwirtschaft einschließlich des Branntwein schankes und zum Abhalten öffentlicher Tanzmusiken auf das neu zu erbauende Gasthofsgebäude. Gesuch des Ratskellerpachters Bärsch in Siebenlehn um Konzession zum Beherbergen. Gesuch des Gasthofsbesitzers Leonhardt in Steinbach bei Kesselsdors um Konzession zur Abhaltung öffentlicher Tanzmusik im Gasthofsgrundstücke daselbst (Uebertragung). Ortsstatutarischer Beschluß der Gemeinde Blankenstein, die Verkündigung allgemeiner Veröffent lichungen in Gemeinde- und ortspolizeilichen Angelegenheiten betreffend. Petroleum-Tankwagen-Verkehr betreffend. Besitzveränderungs-Abgaben'Regulativ für die Gemeinde Hühndorf. — Gräfin Montignoso, die einstige Kronprin- zesstn von Sachsen, soll sich auf ihrer Fahrt nach Italien in Wien aufgehalten, aber ihr Hotel nur einmal verlassen haben, um zum Obersthosmarschallamt zu fahren. Die Nachricht ist sehr befremdlich angesichts der österreichischen Verfügungen gegen die frühere Kronprinzessin, und es ist nicht begreiflich, was sie mit dem Hofmarschallamt zu tun habe könnte. Mit allen Interventionen usw. ist eS doch nun Gott sei Dank gründlich vorbei. — Ein Wendepunkt in der Witteruna ist nach alten Wetterbüchern der 15. November. Oft tritt an diesem Tage Schneefall ein. Ist dieser mit Frost verbunden, so soll mit fast völliger Sicherheit auf einen strengen Winter, vor allem auf einen Vorwinter zu rechnen sein. Ist dagegen der 15. November mild, so ist Frost und Schnee nur selten vor Mitte Dezember zu erwarten. — Schlechte Zähne. Durch Untersuchung von etwa 100000 Kindern im ganzen deutsche» Reiche ist die Tatsache nachgewiesen, daß über 78 Prozent unserer Schulkinder kein gesundes Gebiß besitzen. — Die Wasserkalamität, unter welcher unser Wilsdruff in den letzten Wochen etwas zu leiden hatte, wird in den nächsten Tagen für alle Zeiten behoben sein. Die Vor arbeiten zur^Nutzbarmachung des Brunnens im alten Elektrizitätswerk sind nämlich soweit vorgeschritten, daß der Anschluß dieser Wasserquelle an das städtische WasserleitungSneß in wenigen Tagen erfolgen kann. — Der Mannergesangverein Sängerkranz begeht nächsten Freitag im „Hotel goldener Löwe" sein 32. Stiftungsfest durch Gesangs- und Jnstrmnentalkonzert und Ball. — Kapellmeister Richard Eilers gibt am Dienstag, 29. November, im Saute des Hotels zum Löwen mit seinem vollzähligen Orchester ein Konzert. Das musik- liebende Publikum der Stadt und Umgebung wird die Nachricht sicher mit besonderer Freude entgegennehmen. — Die Gemeinde Sachsdorf hat in Erinnerung an den Tag ihrer Einholung in hiesige Ktrchfahrt als Ertrag einer freiwilligen Sammlung dem Ortspfarrer die Summe von 2ÜV Mk. zur Anschaffung eines Harmoniums für den Konfirmanbensaal übergeben. Das Harmonium wird die Widmung erhalten: „Gestiftet von der Gemeinde Sachsdorf in Erinnerung an den 1. Advent 1903." Der Kirchenvorstand der Parochie Wilsdruff hat von dieser hochherzigen Stiftung mit innigstem Danke Kenntnis ge nommen; zeigt sie doch ebenso von großer Opferfreudigkett als von gut kirchlicher Gesinnung. Mag das Harmonium erklingen den Konfirmanden zur Erbauung, dem Herrn zur Ehre! — Zu besetzen: zuOstern die neuerrichtete zweite ständige Lehrerstelle in Weistropp. Kollator: Das K. Ministerium des Kultus und öffenlUchen Unterrichts. Einkommen: 1200 Mk. Gehalt, 70 Mk. Vergütung für Fortbildungs- schuluntcrricht, 27 Mk. 50 Pfg. für Erteilung des Turn- Unterrichtes und 200 Mk. Wohnungsentschädigung. Ge- suche mit sämtlichen Zeugnissen sind bis 30- November an den K. Bezirksschulinspektor in Meißen einzureichen. — Zum Fall Meher werden den „Dresd. N." noch folgende Mitteilungen gemacht, die wir lediglich wieder geben, weil wir den ersten Artikel des Blattes abdruckten: „Der Artikel über das gegen den Geh. Hofrat Dr. Meyer anhängig gewordene Verfahren entspricht nicht allenthalben den Tatsachen. Richtig ist, daß gegen Geh. Hosrat Dr. Meyer auf Grund einer umfänglichen Anzeige, die ihm pflichtwidriges Handeln in zahlreichen Fällen zur Last legt, ein Ermittelungs-Verfahren stattgefunden, daß dieses in einigen Fällen den Verdacht strafbaren Handelns bestärkt und danach die Staatsanwaltschaft die Sache zur Vornahme weiterer Erörterungen in die Hand genommen hat. Gleich zeitig ist Geh. Hofrat Dr. Meyer seiner Dienstleistung bis auf weiteres im Dienstaufstchtswege enthoben worden. Darüber, ob das eingeleitcte Strafverfahren den vorliegenden Verdacht bestätigen und zu einer kriminellen Bestrafung des Geh. Hofrats Dr. Meyer führen wird, läßt sich zurzeit ebensowenig etwas Bestimmtes sagen, wie darüber, ob ein nach Abschluß des Strafverfahrens eventuell noch einzu- leitendes Disziplinarverfahren die diszipltnelle Ahndung seines dienstlichen Verhaltens erfordern wird. Jedenfalls aber hat das vor Abgabe der Sache an die Staatsanwalt- schäft vorgenommene Ermittelungsverfahren eine Reihe der jenigen Fälle, in welchen Geh. Hofrat Dr. Meyer sich nach der vorerwähnten Anzeige strafbarer Handlungen schuldig gemacht haben soll, zu seinen Gunsten aufgeklärt, so die in Ihrem Artikel ohne weiteres als erwiesen dargestellten Fälle mit dem geschliffenen Elefantenfuße und derJivaro- Kopfhaut. Hieraus dürfte hervorgehen, daß den über die ganze Angelegenheit von gewisser Seite mit unverkenn- barer Planmäßigkeit in Umlauf gesetzten Gerüchten mit Vorsicht zu begegnen sein möchte. In gleicher Weise war auch für die Dienstbehörde des Geh. Hofrats Dr. Meyer, die Generaldireklion der Königl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, bei Einleitung und Durchführung des umfänglichen Ermittelungsverfahrens zunächst eine gewisse Zurückhaltung aus dem Grunde geboten, weil der Verfasser der Anzeige sich zu ihr nicht mit seiner Namensunterschrift bekannt, sondern es vorgezogen hatte, sie anonym einzu senden. Im übrigen sei der Schlußbemerkung in dem genannten Artikel gegenüber hervorgehoben, daß das Finanzministerium als solches mit der Angelegenheit über haupt nichts zu tun hat, da die Generaldirektion der Sammlungen dem Finanzministerium nicht untersteht, sondern eine selbständige Behörde bildet." — Sollten die „Dresdn. Nachr." so schwerwiegende Beschuldigungen, wie sie das auch von uns abgedruckte „Sündenregister" enthielt, von unzuverlässiger Seite zur Veröffentlichung übernommen haben? - Braunsdorf, 15. Nov. Nachdem der lang jährige, verdienteGemembevorstand, Herr Ernst Emmrich, seine Absicht kundgegeben hatte, am 1. Januar 1905 sein Amt aus Gesundheitsrücksichten niederzulegen, wurde Herr Kalkwerksbesitzer F. Krumbiegel einstimmig zu dessen Nachfolger gewählt. Die Oberbehörde mußte jedoch dieser Wahl die Zustimmung Verlagen, da das Besitztum und somit der wesentliche Wohnsitz desselben nicht zur Gemeinde, fondern zum selbständigen Gutsbezirkdes Ritterguts Brauns dorf gehört. Daher mußte der Gemeinderat eine Neu wahl vornehmen. Gewählt wurde der bisherige Gemeinde- älteste und Vorsitzende des Schulvorstands Herr Wirt- schaftsbesitzer Hugo Bormann. — Braunsdorf, 15. November. Der Fechtverband Braunsdorf und Umgegend wählte in seiner letzten, im Richierschen Gasthofe avgehaltenen Sitzung an Stelle des verstorbenen Ausschußmitgliedes Hermann Wager-Kleinopitz den Bergarbeiter Jlzsche. Von einer Unterstützungs befürwortung von feiten des Gemeindevorstandes Grumbach nahm man vorläufig Kenntnis. Am 18. Dezember soll eine 2. Christbescherung abgehalten werden. Ein neu gewählter Ausschuß wird dieser Frage den 3. Dezember näher treten. Folgende Herren bilden diese engere Kom mission: 1. Vorsitzenden Lunze und Zieger, Oberhermsdorf; 1. Schriftführer Leschner, Kassierer Hamann und Grafe, Braunsdorf; Dürigen, Kesselsdors; Jlzsche Kleinopitz und Riegel, Grumbach. Ferner vergab man die Arbeitsposten zur siebenten großen Warenlotterie. Dabei wurde konstatiert, daß der Vertrieb der Lose dieser Verlosung ausgezeichnet vorwärts geht. Man beschloß, am 19. Februar 1905 im Weberschen Gasthofe ein Wintcrvergnügen zu veranstalten. Weiter wurden Fcchtkalenderbestellungen entgegengenommen und Lolteriegelder und Fechtschulen abgerechnet. Aus Sachsen. Wilsdruff, 15. November 1904. Zum Nachfolger von Professor Dr. Nobbe und ordentlichen Professor in der Kgl. sächsischen Forst akademie zu Tharandt mit dem Lehrauftrag für Botanik ist der Professor an der Großh. Forstlchranstalt zu Eisenach, Dr. Phil. Franz Wilhelm Neger, berufen worden. Neger ist am 2. Juni 1868 zu Nürnberg geboren, absolvierte 1887 das humanistische Gymnasium zu München und studierte Naturwissenschaften an der Universität und Tech nischen Hochschule in München. Einen Zusammenstoß mit einem Wilderer hatte in der Nacht zum Sonnabend der im Dienste des Barons v. Burgk stehendeRevierförsterSchcllig. Er hörte ander Jochhöhe bei Burgk zwei Schüsse fallen, ging sofort den Schüssen nach und rraf dort im Walde mit einem Wild dieb zusammen. Er stellte ihn, der sich sofort zur Wehr setzte. Es kam zu einem heftigen Handgemenge auf Tod und Leben, bei dem der Förster stürzte und sich die Schulter ausfiel; der Wilddieb benutzte diesen günstigen Umstand und die Verletzung des Gegners, um diesen zu mißhandeln. Später flüchtete er und suchte seine in Pesterwitz gelegene Wohnung auf. Förster Schcllig hat den Wilderer erkannt, machte trotz seiner Verletzung noch in derselben Nacht beim Obergendarmen zu Potschappel von dem nächtlichen Zu sammenstoß Meldung, so daß die Verhaftung des gefähr lichen Wilderers bereits um 2 Uhr nachts erfolgen konnte. Unter starker Bedeckung wurde er in das Untersuchungs gefängnis abgeführt. Der Verhaftete ist der Schlosser August Kaden, der schon im Januar in eine Wilddiebs affäre verwickelt war. Er hatte in der Nacht zum Sonnabend auf dem Burgker Revier auf Fasanen gefahndet. Bei seiner Verhaftung fand man ein von ihm selbst gefertigtes Jagdgewehr und Patronen vor. Vom 7- bis 11. November fanden am Seminar zu Noffe« unter dem Vorsitze des Königlichen Prüfungs- kommisfars, Schulrat Dr. Gelbe aus Meißen, die dies- jährigen Wahlfähigkeitsprüfungen statt. Sämtliche 28 Examinanden erhielten in den Sitten die Zensur völlig befriedigend, 1; in den Wissenschaften erhielten 3 die Zensur 1 b, 5 die Zensur 2 a, 3 die Zensur 2, 13 die Zensur 2 b und 3 die Zensur 3 a. Ratssekretär Heinrich in Nossen wurde zum Bürger meister in Zöblitz gewählt. Das für gestern abend im Centraltheater in Dresden angesagte Duse-Gastspiel mußte wegen plötzlichen Un- wvhlseins der Frau Düse abgesagt werden. Am Grabe seines vor kurzem aus dem Leben ge schiedenen Sohnes wurde gestern mittag der Senior der altbekannten Firma Baeumcher k Ko. in Dresden, Hof lieferant Baeumcher, tot aufgefunden. Der nach einem arbeitsreichen Leben 70 Jahre alt gewordene Herr zeigte in letzter Zett, niedergedrückt von dem schweren Verlust, eine geistige Depression, welche zu überwinden es ihm an Kraft fehlte und der er jetzt erlegen ist. Aufsehen erregt in Dresden ein armenamt licher Mißgriff, der im Stavlverordnetenkollegium von dessen Vorsitzenden zur Sprache gebracht wurde. Das Armenamt hatte zwangsweise einer Arbeiterfamilie ihre sieben Kinder weggenommen, darunter ein erst 10 Monate altes Zwillingspaar, um sie im FindelhanS erziehen zu lassen. Auf Beschwerde der Mutter hin, verfügte die Kreishauptmannschaft Aufhebung der Maßnahmen und die Familie erhielt ihre Kinder zurück bis auf zwei — die Zwillinge, die im städtischen Krankenhause gestorben waren. Ausschlaggebend waren einwandsfreie Zeugnisse zu Gunsten der Familie, darunter solche eines Geistlichen und eines Arztes. Stadtrat Kuhn suchte die Wegnahme damit zu entschuldigen, daß tatsächlich mißliche Verhältnisse geherrscht hätten, daß der Mann dem Trünke ergeben gewesen sei und die Frau die öffentliche und private Wohltätigkeit ausgebeutet habe. Er mußte aber zugeben, daß ein Fall -ringender Gefahr, welcher das Eingreifen der Polizei behörde gerechtfertigt hätte, nicht vorgelegen habe. Es sei angezeigt gewesen, vorher genaue Erkundigungen einzuziehen. Der Interpellant, Vorsteher Dr. Häckel, sagte in seinem Schlußworte, es sei ihm unverständlich, daß einer Frau sieben Kinder genommen würden, ohne daß sich der Armen amtsvorsteher selbst von den Verhältnissen persönlich über- zeugt hatte. Die unmittelbare Wegnahme der Kinder sei eine harte, rigorose Maßregel und niemand könnte der Frau den Glauben nehmen, daß ihre im Krankenhaus verstorbenen Kinder heute noch lebten, wenn sie bei ihr geblieben wären; — daß die Fran tatsächlich äußerst arbeitsam war, geht daraus hervor, daß sie nachts in großen Etablissements scheuerte. Der Neid der Nachbarn auf die Armenunterstützung und der ihm entfließende Klatsch scheinen hier bas ihrige getan zu haben. An Alkoholvergiftung ist in Löbtau ein Schul knabe gestorben. Er hatte mit einem etwa gleichalterigen anderen Knaben den Auftrag erhalten, auf einem Hand wagen einige Flaschen Arrak und Essenzen zu Kunden zu befördern. Unterwegs öffneten die Knaben eine Flasche Arak und tranken sie ans. Der eine Knabe wurde auf der Löbtauer Straße bewußtlos aufgefunden und ins Krankenhaus gebracht, den anderen fand man bewußtlos