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Frau Brandt und ihre Tochter, nebst einigen anderen befreundeten ! Personen, die sich ihnen anschlossen. Paul gleichfalls, er soll jedoch ! mit der ersten Gelegenheit wieder zurückkchren in die Stadt, um Brandt Kunde von den Seinen und ihrer glücklichen Ankunft in Marienberg oder Dirschau zu bringen. Er ist dem Rentier durch seine Gewandtheit und GeschäftskemUniß schon sehr nahe getreten. Der Kassirer blieb daheim, um das Besitzthum der Familie zu wahren. Die Flüchtlinge suchten sich möglichst behaglich oder doch unbe haglich einzurichten, wobei sich Paul als eben so erfinderisch wie diensteifrig bewies, namentlich den Brandt'schen Damen gegenüber. Oder sie schauen, unbekümmert um die unbehagliche Lage des Augen blicks, ernst und nachdenklich zurück auf die vielen stattlichen Thürme der Vaterstadt, die so stolz herüberschaucn auf das fruchtbare Weich- selthal, das jetzt eine unabsehbare Wasserfläche ist. Drüber hinaus, am Horizont erhebt sich eine undurchdringliche Schichte weißlichen Dampfes, hüllt dicht das Seegestade ein. Die anscheinende Wolken wand ist Pulverdampf. Von den englischen Schiffen, die den Hafen sperren, ist wieder eine fürchterliche Kanonade auf die Festung Weichselmünde eröffnet worden. Man hört sie bei dem abstehenden Winde jedoch nicht. Ein lautes Krachen unterbricht die trüben Gedanken, wie die Bemühung um größere Bequemlichkeit. Es ist, als würde nicht allein die Luft, sondern auch das Wasser erschüttert. Offenbar fand eine Explosion statt. Dampf wirbelte auf, aus dem Trümmer weit umher geschleudert werden. „Die Schleusten von Neufahrwasser — es hieß: sie sollten un- terminirt sein!" rufen Einige. „Nein, das ist näher der Stadt — dicht beim Holm," versetzt Herwhn. Sie erfahren erst später, daß er Recht hat, daß es ein Schiff war, das die Franzosen ausgerüstet und bewaffnet hatten, dessen Ausstiegen rings viel Schaden anrichtete. Jetzt wünschen sie sich nur Glück, der Stadt entronnen zu sein. Orthie, auf ihrem Schoost den Kleinen, lauscht auf die Erzählung eines der Ruderer. Er verkehrt viel drüben bei den Belagerern, weih also viet Neues. Sie erfährt jetzt etwas, was ihr Herz vor Freude lauter schlagen macht. Endlich ist es dem edlen russischen General Loewis gelungen, den Waisenkindern die Erlaubniß zur Überschreitung der Postenkette zu erwirken. Als ihm Kunde ward vom Tod« eines Kindes, seines jüngsten Sohnes, und der Oberbe fehlshaber ihm darüber sein Beileid bezeugte, antwortete er rasch: Schenken Sie mir für den einen Sohn viele Kinder — die Danziger Waisen." Der Herzog von Würtemberg gestattete hierauf die Herüber nahme der Aermsten. Loewis und seine Offiziere sorgten für sie, be hielten sie in St. Albrecht, ihrem Hauptquartier. Orthie darf nun hoffen, den Bruder wieder zu sehen, weiß ihn wenigstens gut aufge hoben und seguet den Braven, der sich nicht allein in dem Herzen jedes Danziger Kindes, sondern jedes Menschenfreundes ein ehren volles Andenken stiftete. (Forts, folgt.) Vermischtes. * Spielbank in Pest. Die Pester „Reform" erzählt wörtlich Fol gendes: Vor einigen Jahren kam der Eigenthümer einer auswärtigen Spielbank, Herr D., nach Pest, begab sich zu einer unserer tonan gebenden politischen Persönlichkeiten und machte folgende Proposition: „Herr, wenn Sie mit ihrem Einflüsse bewirken, daß ich auf der Mar garethen-Insel eine Spielbank errichten kann, so verpflichte ich mich schriftlich, alle Gassen Pest-Ofens aus meine Kosten pflastern zu lassen und überdies der Stadt Pest alljährlich eine Million zu geben." Die Antwort darauf war: „Herr, ich werde allen meinen Einfluß darauf verwenden, daß Sie die Concession zu diesem Plane nicht bekommen; denn, um von allem Anderen zu schweigen, wir würden, wie ich meine Landsleute kenne, keine beschlußfähige Reichslagssitzung mehr znsammcnbringen, wenn Sie die Concession erhalten." Ein Mann, der eine Gabel verschluckt hat, ist in Florenz gegenwärtig der Held des Tages. Die dortigen Blätter bringen täglich Bulletins über das Befinden desselben. Einheimische und fremde Aerzte besuchen ihn im Spital; derselbe liegt nicht im Bette, sondern geht herum, ist trinkt und raucht. Am 22. v. wurde über diesen Mann, Namens Cipriani, das letzte Consilium gehalten und zu einer Operation geschritten, um die im Magen stecken gebliebene Gabel herauszuschneiden. Wie Professor Vanzelti versichert, waren in den Spitälern von London derlei Operationen von gutem Erfolg begleitet. In Nürnberg hat ein Handlungsgehilfe, dem gekündigt war, seinen Principal und dessen Frau mit Revolverschüssen schwer ver wundet und sich dann selbst erschossen. — * In Wien hat seit einiger Zeit ein Jndusirieritter sein Glück damit versucht, auf dem „nicht mehr ungewöhnlichen Wege" des Zeitungs-Inserates heirathslustige Damen „mit einigem Vermögen" einzuladen, mit ihm behufs Verehelichung in Correspondenz zu treten, wobei er sich bald als Gutsbesitzer, bald als höherer Beamter oder pensionirter Offizier gerirte. Den Einsenderinnen der in Menge ein- laufcnden Briefe schickte er feine Photographie, auf welcher er mit zahlreichen Orden geschmückt erschien. Hatte er mit den einzelnen Damen Bekanntschaft gemacht, so wurde schnell die Verlobung ge feiert und Anstalt zur Hochzeit getroffen, zu welchem Zwecke sich der Bräutigam von den Bräuten unter verschiedenen Vorwänden Geld vorstrecken, auch Effecten und Pretiosen ausfolgen ließ, um ihnen bald darauf unter irgend einem Vorwande einen Absagebrief zu schicken, so daß sie außer dem Schaden auch noch den Spott hatten. Durch zwei zufällig befreundete Heirathscandidatinnen, die einander die Photographien ihres zukünftigen zeigten und mit Entsetzen sahen, daß beide den Nämlichen vorstellten, kam die Sache bei der Polizei zur Anzeige und der Schwindler, ein gewesener Schneider, Namens Karl Palme aus Böhmen, wurde dem Landesgerichte eingeliefert. Derselbe hat nach seinem eigenen Geständnisse binnen wenig Monaten Gelder und Pretiosen im Gesammtwerthe von 1320 fl. erschwindelt. Der Wittwe eines Generals in Berlin wurde im Jahr 1869 ihr sämmtliches Silberzeug gestohlen und der Verdacht fiel auf das Dienstmädchen, ein junges leichtfertiges Ding, das schon einmal über das siebente Gebot gestolpert war. Das Mädchen leugnete Stein und Bein und als man ihm alle Umstände vorführte, schlug es sich vor den Kopf und erklärte, dann müsse sein Geliebter das Silberzeug gestohlen haben und zwar bei einem Stelldichein im Hause der Generalin. Dieser Schatz war nach ihrer Beschreibung ein großer, schlanker, bildschöner junger Mann, blond mit hübschem Schnurrbart, gewandt und gewinnend, nur den Namen wußte sie nicht zu nennen. Der Untersuchungsrichter schüttelte den Kopf und sagte: Flausen! Das Finale war, daS Mädchen kam auf zwei Jahre ins Zuchthaus. Die Strafzeit war nahezu abgelaufen, als dem Untersuchungsrichter einer der gefährlichsten Einbrecher, Große, vorgeführt wurde. Der Richter rieb sich die Stirn und fragte sich: Hast Du den Mann schon gesehen? — Nein, aber seinen Steckbrief vielleicht? Da fiel ihm etwas ein, er schlug in den Akten des Dienstmädchens nach, richtig, das war der schöne Schatz ves Mädchens und die andern Umstände trafen auch. Das Mädchen und der Einbrecher wurden einander gegenüber gestellt und Große bekannte lachend, was er seinen Geniestreich nannte, er habe dsm Mädchen die Cour gemacht, um in das Haus und zu dem Silber zeug der Generalin zu kommen. Das arme Mädchen kam auf freien Fuß, Große in Untersuchungshaft, aus welchem er in diesen Tagen entflohen ist. KirchennachrichLen aus Wilsdruff. Mittwoch, den 28. Februar früh 9 Uhr: Beichte und Abendmahlsfeier. Freitag: zum Bußtage Vormittags predigt: Herr Pastor Schmidt, Nachmittags predigt: Herr Rector Beck. Keuchhusteusaft von Okdrüclsr lausaUsr, Drosäon Hauptstraße 3, zu haben in Büchsen L 15 X§r., bei Lodert Lenke in Latidor, in der ^xotdeke zu ^VUsäruL Ein sicherer Mann erhält bei 600 Thaler Einkommen Stellung als Aufseher resp. Verwalter. Fachkenntnisse nicht erforderlich. L. Kessel, Hausvoigteiplatz 3: Lerlin. Ein Mädchen, welches das Schneidern erlernen will, kann sofort oder zu Ostern in die Lehre treten; bei wem? ist zu erfragen in der Exped. dieses Blattes. Gesucht werden zum sofortigen Antritt eine Köchin, sowie eine Wirthschafterin; auch Knechten und Mägden wird Dienst nachgewieseck. Einige Hausmädchen suchen Herrschaften durch das Dienstnachweisungsbureau von L. lruuueLderx in Wilsdruff. Städtische Feuerwehr. Nächsten Sonnabend, den 2. März, Abends 7 Uhr Versammlung sämmtlicher Abtheilungsführer und Mannschaften im Rathhaussaal zur Wahl eines Stellvertreters des Feuerlöschdirectors, eventuell Besprechung noch anderer Angelegenheiten der Feuerwehr. Wilsdruff, am 26. Februar 1872. Adv. Sommer, Feuerlöschdirector.