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2 wand geben mutz, um ihrem Bauche zu fröhnem Sie hätten nur den Peter bei dem Einzug sehen und hören sollen. Der Kerl trug den Kops so hoch, als ob er eigenhändig Paris erobert und den armen Franzosen die sünf Milliarden abgenommen hätte. Und was das Schönste war, ich mußte noch gute Miene zu dem bösen Spiele machen. Trotz allen Herzeleids mußte ich mein Haus bekränzen und eine mächtige deutsche Fahne heraushängen und Hurrah und Hoch mitrufen und die Wacht am Rhein mitsingcn, daß ich schier ganz heiser war. Ich wollte doch nicht meiiw Fenster riskiren. Die Alteration, die ich gehabt, ist mir so in den Leib gefahren, daß ich ein paar Tage lang kaum eine Schleimsuppe vertragen konnte. Selbst der Peter fühlte ein menschliches Rühren über meinen Zustand. „Jacob", sagte er, „du machst dir zu viel Sorgen nm die Unfehl barkeit. Mach's, wie ich, laß dich ercommunicircn. Seit ich im Bann bin, gebt es mir in allen Stücken besser. Es schmeckt mir besser, ich schlafe besser und mein Geschäft geht auch besser." Ja, Herr Pfarrer, es ist kein Respekt und keine Furcht mehr vor dem Bann. Sie machen noch Staat damit, daß sic im Bann sind und fragen keinen Deut danach, daß sie der Teufel schon leben dig am Seil hat. Ja, wie man sie noch ein Bischen flämmscn konnte, da war eS anders. Aber das kommt davon, wenn man cs macht, wie der Pfarrer Glotzmaicr in Hopfcrbach, der die Bauern Abends im Wirthshaus cxcommunicirt und dann des andern Morgens bingeht und sie mit der Entschuldigung wieder aus dem Bann lhut, daß män gestern, wie alle Tage, einen Rausch gehabt. Ach Gott, wie ganz anders hatte ich mir gedacht, däß die Sachen kommen würben. Die Herren Väter Jesuiten halten die Sache so schlau abgekartet, daß ich noch nicht fassen kann, wie der Karren so in den Dreck geralhcn konnte. Ein deutsches Reich und gar noch .unter einem protestantischen Kaiser! Es ist zum Närrischwerden. Aber es ist noch nicht aller Tage Abend- und der General Beckx ist auch noch da. Die Freimaurer wollen es zwar mit aller Gewalt durchsetzen, daß die frommen Väter des Landes verwiesen werden, aber der Bismarck wird sich hüten. Der hat doch gewiß auch schon von dem Ravaillac und dem Element und dem Gerard gehört. Haben Sie gelesen, was die abscheulichen Ketzer kürzlich in Darmstadt wieder gegen den armen verkannten Orden geschimpft und gelästert haben? Nun sollen die frommen Väter gar die Schwächen der Menschen zur Vermehrung- ihrer Reichthümer ausbeuten. Haben Sie je etwas Dümmeres und Unverschämteres vernommen? Denen hat man cs auch angehört, daß sie nicht von Mainz waren, aus dem geistigen Mittelpunkt Deutschlands, wic der ehrwürdige Moufang gesagt hat. Wissen denn diese Lügner nicht, daß eS nur Einen Weg des Heils gicbt, welchen die heilige römische Jesuiten-Kirche vorgezeichnet hat,' daß die frommen Väter Nichts für sich, sondern Alles nur für diefe Kirche thun und daß daher Alles, was sie thnn, zur größeren Ehre Gottes und zum Segen der Menschheit gereicht? Und geschieht es nicht für die heilige römische Jesuitenkirche, wenn die Herren Väter die Seele einer jungen reichen Erbin vor der Ver suchung dieser Welt in ein Kloster und deren irdische Güter zu Gott wohlgefälligen Zwecken in ihre weiten Säckel retten, oder wenn sie durch geistlichen Zuspruch die lüsternen Erben eines schwachköpfigen Millionärs vor den Gefahren des Neichslhums bewahren und die selben neben und sich in das Testament setzen? O, es war ein heiliges, frommes Werk, als der gute Pater Lhoir zu Antwerpen sich des sechsfachen Millionärs de Boey bemächtigte, dessen Verwandte ans seiner Umgebung drängte, die Mitbcwerbung der Trappisten um die reiche Beute ans dem Felde schlug, die Erziehung des Neffen und muthmaßlichcn Universalerben des alten Schwachkopfes sich in die Hände spielte, die allmählich zwischen dem Oheim und Neffen gezogene Kluft durch die Bewirkung einer entehrenden Bestrafung des jungen de Buck uuausfüllbar erweiterte, ihn auf der abschüssigen Bahn des Verbrechens weiter geleitete und selbst mit Verletzung des Beichtgeheimnisses ihn aus einer Untersuchung in die andere ver wickelte, bis der große Wurf gelungen und der bereits hinfällige Greis de Boch, um die Kleinigkeit von 200,000 Franken an Reise kosten und Geschenken für den heiligen Vatec nach Nom gezerrt, dort das heißersehnte Testament machte und den Strohmann der frommen Väter, den Advokaten Valcntyns, zum Universalerben ein- setzte! Doch ich muß für heute schließen, soviel ich auch noch auf dem Herzen hätte. Das Schreiben greift meintu armen geschwächten Körper noch zu viel an. Der Peter läßt freundlich grüßen. Er ist trotz des Bannes so dick und fett, wie ein Domherr. Ihr treuer und ergebener Jacob, Mehl- und LandeSproductenhändler. Frankreich beschäftigt fick bekanntlich jetzt mit der Untcjr- richtsfrage, und für Paris ist die wichtigste Seite derselben zu Gunsten der Kirche entschieden worden, indem der Generalrath den Laienunterricht so gut wic ausschloß. Die Mehrzahl der Elementar schulen bleibt also in den Händen der Kirche oder besser gesagt, der Jesuiten; eine Armee von 10,000 „Brüdern und Schwestern der christlichen Lehre", durch ein fünfjähriges Gelübde gebunden, erzieht die Knaben und Mädchen „auf den Knieen der Kirche", wie sich Bischof Dupcnloup vor einigen Jahren malerisch ausdrückte, und wie dieses Erziehungssystem gehandhabt wird, davon zeugen nur zu häufig die geschlossenen Thüren gewisser Gerichtsverhandlungen. Die Nacln der Kirche wird das Licht der Bildung nicht bringen, sowenig der Dornstrauch Feigen tragen kann; das ist klar, und hierin liegt der Schwerpunkt einer Frage, welche zur Stunde ganz Frankreich in Bewegung fetzt. Paris. Die Kriegsgerichte haben vom 6. bis 10. Nov. 134 Urtheile gesprochen und 191 Äblassungsbeschlüssc gefaßt. Die Ge- sammtzahl der gefällten Urtheile beläuft sich demnach auf 773 und die der Freilassungen auf 10,645. DaS 19. und 20. Kriegsgericht sollten ihre Sitzungen am 13. Nov. eröffnen. Danach werden U7 Gerichtshöfe gleichzeitig über die der Armee nicht angehörigen Ange klagten erkennen. 500 Gefangene sind soeben aus den Häfen zurück gebracht worden, um vor ihre Richter gestellt zu werden. Mit der größtmöglichsten Raschheit wird namentlich in den Prozessen Verfahren, welche Frauen und Kinder betreffen. Die Offiziere der Pariser Garnison werden erst jetzt recht an fangen, uns zu verwünschen, seitdem sie unter den Augen des Kriegs- ministerS die deutsche Sprache studiren müssen. Unsere mili tärischen Schriften müssen sie in das Französische übersetzen, und wöchentlich zweimal finden mündliche Hebungen in Form von Unter- haltnngen statt. Zum Uebcrfluß macht eine französische Zeitung die Herren noch besonders aufmerksam, daß das Erlernen des Deutschen eine crnsie, anhaltende und zähe Arbeit erfordere. Italien. Der „Times" wird von ihrem Pariser Correspon- denteu telegraphisch mitgctheilt, daß der Papst dem Vernehmen nach an die europäijchen Mächte einen Protest gegen die Verdrängung der Nonnen aus ihren Klöstern richten wird, weil dadurch die Rechte des päpstlichen Stuhles verletzt worden seien. Eben so werde er gegen die Aufhebung gewisser klösterlicher Häuser von internationalem Charakter, welche Mitglieder aus fremden Ländern aufnehmen und deren der päpstliche Stuhl zur Kirchenregicrung bedarf, Einspruch er heben; denn es liege darin ein Angriff auf seine geistliche Unab hängigkeit. "Aus London wird berichtet: Vor etwa 6 Wochen theiltcn wir mit, daß ein 21jähriger Bursche im Verdachte stehe, eine große Reihe von Brandstiftungen mit dem einzigen Zwecke verübt zu haben, um sich die kleine Belohnung zu sichern, welche die Londoner Feuer wehr dem Ucberbringcr der ersten Kunde von einem Brandunglück zu zahlen pflegt. Bei dem letzten Experiment dieser Art verdiente er 2 8 6 ch während die verschiedenen Feuerversicherungsgesellschaftcn den angerichteten Schaden mit 9000 L., also dem 72,Ö00fachcn ver güten mußten. Anfänglich hielt man die Behauptungen der Feuer wehr für unmöglich, seither aber haben die Forschungen der Geheim polizei herauSgestcllt, daß cr nicht weniger als 114 Brandstiftungen innerhalb der letzten beiden Jahre, und zwar in London allein, ver übt hat. Der Angeklagte leugnet hartnäckig, aber bereits liegen die gravirendften Zeugenaussagen gegen ihn vor; und nach einigen for mellen Stadien, welche die Voruntersuchung noch durchznmachcn hat, wird er vor das Schwurgericht verwiesen werden. Im Erystallpalast zu SydcnHam haben Experimente mit einem neuen Leuchtstoffe Oxyhydic - Gas, der Erfindung eines Franzosen^ Tessin du Molay in Paris, stattgesunden, die sehr befriedigend aus- sicleu. DaS neue Licht ist viel sparsamer und gesunder als GaS. Das Wesentliche der Erfindung ist die Mischung eines gewißen Theils Sauerstoffgas mit dem gewöhnlichen Gase und das Resultat ist die Production eines brillanten weißen Lichtes von großer Lcucht- kraft, gegen welches das gewöhnliche Gas gelb und trübe erscheint. Centralamerika. Ans Panama vom 2. Oct. schreibt man der „Ä. A. Z.": Ein für Centralamerika sehr interessantes Ereignis; hat sich in Guatemala zugelragen. Der dort allmächtige Jesuiten orden, welcher seit dreißig Jahren ein von der Natur überaus reich gesegnetes Land nicht nur vollständig beherrscht, sondern bis aufs Mark ausgesogcn und geistig und leiblich tief heruntcrgebracht hat, ist durch den neuen liberalen Präsidenten Michuel Garcia Granados aus dem Gebiete der Republik verwiesen und „für immer" verbannt. Nicht weniger als 80 Priester dieses OrdcnS wurden am 12. Sept, mit einer Escorte von 100 Mann aus der Hauptstadt uach dem Ha fen San Jose gebracht und dort eingeschifft mit der Erlaubniß, frei zu wandern, wohin es ihnen beliebt. An Reisegeld haben die ehr würdigen Vater sicher keinen Mangel, denn dafür war längst schon Vorsorge getroffen. Die Summen, die die frommen Herren durch Vermächtnisse und Spenden reicher Crcolen-Familicn, besonders aber von Seiten der SenoraS und Senoritas empfingen, gingen in die Millionen. Macht und Einfluß der Jesuiten hatten bei einer äußerst bigotten und methodisch verdummten Bevölkerung in Guatemala einen fast unglaublichen Grad erreicht, und diese Macht erstreckte sich nicht allein auf die Seelen, sondern — was bei den Creolen uud Mestizen noch mehr sagen will — selbst auf die Taschen der Gläu bigen. Die vertriebenen Väter fragten in der Nachbarrcpublik San Salvador an, ob man ihnen dort eine Freistätte gewähren wolle, erhielten aber eine abschlägige Antwort. Wahrscheinlich werden sie in Mehrzahl nach Ecuador übersiedeln, wo der jetzige Präsident Mo- i reno ihnen freundlich gesinnt ist. Die lieberale Partei in Guatemala hat mit Hilfe des gemäßigten Clerus, dessen Haß gegen die Jesuiten wohl noch mehr auf Brvdneid als auf Patriotismus beruht, diese Republik von einer Geißel befreit, welcke dem Laude seit dreißig Jahren die tiefsten Wunden geschlagen. Wird sie stark genug sein, sich gegen die von fanatischen Anhängern Ler Jesuiten aufgehetzten Indianer in den Provinzen von Santa Rosas und Chiquimulas zu behaupten? Wir fürchten sehr das Gegenthcil. „Die Religion ist in Gefahr!" schreien die fanatischen Priester, und die Folgen dieses Aufrufs sind leider neue Rebellionen, neues Blutvergießen. Den braunen und halbbrauncn Massen wird nicht nur mit einem verläng erten Aufenthalt im Fegfeuer, sondern selbst mit ewiger Höllenstein