Volltext Seite (XML)
Dresden, 3. November. Das „Dresdn. Journal" veröffent licht folgenden königlichen Tagesbefehl vom heutigen Tage: Solda ten der 24. Division! Bei Eurer Rückkehr ins Vaterland biete Ich ein herzliches Willkommen. Nach überstandenen harten Kämpfen und vollbrachten rühmlichen Thaten hielt Euch die Pflicht noch lange von der Heimath fern. Auch m dieser Zeit habt Ihr durch treue Pflicht erfüllung und tadelloses Benehmen dem Sächsischen Namen Ehre ge macht. Genickt jetzt die wohlverdiente Ruhe der heimathlichen Kreise. Johann. — Heute Mittag hat der Einzug des Schützenregiments Nr. 108 unter wärmster Betheitignng der Bevölkerung in die festlich geschmückte Residenz stattgcfunden. Se. Majestät der König, Generalfeldmarschall Kronprinz Albert und Prinz Georg (welcher die Schützcnunisorm trug), begrüßten die Truppen auf der Weißeritzstraße, wo Parade stattfand. Auf dem Neumarkte desilirten die Schützen fodann vor dem König, wobei die Königin, die Kronprinzessin und Prinzessin Georg mit ihren Kindern anwesend waren. Auf dem Altmarkt hielt, nachdem das Regiment Aufstellung genommen, Herr Oberbürger meister Pfotenhauer folgende Ansprache: „Willkommen, ruft das Vaterland, willkommen, rnst die Garnisonstadt dem tapscren Regi ment Nr. 108 freudig entgegen, dem ruhmgckröntcn Regiment, das unter den letzten zwar und dennoch unter den ersten aller der sieg reichen Schaareu, die das Sachsenland hinausgcsendet in den blutigen Streit, heut endlich heimkehrt ins Vaterland. Mil gerechtem Stolze begrüßen wir in unserer Mitte die kühnen braven Schützen, die, wie zu allen Zeiten, so auch jüngst erst wiederum in den heigen Kämpsen der letzten großen Tage durch ihre altbewährte, hetdenmülhige Tapferkeit geglänzt und vereint mit ihren sächsischen Waffenbrüdern und Gesamnudeulschlanvs Hceresmacht den Feind bezwingen und den Sieg erringen halse». Den Dank deS Vaterlandes, den wir vor wenigen Monden erst den fürstlichen Heerführern und den zuerst heimkehrcuden siegreichen Truppen zollten, diesen Vaterlandsdank er neuern wir heule und bringen ihn auch den tapsern Schützen aus vollstem Herzen entgegen. Denen ans des Regimentes Reihen aber, Welchen dieser frohe Tag der Heimkehr nicht beschieden, die da ge bettet liegen auf dem Felde der Ehre, ihnen Allen bewahren wir ein dankbares Gedachlniß. So erfreue sich nun mit uns das Regiment Her Segnungen des auch durch seine Tapferkeit errungenen Friedens rind weile fortan geschmückt mit den Siegeszeichen, die wir deS Re gimentes heldenmülhigen Führern in dankbarer Anerkennung weihen, von Neuem frei und glücklich in unserer sriedlichen Milte. Willkom men denn, herzinniglich willkommen und Hoch, dreimal Hoch das Schützenregiment l" Dem Oberst von Hansen, sowie den drei Ba- taillonscommandeuren wurden hierbei Lorbeerlränzc überreicht. Der Regimentskommandeur, Oberst von Hausen, sprach hierauf der Stadt und ihren Vertretern den aufrichtigsten und herzlichsten Dank aus. Wohl habe der frühere Einzug, die reichliche Spende von Liebesgaben, sowie die patriotische Gesinnung der Sladt Dresden einen Empfang erwarten lassen, aber ein solcher Empsang, wie ihn das Regiment heule finde, erhöhe die Freude der Wiederkehr. Zwickau, 4. November. Mit endlosem Jubel fand um 12 Uhr unter Voranreilen von ca. 60 Herren der Einzug unserer Garnison statt. Begrüßt wurde dieselbe aui Weichbilde ver Sladt von den Schülern des Gymnasiums, der Real- und Bürgerschule. Vor züglich decvrirt waren die Plauische Straße und der Markt. Vom Bürgermeister Slreil wurde sie daselbst in trefflicher Rede bewill kommnet. Die Fahnen und die höheren Offiziere wurden von den Festjungsrauen bekränzt. Die Illumination war eine prachtvolle und allgemeine, besonders schön war das Ralhhaus, Gymnasium, KreiS- direction, der deutsche Kaiser und die patriotische Kneipe Quetsche, sinnreiche Transparents waren überall angebracht, besonders zu er wähnen ist das au der Quetsche: „Das ganze Deutschland Hand in Hand Der Nord, der Süd, ein Heer, Was ist deS Deulschen Vaterland? Wir fragens heut nicht mehr. Ein Geist, ein Arm, ein einig Leib, Ein Wille sind wir hcnt. Hurrah Germania! Stolzes Weib! Hurrah! Dn große Zeit!" Zwickau, 19. Oktober. Der „V. B. Z." schreibt man: Vor gestern hat sich hier eine Aktiengesellschaft unter der Firma: Siein- tvhlenbau-Verein Königsgrube- Bernsdorf coustitnirt, deren Grund- capital auf 650,000 Thin festgesetzt ist, welches in 6500 Aktien zer fällt. Tas der Gesellschaft gehörige, in Bernsdorfer Flur gelegene Kohlcnfeld umfaßt über 1000 sächs. Scheffel und grenzt unmittelbar an das dem Hohndorf-Bernsdolfer Steinkvhlenbauvereine zugehörige Areal, in welchem bei einer Teufe von 850 Ellen ein 21 Ellen mäch tiges Flöz reinster Pechkohle erschlossen worden ist. In technischen Kreisen herrscht kein Zweifel, daß die betreffenden Felder durchgängig tohlenführend sind, und hegt man für das Unternehmen in hiesiger Gegend allgemein die besten Erwartungen. Das Grundkapital ist vollständig übernommen, die ersten Zeichner wollen aber die Hülste desselben zur öffentlichen Subskription anflegen und wird auch in Berlin eine Zeichnungsstelle errichtet werden. Wermsdorf, 30. Oktober. In der vorigen Nacht ist ein dem Mühlenbcsitzcr Beger in Beckwitz gehöriger, 71 Schock'Korn enthal tender Feim durch Feuer zerstört worden. Man vermuthet böswillige Brandstiftung. Der Admiral der kaiserlich deutschen Flotte Prinz Adalbert von Preußen, Hal vor einigen Tagen sein 50jähriges Militärdienst jubiläum gefeiert. Außer der königl. Familie und der Preuß. Ge neralität war auch der bayrische General v. d. Tann im Auftrage seines Königs zur Beglückwünschung eingetrvffen. Der Kaiser ver ehrte dem Jubilar einen goldenen Marinesäbel, das 1. Thür. Jnf.- Reg. Nr. 31, dessen Chef der Prinz ist, einen Ehrendegen, die Offi riere der Marine einen silbernen Tafelanssatz. Aus Metz vom 30. Oct. wird berichtet: Der gestrige Jähre' tag der Besetzung von Metz dnrch die deulschen Truppen hat na der „Metzer Zeitung" zu einer kleinen Demonstration Anlaß gegebc An verschiedenen Straßenecken und öffentlichen Gebäuden waren nein lich in vergangener Nacht in französischer Sprache geschriebene Zette angeklebt worden, die ungcsühr folgenden Inhalt halten: „Franzö fische Bürger! Es ist heule ein Jahr, daß unsere alte Stadt Metz durch den Verralh eines Elenden den nordischen Barbaren ausgelie fert wurde. Uns bleibt die Trauer nm die für ihr Vaterland Ge fallenen. Laßt uns dieselben ehren und den einzigen Gedanken in unseren Herzen hegen, sie zu rächen und uns zu befreien!" Die Wendung, welche sich seit einigen Tagen in der inner» Lage Oesterreichs dadurch vollzogen hat, daß nach Rücktritt des Ministeriums Hohenwart Freiherr von Kellersperg mit der Bildung eines neuen Cabuzcts auf der Basis der vollständigen Verfassungs mäßigkeit vom Kaiser beauftragt worcen ist, wird von der „Neuen Freien Presse", dem bedeutendsten Organe der deutschen, au der Ver fassung haltenden Partei, mit großer Gennglhuung begrüßt. Das Blatt sagt, die Fundamental-Ariikel der zcechischeu Forderungen seien überwunden und die Versassung werde wieder in ihre Rechte eingesetzt, dies sei die sreudige Bolicyast des Tages. Ueber den neuen Minister Freiherrn von Kellersperg bemerkt die „N. Fr. Pr." Folgendes: ^reiyerr von Kellersberg, zu Zeiten deS parlamentarischen Ministe riums Statthalter in Böhmen und von diesem Posten infolge eines persönlichen Conflicles mit Herbst abberufeu, lebte seitdem in Zurück gezogenheil und kommt buchstäblich vom Pfluge, hierin ein Coriolan, in emem großen Momente zu den Staatsgeschäften zurück. Seine Berufung tann leine andere Voraussetzung haben, als die Unverletz lichzeil der Verfassung, die Emberusung eures in seiner Legalität un anfechtbaren Reichsrathes, die Verzichtleistnng auf föderalistische Ans- glerchsverhandtnngen, und wir melneu hinzufügeu zu können, daß in Wahrheit Freiherr von KellcrSperg diese Mission nur ans dieser Grundlage erhalten und angenommeu hat. Das Ereigniß kann sich nach der Natur der Sache noch nicht so weit entwickelt Haven, vag w>r anch nur die Umrisse der neuen Ge staltung Zit sehen vermöchien, und wir müssen uns an die eine Thal- jache hallen, welche fest ftehl, daß Kellersperg vom Kaiser den Auf trag zur Blrdnng eines MunüernunS erhallen und angenommen Hal. Dtefe eine Thatfache aber wiegt unter den gegebenen Umständen schwer genug, denn sie beweist, daß, wenngleich das neue Ministerium noey nichl gebildet ist, doch die Verfassungskrise glücklich überwunden ist. Nachdem wir jo lange wider den Versuch, unsere Verfassung durch eiile polnische Schöpfung von der Monstrosität der ,zcechischeu Fundanlentar-Arutel zu sprengen, gekämpfl und unermüdlich ans die surchldaren Conieqnenzen hingewiefen, welche das Gelingen dieses AlieulalS nach sich ziehen würde, haben wir nichl nölhig, viele Worle darnver zu machen, was nun dieser Sieg sür uns, für Oesterreich bedeutet. Es ift der Sieg des Reichsgedankens, der Sieg des Rech tes, der Sieg der Cullnr, der Sieg deS Fortschrittes, der Sieg Oesterreichs. Ob aber dieser mühsam errungene Sieg, den uns die Gegner noch lange und oft strenig mache» werde», auch dauernd erhallen werden wird, das wird von der Weisheit und Festigkeit abhängc», die sich endlich, durch so viele trübe Ersahrungen belehrt, vielleicht doch die Pärnu erworben hat, ans deren Mille die Slaatsmänner nuferer nächste» Aera hervorgehe» werde». Ei» erster Beweis dieser Klugheit wird es sei», lücht auf die Fehde zurückzugreife», um deren- wlUen vor drei Jahre» Freiherr von Kellersperg aus dem Slaals- amte schied, scmdern in ihm, wenn er durch die Wahl seiner neuen College» und vor Allem durch sei» Programm sich als solcher er- weyl, einen Anwalt der Verfassung zu begrüßen. Daß er die Fähig keit dazu besitzt, hat seine böhmische Slatthatlerschafl bewiesen, und gerade auf diesem Posten haue er Gelegenheil, sich jene Erfahrungen zu sammeln, welche jetzt im Angesicht der zcechijchen Bewegung die werlhvollften sein werden. Die politische Erbschaft, die er anirill, ist keine beneidenswerihe, und wofern er das Rechle will, hat er ge rechte Anfpruche auf die Unterstützung Aller, die in dem kanm über standenen Kampfe wider Hohenwart ans unserer Seite gestanden. Nach den Drangsalen der Epoche ist ein Ministerium Kellersperg eine volle Errungenjcyafl. Wir denken, es gab noch allerjüngstens Tage, wo mancher nuferer polililischen Freunde mit weniger gern vorlieb genommen hätte. Uns war die Frage keine Perjonenfragc, und so fehew Mr anch im Angefichie eines Ministeriums Kellersperg vor Allem auf die siegreiche Sache dec Versassung, mit welcher dieser Name sich immerhin jympalhoch verknüpfen iägi. Noch immer schmachlen viele Tausende Unschuldiger, die i» de» schrecklichen Tage» des Mai nnd Juni in Paris anfgegriffen und eingesteckt wurden, in den Gefängnisse» und harren sehnsnchisvoll auf eine Amnestie. Dieselbe wurde gleich in der ersten Sitzung des Pariser Generalrathes eingebracht und die Regierung soll sich endlich znm Erlaß derselben entschlossen haben. In Paris erscheine» gegenwärtig 31 große politische Zeitungen. Darunter zählt Thiers und seine Regierung 14 Freunde und 17 Gegner. Die letztere» wirken für die Monarchie.