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2 ärztlichen Untersuchung hat man gesunden, daß dein Ermordeten mittels eines Beiles durch mehrere Hiebe der Kopf vom Rumpfe ab gehauen worden ist. Der dieses Mordes muthmaßlich verdächtige Handarbeiter Johann Friedrich Schneider in Kottersgrün befindet sich beim königlichen Gerichtsamte Falkenstein in Untersuchungshaft. Gegend von Freiberg, 25. Oetober. Die Kartoffelernte bei Len Großgrundbesitzern, wie bei den kleinen Leuten ist nun auch iu hiesiger Gegend im Ganzen als beendet zu betrachten. Von compe- tenter Seite hört man sie in Bezug auf Quantität und Qualität als recht zufriedenstellend bezeichnen. Interessant war dem Schreiber dieses das Ausnchmen derselbe» mittelst der jetzt mehr und mehr in Anwendung kommenden Maschine, wie er B auf einem größeren Gute zu beobachten Gelegenheit nahm. Auf diesem wurden mit Hilfe der erwähnten Maschine täglich ca. 500 Scheffel ausgenommen. Menschenhände haben dabei nur das Auslesen der ausgeworfenen Kartoffeln zu besorgen. Im Reichstage hat der Kriegsminister von Roon eine Jnter- Pellatiou des Abgeordneten Richter bezüglich Zurückhaltung der Kriegsreservisten dahin beantwortet, daß von 31,000 Reservisten in der allernächsten Zeit zwei Drittel entlassen würden. Bei der Cavallerie müsse man nothgcdrungen die sog. Rcmontereiter, welche die neuen Pferde auszubilden hätten, beibehalten, einzelne bis Mitte nächsten Sommers. Eine solche Beeinträchtigung eines einzelnen Mannes nm des Ganzen willen zu vermeiden, sei ganz unmöglich in einem Zustande des Krieges, welcher solche ungewöhnliche Verhält nisse schaffe. Wo aber die bürgerlichen Verhältnisse unter der fort dauernden Militärpflicht leiden müßten, da habe der Kaiser die Ent lassung befohlen. Der norddeutsche Reichstag erhielt im Jahre 1867 eine von den deutschen Frauen in Orleans gestickte Fahne zum Geschenk. Die- felbe ist jetzt auch in das neue Parlamentsgebäude übergeführt und hat über der Präsidententribüne ihren Platz erhalte», und zwar zum ersten Male so, daß das Fahnentuch sich voll entfallet. Das hat seinen guten Grund. Die goldgestickte Inschrift lautet nämlich: „Dem deutschen Parlament. Die Deutschen von New-OrlcanS." Was also jene deutschen Frauen vor 4 Jahren als einen prophetischen Wunsch im fernen Westen aussprachen, und was so lange nur halb in Erfüllung gegangen war, es ist jetzt voll und ganz verwirklicht Ivorden. Daher das aufgerolltc Fahnentuch! Die zur Gewährung von Beihilfen an die aus Frankreich ausgewiesenen Deutschen bestimmte Summe von 6,766,665 fl. ist folgendermaßen zur Vertheilung gelairgt: Preußen zahlt an 14,489 ausgewiesene Personen 2,302,639 fl., Bayern an 9300 1,475,740 fl., Sachsen an 666 105,682 fl., Würtemberg an 4425 702,166 fl., Baden an 657S 1,043,808 fl., Hessen an 5^22 3,758,823, fl., aus. Die Gesammtzahl der ausgewiesenen Deutschen betrug 42,632, von Leiten ungefähr die Hälfte wieder nach Frankreich zurückgekehrt ist. Darmstadt, 24 Oetober. Wenige Minuten vor 5 Uhr Nach mittags verkündigten dichte aus dem Dachstuhl unsers Hoftheaters aufsteigende Rauchwolken, die durch starken Ostwind angefacht wurden, einen großartigen Brand, der höchst wahrscheinlich in dem Schnür boden ausgebrochen war. In unglaublich kurzer Zeit stand der ganze Dachstuhl in Flammen, die sich mit rasender Schnelligkeit dem Innern mittheilten, so daß nach zwei Stunden das unter Ludwig I. durch Moller aufgeführte Gebäude bis auf die Umfassungsmauern abge- drannt war. Feuerwehr und im Theater beschäftigte Arbeiter leisteten bei dem freilich ganz vergeblichen Loschversuche Unglaubliches und wagten mit beispielloser Tollkühnheit ihr Leben. Das dem Theater gegenüberliegende Zeughaus schwebte anfänglich in größter Gefahr, wurde zum größten Theil geräumt, blieb aber, Dank den ungeheue ren Anstrengungen, unversehrt. Aus dem Theatergcbäude wurden die Bibliothek und die Musikalien gerettet, die werthvolle darin auf- Lewahrte Garderobe hingegen fast ganz ein Raub der Flammen, so daß der Schaden mindestens '/z Million Gulden beträgt, jedoch durch Versicherungen gedeckt ist. Was die Ursache des Feuers anbetrifft, so soll dasselbe beim Anzünden der auf dem Schnürboden befindlichen Gasflammen entstanden sein. Der Lampenauzünder wird bis jetzt noch vermißt; man hält es für wahrscheinlich, das derselbe mit ver brannt sei. Das Theater war nicht bei der „Colonia", sondern bei dem „Phönix" versichert. Die niederländische Regierung hat den Slrikekassen, welche die Arbeitseinstellungen unterstützen und fördern, verboten, vom Auslande zu diesem Zwecke eiulausende Geldunterstützungen anzunchmcn. Eine ähnliche Vorlage will die belgische Negierung den Kammern machen, und namentlich die aus London eingehenden Geldmittel verbiete». Rochefort, der Laterucnmaun, ist nach Tours transportirt worden in dasselbe Gefängniß, wo der schwarze oder Schieß-Peter Bonoparte während seines Prozesses saß. Dort bleibt er, bis sein Schicksal cntgültig entschieden ist. Jetzt könnte er eine Laterne brau chen, die ihm aus der Nacht des Kerkers hinausleuchtete. Iu Spanien fühlte sich bisher das Raubgesindel der Inter nationale wohl und sicher. Arbeiterversammlungcn mit ausrühreri schen Reden waren an der Tagesordnung. Die Negierung wurde mehrmals deshalb interpellirt. Endlich erklärt der Minister "des In nern, er werde jetzt schonungslos Vorgehen und die Auswiegler straf- gerichllich verfolgen. London, 27. Oetober. Zn Seaham fand eine furchtbare Gru- bcnexplosion statt, welche, 30 Menschenleben kostete. Der Vicekönig von Egypten beschäftigt sich gegenwärtig mit einem Eisenbahnprojccte, das zu den großartigsten gehört. Es handelt sich dabei um die Verbindung von Ober- und Unter-Egypten, also um einen Schienenweg durch die Wüste, welcher bis an die Grenze Nubiens gehen soll. 20 französische und englische Ingenieure sind bereits mit de» Vorstudien zu dem colossalen Unternehmen be schäftigt. Diese Eisenbahn soll an dem zweiten Nil-Katarakte be ginnen und ist vorläufig auf eine Länge von 600 (französischen) Meilen berechnet. Zwei Wittwen. Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Der junge Mann öffnete das Fenster und ließ die kühle Nacht luft um seine heiße Stirn wehen. Das Bild der schönen, liebens würdige» Wittwe tauchte vor ihm auf. War in ihrem Herzen wirk lich eine neue Liebe erwacht? oder wollte sie in ihrer Einsamkeit nur eine Unterhaltung haben? — Es giebt Frauen, die aus Langerweile ein zärtliches Verhältniß anspinnen und die, wenn sich der Kreis ihrer Anbeter erweitert, sich selbst Wundern, die Huldigungen eines „Unge liebten" so lange ertragen zu haben. „Nein, die Baronin war kein solch gewöhnliches Weib," tröstete sich Steinfeld selbst; sie hatte die Wärme ihres Herzens bewiesen und jetzt zeigte sie auch ihm mehr als oberflächliche Theilnahme. Es lag etwas sirenenhafteS in ihr, dem er auf die Länge nicht widerstehen konnte. Sinnend-träumerisch ruhten seine Augen auf dem ebenfalls wie „im Sinnen" verlorenen Park. Da schimmerte etwas Weißes durch die duukleu Bäume; er glaubte das weiße Kleid der Baronin zu sehen. — Halte seine Liebe schon den Höhepunkt erreicht, daß er die schöne Frau überall sah — und suchte? Es litt ihn nicht in seinem Zimmer, er mußte noch hinunter in den Park — zu süß, zu geheimnivvoll dämmerte es da unten, und wie ließ sich's träumen und dichten im Mondenscheine, beim Plät scher» der Springbrunnen, beim Horchen auf den leisen Athen; der in Schlaf gesunkenen Natur. Die Pforte zum Park war gewöhnlich verschlossen; aber aus seiner Neigung für Abeudspaziergänge wußte Steinfeld genau, wo der Schlüssel aufbewahrt wurde, und so eilte er geräuschlos hinab. Heute war nicht einmal die Pforte verschlossen, die Thür nur ange- tehnt, und so konnte der junge Mann ohne lästigen Aufenthalt in den Park hinaustreten. Wie ein Goltesfrieden umgab es ihn; je mehr er sich in dem dichter werdenden Parke verlor, je freier alhmete seine Brust. Das Licht des MondeS huschte nur flüchtig über den Psad, um dann bei einer Lichtung einen desto phantastischeren Elfcnreigen aufzuführen. Da — als er eben aus einem dunklen Lanbgangc hcraustrat, sah er plötzlich zwei menschliche Gestalten unter einer alleinstehende» Eiche ausgestrcckt liegen. Das Mondlicht glitzerte nur spärlich durch den Wipfel der Eiche, und doch glaubte Steinfeld daS häßliche, ver zerrt« Antlitz Hugo'S zu erkennen. Der junge Anwalt trat, von duullen Ahnungen getrieben, näher und ein entsetzlicher Anblick bot sich seinen Augen. Im dunkelsten Schatten des Baumes lag die Leiche eines Man nes, der ermordet worden; denn aus einer breiten klaffenden Brust wunde quollen noch langsam und spärlich einige Blutstropfen hervor. Neben dem Ermordeten lag ein großes Jagdmesser, und schaudernd erkannte es Steinfeld als das Eigenthnm Hugo'S, das er vor länge rer Zeit bei ihm bemerkt. Was aber das Ganze noch unheimlicher, mysteriöser machte: auch Hugo lag bleich und regungslos an dec Seite des Ermordeten, und obwohl im schwachen Mondlichl an ihm keine äußerliche Verletzung zu entdecken war, schien er doch ebenfalls mit seinem armen Opfer de» letzten Alhemzug ausgchaucht zu haben. Der junge Anwalt eilte, von Entsetzt» ergriffen, zum Schloß zurück. Die Baronin mußte heute noch mit einem solch grauenhafte» Vorgänge verschont werden — da sah er zum Glück noch Licht in dem Zimmer der zur ebenen Erde wohnenden Tante Beate. Sie hatte also doch nicht schlafen können, wie sie vorher versichert, und so klopfte Steinfeld leise an ihr Fenster. Die alte Dame stieß eine» Angstschrei aus; erst als sie deu Kopf deS jungen Anwalles erkannte, seine Stimme hörte, öffnete sie das Fenster und sagte verdrießlich: „Ach, das war ein schlechter Spaß, lieber Herr! ich bin zum Tode erschrocken — ich glaubte ja schon —" Steinfeld bat keinen Lärm zu machen und fragte, ob die Leute der Baronin noch nicht zurückgekehrl. „Freilich sind sie es, aber was giebt es denn?" war die mür rische Antwort. Der junge Anwalt sagte ihr nur, daß er wenigstens die Hilfe von zwei Menschen brauche, und Tante Beate merkte wohl, daß Stein« selb keinen Scherz treibe, kant eiligst herbei, rief eiligst die im Neben hanse wohnenden Diener und schloß sich, von Neugier getrieben, dem kleinen Zuge an. Hastig eilte Steinfeld zur Stelle; die alte Frau versuchte vergeblich, Schritt zu halte» und bat ängstlich, auf sie zu warten; aber die Andern hörte» nicht auf sie. Die Diener starrten überrascht ans das fürchterliche Schauspiel. Der alte Kutscher mur melte erschrocken, als er sich über die Leiche des Fremden hinwegge- gebeugt: „Wenn ich nicht gehört, daß der junge Herr auf der See ver unglückt, würde ich sagen, das ist unser Baron." „Das ist ja nicht möglich, der Gemahl der Baronm?" rief Steinfeld im höchsten Erstaunen aus. Der Kutscher bückte sich noch Ziefer über die Leiche.