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für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Madtrath daselbst. 85. Dienstag den 31. October 1871. Nach Mittheilung der Amtshauptmannschaft zu Dresden erhält die hiesige Stadt nächsten Donnerstag, den 2. November, circa 300 Mann vom 2. Bataillon des Schützenregimentes Nr. 108 zur Einquartierung auf einen Tag. Die quartierpflichtigen hiesigen Bewohner werden hiervon mit dem Bemerken in Kenntniß gesetzt, daß den Mann schaften Marschverpflegung zu verabreichen ist. Nath zu Wilsdruff, am 30. October 1871. Kretzschmar. Nächsten Freitag, den 3. November, sollen mehrere Communparzellen — s. g. Bürgermeisterflecke — meistbietend verpachtet werden. Pachtlustige haben sich hierzu an dem gedachten Tage, Nachmittags 4 Uhr im Raths sessionszimmer einzu finden. Rath zu Wilsdruff, am 30. October 1871. Kretzschmar. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 30. Octobcr 1871. Wie uns mitgetheilt wird und auch aus obigem stadträthlichcn Inserate zu ersehen, wird uns noch einmal die Freude zu Theil, ruhmgckrönte, siegreich auS Feindesland heimkehrende sächsische Krieger, und zwar circa 300 Mann von dem so oft rühmend gedachten Schützenregiment Nr. 108 auf einen Tag in unsern Mauern zu be herbergen. Wie gar nicht anders zu erwarten, wird jedenfalls auch dieser Truppe ein ihr gebührender herzlicher Empfang von Seiten der Behörden wie von der ganzen Einwohnerschaft zu Theil werden. — Auch in Chemnitz striken seit Sonnabend, den 28. d. M., gegen 6500 Fabrikarbeiter, auch diese verlangen mehr Lohn uud kürzere Arbeitszeit; es hat lange gedauert, ehe die Herren Sozialde mokraten das gute Einvernehmen, welches bisher in Chemnitz zwischen Arbeiter und Arbeitgeber geherrscht, zerstören konnten, gelungen ist's denselben aber doch. Das Chemnitzer Tageblatt schreibt: Die Hal tung der feiernden Arbeiter ist eine ruhige uud sind bis jetzt nicht die geringsten Excesse vorgetallen. Hoffentlich gelingt es, recht bald eine Einigung zwischen den feiernden Arbeitern und den Arbeitgebern zu erzielen. Chemnitz, den 27. October. Am gestrigen Vormittage V.lO Uhr ging auf der noch im Bau begriffenen dirccten Chemnitz-Leipziger Bahnlinie der erste Bauzug vom rothen Vorwerk über Wittgcnsoorf und Bahnhof Burgstädt bis Station Göritzhain. Im Bahnhöfe Wittgensdorf waren mehrere Vertreter der kgl. städtischen Behörden von Burgstädt bei der Ankuust des Zuges anwesend, welche den Zug bis Burgstädt benutzten. Die zum ersten Male befahrene Strecke der Eisenbahn bildet ungefähr ein Drittel der ganzen Linie von Chemnitz bis Borna, deren totale Eröffnung in den ersten Monaten des nächsten Jahres stattfinden wird. In Dresden machen sich die Sozialdemokraten das Ver gnügen, den Behörden ein Schnippchen zu schlagen. Diese haben in allen Instanzen einen Arbeiter, Namens Ufert, gleichviel ob mit Recht oder Unrecht, zur Ausweisung verdammt, aber trotzdem spricht der Mann in den Dresdener Arbeiterversammlungeu, als ob nichts vorgefallen wäre. Das macht, die Herren Sozialdemokraten, die ja bekanntlich eine europäische Staatenrepublik begründen wollen, haben sich in einer Bittschrift an den König Johann gewandt, damit ihr Genosse Ufert bei ihnen bleiben könne, und bevor über das Bittge such nicht entschieden ist, bleibt der Mann eine Zierde der Dresdner Volksrcdner. Ob es so ganz dem deutschen FreizügigkeitSgesctz gemäß handeln heißt, einen Sachsen aus Chemnitz, Leipzig, Dresden u. s. w. auszuweisen, blos weil er der Polizei unbequem ist, wissen wir zwar nicht, aber daß ein anderer Staatsbürger doch so lange seine Thätig- keit in Volksversammlungen cinstellen würde, bis über seine Ange legenheit entgültig entschieden worden, scheint nns gewiß. So ein Sozialdemokrat kennt aber das Wort Bescheidenheit gar nicht mehr, nachdem er die Schüchternheit des öffentlichen Auftretens längst über wunden. In eben diesem Dresden schrieb der sozialdemokratische ,Volksbote," nachdem er der Verurlheilung gedacht, welche die franz. Franctireurs unter uns in Deutschland erfahren, in Anspielung auf die Dcnkmalsenthüllung unsers Theodor Körner: „Aber anno 71 im October setzt man einem deutschen Franctircur (freiwilligen Vaterlandsvertheidiger) von anno 13 zur Erinnerung ein Denkmal, singt und betet noch dazu dieses erzene Bild an und freut sich über die GestnnungStüchtigkeit, Freiheits- und Vaterlandsliebe eines solchen Mannes." Theodor Körner und irgend ein Franktireur, der Hin term Strauch versteckt einem nnscrcr tapferen Krieger hinterrücks eine Kugel durch den Leib jagt, werden von diesem vaterlandlosen sozial demokratischen Volke in eine Linie gestellt! Wie man aus Zwickau berichtet, tritt mit dem 1. November d: I. dort abermals eine Erhöhung der Kohlenpreisc ein. Viele trösteten sich seither mit dem Glauben, es seien allerwärts große Norräthe aufgespeichert, die im vergangenen Jahre fehlenden Arbeits kräfte und Transportwagcn seien in genügender Weise vorhanden, ja man hoffte sogar, daß noch vor Eintritt des Herbstes ein Abschlag der Preise eintreten müsse. Es hat sich inzwischen aber unzweifelhaft herausgestellt, daß ein geradezu kolossaler Bedarf vorhanden und daß trotz Anstrengung aller Kräfte derselbe kaum gedeckt werden kann. Die Voraussetzungen wesentlich billigerer Preise für diesen Winter nud nächsten Sommer schwinden mehr und mehr. Daß die Kohlcn- bau - Gesellschaften unter solchen Umständen bedeutende Dividende werden geben können, ist selbstverständlich. Wolkenstein, 27. October. Heute morgen zwischen 5—6 Uhr gerade als die Nachtarbeit beendet war, brach in der älteren der beiden in Finsterau, unterhalb Streckewalde, gelegenen Flachs spinnereien der Herren Wolle und Feig Feuer aus, und steht das Gebäude gegenwärtig noch in Flammen. Es ist zn hoffen, daß ein Umsichgreifen des Feuers nicht erfolgt, da die Fabrik ziemlich isolirt steht und die zunächstliegenden Häuser harte Dachung haben. Ob Blandstistung, Fabrlässigkeit oder Selbstentzündung die Ursache des Unglücks ist, läßt sich bis jetzt nicht entscheiden. Am 23. Oktober wurden in Gcorgewitz bei Löbau sämmt- liche Gebäude des GemeiudevorstandeS Mürbe, sowie die Gebäude des Gärtners Gruhl total eingeäschert. Die Frequenz der Universität Leipzig hat sich wiederum bedeutend gesteigert und soll die Ziffer von 2000 Studirenden nahezu crrcieben. Meißen, 25. Octobcr. Heute früh 7 Uhr verkündeten Böller schüsse den Beginn der Weinlese auf dem Rathsweinberge. Die Witterung dazu ist günstig, war es aber nicht in den geeigneten Monaten, um die Traube rechtzeitig zu reifen, und zu edlem Gehalt zu bringen. Mau glaubt kaum, daß der diesjährige Wein dem 6l)gcr an Güte gleich kommen werde. Falkenstein, 25. Octobcr. Gestern Vormittag in der 10. Stunde ist der in den 60er Jahren stehende Einwohner und Hand arbeiter Gottlieb Hellinger aus PillmanuSgrlin an der Grenze zwischen Piilmannsgrün und Kottcngrün crmordert aufgcfunden worden. Bei der gestern Nachmittag stattgefundcncn gerichtlichen Aushebung und