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Eingangszolles für das Jahr 1872 eine hinreichende Schranke gegen die Einfuhr der Elsaß-Lothringischen Productc bilden werde, deren Concnrrenz Frankreich bis zur Stunde auch ohne irgend einen Zoll ausgebalten habe. Wenn auch die Industrie iu den letzten drei Mo- naien des laufenden Jahres hierunter leiden sollte, so würde cs doch »»patriotisch sein, Bedenken zu tragen, die als Gegenleistung ange- bolenc weitere Räumung des französischen Gebiets anzunchmen. (Beifall.) Es würden Shndicate in Elsah-Lothringen gebildet werden, welche eine strenge Controle über die nach Frankreich gehenden Producte ausüben würden; auch die französische Zollbehörde werde eine wachsame Controle ausüben. Thiers erklärte sich schließ lich mit den von der Commission vorgeschlagencn Modifikationen cinverstanden. Die Rede Thiers wurde mit großem Beifall aufge nommen. Der Entwurf ward hierauf in der Commisfionsfaßung mit 533 gegen 31 Stimmen angenommen. Die Sitzung ward um 12 Uhr 45 Minuten Nachts aufgehoben. Es steht wohl zu hoffen, daß die deutsche Negierung sich mit den Modificationcn des Gesetzes einverstanden erklären wird, und daß nunmehr die schon früher erwähnte Reducnon der deutschen Be- satzungstruppcn in Frankreich auf 50,000 Mann alsbald eintritt. Wie Berliner Blätter wissen wollen, würden nach vollzogener Räumung der Forts von Paris und der drei Departements nur noch vier Divi sionen, eine brandenburg'sche, eine pommer'sche, eine hanuoveranische nnd eine bayerische, im Ganzen etwa fünfziglausend Mann, auf französischem Gebiete zurückbleiben. Die sechs Departements, in welchen sie bis zur völligen Zahlung der fünf Milliarden zur Oecu- palion das Recht haben, sind Marne, Haute-Marne, Vosges, Ar- >dennes und Mense. Für uns in Sachsen hat die hier mitgetheilte Nachricht, wenn sie sich bestätigt, insofern noch besonders Interesse, weil die Rückkehr der 24. Division dann in allernächster Zeit zu er warten wäre. Die vierte halbe Milliarde soll, wie man in den finanziellen Kreisen von Versailles versichert, gegen Ende November gezahlt werden. Frankreich. Aus Paris vom 15. September wird berichtet: Der General Ladmirault, Gouverneur von Paris, hat folgenden Tagesbefehl erlassen: Ich habe in Erfahrung gebracht, daß in der Umgebung der Ca- serncn an die Soldaten eine kleine Flugschrift verthcilt wird, welche in dSr Form von Zwiegesprächen geschrieben ist und darzuthun sucht, daß die Verantwortlichkeit für den Krieg der parlamentarischen Oppo- / sition unter dem Kaiserreiche zur Last falle. Solche Schriften können nur die Wirkung haben, die Mannszucht in der Armee zu erschüttern. Deshalb wollen Sie den Befehl geben, daß die Umgebungen der Ca- serncn mit Sorgfalt überwacht werden und daß jedes Individuum, welches überführt wird, solche Brochüren verthcilt zu haben, verhaftet und an den Polizei-Commissar abgclicfcrt wird. Diese Umtriebe gehen von den Bonopanisten aus, die im Augen blicke die Armee stark von ihren Agenten bearbeiten lassen, um wäh rend der Ferien der Nationalversammlung einen Handstreich zu ver suche». Die Bonopartisten rechnen bei ihrem Plan nicht allein aus Lie Unzufriedenheit, die das weitere Verbleiben der Nationalversamm lung in Versailles in Paris verursacht hat, sondern auch auf einen Theil der Armee und auf Beamte und Angestellte der Polizei, die früher die ergebenen Diener des Kaiserreichs waren. Daß der Ver sailler Negierung diese Jutrigucn bekannt sind, beweist obiger Tages befehl Wie der Umstand, daß sowohl der Armee als den Polizeibe- amten das Lesen des bonopartistischen Aveuir Liberal unter sagt worden ist. Voraussichtlich w.rd Herr ThierS bei den Ncisen, Lie er während der Ferien zu machen die Absicht hat, Vorsichtsmaß regeln ergreifen, und besonders in der Wahl der Personen, die ihn umgeben, vorsichtig sein. An dem Riesenproccsse gegen die Rothen in Paris arbeiten 8 Kriegsgerichte, die Zahl der Verhafteten beträgt 30,000, darunter 750 Galeerensträflinge, die Zahl der Actcnstücke 25,000 und die Zahl der Untersuchungsrichter 152. Der Minister selber erklärte, man werde 12—15,000 Rothe ohne Unheil laufen lassen müssen, mehr als 100 Urtheile im Monat zu fällen, sei nicht möglich, London, 16. Scpt. Pariser Correspondcuten unserer Blätter wissen manches Belustigende über die Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten zu erzählen, in welchen der Haß gegen Preußen im Allgemeinen und gegen Bismarck insbesondere Befriedigung sucht. So schreibt der Berichterstatter der Daily NewS: Manche waren nicht wenig empfindlich darüber, daß General von Manteuffel von Thiers zu Tische geladen war. Das war nicht anders zu erwarten, und die Sache wäre nicht der Erwähnung wcrlh, wenn sie cs nicht des Gru»- dcs wegen wäre, der die Pariser mit der Einladung auSgcsöhnt hat. Sie erinnerten sich plötzlich, daß General v. Manteuffel beim Fürsten Bismarck nicht gut angeschricbcn siche, ja stellenweise zu seinen Geg nern gehört, und da sie niemand so gründlich hassen als Bismarck, so suche» sie ihre» Groll ausziilassen, indem sie de» General Man teuffel einige Höflichkeiten erweisen. Hat man je solche Kinder ge sehen wie diese Pariser? ES ist eine der spaßhaftesten Scenen, sie auf Bismarck schießen zu sehen. Allenthalben in Paris giebt eS Schießbude» und bei de» zahlreiche» Tanzlocaleu im Freie» befindet sich regelmäßig eine solche Bude. Die Lieblingsscheibe ist ein rundes Stück weißer Pappe mit einem Bilde Bismarcks im Centrum. Es scheint den Parisern unendlich wohl zu thun, durch deu Kopf des deutschen Staatsmannes zu schießen. Sv viel Befriedigung gewährt ihnen dieses Spiel, daß sie zum Vergnüge» .wie zmn Vortheil des Budenbesitzers viel öfterer schieße», als sie es sonst thun würden. Es ist cine köstliche Idee, cinem Vergnügen sich hinzugeben, das zu gleich unsern Patriotismus kitzelt. Auch bsim Kegclspiel kann man sich in dieser Weise einen patriotischen Genuß gewähre». Der König ist als eine greuliche Caricatur des Erzfeindes zurecht geschnitzt. Welche Lust ihn niedcrzuwerfen! Die übrigen acht Kegel sind preu ßische Soldaten mit Pickelhauben. Wie süsi auch diese zu Boden zu schmettern. In China haben sie nicht nur die Todesstrafe noch, sondern auch deren Steigerung. Ueber den Mörder des Vicekönigs erging das Nrlheil der Richter, daß er lebend in kleine Stücke zerschnitten werde. Die Vollziehung des Urtheils dauerte stundenlang; zuerst wurden ihm Hände und Füße abgchaum, und dann an 1000 Stücke Fleisch aus dem Leibe geschnitten. Die Henker waren über die Stand haftigkeit des Unglücklichen förmlich ergrimmt; denn trotz der schreck lichsten Mardern kam kein Seufzer über seine Lippen; nur als sie ausruhten, um ihm das Herz auszustechen, fragte er: wo ist mein Sohu. Die chinesischen Gelehrten waren mit einer Erklärung der Standhaftigtcit sofort bei der Hand, sie fanden den Grund in der großen Gallenblase des Gemarderten. Der Zukunftöftrike.*) Erste Scene. Muckenich (nach Hause kommend.) Seine Frau. Muckenich. Na, Mutter, nun kannst Du eine» Purzelbaum Pflanzen. Wir haben es durchgesetzt! Der Strike is jeluiigen, die Meister sind von ihre Hinterbeine run un auf Allens einjegangc». Seine Frau. Jott sei Dank, daß es vorbei is! Vier Wochen lang hast Du nicht den sauren Häring verdient, den ich Dir jeden Morgen von unserm Keller-Brchm holen mußte, weil Du jeden Abend mit cinem Pavian nach Hause kamst. Muckenich. Des ist richtig, der Durst nach Mehrjewinn mußte doch jestillt werden. Nu aber ist Allens jut, ich verdiene jetzt täglich zehn Silberjroschc» mehr. Seine Frau. Da kann Deine silberne Uhr und das Bett, die ich habe versetzen müssen, noch lange aufs Pfandhaus striken, bis sie wieder die Arbeit aufnchme». U» die Sparbüchse, die so scharf je- laden war, 'raus is der Schuß! Das is ja nm das Pockenhaus zu kriegen. (Es klopft.) Zweite Scene. Vorige. Der Hauswirth. (Frau Muckenich fällt bei dessen An blick in Ohnmacht.) Der Hauswirth. Wünsche einen juten Normalarbcitstag, lieber Muckenich, freut mich, daß sie nu mehr verdienen. Muckenich. Danke sehr. Aber um Jottes Willen, Sie wollen doch »ich —? Der Hauswirth. Steigern? ES ist jar nich die Rede Werth. Noch lange keine Milliarde, bloß 20 Thaler jährlich. Sie wolle» mehr verdiene», ich ooch. Mucke»ich. Zwanzig Thaler mehr für diese kleenc erste Etage von oben mit Separatencinjang für Regen un Wind? Sie denken wohl, ich bin verrückt oder dotirt! Der Hauswirth. Ich denke, Sie suchen sich cine andere Woh nung. Im Thierjarten sind noch etliche Bäume frei mit Aussicht auf's SiejeSdcnkmal. Muckenich. Aber Sie fordern ja beinahe AllenS, was ich dnrcb den Strike mehr verdiene. Sie sind ja der reine Berliner Haus- und Jcbüude-Jasparvne. Der Hauswirth. Sie können ja wieder striken, cs kann ja ans eimnal mchr oder weniger nich ankommen, und wenn ich mein HauS einmal umbauen lasse, dann fließt ja doch mein Bischen Ueberschuß wieder in Ihre Tasche. 'Morgen, wünsche vergnügten Normalar- bcilstag! (ab.) Dritte Scene. Muckenich. Seine Frau (aus der Ohnmacht wieder herausfallend.) Muckenich. Siehst Du, Karline, das sind die Capitalistcn, die uns aussaugcn, wie Liebknecht sagt, die Blutigel, die uns den letzten Kupferdreier abschröpfc», wie Bebel sagt, das is so ein Bourgeois, dem wir mit aller Kraft und Energie cntgegentretcn müssen, wie Hasenclever sagt. (Es klopft.) Vierte Scene. Vorige. Der Schuster. Der Schuster. Ich bringe die Stiebeln und kricje 5 Thaler. Muckenich. Wie so fünf? Ich habe bis jetzt ja man blos vier jcjebeu. Der Schuster. Janz richtig, aber meine Jesellcn haben gestrikt un ich muß ihnen jetzt vvch etwas mehr bezahle». U» dann verdie nen Sie ja jetzt mchr, wie ich eben höre, und sollte» sich kein Bein um so '»e Lumperei auSreißen. Frau Muckenich. I wo! Wir bezahlen Allens baar und ich werde jetzt mein Fußzcug im Laden koofen. Der Schuster. Da habe» wir's! Sie sind also doch so cin Bourgeois, dem wir mit aller Kraft und Energie cntgegentretcn müssc», wie Haasenclever sagt. Muckenich. Was? Ich bin cin —? Nanu? Dcr Schuster. WaS denn anders? Eben haben Sie jcstrikt un Ihre Lage verbessert »n »u wollen Sie Allens für sich behalten un Capital ansammeln un einen armen Schuster mit's Baarbezahlen drücken! Krieg den Palästen, sagt Bebel. Na warte! Fünfte Seme. Barbierstube. Ein selbstständiger Barbierherr. Muckenich. Muckenich. Juten Morjcn, Herr Doctor. Barbier. Danke gleichfalls. Bevor ich die Operation beginne, zeige ich Ihnen an, daß das Barbieren auf einen Silbcrgroschen ge steigert ist. * Au? den „Berliner Wespen".