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ilsdMff, Tharandt, Rossen, SievenlelM und die Umgegenden. Ämtsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 1872. 3. Dienstag den 16. Januar Tagesgeschichte. (Eingesandt.) Wilsdruff, den 14. Januar 1872. Im Interesse der hiesigen Liedertafel, bezüglich ihres Wachsens, Blühens und Gedeihens, wird hierdurch aus guter Meinung ganz besonders dazu aufgefordert, daß die activen Mitglieder derselben an den gewöhnlichen Singabenden (Frei tags) pünktlich und willig erscheinen, und den jetzigen Lieder meister, der mit Lust und Liebe wacker in den Fußtapfen des scl. Cantor Zedtler sich fortbewegt, auch kräftig unterstützen möchten! „Singe, wem Gesang gegeben!" Diese Worte wolle man doch ja beherzigen, und als Sänger künftighin nicht ohne Entschuldigungsgrund wegbleiben, wie es leider am ver gangenen Freitage bei einer großen Zahl der Fall war. Der Vorstand des Sächsischen Gemeindetags ladet die Mitglieder des Vereins zu einer Sonnabend den 20. Januar d. I., von Vor mittags '/^lO Uhr an, in Leipzig im Saale des Schützenhauses ab zuhaltenden Jahresversammlung ein. Tagesordnung: I. Berathung über die den Ständen vorgclegten Entwürfe einer revidirten Städte- ordnnng, einer L-tädteordnung für mittlere und kleinere Städte, einer revidirten Landgemeindeordnung. II. Berathung über die Gesetzent würfe, die Organisation der Verwaltung und die Bildung von Be- zirksvertretungen betreffend. Da der Lehrermangel auch in Sachsen sich fühlbar macht (im Jahre 1870 blieben von 4549 Schnellen 138 unbesetzt), so fordert die Negierung zur Errichtung zweier neuer Seminarien 120,000 Thlr. vom Landtag. Das eine Seminar soll in den Leip ziger Krcisdircctiousbezirk, das andere in den Zwickauer gelegt werden. Die Angelegenheit der Lehrerin Fräulein Riedel, welche bekannt lich in Reichenbach, nach einer Mitlhcilung des „Crimmitschauer Bürger- und Banernfrcundcs", ein Kind mit 126 Ruthenschlägen tractirt haben sollte, hat ihre Erledigung zu Gunsten der Verdäch tigten gefunden, denn, wie die „Dr. N." berichten, ist der Einsender der betr. Notiz, Schreiber Kretzschmar in Reichenbach, zu 10 Thaler Strafe, Tragung der Kosten und 200 Thaler Entschädigung vcrur- theilt worden; außerdem ist das Erkenntniß auf seine Kosten in der „LpZ. Ztg." zu veröffentlichen. Zwickau, 12. Jan. Das „Zw. W." berichtet: Im „Deutschen Hause", wo gestern Abend Abonnement-Conzcrt und Ball stattgefun den, kam es heute früh zu einem argen Exceß zwischen den Gästen. Nicht mir, daß unter dem Meublement der Gaststube eine greuliche Verwüstung angerichtet wurde, auch die Balltoilettcn sind in schrecken- erregender Weise mitgenommen worden und cs mußte schließlich die Polizei einscbreitcn. Rabenstein, 13. Ja». Am Morgen des letzten Festtages (6. Jan.) wurden die Bewohner unseres Ortes durch die Nachricht er schreckt, daß in der Kirche ein nächtlicher Einbruch verübt worden sei. Die Diebe waren durch ein Fenster in die Sacristei cingedrnngen und hatten zwei Paar Altarleuchter mitgenommen. Zn beklagen ist dabei, daß das eine Paar ein Geschenk von einer früheren Guts- Herrschaft (v. Carlowitz) ist. Die Thüter sind leider uoch nicht er mittelt worden. Oederan, 13. Jan. Vergangene Nacht in der zweiten Stunde wurden wir durch Feuerlärm aufgeweckt. Es brannten die Scheunen an der Chemnitzer Straße, welche) verschiedenen Besitzern angehörend, mehrere in einer Reihe an einander gebaut, von Wohnhäusern etwas entfernt stehen. Das bei der Bauart derselben und ihrem Inhalte — Stroh, Heu — sehr erklärliche schnelle Umsichgreifen des Feuers machte Löschen unmöglich. Bei der gänzlichen Windstille drohete glücklicherweise den nur wenig entfernten Gebäuden keine besondere Gefahr. Für einige Besitzer der Scheunen, die nicht versichert haben, mag der Schaden, da sie, außer dem theilweisen Ertrage der Ernte auch mancherlei Geräthschaften, Wagen und Schlitten, bargen, nicht unbedeutend sein. Ucber die Entstehungsursache des Feuers verlautet noch nichts. Bautz sn, 12. Jan. Eine gestern Abend in der neunten Stunde hier sichtbare Feuersbrunst hat in dem nur 13 Catasternummhrn zählenden Dorfe Zisch kowitz die Besitzungen unter Nr. 1—9 total eingeäschert und ist dabei auch mehreres Vieh mit verbrannt. Von den Calamitvsen haben nur 4 versichert. — In Schönau a. d. E. ist auf Antrag der Gemeindevertretung wegen der herrschenden Blatternepidcmie die Einstellung der öffentlichen Tanzbelustigungen angeordnet worden. Nach fremden und auch gewissen deutschen Zeitungen sollte be sonders bei Avetot und Dieppe von einrückenden deutschen Truppen arg geplündert worden sein. Da kommt es jetzt an den Tag, wie das dort mit ganz rechten (?) Dinge» zuging. Franzosen sind es selbst gewesen. In Preuß, und sächs. Uniformen verkleidet, drangen 3 Cousin's (schöne Vettern!), ein Vater und zwei Gebrüder Cousin, in der Regel bei Nacht und Nebel in die Häuser, feuerten Wohl auch blindlings drauf los, und raubten unter Bedrohung von Mord und Todlschlag Geld, Uhren und sonstige Werthgegenstände. Jetzt stehen sie vor den Assisen, nachdem der Eine von einem nicht so leicht ein zuschüchternden Bauer verwundet und gefangen worden ist. Die „Slraßb. Ztg." vom 11. Jan. schreibt: Der Besuch der höheren Lehranstalten des Reichslandcs ist in fortwährendem Steigen begriffen. U. a. zählt das hiesige kaiserliche Lhceum, welches am 10. October sein neues Schuljahr mit 170 Schülern begann, nun deren 300. In Colmar hat sich die Schülerzahl des Ghmnasiums seit Be ginn des Schuljahres fast verdoppelt. Anderweitigen Bemerkungen gegenüber mag dabei ausdrücklich hervorgehvben werden, daß der Zuwachs fast ohne Ausnahme nur von elsässisch-lothringischen Fami lien kommt. — In einer Lorrcspondenz der „Bad. Ldsztg." heißt es: Mit lautem Jubel oder doch mit heimlichem Dank haben wir die Einführung der deutschen Schulgesetze begrüßt. Sechs Wochen vor dem Kriege las ich auf der schwarzen Tafel einer unterclsüssischen evangelischen Dorfschule: Eingeschriebene Schüler 67, abwesende 60, gegenwärtige 7. Jetzt ist das Verhältniß umgekehrt. Auch in Mühl hausen kommt es gewiß nicht mehr vor, daß 3000 Kinder die Schule versäumen dürfen. Mit den jugendlichen Ausreißern sind auch die zahlreichen Bettler verschwunden, welche bisher zum Vagabondcnleben erzogen wurden. Allgemein nehmen sich jetzt die Bauern vor, ihre Söhne bester unterrichten zu lassen, um ihnen den Eintritt in den einjährigen Freiwilligendienst zu ermöglichen. Vor wenigen Jahren wurden die protestantischen Geistlichen in gehässigen Streitschriften angeklagt, weil sie die wohlthätigen Einrichtnngcn und Anstalten der Nachbarstaaten Baden und Basel empfohlen hatten und jetzt hört man oft in häuslichen Kreisen die dankbare Aeußerung: Das deutsche Schulgesetz wiegt den ganzen Schaden auf, welchen uns der Krieg zugefügt hat. Posen, 8. Januar. Um die göttlichen Strafen von Posen abznwenden, fand gestern der erste Gottesdienst in der Dominicaner- kirchc statt. Die Kirche war überfüllt, da auf einmal ertönte der Angstrus: Feuer! Feuer! und pflanzte sich durch den weiten Raum fort. Mochte nun das Volk denken, daß das Strafgericht seinen Anfang genommen, oder lediglich von Angst getrieben werden, kurzum, Alles drängte »ach den Thüren und drehte dem Prediger den Rücken. Der Strom staute sich natürlich an den Thüren und mehrere Leute wurden im wahren Sinne des Wortes zertreten, so daß sie kaum mit dem Leben davon kommen dürften. Ein Geistlicher beruhigte endlich die Leute von der Kanzel herab, sonst wäre das Unglück noch größer geworden. In Heidelberg ist ein junger Student aus Breslau, der das Licht hatte brennen lassen, in seinem Bett verbrannt; er wurde halb verkohlt gefunden.