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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Giebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff and den Dtadtrath daselbst. .1/ 48. Freitag den 23. Zmii 1871. Künftigen Montag, den 26. Juni 1871, Vormittags 9 Uhr sollen im hiesigen Gerichtsamtsgebäude verschiedene Mobilien, als: 1 Sopha, Tische, Stühle, Schränke und andere der gleichen Gegenstände an den Meistbietenden versteigert werden, was hiermit zur öffentlichen Kenntnis; gebracht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 22. Juni 1871. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. Tagesgeschichte. Ein dcm „CH. Tgbl." von Berlin zugegangencs Telegramm (siehe dasselbe weiter unten) enthält die erfreuliche Nachricht, daß die Rückkehr der 24. Division aus Frankreich ebenfalls in naher Zeit be vorsteht. Die 23. Division ist bekanntlich bereits auf dem Marsche nach der Heimath begriffen und es wird sonach das (l2.) sächsische Armeccorps mit Ausnahme des Regiments Nr. 105, welches nach dem Elsaß in Garnison gelegt ward, in Kurzem wieder in Sachsen sei». In Bezug auf den bevorstehenden Einzug unsrer jetzt zurück kehrenden Truppen meldet das „Dr. I.", daß der Transport der selben per Bahn (von Mainz und Frankfurt aus) eine etwas längere Zeit in Anspruch nehmen wird, als Anfangs angenommen worden war, so daß der Einzug hierselbst wahrscheinlich erst zwischen dem 9. und 12. Juli staltfinden kann. Die „D. A. Z." schreibt: Die ersten heimkehrenden sächsischen Truppen — von der 23. Division — treffen am 26. Juli über Thüringen in Leipzig ein und gehen ans der Dresdner Bahn weiter. ES kommen dann vom genannten Tage an täglich 6, zusammen 75 Züge mit sächsischen Truppe'" durch Leipzig. Nur ein kleiner Theil der letzteren, in etwa 4 Zügen, nimmt seinen Rückgang über Bayern, Chemnitz rc. Berlin, 21. Juui, Betreffs der Rückkehr der deutschen Armee ist angeordnet worden, daß, ausgenommen die 2., 4., 6., 11., 19., 22. und vorläufig die 1. Division, alle Truppen in naher Zeit heim kehren sollen. Ems, 18. Juni. Der Kaiser von Rußland begegnete gestern eine»! Eisenbahnzug voll heimkehrender deutscher Krieger. Sofort ließ er seinen Wagen halten, stellte sich in demselben auf und winkte den Tapferen mit dcm Hute „Willkommen" zu. Zn dcmBerliner Einzugsfeierlichkeiten bringen die namhaftesten der liberalen Blätter Londons passende Betrachtungen, in welchen sich an historische Rückblicke der Anstausch freundlicher Theilnahme knüpft: „Europa (sagen die „Times" unter Anderen) sieht Henle in Berlin einen großen Triumph iu einer gerechten Sache. Kein Er eignis; alter oder moderner Zeiten wird, wenn man Pergleichungen ""stellt, so viele Gründe zur Befriedigung vereinigen und gleichzeitig so wenig Ursache znm Klagen bieten, Weiche die Stande der Freude trüben oder die Zukunft bedrohen. Im Lanfe weniger Monate hat Deutschland eine seit Menschenaltern vergebens ersehnte Vereinigung bewerkstelligt, gründlich sein Gebiet vor stets drohenden Angriff ge sichert, einen sehr mächtigen Nachbar überwältigt, gefesselt nnd tribut pflichtig gemacht, und starke Städte und schone Provinzen, welche ihm lange fremd geworden waren, wieder zurückervbert. Ein Theil von solchen Erfolgen nur würde hingereicht haben, einem weniger nüchternen nnd vernünftigen Volke den Kopf zu verdrehen. Allein Deutschlands Ruhm nnd Deutschlands Frende ist, daß alle diese Errungenschaften ihm anfgenöthigt wnrden, daß es fie nicht aus freien Stücken gesucht hatte. Es konnte nicht anders, als seinen Boden venhcidigen. Es blieb ihm keine Wahl, als Sieg auf Sieg zu erringen. ES behauptete nur sein Eigenthum, als es die eroberten Provinzen behielt. ES errichtete nur eine nothwendige Schranke gegen den Erbfeind. ES bewerkstelligte nur seine Einheit, weil die Einheit eine Sache der Nothwendigkeit war." Aehnlich, nnr mit mehr schwunghafter Phrase, äußert sich der „Daily Telegraph": „Heute (so beginnt er) begrüßt das moderne Sparta die Heimkehr seiner siegreichen Krieger mit einer ruhigen Begeisterung und einem studirten Schangepränge, wie es selten die stillen Tiefen deutscher Gemüther aufgeregt hat." Berlin, 19. Juni. Die „Börsenzeitung" erfährt positiv, daß die französische Anleihe im Betrage von 2150 Millionen Francs auf der Basts von fünfprocentigen Rententiteln abgeschlossen ist. Die öffentliche Subscription werde allernächstenS eröffnet, hier wahr scheinlich bei Vleichröder zum Course vou 82. Bei der Subscription sollen 12 Procent eingezahlt, der Nest durch 14 Ratenzahlungen zn h Procent berichtigt werden. Bei sofortiger Vollzahlung werden 5 Prvcent Zinsen vergütet, und der Cours sich mithin aus circa 79V» Procent stellen. Der erste Reichstag hat vom 21. März bis 15. Juni, also 87 Tage in Berlin getagt. In diese Zeit fallen 57 öffentliche Sitz ungen und 19 Sonn- und Feiertage; sitzungsfreie Tage gabs eigent lich nur 11 und die Ausschüsse hatten fast keinen freien Tag. Der » Abgeordnete, der täglich 5 Thlr. gebraucht und niemals blau gemacht hat (obgleich das noch mehr Geld kostet) hat 435 Thlr. ausgegeben. Mit seinen Diäten konnte bekanntlich der Sparsamste nicht aus kommen. Der deutsche Kaiser hat Pius IX. zu seinem Jubiläum eigen händig gratulirt. Er hat den alten Herrn immer gut leiden können und will schon dafür sorgen, daß er ihm keinen Stein in den Gar ten wirft. Als die Bürger in Linz die deutschen Siege öffentlich feiern wollten, verboten die Minister jede Feier nnd straften Alle, die sich nicht abhalten ließen. Als das Papstjubiläum kam, forderten die geistlichen Herren den Bürgermeister auf, die Stadt zu schmücken und zn beleuchten. — Geht nicht, antwortete der Schalk ernsthaft, die Mi nister lieben keine Demonstrationen und Feste, wie wir so eben er lebt haben.—Die Herren bissen sich auf die Lippen; denn sie wissen sehr gnt, daß die neuen Minister zwar keine Freunde Deutschlands, aber desto dickere Freunde des Papstes sind. Der Berichterstatter der „Times" in Paris bringt über Frank reichs Aussichten für die nächste Zukunft einen Brief, aus welchem wir folgende Stelle mittheilen: „So ganz befriedigend ist der Zu stand vou Paris keineswegs, denn die Anhänger der Commune kom men wieder zu Athen;; sie erholen sich von dcr Panigne ihrer Nieder lage und gewinnen wieder frischen Muth — nicht als ob eine neue Schilderhebung möglich wäre, aber sie fangen an, geheime Zusammen künfte zu organisiren, um über die Lage der Dinge zu bcrathen, um Manifeste zn erlassen, nm im Süden Frankreichs zu agitireu, und kurz, uni uns von einer Thatsache zn überzeugen, an welcher wir be reits zu zweifeln anfingen — daß sic noch immer existircn. Vom 17. Juni schreibt man der „K. Z." aus Paris: Heute stürzten wieder viele Mauern der niedcrgebrannten Stadtmauern ein, welche der Regen durchweicht hatte. Die so schönen Ruinen des Stadthauses haben auf diese Weise stark gelitten. An dcm Hinweg- ränmcn dcr llebcrblcibsel der niedcrgebrannten Häuser wird stark ge arbeitet. Da dieselben säst alle vollständig ocr Erde gleichgemacht werden, so wird man bald dort, wo die ausgebrannten Häuser stan den, nur noch leere Plätze sehen. — ES ist keineswegs begründet, daß die Masscnerschicßiingcn anfgehört haben. Gestern wurden noch 140 auf einmal auf dem Pcre Lachaise zusammengeschossen. Es war ein schauderhafter Anblick; viele waren nicht gleich todt und