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2 Versailles, 3. Juni. Ein Tagesbefehl des Marschalls Mac Mahon an die Linien- und Marine-Soldaten sagt: „Euer Muth und Eure Ergebung haben über alle Hindernisse gesiegt. Nach zweimonat licher Belagerung und achttägigem Kampfe in den Straßen ist Paris endlich befreit. Indem Ihr Paris den Händen der Elenden entrissen habt, welche es in einen Schutthaufen zu verwandeln beabsichtigten, habt Ihr es vor dem vollständigen Ruine bewahrt und es Frankreich zurückgegeben. Das ganze Land zollt Beifall den Erfolgen Eurer patriotischen Bemühungen; die Nationalversammlung, welche das Land repräsendirt, hat Euch die Eurer würdigste Belohnung zuerkannt und mit einstimmigem Votum erklärt, daß die Landarmer und die Marine sich um das Vaterland wohlverdient gemacht haben." Ein Pariser Korrespondent der „Pr." schreibt unterm 29. Mai: Die Commune hat ihrer Ruchlosigkeit noch die Krone aufgesetzt, indem sie in den letzten Augenblicken, da sie ihr Spiel verloren sah, Gra naten nach St. Denis und Fonteuah schickte, um die Deutschen zur Beschießung der Stadt Paris herauszufordcrn. Die Bevölkerung von St. Denis war vor Schrecken gelähmt; aber die Deutschen schickten unverzüglich die Meldung von dem Geschehenen nach Versailles und fügten die Versicherung bei, daß sie sich zu keiner Aendcrung ihrer Haltung hierdurch bewegen lassen. Rußland. Aus Odessa vom 2. Juni wird gemeldet: Es wurde ein Complott entdeckt, wonach eine allgemeine Ermordung der Juden projectirt war. Es herrscht infolge dessen hier große Panjk. Südamerika. Der „Buenos Ayres Standard" vom 30. April d. I. giebt folgende Aufstellung über die erschreckliche Verheerung, die das gelbe Fieber dort seit "Beginn des Jahres anrichtcte: Im Januar starben 200 Menschen, im Februar 1000, im März 11,000 und im April erreichten die Todesfälle die Zahl von 14,000, zu sammen 26,200 Menschen. In den letzten drei Monaten wurden auf dem südlichen Beerdigungsplatze 22,000 Leichen bestattet, wozu 360 Todengräber täglich ihr trauriges Werk zu verrichten hatten. Am Ostermontag, wo die Seuche ihren Höhepunkt erreicht hatte, waren -540 Särge zur Beerdigung angemeldet und wurden über 1000 Leichen beerdigt. Der Nationalität nach vertheilen sich die Todesfälle un gefähr folgendermaßen: 11,000 Italiener, 8000 Eingeborne, 3500 Spanier, 2200 Franzosen, 600 Engländer, 600 sonstige Bevölkerung, und endlich kommen die Deutschen mit 300, als das kleinste Kon tingent des Todes. Asien. Die Nachrichten von der Hungersnoth in Persien sind entsetzenerregend. Wie man dem „Levant-Herald" aus Täbris vom 30. April schreibt, hat die Dürre des vorigen Jahres am schlimmsten die südlichen und mittleren Provinzen heimgesucht. Selbst in den Straßen der Hauptstadt sterben die Armen zu Hunderten; aber in Khorasan ist es so weit gekommen, daß die Eltern ihre Kinder dem Turkmann in die Sclaverei verkaufen, um sie vor dem Tode zu retten, und in Jspahan soll man Leute angetroffen haben, wie sie Leichen ausgruben, um sie als Nahrung ihren verschmachtenden Familien zu bringen. In Schiras, Jesd und Kiman suchen sich die Bewohner kümmerlich von Gras und Wurzeln zu ernähren, die sie noch etwa auf den Feldern finden. Die unheilvolle Nachzüglerin, die Pest, folgt der Hungersnoth rasch auf dem Fuße, und wenn beide ausge- wüthet haben, wird die Bevölkerung des Königreichs furchtbar zu- sammcngcschmolzen sein. Das Deutsche Siegesdenkmal. Im Lesezimmer des Reichstags ist die sehr sauber ausgeführte Zeichnung des Sicgesdenkmals ausgestellt, welches auf der Stelle, wo der Rhein sich mit den Main verbindet, errichtet werden soll. Der Entwurf beruht auf dem Gedanken, den Sieg nicht blos alle gorisch andcnten zn wollen, sondern die für das deutsche Volk wesent lichen Resultate des gewaltigen Nationalkampfes gewissermaßen prak tisch und materiell zu symbolisiren. Mitten im Strome soll ein un geheuerer runder ca. 50 Fuß hoher Unterbau sich erheben, auf den von Costel aus eine mächtige Pfeilerbrücke hinführl, während eine gleiche Brttckenanlage von ihm aus nach Südosten in der Richtung von Darmstadt ausgeht und eine dritte endlich, von demselben Cen irum aus den Rhein überspannend, das linke Ufer etwas südöstlich von Mainz erreicht. Im Centrum soll sich das Denkmal für den Sieg erheben, der diese Verbindung nach schwerem Kampf errungen. Auf dem runden Unterbau von 300 Fuß Durchmesser, welcher als Vereinigungspunkt der drei Brücken dient, erhebt sich, von drei Stufen getragen, ein viereckiges Piedestal, dessen Seiten einen reichlichen rind angemessenen Platz zu Reliefdarstellungen bieten, und deshalb sollen hier auch in Bronze-Darstellungen gemacht werden von 25 der Hauptschlachten des letzten für die deutschen Waffen so siegreichen .Krieges. Dies Viereck wird dann durch die Vermittelung von vier kolossalen Bronzelöwen ins Achteck übergeführt. Die Löwen bezeich nen in würdiger Ruhe die Kraft der deutschen Heere, das Sieges glück nach jeder Himmelsgegend hin festhaltend. Auf dem Achteck erhebt sich dann der von 30 Fuß hohen bronzenen Neiterstatuen umgebene Michelsthurm. Die Statuen repräseutiren den Kaiser, den Kronprinzen und die andern deutschen Fürsten und obersten Führer der deutschen Heere. Der 191 Fuß hohe Süulenschaft, welcher sich ans ihrer Mitte erhebt, besteht aus wechselnden Horizontalschichten von weißgrauem Kalk- und rothcm Sandstein, um den sich ein breites, die Namen der Schlachten (von Weißenburg bis Paris) lagerndes t Bronzeband schlingt Neber dem gleichfall ehernen German-Roma- ! nifchen Kar uG nRR sich dann endlich ee- o. .cste Pn destal mit der ! Kugel, die das ungeheuere 58 Fuß hohe vergoldete Standbild des Erzengels Michael trägt. Die Totalhöhe des Monuments stellt sich auf 400 Fuß über dem Rundbau oder 454 Fuß über dem Waffer- spiegel. Der ächte Fluch des Papstes Johann XXII. über Kaiser Ludwig den Bayer. Papst Johann XXII. erließ einst eine Bulle, in der es heißt: „Verflucht sei dieser Ludwig, verflucht, wenn er eingeht, verflucht, wenn er ausgeht. Der Herr plage ihn mit Verstanvslosigkeit, Blind heit und Tollheit! Der Himmel sende seine Blitze auf ihn herab! Der Zorn des allmächtigen Gottes und der seligsten Apostel Petrus und Paulus, deren Kirche er zn verwirren gedachte und noch gedenkt, entbrenne über ihn in dieser und in der künftigen Welt! Die Erde öffne sich und verschlinge ihn lebendig! In einer einzigen Generation verschwinde sein Name und sein Andenken von der Erde! Möchten doch alle Elemente ihm zuwider sein und sein Haus wüste werden! Möchten seine Kinder von ihren Wohnungen vertrieben werden und vor den Augen ihres Vaters in die Hände ihres Feindes fallen!" Dieser so vom Papste Verfluchte ist der deutsche Kaiser Ludwig der Bayer (1313—1347), das so vermaledeite Geschlecht ist das Hans Wittelsbach, die dem Verderben, dem Zorne Gottes rc. überant worteten Kinder sind die Fürsten des bayrischen Volkes. Wir sind in der Lage, die Aechtheit dieser päpstlichen Bulle nachznweiscn, denn dieselbe ist in verschiedenen historischen Schriften der Nachwelt zum bleibenden Andenken an eine Zeit überliefert worden, in welcher die Kirche über den Staat zu herrschen sich erkühnte. Damals war die Unfehlbarkeit in Blüthe. Nicht wahr, Herr Erzbischof, das war eine köstliche Zeit?! (D. fr. L.) Das schöne deutsche Elsaß. Unser gelehrter Landsmann Heinrich von Treitschkc hat eine vortreffliche Schrift über Elsaß und Lothringen, die nunmehr wieder zu Deutschland gehörenden Provinzen, hcrausgegcben, aus der wir den Lesern folgenden glänzenden Abschnitt hier mitthcilen: Das deutsche Land, das wir fordern, ist unser durch Natur und Geschichte. Wohl stehen die beiden Ufer hier,, wo der Rhein nvch als ein ungebündigtes Glctschcrwasser, nach Laune sein Bett wecbselnd, daherbraust, nicht in so lebhaftem Verkehre, wie abwärts von Mainz, dem alten NoZankinvum der Römer. Der Wanderer, der aus einein Elsasser Dorfe zum Rhein zieht, geht oft lange dnrcb Buschland und Gcrülle, an sumpfigen Altrheincn vorüber und muß leicht eine Stunde am Flusse warten, bis ein elender Nachen ihn zn einer der Burgen des Kaiserstuhls hinüberführt. Aber der Verkehr zwischen dem ba dischen Oberlandc und dem Ueberrhein ist doch nicht mehr erschwert, als zwischen der badischen und der baierischen Pfalz, oder Starken burg und Rheinhessen. Die Natur selber hat die oberrheinische Ebene zur Schicksalsgemcinschaft bestimmt, sie mit gleichgeformten Gebirgswällen umzogen. Auf beiden Ufern erreicht das Gebirge im Süden seine höchste Höhe; den Breisgauer Bauern ist der Elsasser Belchen der Wetterkündiger, wie der Sundganer von drüben nach dem Schwarzwälder Belchen und dem Blauen schaut. Auf beiden Ufern zeigt die liebliche Landschaft da ihre volle Schönheit, wo ein Querthal aus der Kelte des Gebirges heraustritt; wo die Engels burg den Eingang zum Thurthal beherrscht, wo die drei Schlösser Von Nappoltsteiu in den engen Grund Hinabschauen, wo die alte Feste Hohe Barr aus den rochen Felsen des Zornthales aufsteigt — wie gegenüber in Freiburg, Affenburg, Baden. Eine uralte Handels straße zieht mitten über die Ebene, durchbricht den Wasgau (Vogesen) bei der Zabcrner Stiege, den Schwarzwald bei dem Pforzheimer Thor, verbindet das Westerreich, wie unsere Väter sagten, mit dem inneren Deutschland, wo sie den Rhein überschreitet liegt Straßburg (kakisdonm), das Köln des Obcrrheins, sein Münster als eine Land marke weitum im Oberlandc sichtbar, wie der Kölner Dom in den Bergischen Gauen. Ein Prachtbiid deutscher Landschaft! — so hat noch Jeder gedacht, der am frischen Morgen, wenn die Fetzen der Nebel noch an den Felskcgeln hangen, auf die Wälle von Schlett- stadt trat. Droben auf dem Gebirge der dunkle Tann, den das ent waldete Wälsche Land kaum bannt; weiter niederwärts jene Hellen Küstenwäldcr, die Niemand mehr missen mag, wenn er.einmal heimisch ward am Rheine; am Abbange die Rebgärten und da unten jene schwellende, duftige Ebene, die dem alten Göthe noch in der Erinnerung überschwängliche Worte des Preises für sein „herrliches Elsaß" entlocken. Auch wir Jüngeren, die wir, mit der Schönheit des Gebirges besser vertraut, als die Söhne des achtzehnten Jahr hunderts, für die Reize der Ebene weniger Sinn zeigen, hier müssen wir doch mit einstimmen in das Entzücken des Allmeisters, wenn er die breiten Fruchtbäume mitten im Kornfelde schildert und die alten Linden des Wangenau und das Spiel des Sonnenlichtes, das sich in der weiten welligen Fläche in unzähligen Mulden fängt und bricht. Und mit dem Epheu, der das Gemäuer umrankt, schlingt auch die deutsche Sage ihr wundersames Gespinnst um die hundert Burgen des Sundgaues. Hier am rauschenden Wasserfalle stieg die Riesen jungfrau zu der Burg Nideck hinauf und trng das Bäuerlein mit sammt dem Pfluge und den Rossen in der Schürze. Dort auf Tronja hauste der grimme Hagen der Nibelungen. Hier un Tbale der Poren ging Fridolin mm Eisenhammer, dort an