Volltext Seite (XML)
scrvalivcn Hand in Hand gehend bezeichnet hatte, welche Bezeichnung bekämpft wurde, worauf jedoch Herr Grahl uachwies, daß in allen den Bezirken, wo von der Bundesstaatlich-konstitutionellen Partei Candidaten vorgeschlagen seien, die conservalive Partei von Auf stellung eines eigenen Candidaten absehe und umgekehrt. Soweit wir Gelegenheit hatten, Urthcile zu hören, sprach man sich über die Person des Herrn Grahl wie über sein Programm günstig aus, wozu namentlich die Redegewandtheit und das günstige Organ desselben wesentlich beigetragen hatten. Dresden, 27. Februar. Obgleich schon seit einigen Tagen er wartet, schlug dennoch heut die Friedensbotschaft des Kaisers Wilhelm wie .ein electrischer Funken in die Gemüther, überall Freude und Jubel erzeugend. Man gratulirte sich gegenseitig auf den Straßen, wie bei der Gefangennahme Napoleons am 4. September v. I., und die Häuser kleideten sich in reichen Flaggenschmuck. Ein glückliches Zusammentreffen steigerte die allgemeine Begeisterung. Nachmittags 21/4 Uhr langte nämlich aus Esby in Frankreich der erste Beutezug auf dem hiesigen Leipziger Bahnhofe an. Er brachte folgende Trophäen: 15 Vierpfünder, 2 Siebenpfündcr, 2 Achtpfünder, 9 Zwölfpfünder, 10 Mitrailleusen, 2 Gebirgsgcschütze, eine schwere und eine leichte Haubitze, 1 glatter Sechszehnpfünder, 30 Munitionswagen und 9000 Chassepotgewchre mit 9000 Bajonetten. Die Geschütze sind meist ganz neu und zum Theil erst während der Belagerung von Paris gegossen. Sie wurden zunächst nach dem Garten der In fanterie-Kaserne am Palaisplatz geschafft, wo sie von ihrer heimath- lichen Erde, welche noch die Räder rc. ziemlich stark bedeckt, gereinigt lind dann im Zwinger ausgestellt werden sollen. Natürlich zog ihr Transport ein großes Publikum an sich. Seiten des CultusministeriumS sind geeignete Schritte gethan worden, um, womöglich, die.gleichzeitige kirchliche Friedens- und Dankfeier in allen deutschen Bundesstaaten herbeizuführen. Sobald Gewißheit hierüber vorhanden ist, wird der Tag bekannt gemacht werden. Brüssel, 1. März. Hierher gelangte, von authentischer Seite stammende Telegramme aus Paris von heute Mittag melden: Truppcntheilc des sechsten und elften preußischen und ersten bayerischen Corps wurden heute von dem deutschen Kaiser am Hippodrom be sichtigt. Die Avantgarde dieses Corps unter General von Kamecke ist bereits heute Morgen in Paris eingerückt. Ruhestörungen irgend welcher Art haben nicht stattgcfunden. Der feierliche Einzug der deutschen Armee in Paris wird den Parisern die Ueberzeugung einflößen, daß sie wirklich und wahrhaftig besiegt seien, und das übrige Frankreich wird seine Niederlage zu begreifen beginnen, wenn es hört, daß der deutsche Kaiser in den Tuilerien sein Nachtlager aufgcschlagcn hat. Der Einzug ist politisch nicht bedeutungslos, sondern er besiegelt die Unterwerfung Frank reichs. Indem Sachsen, Bayern und Würtemberger sich mit den preußischen Bataillonen in die Ehre des Einmarsches theilen, giebt er zugleich den Franzosen eine Vorstellung und ein Bild der neuen deutschen Einheit, von der sie sich Lis heute keinen rechten Begriff machen konnten." Berlin, 28. Februar. Der „Kreuzzeitung" zufolge wurde der Magistrat benachrichtigt, nach dem Friedensabschluß für Einquar tierung Sorge zu tragen. Außer preußischen, werden auch sächsische, badische, würtcmbergische und bayerische Truppen Berlin passiren, da cs die Absicht des Kaisers ist, daß das ganze deutsche Heer bei dem Einzug in die Rcichshauptstadt vertreten sei. Berlin soll zur Feier des Sieges dreimal illuminirt werden und zwar bei der Nachricht vom FriedenSabschluß, bei der Ankunft Les Kaisers und beim Einzug der heimkehrenden jTruppen. Der „Kreuzztg." ist dies aber noch zu wenig und sie räth auch den Einmarsch in Paris durch eine Illumination zu feiern. Die Berliner Blätter sprechen sich über die von Deutschland er langten Friedensbedingungen im Allgemeinen befriedigt aus, die officicllcn und nicht officiellcn Organe erkennen in der Herausgabe Belforts und der Summe der Kriegskosten von 1333'/, Millionen T hlr. die weise Mäßigung der deutschen Heeresleitung an, die lieber das Zustandekommen des Friedens sicherte als den hartnäckig auf den Besitz Belforts bestehenden Franzosen dieses Zugestäudniß ver weigerte. So bemerkt die „B.-B.-Z." ganz richtig: Das tiefe Be dauern, tvelches uns der Blick aus den Namen Belfort abnöthigt, soll uns nicht beirren in der Begrüßung der gewaltigen Erfolge, die der'Friedensschluß mit sich führt. Von den drei großen Gütern, welche aus diesen furchtbaren Kämpfen den» Vaterlande zufallen, sind zwei in den Friedcnsbcdingungen genannt: die Zurücksührung der deutschen Lande, welche viele Menschenalter hindurch in den Händen des Räubers gewesen und die Sicherung unserer Grenzen durch die Einverleibung von Metz. Der dritte große Gewinnst, welcher fchon im Laufe des Krieges uns zu Theil geworden, ist die Einheit des Vaterlandes, eine schmerzenreichc, aber glückverheißende Geburt. Auch sic feiern wir, indem wir froh den Friedensschluß begrüßen, und rufen: Hoch das friedensbeglückte, sieggekrönte, seiner verlorenen Kinder wieder theilhaftige deutsche Reich! Hoch das glorreich wieder - erstaudenc Vaterland! Eine Moosthee - Geschichte. (Schluß.) Am folgenden Tage schon erhielt ich den Befehl zur schleunigen Rückkehr in die Residenz, und beinahe zwei Jahre vergingen, ehe ich das gastliche Haus des Barons wieder besuchen konnte. — Vian hatte mich sehr oft eingeladen, ohne daß meine Zeit mir einen Besuch gestattete, aber die letzte Einladung war so dringend gewesen, die Frau Baronin hatte unter den Brief ihres Mannes ge schrieben: „Kommen Sie, eine Ueberraschung!" so daß ich endlich schon mich von meinen Geschäften losmachcn und reisen mußte. Und es war wirklich eine Ueberraschung — denn an der Pforte des Schlosses emfingen mich nicht nur die liebenswürdigen Wirthe, sondern auch Graf Wahlström, und diesmal nicht mit dem düsteren, schwer- müthigen Ausdruck im Antlitz, sondern freudestrahlend und lächelnd, denn an seinem Arine führte er eine wunderliebliche Erscheinung, und mir sie vorstellend, sagte er mit dem seligsten Lächeln: „Meine Gattin — Elva!" — „Elva! wär' es möglich? dennoch!" — rief ich erstaunt. „Ja, dennoch!" — war seine freudige Antwort. „Und wie das Alles gekommen, wollen wir lieber bei einer Bowle Glühwein erzählen, als hier auf der Rampe!" fügte lachend der Baron hinzu und zog uns in den Saal. — „Ist sie nicht schön?" flüsterte er mir beim Hineingchen zu, und ich entgegnete begeistert: „Ein ideales Frauenbild!" — Die Baronin hatte dennoch, so heimlich wir auch geflüstert, unser Plaudern verstanden und drohte schalkhaft mit dem Finger. — „Keine Sorge!" flüsterte der Baron seiner Gattin zu und küßte ihre Hand. — „Und keine Moosthee - Geschichten!" entgegnete sie lächelnd. — „Gewiß nicht!" betheuerte der Baron. Wir setzten uns zu Tische und feierten das froheste, glücklichste Wiedersehen. Der Graf hatte nur Augen für sein junges, schönes Weib, und jede Sorge fchien aus seinem Herzen weggejcheucht. Aber es lag auch eine solche natürliche Anmuth und Frische in dieser Er scheinung, die wohl im Stande war, aus dem düstelstcn Herzen einen lachenden Frühling zu zaubern. Welche Grazie in jeder Bewegung, welcher Hauch von Poesie schmiegte sich um die ganze zarte, reine Gestalt! — Der Freund halte nicht zuviel gesagt; sie war ein unter harter Winlerdecke aufgeblühtes Schneeglöckchen und schaute jetzt mit lächelnden Kinderaugen in die neue, unbekannte Welt. Alles war ihr srcmd und erregte ihr Interesse, und ihre bewegliche Seele schien selbst das Fremdeste sich zu eigen zu machen. Die Stunden verflogen im harmlosesten Plaudern, aber Niemand erwähnte den Verlauf der jüngsten Ereignisse, obwohl ich vergeblich das Gespräch dorthin zu spielen suchte. Ich mußte es aber endlich wissen, und als wir uns fröhlich „gute Nacht" sagten, hielt ich den Baron zurück: „Nur einen Augenblick, theurer Freund! Sagen Sie mir, wie hat er seine Perle noch gefunden?" „Soll ich Sie wieder zappeln lassen?" frug lächelnd der Baron, in Erinnerung seines damaligen Erzählerlalents; „aber nein, ich bin müde und wills kurz machen," fügte er, ein Gähnen unterdrückend, h nzu. „Die Erzählung jenes Abends hatte alle schmerzlichen Er innerungen in der Brust des Grafen nur um so heißer wachgerufeng es litt ihn nicht mehr hier im Baterlaude, er mußte zurück nach Island, um wenigstens in der Nähe seiner Angebeteten zu weilen Die Mutter war erschüttert von dem Tode ihres Feindes, gerührt von der glühenden, ausdauernden Liebe des Grafen, und sie, die mit so viel Abscheu und Entschiedenheit den Sohn des Mörders ihres Gatten zurückgcstoßen, gab jetzt ihren Segen zu der Verbindung. Und da die Mutter bald darauf gestorben, Hal er sein Schneeröschen in unser wärmeres Klima gebracht, wo es noch Nichts von seiner Schönheit eingebüßt." „Wahrlich nicht!" versicherte ich eifrig, und wir schüttelten uns die Hände. Am andern Tage ging es auf die Jagd, und diesmal war es der Baron, der sich eine Erkältung geholt und trotz alles Rcmon- strirenS „Moosthee" trinken mußte; aber dafür gab er auch, wie er meinte, zur Strafe keine „Moosthee-Geschichte" zum Besten. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Am Sonntag Reminisccre Vormittags predigt: Herr Rector Beck. Nachmittags: Betstunde. Einem jungen Menschen von rechtlichen Aellern, der Lust hat die Müllerprofession und Bäckerei zu erlernen, kann bei wöchentlich 10 Ngr. Lohn ein Unterkommen nachgewiese» werden in der Exped. dieses Blattes. Ein großer schwarzbrauuer Hund mit weißer Kehle, ohneSteuer- nummcr, ist zugelaufen und gegen Erstattung der Futterkosten und Jnscrtionsgebührm abzuholcn in Neukirchen bei Mohorn in No. 47. OeffcnLliche Ehrenerklärung. Einen als Direktor der städtischen Feuerwehr für diese und für mich gegen Herrn Louis Lorrmann hier wegen Beleidigung und Verleumdung gestellten Strafantrag habe ich in Folge mit Herrn Lorrmann abgeschlossenen Vergleichs, den ich laut desselben zu veröffent lichen berechtigt bin und hiermit veröffentliche, zurückgezogen: Herr Lorrmann erklärt hiernach, daß er Alles, was er am 29. Januar ds. Js. im hiesigen Gasthofe zum Löwen überdie hiesige Feuerwehr und deren Direclor Verleumdens ches und Beleidigendes geäußert, gegen seine bessere Ueberzeugung und in angetrunkenem Zustande ausgesprochen; und übernimmt in Anerkennung der Rücknahme des gestellten Straf antrages nicht nur alle Kosten dieses Strafprocesscs sondern hat auch dem Unterzeichneten L Thlr. —- —- zur Belohnung für Mitglieder der Feuerwehr, welche sich in Ausübung ihrer Functionen auSzeichnen, wie 5 Thlr. —- —- zur Ueberweisung an das hiesige Comitee, zur Unterstützung hilfsbedürftiger Frauen im Felde stehender Krieger übergeben. Wilsdruff, am 1. März 1871. Adv. Ernst Sommer, Direktor der städtischen Feuerwehr.