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WochcMsll Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Si ebenlehn und die Umgegenden. Amtsölati fürdas Königliche GerichtsamL Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. 62. Freitag den 11. August 1871. Der Aesuch Sr. Majestät des Königs Johann in Wilsdruff am 9. August 1871. Vorüber ist der Tag, au dem es uns vergönnt war nach einem bedeutungsvollen länger» Zeitabschnitte wiederum einmal unsern all- gelicbtcn Landcsvatcr aus kurze Zeit in unsern Mauern beherbergen zu können. Galt auch der Besuch Sr. Majestät speziell dem neuen GcrichtSamtsgcbäudc, so hatte der hiesige Nath doch nicht verab säumt, die Einwohnerschaft zu einem festlichen Empfange Sr. Maje stät aufzufordern, welcher Aufforderung man denn auch in gewohnter Königs- und VatcrlandStrcue bercilwilligst nachgckommcn war. Be günstigt von dem herrlichsten Wetter warf sich denn auch schon am frühen Morgen die Stadt in ein prächtiges Festkleid, die Straßen, durch welche die königliche Fahrt statlfinden mußte, prangten in frischem Grün, untermischt mit Flaggen in sächsischer und deutscher Farbe; sowohl am Wcichbilde der Stadt, wie auch vor dem könig lichen Gcrichtsamtc waren schöne Ehrenpforten erbaut. Mittags 1 Uhr ordnete sich vor dem Gasthofe zum Löwen ein stattlicher Festzug, bestehend aus den städtischen Collegicn, der Geistlichkeit, den Lehrern, Weißgekleideten Mädchen, den Bereinen „Liedertafel", „Schützengc- sellschast", „Turnverein" und „Militärvercin" und bewegte sich von hier unter Vorantritt des Stadtmusikchors nach der Trinmvhpforte am Stadtweichbilde (vor dem Häntzschelschen Gute); nachdem hier der Zug programmgemäße Aufstellung genommen, währte cs nicht lange, so kam der königliche Zug von Dresden ungefähren und hielt vor der Triumphpforlc; Herr Bürgermeister Kretzschmar begrüßte in kurzen warmen Worten Se. Majestät und brachte ein dreifaches Hoch aus, in welches alle Anwesenden begeistert einstimmten, worauf Se. Majestät sichtlich erfreut dankte; die ausgestellten Mädchen streuten vor den königlichen Wagen her Blumen, auch geruhte Se. Majestät von zweien dieser Mädchen Blumensträuße in Empfang zu nehmen. Nun bewegte sich der königliche Zng durch die Dresdner Straße über den Markt und die Zellaer Straße entlang nach dem königlichen Gerichtsamte, wohin auch alle oben genannten Cvrporationcn folgten und wiederum Aufstellung nahmen. Nachdem Sc. Majestät von allen Näumcn des GerichtSamteS eingehend Einsicht genommen und sich das Bcamtcnpcrsonal durch deren Chef, dem Herrn Gerichtsamlmann Leonhardi, hatte vorstellen lassen, befohlen Sc. Majestät den Herrn Bürgermeister Kretzschmar zn Sich, um etwaige Wünsche der Stadt durch denselben eutgcgcnzunchmcn; bald darauf verabschiedete sich Sc. Maj. von dcn am Fuße des GerichtSamteS härrcudcn Corpora- tioncn, nachdem Höchstdcrsclbe speziell noch mit mehreren Mitgliedern des „Militärvcreins" Sich huldreicbst unterhalten hatte; bei der Ab fahrt Sr. Majestät brachte der Vorstand des Militärvcreins noch ein Hoch auf „unsern allgclicbten LaudcSvater" aus, worein alle Anwesende enthusiastisch cinstimmtcn. — Bezugnehmend auf die Wünsche, welche unser Herr Bürger meister im Namen der Stadt Sr. Majestät vorgctragen, so Horen wir, daß allerdings auf Erfüllung derselben (Bahnverbindung, Gar nison) wenig Aussicht vorhanden ist, da erstens StaatSwcgen jetzt, wie wir wohl auch anS früher» Kammcrverhaudlungen her wissen, weniger Bahnen gebaut werden, sondern mehr von sich gründenden Privatgesellschasten ausgcsührt werden, was zu ihun auch für hiesige Gegend Sr. Maj. nicht allzuscbwcr geschienen haben mag; zweitens Garnison anlangend, so habe Se. Majestät darauf hingewicsen, daß dieser Wunsch aus dem Grunde schwer zu erfüllen sein dürfte, daß das Militair jetzt meist mir auf größere Plätze verlegt würde. — Ist uns nun auch j» diesen zwei Punkten so zu sagen die Butter vom Brode gefallen, so dürfe» wir doch keineswegs verzagen, nur mmhig vorwärts gerungen, die Zeit wird, ja die Zeit muß einmal kommen, wo unser Städtchen anstatt zurüelzngche», sich vermehren und Handel und Wandel wieder besser gedeihen wird — — — Vielleicht ist cs cinc gute Vorahnung, daß gerade gestern, wo wir des so seltenen Besuches unseres Königs uns zu erfreuen hatten, in den Abendstunden ein gewiß auch seltener Besuch, nämlich einige hundert Störche über unsere Stadt hmwegzogcn und ein Theil derselben ans dcn Dächern der Stadtkirchc, der Pfarre und der umlicgcndcn Häuser Nachtquartier nahmen. — — Wie wir hören, ist der vor einigen Wochen hier verunglückte Dienstknecht Teuscher im Krankenhaus zn Dresden gestorben, nach dem ihm zuvor das ciuc zerfahrene Bein hatte amputirt werden müssen. — Wie nns mitgcthcilt wird, beabsichtigt nächsten Sonntag der Militärvercin zu Tharandt dcm hiesigen Militärverein einen Be such abzustattcn; der gedachte Verein wird mit Musikbegleitung hier eintrcsfen und in dcn Nachmittags- bczichcndlich Abendstunden im Gasthofe zum goldenen Löwen im Verein mit den hiesigen Kameraden sich vergnügte Stunden verschaffen. —"Nach einem uns vorliegenden Plakat findet das diesjährige Kötzschenbrodacr Erntefest und Vogelschießen vom 20. bis 22. August statt; das Dircctorium der Schützengesellschaft ladet zu diesem als einem der gcmüthlichstcn und gern besuchtesten Volksfeste des Elbthalcs freundlichst ein und verspricht durch die zn bietenden Genüsse allen Besuchern dcn Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Frankenberg, 9. August. Sc. Maj. der König trafen heute Abend >/r7 Uhr Per Extrazug hier ein, wurden am Bahnhofe von dcn Spitzcn dcr königlichen Behörden und dcn städtischen Collegicn, sowie von zahlreichem Publikum jubelnd empfangen, von Herrn Bürgcrmcistcr Melzer mit herzlicher Ansprache begrüßt, die Sc. Maj. freundlichst beantworteten. Nach Einzug in dcn Gasthof zum schwarzen Noß geruhten Sc. Maj. die Vcrtrcter dcr Behörden, die städtischen Eollcgicn re. huldreichst zu empfangen. Heute Abend findet Fackclzug der Techniker, Serenade des Sängerbundes und Illumination statt.' (Dr. I.) Die „Dresdner Nachrichten" erzählen aus Dresden: „Bekannt lich besuchte Se. Maj. der König nebst Gemahlin am vergangenen Donnerstag unter anderem auch die Schaubude des Fcstplatzes, in welcher sich bie beiden kleinsten Menschen der Erde, das Zwerggc- schwistcrpaar, producirte und durch seine wirkliche Rarität sich des größten Beifalls wie dcS zahlreichsten Besuchs erfreute. Während des A>'scnthalls der königlichen Familie in genannter Bude ereignete sich folgende humoristische Episode. Am Schluß dcr Vorstellung über reichte dcr männliche Zwerg den Maj., wie er eS immer gcthan, seine und dcr Schwester Plwtographie. Als der König zuerst darnach langte, zog dcr „Klcinc" die Visitenkarte höflichst wieder zurück und äußerte: „Bitte, die Damen kommen zuerst dran!" So thcilte er erst an die Königin rc. die Photographien aus und dann an den König, welcber herzlich über dcn kleinem Eintall de§ kleinsten dcr Mcnschcn lachcn mußte und die Karte in wohlwollendster Weise cnt- gcgcnnahm." Meißen, ü. August. Im nahen Zadel verlor vor einigen Tagen ein 19jähriger Mensch, Namens Hoffmann, Kirscbenpachterssvhn aus Niederlommatzsch, sein Leben durch Unvorsichtigkeit. Eine geladene Vogclslinte, mit welcher er Staare geschossen, nimmt er im Gespräch mit Jemand bei Fuß, indem er sich den Lauf in die Seite gestützt. Zufällig mag er mit einem Fuß an den Abzug gestoßen haben, das Gewehr entladet sich, der volle Schuß geht ihm durch die Brust und tödtct ihn sofort. Schwarzenberg, 5. August. Der Neubau der durch dcn vcr- hcerendcn Stadtbraud dcS JahrcS 1807 zerstörten Kirche von Jo- hanugcorgenstaot ist bis zum inner» Ausbau vorgeschritten, so daß man hofft, dieselbe ui» die Mille des nächste» Jahres cinweihen zu könne». Der ganze, nicht »ngesährlicbe Bau ist bisher ohne irgend eine» Unfall verlausen; am gestrige» Tage aber siel ei» I7jährigcr, i» Crottendorf heimischer Arbeiter infolge von Unvorsichtigkeit von einem etwa 30 Elle» über der Erde befindliche» Gerüste u»d war auf der Stelle todt. Heute wurde derselbe uuter de» Klängen einer durch Posauncnquartctt auSgcsührten Traucrmnsik zu Wagen nach . semcin Hcimalhsvrte Crottendorf übergeführt. Cs gewährte einen