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ist auch diesen die Arbeit seitens des Besitzers der Fabrik, Heinrich Bergmann, gekündigt. Welche Resolution eine am gestrigen Nach mittage stattgefundene Versammlung der feiernden Arbeiter und Arbeiterinnen gefaßt, ist Referenten nicht bekannt. Ueberschreitungen der Ordnung sind bis jetzt in keiner Weise vorgekommen, möge der Zwiespalt im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt bald beigelegt werden. Wie verlautet, haben die Vereine Vaterlandsdank zu Dresden und Leipzig im Wege der Sammlung eine Summe von zusammen ungefähr zehntausend Thalern aufgebracht, wovon gegen 7000 Thlr. auf den Dresdner und gegen 3000 auf den Leipziger Verein kommen. Beide Vereine haben sich an das Generalcommando des XII. (sächsischen) Armeecorps mit der Bitte gewendet, ihnen einhundert Mannschaften und Unteroffiziere namhaft zu machen, die sich in dem deutsch-französischen Kriege in hervorragender Weise ausgezeichnet haben. Sobald das Generalcommando diese einhundert Mann nam haft gemacht haben wird, werden beide Vereine alsdann sofort die Dotationen auswerfen, die für diese ums Vaterland so verdienten Mannschaften und Unteroffiziere bestimmt sind. Leider wird dies erst einige Zeit nach dem Einzuge der Truppen geschehen können, da die Aufstellung der Liste mit Rücksicht auf die beschränkte Zahl der zu Dotirenden mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist. Componist Carl Wilhelm ist in Bad Elgersburg von folgendem Schreiben des Fürsten Bismarck freudig überrascht worden: „Berlin, 23. Juni 1871. Sie haben durch die Composition von Max Schneckenburgers Gedicht „Die Wacht am Rhein" dem deutschen Volk ein Lied gegeben, welches mit der Geschichte des eben beendeten großen Krieges untrennbar verwachsen ist. Entstanden zu einer Zeit, wo die deutschen Rheinlande in ähnlicher Weise wie vor einem Jahre von Frankreich bedroht erschienen, hat „Die Wacht am Rhein" ein Menschenalter später, als die Drohung sich verwirklichte, in der be geisterten Entschlossenheit, mit welcher unser Volk den ihm aufge- drungenen Kampf ausgenommen und bestanden hat, ihren vollen An klang gefunden. Ihr Verdienst, Herr Musitdircctvr, ist es, unserer letzten großen Erhebung die Volksweise geboten zu haben, welche daheim wie im Felde dem nationalen Gemeingefühle zum Ausdruck gedient hat. — Ich folge mit Vergnügen einer mir von dem ge schäftsführenden Ausschuß des deutschen Sängerbundes gewordenen Anregung, indem ich, der Anerkennung, welche Ihnen von allen Seiten zu Theil geworden ist, auch dadurch Ausdruck gebe, daß ich Sie bitte, die Summe von Eintausend Thalern aus dem Dispositionsfonds des Reichskanzler-Amts anznnehmen. Ich hoffe, daß es mir möglich sein wird, Ihnen alljährlich den gleichen Be trag anbicten zu können. Die Reicyshauptkasse ist angewiesen, Ihnen die für das laufende Jahr bestimmte Summe alsbald gegen Quittung auszuzahlen. Der Reichskanzler v. Bismarck." Wie Berliner Blätter hören, ist eine gleiche Nationaldotation, wie sie Carl Wilhelm erhält, auch der Familie Max Schuccken- burger's, des Dichters der „Wacht am Rhein", zugedacht. Die Wittwe Schneckcnburgcr's wohnt gegenwärtig in Thalheim in Württemberg; von ihren beiden Söhnen Max und Ernst hat der ältere im 1. Württembergifchen Infanterie-Regiment den Feldzng gegen Frankreich mitgemacht. In Säcken und Kisten kommt das französische Geld und Gold nach Deutschland. Jeder franz. Geldsack wird mit 2 Sous—10 Pf. vergütet (ein deutscher Gcldsack ist mehr Werth). ES werden nur die einzelnen Säcke und Kisten, nicht ihc Inhalt gezählt. Ausreichend ist, einige Säcke durchzählen zu lassen und nach dem Gewicht dersel ben andere nachzuwiegen; mit dem Durchzählen würden sümmtliche Kassenbcamte des deutschen Reichs bis Ende Deccmber nicht fertig werden. Da nothwendig ist, die eingehenden Sendungen auf Treu und Glauben als richtig anzusehen, so werden auch die Hvlzkisten, in denen die Säcke verpackt gud, zurückbchalten und später vergütet. Statt des gemünzten Geldes werden auch viele Gold- und Silber barren geliefert. Die erste Rate der französischen Kriegs-Contribution im Betrage von 100 Millionen ist bekanntlich zum Theil bereits bezahlt und wird zum andern Theil in den nächsten Tagen bezahlt werden. Die Zahlung geschieht, wie der „B. B. C." hört, größlentheits in Londoner Wechseln, deren Nealisirung freilich eine Nutzbarwerdung der der preußischen Regierung zufließendeu Capitalien für Handel und Industrie speciell für die Börse, voran gehen muß. In welcher Weise diese Nealisiruug erfolgt, darüber scheint in diesem Augenblick cs zu festen Entschlüssen noch nicht gekommen zu sein. Unsere Finanz- Verwaltung hat hier mannichfache Interessen zu berücksichtigen; sie muß mit der äußersten Vorsicht zu Werle gehen, will sie nicht Schwierigkeiten Hervorrufen, die bei einer internationalen Geldbe wegung von der Ausdehnung der in Rede stehenden fast unvermeid lich sind. Es sind diese Schwierigkeiten früher nicht vorauszusehen, doch steht es wohl außer Frage, daß sie durch die Beobachtung der äußeren Vorsicht gehoben werden dürften. Bayern. Die „A. A. Z." berichtet: Von Simbach am Inn ist folgende mit weit über 100 Unterschriften versehene Adresse an den König abgegangen. „Ohne Unterschied der Cvnfession! Die Unterzeichneten verwerfen die Unfehlbarkeit des Papstes ebenso wie die irgendeiner andern Kirchengewalt — und wünschen, daß die bayerische Stawscegierung nicht nur allen ungesetzlichen Handlungen geistlicher Behörden energisch entgegentrete, sondern auch so bald wie möglich einen nengewählten Landtag einberufe, um das Verhältnis zwischen Staat und Kircbe nach allen Beziehungen durch freisinnige, jeden Gewissenszwang ansschließende Gesetze auss Neue regeln zu können." 2 Pfarrer Rcnftle in Mering bei Augsburg war der Erste, der von der Kanzel die neue Lehre von der Unfehlbarkeit entschieden zu rückwies und sich durch nichts cinschüchtern ließ. Seitdein verläumden ihn seine Gegner, er sei lutherisch geworden, er bleibt ihnen aber die schlagende Antwort nicht schuldig. „War denn die Kirche", sagt er öffentlich, „vor dem 18. Juli 1870 (Verkündigung der Unfehl barkeit) nicht die wahre Kirche? war sie etwa lutherisch? . . . Ich habe mich von der wahren Kirche, wie sie vor dem 18. Juli war, durch eben diesen 18. Juli nicht abbringen lassen. Ich halte uner schütterlich an ihr. Das ist Alles, was ich gethan habe und fort während thue. Ich bringe Golt dasselbe Opfer wie früher, predige, unterweise die Jugend, spende die heiligen Sacramente, halte den Gottesdienst wie früher. Ich habe keine andere Stellung zur Kirche genommen, als meine frühere war... ich bin der Kirche treu ge blieben. Lutherisch könnte man mich nur dann heißen, wenn unsere Kirche vor dem 18. Juli lutherisch gewesen und erst an diesem Tage katholisch geworden wäre. Sind wir Alle immer wahre Katholiken gewesen, dann sind wir es noch. Wenn ich es nicht mehr bin, dann sind wir es Alle vor dem 18. Juli 1870 nicht gewesen und hat sich unsere Kirche in einem großen Jrrthum befunden." Schließlich er klärt er auch auf das Mannhafteste: „Auch werde ich nie und kann ich nie die Gültigkeit der geistlichen Strafe anerkennen, die man über mich verhängt aus dem einfachen Grunde, weil ich ja die päpstliche Unfehlbarkeit nicht anerkenne, welche die einzige Ursache dieser Strafe ist. Hierbei bleibe ich. Gott helfe mir!" Die neuen Hetzereien der französischen Presse gegen Deutsch land und die Deutschen habeg ihre Früchte getragen, und das „Journal osfiziel" hat sich endlich gezwungen gesehen, seine Lands leute in den occupirten Provinzen zur Ruhe sind Mäßigung zu er mahnen. Leider scheint in der Thal, selbst nach Pariser Blättern, alle Veranlassung dazu vorhanden gewesen zu sein. So berichtet der „Constitutionell" von sehr ernsten Vorgängen in Reims, sowie auch von gleichzeitig stattgefundenen Unruhen in Epernay, Laon und Sois- sons. In Reims haben sich der Unterpräfect und der Biaire veran laßt gesehen, in einer Proclamatian die Bevölkerung auf ihre Pflich ten aufmerkfam zu machen und darauf hinzuweisen, daß die deutschen Truppen die Stadt nicht mehr nach Kriegsrecht, sondern Kraft eines internationalen Vertrags als Pfand besetzt hielte». War es in Reims die Ermordung eines deutschen Unteroffiziers und die daraus noth wendigerweise hervorgehende Erregung der Soldaten gegen die übel wollende Haltung der Bevölkerung, welche zu Conflictcn führte, so bringen auch aus Nancy die dort erscheinenden Blätter einen Erlaß des Maire vom 20. Juni, in welchem derselbe anzeigt, daß in der Stacht vorher ein deutscher Soldat mit einem Degenstich verwundet worden sei und in Folge dessen die öffentlichen Locale nm 9 Uhr geschlossen sein müssen und nach 10 Uhr Niemand mehr auf der Straße sein dürse. Bei Zuwiderhandlungen werden strenge Maß nahmen in Aussicht gestellt. Ebenso haben dem „Journal de Saint Quentin" zufolge am 4. und 5. Juli auch in dieser Stadt Unruhen stattgefunden, welche die preußischen Truppen zum Gebrauch der Schießwaffe zwangen. Frankreich weiß, was ihm der Krieg gekostet hat und ist nicht sehr geneigt, sich bald wieder in neue Abenteuer einzulassen. Einige Journale sprechen zwar von einer Revanche nach Deutschland und einige legitimistische Blätter predigen von einem Kreuzzug gegen Vic tor Emanuel, aber diese Stimmen entsprechen nicht der Slimmung des Landes. Trotz des Erfolges der Anleihe ist der französische Handel in einer traurigen Lage und die finanziellen Calamitätcn trete» immer mehr und mehr zn Tage. Die Bankerotte werden eine hohe Zahl erreiche», u»d es wäre» deren bereits viel mehr, wenn das Handelsgericht von Paris nicht in seiner Strenge nachgelassen hatte. Mehr als 150,000 Mielher in Paris sind in Prozesse mit ihren Hauseigcnthnmern verwickelt und verlangen Ermäßigung oder er- tlüre» sich für zahlungsunfähig. Der Präsident der franz. Nationalversammlung, der ernste, ge messene Grevy, hat es gleichsam vor der Welt bestätigt: Wir sind noch immer die große Nation. Mit diesen Worten begleitete er die Ankündigung der gellmgeneu Anleihe und der Heerschau über 120,000 Mann. Der Jubel war groß und wurde noch größer, als ei» Redner rief: Bietz, die preußische Sladt, hat 20 Millionen Fr. für uns gezeichnet. — Gut, so sind die Franzosen über eine» Berg hinüber und wir wünschen ihnen, daß sie auch über die ander» Berge hinüber kommen, obgleichs damit etwas länger Zeit haben wird. Sie sollen nur Demschland ungeschoren lasse». Daß wir ihnen aber die iy viele» Schlachten und Belagerungen abgenommeneu Kanonen, Mitrailleusen und Chassepots wieder geben sollen gegen Geld, das ist etwas allzuviel verlangt und Preußen hat's rund ab geschlagen. Mit Schießgewehren gehe» sie wie die Kinder allzulcicht- sinnig um und wir Deutschen werden uns, von alle»! andern abge sehen, hüte», den Tag der angedrohten Revanche zu beschleunigen. Aus Paris wird vom 6. Juli gemeldet: Der Minister der öffentlichen Arbeiten empfing gestern Abend die Deputation einer amerikanischen Gesellschaft, welche vorschlägt, daß 15,000 gefangene Communisten auf ihre Kosten nacb de» Vereinigte» Staaten übergc- führt werden sollen, um in den Minen des Territoriums Arizona zu arbeite», sie werde» dort 4 bis 0 FrcS. täglich verdiene». Der Mi nister hat versprochen, die Entscheidung der Negierung darüber ein- zuholcn. Italien. Von dem Enthusiasmus der Bevölkerung beim Ein züge des Königs in Nom kann man sich keine Vorstellung machen, wenn man nicht schon Gelegenheit gehabt hat, die übcrsprudelnde Lebhaftigkeit des Italieners bei derartigen, namentlich politischen