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für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Madtrath daselbst. 49. Dienstag den 27. Juni 1871. Anher erstatteter Anzeige zufolge find in den Nachmittagsstunden des 15. dies. Mon. aus einer Wohnung in Weistropp 1., ein schwarzer Ueberrock von Doppelstoff mit schwarzem Sammetkragen, 2., ein schwarzer Tuchrock mit rothem Aermel- futter, 3., ein Paar schwarze Tuchhosen, 4., ein Paar rindslederne Stiefel, 5., ein Paar kalblederne Halbstiefeln, 6., fünf Stück ungezeichnete Mannshemden, 7., ein Knabenhemde, 8., ein kattunes, ungesäumtes Kopftuch mit rothen Blümchen auf weißem Grunde, 9., ein seidenes Taschentuch mit schwarzen Ringeln auf gelbem Grunde und 10., ein Ledergut spurlos ent wendet worden, was Behufs Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlenen hiermit zur öffentlichen Kennt- niß gebracht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 26. Ium 1871. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. Tagesgeschichte. Dresden, 24. Juni. Nach dein „Dr. I." ist nunmehr der 11. Juli von Sr. Majcstät als EiuzugStag für die rückkehrenden Truppen defiuiliv festgesetzt. Ju unterrichteten Kreisen erwartet inan die Rück kehr unserer vorläufig noch in Frankreich verbleibenden 24. Division nicht vor Anfang Augnst. — Weiter berichtet das „Dr. I.": Die Ausstellung der Truppen am Einzugstage erfolgt in folgender Weise: die der Infanterie auf dem Prager Platze nebst Umgebung, die der Cavallcriedivisiou in der Herkules-Allee im k. Großen Garten, die der Artillerie im k. Großen Garten lind in dessen Umgebung. Nachdem Se. Majestät die Truppen in dieser ihrer Aufstellung besichtigt haben wird, erfolgt der Einzug derselben in die Residenz, durch die Prager Straße, Waiscnhansstraße, über den Piruaischen Platz und durch die Landhansstraße nach dein Neumarkt, woselbst die Begrüßung der heimkehrenden Krieger durch die Vertreter der Stadt erfolgen soll; sodann ziehen die Cvlounen durch die AugnstuSburgcrstraße über die alte Elbbrucke in die Neustadt, durch die Hauptstraße nach dem Bautzner Platze, woselbst Se. Mas. der König den Vorbeimarsch ab- nehmeu wird. In Dresden haben Nath und Stadtverordnete für den Em pfang der entziehenden Truppen liOOO Thlr. bewilligt; cs fehlt aber nicht an Stimmen, welche die Summe als viel zu niedrig gegriffen bezeichnen; eine Dresdner Correspondenz des „Lpz. Tgbl." meint z. B., daß die Privattheilnahme dann rüstig eingreifen müßte, während ein Inserat des „Lpz. Tgbl." darauf hiuweist, daß die Empfangs feierlichkeiten der Stadt Leipzig über 20,000 Thlr. kosten, die sehr gern gegeben würden. Dresden, 22. Juni. Bezüglich der Rückkehr unserer Truppen (mit Ausnahtue der 24. Division) theilt das „Dresdner Journal" heute mit, daß die Eisenbahufahrt von Mainz, Castet und Frankfurt aus über Fulda, Erfurt und Leipzig (Thüringer Bahn) in 67 Zügen, täglich 5 Züge, in der Weise erfolgt, daß der erste Zug am 27. Juni Abends, der letzte am 1l. Juli früh aus dem Leipziger Bahnhofe in Dresden eiutreffen soll. Die Truppen werden jedoch bereits vor Dresden ausgeladeu, um in der Nähe der Residenz bis zum feier lichen Einzüge daselbst Cautonnemcnts zu beziehen. In sonst gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wird Versichert, daß Kaiser Wilhelm unsern Kronprinzen noch vor seiner Abreise in Berlin zum Generalfeldmarschall ernannt habe. Chemnitz, 21. Juni. Am Sonnabend wurde der Leichnam einer hjrr verheirathetcn, 32 Jahre alte» Frau unter Umständen aus dem Schloßtciche gezogen, die auf ein entsetzliches Verbrechen schließen lassen. Die Entseelte hatte am Hinterkopfe eine lange tiefe Schnitt wunde, die ihr eben nur gewaltsam kann beigebracht worden sein. Obgleich irgend ein Verdacht auf irgend welche Thätcrschaft nicht öffentlich noch ausgesprochen worden, hat doch die Staatsanwaltschaft bereits den Ehemann und Schwiegervater der Frau iuhaflirt; be stätigt wird, daß beide mit letzterer in Unfrieden gelebt. 'Am 19. d., früh 7 Uhr schlug der Blitz in Zschochau bei Döbeln in das Grundstück des Besitzers Wolf und tvdtete 40 Stück Schafe. Außerdem aber brannten 3 Bauerngehöfte und eine Häusler- Wohnung nieder. Das Feuer wüthcte bis Mittags nach 12 Uhr. In Waldheim ist folgende Bekanntmachung öffentlich ange schlagen worden: Die unterzeichneten Cigarren-Fabrikanten erklären hiermit, daß sie sich gegenseitig verpflichtet haben, ihre Fabriken für Fabrik- und Hausarbeit vollständig zu schließen, sobald auch nur in einer Waldheimcr Cigarren-Fabrik eine Arbeits-Einstellung cintritt. Waldheim, den 20. Juni 1871. Heinr. Bergmann. Heinr. Rob. Bergmann. Ernst Böttcher. C. A. Döring u. Co. Bruno Fritzsch. C. F- Günther. Krenkel u. Köhler. Riehle u. Co. Uhlmann u. Schütz. Camillo Wehle. Adolph Weißker. Herrmann Wild. C. H. Weise. Leipzig, 22. Juni. Die Durchtransporte des 2. Armeccorps, welche, wie ich Ihnen gestern meldete, am Dienstag, 20. d. M., be gonnen haben, sind durch ein entsetzliches Eisenbahnunglück unter brochen worden. Der vorige Nacht um l Uhr aus der Berliner Bahn von hier abgclassene Zug, auf welchem sich das 2. Bataillon des Grenadierregimeuts Nr. 2 in der Stärke von 4 Offizieren und 1023 Mann befand, ist zwischen Rackwitz nnd Zschortau, den beiden nächsten Stationen von hier aus, dadurch verunglückt, daß infolge einer Entgleisung mehrere Wagen aufeinandergedrängt und zer trümmert wurden. Leider haben hierbei 16 brave Soldaten, denen es vergönnt war, die Gefahren und Strapazen des Krieges glücklich zu überstehen, und die nun im Geiste schon bei den Ihren in der Heimalh waren, ihren Tod gefunden, während 42 Mann mehr oder weniger schwer verwundet worden sind. Die Unglücksstelle soll mit ihren Trümmern einen entsetzlichen Eindruck machen. Einen ebenso ergreifenden Anblick gewähren die Verletzten, wclcbe hierher in das Barackenlazareth geschafft werden. Aerztc und Sanitätssoldaten sind an Ort und Stelle. Die Ursache der Entgleisung ist bis jetzt nicht ermittelt. — Nachschrift. Wie mir soeben gemeldet wird, beträgt die Zahl der Tobten 21. Dieselben sind bereits bei Zschortau in einem gemeinsamen Grabe der heimischen Erde übergeben worden. Anch sie starben den Tod fürs Vaterland! Friede ihrer Asche! Die unversehrt gebliebenen Kameraden haben ihnen die militärischen Ehren erwiesen und über ihr Grab geschossen. Ueber das vorstehend gemeldete große Eisenbahnunglück bei Zschortau bringt das „L. T." einen länger» Bericht, dem wir noch Folgendes entnehmen: Die Locomotive halte sich, aus bis jetzt noch nicht ermittelten Gründen, von dem Zuge losgelöst und war dem selben, ohne daß es vom Führer bemerkt worden, vorausgefahrcu. Nachdem von Seite» der Bahnwärter das Haltesignal gegeben, kam die Locomotive endlich zum Stillstehen, und ihr Führer ließ sie lang sam in der Richtung dcs Zuges, von welchem in der finstern Nacht nicht das Geringste zu bemerken war, zurückgehcn. Da auf einmal kam der zurückgebliebene Zug, der bei dein etwas abschüssigen Ter rain seine Bewegung nicht gehemmt, sondern eher »och beschleunigt haben mochte, herangebraust, und bevor nur irgend Jemand zur Be sinnung komme» konnte, war das entsetzliche Unglück geschehe». Der Zug stieß i» der heftigste» Weise mit der Locomotive zusammen, so das; die ersten sechs Wagen auseinander und ineinander geschleudert wurden. ES bot sich ei» grauenhaftes Chaos, Holz- und Eisentheile waren zersplittert, die Wagcnwäiide eingedrückt, die Räder abgerissen und dazwischen waren viele der braven Krieger eingeklemmt. Es war ein Anblick, der in seinem furchtbare» Jammer und Elend jeden Menschen hätte in Verzweiflung bringen können. Aus dem Berg von