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400 Tagesgeschichte. Das „Dr. Journ." bringt den zweiten. Theil des officiellen Be richte über die Ausfälle vor Paris; derselbe behandelt die Thcil- name des sächsischen Armeecorps an den Gefechten des 2. December. Der wahrhaft heroischen Tapferkeit der Regimenter 107 und 108 wird in anerkennendster Weise gedacht. Das 8. Regiment Nr. 107 hat alle von St. Privat und Sedan noch übrig gebliebenen Offiiziere todt oder verwundet. Es rückte mit 34 Offizieren in den Feldzug, verlor bei St. Privat 17, bei Sedan 8 und am 2. December 12 von den bei dem 1. und 2. Bataillon befindlichen 17 Offizieren. Der Gesammtverlust des 12. Armeecorps am 2. December beträgt 55 Offiziere und 1096 Mann. Die „D. A. Z." schreibt: Die Verlustliste Nr. 3 von dem 12. (königlich sächsischen) Armcecorps ist erschienen und für 2Vr Ngr. zu haben. Sie umfaßt die Verluste bei den letzten Gefechten vor Paris am 30. November und 2. December. Es verdient Dank, daß das königliche Kricgsministerium diesmal so rasch eine Mittheilung, welcher zahlreiche Familien und einzelne mit schmerzlicher Spannung entgegen setzen, zur Veröffentlichung gebracht hat. Bei einer genaucrn Durch sicht derselben fiel uns die unverhältnißmäßige große Zahl derer auf, die als „vermißt" bezeichnet sind. Es sind deren im ganzen nicht weniger als 758! Beim 107. Regiment allein beträgt die Zahl der Vermißten nahezu 65 Prvcent des ganzen Verlustes, nämlich 377 von 582. Ein Theil dieser Vermißten mag unmittelbar nach den Gefechten nur von seiner Truppe abgekommen sein und daher beim Appell gefehlt haben (und jedenfalls muß die vorliegende Verlust liste sehr bald nach dem 2. December zusammengesteUt und abgesendet worden sein), — wie denn auch berichtet ward, daß eine Anzahl sächsischer Sotdaten unter die Würtemberger gerathen sei. Ein anderer Theil freilich ist wohl in französische Gesangenschaft gerathen, ver wundet oder unverwundet. Laut Bekanntmachung des General-Postamts zu Berlin sind vom 15. Ottobcr bis zum 8. December 1,110,000 Feldpostpackete von Deutschland nach Frankreich befördert worden. Das waren blutige Decembertage vor Orleans und Paris. Die Bayern allein haben (nach amtlichen Angaben) vom 1.—10. De- cember 223 Offiziere und 4968 Mann verloren, die Hanseaten 27 Offiziere und 712 Mann. Von den andern Truppen fehlen die blutigen Gesammtziffern. Dazu die schweren Verluste der Württem berger, Sachsen und Preußen bei den Pariser Ausfällen! Der Minister Graf Taube in Stuttgart hat bei dem mör derischen Kampfe am 30. Nov. vor Paris zwei Söhne verloren. Beim Sturme auf eine Mauer streckt den älteren Bruder eine Kugel nieder; während der neben ihm kämpfende Bruder sich niederbeugt, und die letzten Worte des Sterbenden vernimmt: Ich bin verloren, grüße die Eltern! — durchschlägt ihm eine Kugel den Rücken und streckt, ihn todt nieder. Die treuen Brüder wurden in Stuttgart beerdigt. Der neue deutsche Kaiser bleibt nach wie vor König von Preußen und alle Beamte des Königreiches nennen sich königliche Beamte. Dagegen werden alle die Beamten des deutschen Reichs kaiserliche genannt, welche unmittelbar unter dem deutschen Reichs- vberhaupte stehen, wie -die Postbeamten, die Telegraphenbeamten, die Gesandten und Consuln. Aus Versailles vom 10. December liegen noch folgende Nach richten vor: Der „Kr.-Ztg." schreibt man: Man sieht zwar nach wie vor täglich vor den Forts ansehnliche Truppenmassen erscheinen und exerciren, auch einzelne der Forts schießen hin und wieder noch in gewohnter Weise; aber ein offensiver Vorstoß hat seit sieben Tagen nicht mehr stattgefundem Dagegen berichten unsere Vorposten, daß deutlich zit sehen sei, wie die Franzosen Geschütze aus den Forts der Südfrvnt abführen, ohne daß sich erkennen lasse, zu welchem Zweck? Andererseits scheint man auf dem Mont Valerien eine Riesenkanone .n Batterie gebracht zu haben, aus welcher die bis in die Nähe von Versailles eingeschlagenen Granaten tzerrühren können, (dies ist eine Entfernung von mehr als 2 Stunden. D. R.) was durch Eingraben des Geschützes und übermäßige Elevation erreicht worden sein mag. Sonst herrscht in Paris selbst eine Todlenstille. Der Feuerschein, welcher sich sonst mit blendender Klarheit Abends mit dem Anzünden der Gasflammen über das Häusermeer der Stadt lagerte, hat auf gehört, und mit dem Einbrüche des Abends liegt tiefe Dunkelheit Über der Stadt. So weit man dies von Außen beobachten kann, und wie die Gefangenen aussagen, besteht gar keine Verbindung mehr zwischen der eigentlichen Stadt und dem Raume zwischen dieser und den Forts, wo diejenigen Truppen cantonniren oder lagern, auf welche die Generale Vertrauen für einen Kampf iin offenen Felde setzen können. Welche Vorgänge oder Umstände diesen Abschluß der Bevölkerung gegen die sie verlheidigenden Truppen veranlaßt, läßt sich allenfalls vermuthen, aber nicht mit Bestimmtheit übersehen, da die Zeugnisse je nach ihren Quellen sich schnurstracks widersprechen. Der „K. Z." wird berichtet: Der Krieg kcum in dem gegen wärtigen Stadium noch lange bleiben. Wenn es die Franzosen denn durchaus so wollen, so werden allmählich alle Provinzen vvn uns besetzt, das ganze Land wird ausgesogen, unsere Truppen elabliren sich für die Dauer und Frankreich geräth in einen Zustand der voll ständigsten Verarmung und Hilflosigkeit. Die französischen Eisen bahnen werden bald sämmtlich in unseren Besitz gerathen sein, die Verprvvianlirung wird eine leichte werden, wie sie z. B. bei Ver sailles schon lauge eine ganz vorzügliche ist; deutsche Verwaltung wird in allen eroberten Provinzen eingeführt werden. Das ist die Folge jener übermüthigen Ansicht der Franzosen, deren ich schon in einem früheren Briefe erwähnte. Sie vergessen, daß die Volks erhebung nichts mehr gegen unsere heutigen disciplmirtcn und armirten ere auszurichten vermag; sie glaubten, Frankreich brauche nur wie Ein Mann aufzustehen, um jede Gefahr zurückzuschlagen, und heute liegt fast die Hülste des ganzen Volkes geknebelt zu unseren Füßen, lebt die ganze ursprüngliche französische Armee in deutscher Ge fangenschaft! Monlmedy's Uebergabe hat trotz der geringen Größe der Festung eine gewisse Bedeutung, denn es wird die an der belgischen Grenze hinführende Bahnlinie bis Sedan frei, welche nunmehr für die Truppentransporte benutzt werden kann. Die Festung rangirt unter den befestigten Plätzen 3ler Classe, zählt ca. 3500 Einwohner, hatte wahrscheinlich über 2000 Mann Besatzung und diente den in dieser Gegend hausenden Franctireurbandcn als Hauptstützpunkt. Das Be lagerungsmaterial .und die Cernirungstruppen werden sich wohl jetzt gegen Mezieres wenden, um in ebenso kurzer Zeit, diese Festung zu bezwingen. Die Soldaten vor Paris würden jubeln, wenn endlich der Be fehl zum Bombardement gegeben würde. Sie sagen, von den Forts Ivry, Vanvres und Montrouge (Plan von Paris!) könne die Stadt recht gut beschossen werden. Acrgerlich sind sie über die Laubfrösche, die ihnen jetzt viel Schaden thuu. So nennen sie die Kanonenboote in der Seine, die grün angestrichen und mit schweren Geschützen ausstasfirt sind. Die Partie ist übrigens gar nicht so un gleich, wie Manche sich einbilden, wenn es zum letzten Kampfe kommt. Nings um die Riesenstadt liegen 220—230,000 Deutsche, der fran zösischen Soldaten in Paris sind aber 300,000, die Nationalgarde ungerechnet. Die Vertheidigungsfähigkeit von Paris ist seither unter schätzt worden; daher auch die Vcrzögerung mit dem Bombardement. General Paladine hat infolge der Anklage bezüglich der Räumung Orleans sein Commando mederlegt. Gerade jetzt, wo auf dein Rückzüge die Armee nur durch eine umsichtige Führung zu retten ist, ruft das Advokatenregiment einen Wechsel im Oberbefehl dadurch hervor, daß es Unglück zur Schuld macht und mit dem beliebten Argwohn den General begeifert, den man vor wenigen Tagen noch als Retter Frankreichs gepriesen. Die Loirearmee hat in den Kämpfen der letzten Tage einen Verlust von über 15,000 Mann erlitten. Die Deutschen waren, wie man aus Vierzon berichtet (dem neu eroberten wichtigen Knoten punkt jenseits Orleans), sehr stark in Cavallerie und machten guten Gebrauch davon. Zuerst brachten sie die französische Infanterie durch ihr Artilleriefcuer in Unordnung und dann fielen sie über dieselben mit schweren Cavalleriemassen her. Sie machten wiederholte und surchtbare Chargen, einmal sogar mit nicht weniger als 3000 Mann Cavallerie. Die Fremdenlegion und die päpstlichen Zuaven sollen furchtbar gelitten haben. Ganze Regimenter wurden niedergeritten. Die Zahl der Gefangenen von Orleans beträgt jetzt schon über 20,000. Dem Times-Correspondenten in Versailles zufolge hahen die deutschen Armeen während der vergangenen Woche nicht weniger als 40,000 Gefangene gemacht. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist es am 16. December zu einer ernsteren, für die deutschen Waffen glücklichen Action ge kommen. Das in und um Dijon stehende Corps des General von Werder wurde in diesen Tagen durch die Division Schmeling, welche sich im oberen Elsaß gesammelt hatte, verstärkt und konnte hiernach unbeschadet eines in Aussicht gestellten neuen Angriffes des alten Garibaldi von Antun her die Offensive in nördlicher Richtung er greifen. Dies war sehr nöthig, da die Festung Langres durch Zu züge von Frantireurs und Garibaldischer Freischaaren der Stützpunk dieser Hcldenschaaren für ihre heimtückischen Ueberfälle geworden ist. Von Langres aus ist nun ein über 6000 Mann starkes französisches Corps südlich auf der Straße nach Dijon vormarschirt und hatte bei Longeau, 3 Stunden südlich von Langres, feste Stellung genommen. General von der Goltz stieß hier mit seinem von Dijon nördlich vor geschobenen detachirtcn Corps auf den Feind und warf ihn nach drei stündigem Gefechte in die Festung Langres zurück. Die Deutschen haben hierbei 2 Geschütze und 2 "Munitionswagen erbeutet, sowie Gefangene gemacht. Diese Lection wird wohl den Garibaldianern und Frantireurs für einige Zeit genügen. Feldpostbriefe bestätigen nicht allein die Kopfabschneiderei der neuen afrikanischen Eavallene, sondern auch den diesem Kannibalismus ähnelnden neuen, bei Orleans zum ersten Male bemerkten Kriegsge brauch der Franktireurs, den schwcrverwundeten und kranken deutschen Soldaten Ohren und Nasen abzuschneiden. Auf Grund einer Bekanntmachung der Normal-Eichungscommission des Nord deutschen Bundes vom W. Februar d. I., die vom I. Januar 1872 ab innerhalb des 'Norddeutschen Bundes unzulässigen älteren Gewichte betreffend (vergl. Beilage zu Nr. 29 des Bundesgesetzblattes, ausgegeben am 22. Juli 1870) wird Nachfolgen des zur ösfentlchen Kenntnch gebracht: 1. Von den durch die E:chordnung vom 12. März 1858 und deren Ergänzungen im Königreiche Sachsen eingesührten Gewichtsstücken können vom 1- Januar 1872 an im öffentlichen Verkehre nicht mehr zugetassen werden: a) Gewichtsstücke von Centner, 3 Pfund, Pfund, 10, 5, 2, 1 Loth, 5, 2, I Quent, 5, 2, 1 Cent, 5, 2, 1 Korn, 1.^, 1, 0.^, O.„ 0., Loth sDecimal- gewichte für Brückenwaagen); 6) alle Cinsatzgewichte, sowohl im Ganzen als in einzelnen Theilen. 2. Dagegen verbleiben auch Nach dem 1. Januar 1872 im öffentlichen Verkehr zulässig, sofern sie bezüglich der Nichtigkeit den Vorschriften der neuen Eichord nung entsprechen: ^) die Gelvichtsstücke von 1 und '/, Centner, 20, 10, 5, 2, 1 und Pfund, O.„ O.„ und 0., Pfund (Decimalgewichte für Brückenwaagen), mit der nach den früheren Bestimmungen vorgeschriebencn Bezeichnung, dafern die Gewichtseinheit, aus welche sich daS Gewichtsstück bezieht, Centner oder Pfund, auf denselben ange geben ist; dieser Bezeichnung kann auch noch eine der anderen nach § 23 der Bun des-Eichordnung zulässigen beigesügt werden); L) die Gewichtsstücke von 15 und 3 Loth, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß die alte Bezeichnung entfernt und bei den ersteren durch VrD oder LQ bei den letzteren durch 50 8. oder 0.^ L. oder 5 biQ. ersetzt worden ist. * 3. Die in 8 2 als zulässig bezeichneten Gewichtsstücke können, Nachdem ihre ge nügende Richtigkeit constatirt worden ist, den Bundes-Eichungsstempel vor dein I. Januar 1872 unbedingt, nach dem I. Januar 1872 aber nur unter der Bedingung erhalten, daß sie auch den anderweiten Vorschriften der Bundes-Eich- ordnung genügen.