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für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sicbeulchn und die Umgegenden. Umlsölalt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 83. Dienstag den 22. October 1872. Bekanntmachung. In der Nacht vom 15. zum 16. September 1872 sind aus einer Wohnung in Munzig folgende Gegenstände: ein Deckbett mit blau und grau gestreiften, mehrfach ausgebesserten Jnlet und roth und weiß carrirten Ueberzug, ein Kopfkissen mit dergleichen Jnlet und Ueberzug, ein Betttuch, in welchem in der Mitte ein großes Stück neue Leinwand eingesetzt ist, ein Umschlagetuch von grau und grün geflammten Zeuge mit blauer und grüner Kante, sowie ungefähr 6, Pfd. Zucker ent wendet worden, was behufs Ermittelung des Lhäters und des Verbliebs der Sachen hiermit bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 16. October 1872. , . Königliches Gerichtsamt daselbst. Leonhardi. Erledigt hat sich die unterm 27. Juni d. I. hinter Auguste Wilhelmine Häntzschel aus Hinterhermsdorf erlassene Bekanntmachung. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 17. October 1372. Leonhardi. Anher erstatteter Anzeige zufolge hat die nachstehend sud 0 näher beschriebene unbekannte Mannsperson von einer hiesigen Einwohnerin unter verschiedenen falschen Vorspiegelungen 1 Thlr. 20 Ngr. —- baares Geld und ein Tuch auf betrügerische Weise an sich gebracht, was behufs Ermittelung der betreffenden Mannsperfon und Wiedererlangung der genannten Effecten andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Königl. Gerichtsamt Wilsdruff, am 19. October 1872. Leonhardi. Gr. O Der Unbekannte, angeblich ein Fleischer aus Gittersee, soll ungefähr 40 Jahre alt, ziemlich lang, aber schmächtig gewesen sein, eine längliche Gesichtsform, gesunde Gesichtsfarbe, schwarze Haare und ein einschmeichelndes Benehmen gehabt haben; bekleidet soll er mit einem grauen Rocke mit grünem Kragen und grünen Aufschlägen, einem Paar schwarzgestreiften Hosen, einer schwarzen Mütze und einem Paar Stiefel gewesen sein und einen gelben Stock bei sich geführt haben. Der Handarbeiter Christian Friedrich Weichelt aus Lößnitz bei Freiberg hat sich wegen einer Wider ihn erstatteten Anzeige zu verantworten und wird daher, da dessen gegenwärtiger Aufenthalt unbekannt ist, andurch vorgeladen, sich binnen 3 Wochen und spätestens am 18. November 1872 zu seiner Vernehmung an hiesiger Gerichtsamtsstelle einzufinden. Alle Criminal- und Polizeibehörden werden gleichzeitig ergebenst ersucht, den p. Weichelt im Betretungsfalle auf diese Vorladung aufmerksam zu machen und vom Erfolge anher Nachricht zu geben. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 19. October 1872. Leonhardi. Gr. Verpa ch tung. Die an der Nossener Straße rechts gelegenen Communparzellen und die sogenannte Triebe sollen anderweit auf 6 Jahre verpachtet werden. Pachtlustige werden hiermit aufgefordert, nächsten Sonnabend, den 26. October, Nachmittags 4 Uhr, im Nathsskssionszimmer sich einzufinden, woselbst nach Mittheilung der Pachtbedingungen die Verpachtung erfolgt. Rath zu Wilsdruff, am 21. October 1872. Kretzschmar. Kurze Betrachtungen auf politischem und religiösem Gebiete. Nur Wenige Ereignisse von einiger Bedeutung hat die neueste Politik des deutschen Reiches aufzuweisen. Hierher gehört zunächst die Sendung Keudell's als deutschen Gesandten an die ottomanijche Pforte nach Konstantinopel. Dieser Sendung nun legt ein Theil der europäischen Presse das größte Gewicht bei, wenn dieselbe sagt: „Fürst Bismarck sendet seinen tüchtigsten und in seine geheimen Pläne einge weihtesten Mitarbeiter gerade zu einer Zeit nach Konstantinopel, wo Frankreich, welches sich sonst so viel um die orientalischen Verhältnisse kümmerte, erschöpft am Boden liegt und Rußland und Oesterreich bei der Dreikaiserzusammenkunft in Berlin sich wenigstens momentan über die fernere Behandlung der sogenannten orientalischen Frage verständigt haben", oder mit andern Worten, Keudell solle die Türken auf I ihre Vertreibung aus Europa nach Asien, von dem sie einst ausgezogen, successivs vorbereiten. Sei dem, wie ihm wolle, gewiß haben zu diesem Schritte den Fürsten Bismarck die neuesten blutigen Reibungen zwischen Türken und Montenegrinern vermocht, in Bezug worauf der russische Gesandie in Wien die Aeußerung gethan haben soll: „Man könne es ferner nicht mehr zulassen, daß jedes Mal wegen des Einfalls montenegrinischer Hammeldiebe in's türkische Gebiet eine orientalische Frage herausbeschworen werden könne." Uebrigens wäre es ganz heilsam, wenn die Türken, die doch im allgemeinen wenig, schon wegen ihrer natürlichen Trägheit, mit euro päischer Bildung und Civilisation fortgeschritten, in ihre asiatischen Steppen zurück gewiesen würden, es würde in diesem Falle der fruchtbare aber leider von der Türkenwirthschaft verwahrloste Boden eine reiche Quelle des Segens sür die dorthin kommenden Abendländer werden. Daß aber diese orientalische Frage einmal gelöst werden wird und muß, sieht Jeder ein, der nur einigermaßen das Verhältnis der einzelnen europäischen Staaten zu einander kennt.