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Mochcnbial 1872' Freitag den 23. Augnst r «6 V I - / -"I- - . znhalten; ferner darf jeder Wirth au jedem ersten Sonntag imNlonat schonen Denkmäler menschlicken Tanzmusik halten — nnd von jener Zeit des Erlasses datirt sich die ' einzelnen genialen Köpfen nnd Gemeiudelasten und rkgen Getreidepreise wärligkeit mit dem und nun soll mir wie jeder andere- Staatsbürger von Steuern, dergl. gedrückt wird, — man nehme die nied- uud die hohen Löhne, den Aerger, die Wider- Gesinde — wenn er überhaupt welches hat — Zur Dienstbotenfrage. Diese so unendlich wichtige und in alle Familien eingreifende Frage ist, meiner Meinung nach, bis jetzt noch viel zu wenig in den öffentlichen Blättern besprochen worden, sie müßte aber so oft an geregt werden, bis endlich doch einmal das Auge eines „Höhern" darauf fällt und der Versuch einer Besserung gemacht wird. Ja, wollte Gott, daß statt aller Tabaks-, Bier- und sonstigen Steuer ungeheure Liederlichkeit und Lumperei der betreffenden Classen hier zu Lande. Trotz dem ungeheuren Lohn ist an ein Sparen bei ihnen nicht mehr zu denken und wie man sonst jeden Gulden auf die Sparkaffe trug, so trägt man ihn jetzt in die Wirthshäuser und wendet ihn an unnützen Tand, mit dem man an Tanzmusiken zu glänzen gedenkt. diese Bauten, diese Kunstwerke, diese riesigen und unvergleichlich s ' i Schaffens, erdacht und ersonnen von einzelnen genialen Köpfen und nuSgerührt von ungebildeten, aber Einer sagen, der Stand des Landwirthes sei schön! — Sucht er Schutz gegen das Gesinde bei den Behörden — er findet ihn nicht, — denn cs gicbt so viele Hinterthürchen, so viele Gesetzesclauseln, daß Knecht und Magd fast stets frei ausgehen; eine sehr beliebte stehende Redensart des Gerichtspersonals ist die: „Ja, was soll ich mit dem Knecht oder der Magd machen? setze ich sie hin, so machen sie sich nichts draus, und abnehmcn (d. h. an Geldstrafen) kann man ihnen nichts, weil sie nichts haben." Ja, da schlag' ein heil'ges Donnerwetter drein! — Läßt sich denn, frag' ich, in dieser Sache gar nichts thun? — Kann denn nichts geschehen und ist cs denn so entsetzlich schwer, wenn so viele gcscheidte und weise Männer im Reichstage sitzen, ein Gesetz zu erfinden, welches eine Aendcruug dieser mißlichen Lage er möglicht und etwas Ordnung in diese faule, ja, ganz faule Sache bringt? — Ich bin durchaus kein Freund von Prügeln und konnte mich nie entschließen, auch wenn ich noch so sehr gereizt wurde, je mals einem Dienenden „eine drauf zu geben"; aber ich weiß, daß mancher Dicustbote sich mehr zusammen nehmen würde, wenn er wüßte, daß eine ihm applicirte Ohrfeige nicht so streng geahndet würde, — ick sage nicht, daß es schön wäre, einen Dienstboten zu schlagen, aber das Gefühl bei diesem, der Gedanke: „mein Herr hat das Recht, thuts aber doch nickt," könnte möglicherweise das Ehr gefühl etwas wecken. (Das ist ein entschiedener Jrrthum, — körper liche Strafe kann und darf nicht sein. D. N.) — Ja, Ehrgefühl! -- Man spricht so viel von Ehrgefühl, von der Anerziehung und Förderung desselben und ich fand bei den meisten Dienstboten, daß sie nicht einmal wußten, was Ehrgefühl sei und dieses Wort gar nicht kannten. Da kommt man immer mit „Bildung, Civilisation der untern Classen" — ich behaupte, daß die Bildung dieser Classen, wie sie jetzt ist, den Unverstand und die Rohheit fördert. Andere behaupten sogar, daß, wenn die Arbeiterclasse in 100—200 Jahren endlich auf eine höhere Bildungsstufe gebracht ist, man sich nur eine Legion von Fanllenzern gebildet hat. Es ist nicht ganz unmöglich — jedenfalls erleben wir's nicht! Blickt man allerdings zurück auf die vergangenen Zeiten, so staunt man über das, was damals geschahen wurde. Seht nur Ruu denke man sich den Landmann, den Pächter und Guts besitzer, der ärger Anher erstatteter Anzeige zufolge sind in der Nacht vom 8. zum 9. d. M. aus der Gesindestube, bez. dem Keller eines Gutes in Röhrsdorf mittelst Uebersteigens über eine Mauer und Einsteigens durch ein zerbrochenes Fenster die unter O nach verzeichneten Gegenstände spur- und verdachtlos entwendet worden, was Behufs Ermittelung des Thaters"'und Wiederer langung des Gestohlenen hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Königs. Gerichtsamt Wilsdruff, am 20. August 1872. Leonhardi. -- 1., I fast ganz neuer Nipsrock; 2., I gelblicher dergl.; 3., I braun und schwarz gestreifte Lama-Jacke; 4., ein lilaes, katiuucs Kopftuch, 5., I roth, schwarz und lila carrirtes Shawltuch; 6., 1 blaue Schürze, tV. 8. gez.; 7. I Zwillich-Handtuch, 6. >V. L. gez.; 8., I weißleinenes, noch ganz neues Säetuch; 9., ein braun und schwarzer wollener Nock; 10., ein schwarz-grüner Wattrock; 11., 1 grau nnd schwarzgestreifter Lama-Nock; 12., 2 blaue Lcinwandschürzen, 6. 8. gez.; 13., 1 roth- und schwarzwollene dergl.; 14., 1 braun- und schwarz-kattunes Kopftuch; 15., 1 roth-schottisches wollenes Kleid; 16., 2 blau gedruckte Leinwandschürzen; 17., 2 dergl., 8. 8. gez.; 18., 1 rothwollener Shawl; 19., 1 Paar graue baumwollene Strümpfe; 20., 4 Stück Kinderhemdcn, ganz neu; 21., 2 Stück weiße Kinder schürzen; 22., 1 roth- und weißwollenes Kinderhäubchen; 23., 1 roth-schottisches Kinderkleid; 24., 1 neue blaue Leinwandschürze; 25., ein Weißkattunes Kopftuch mit kleinen rothen Punkten und einer ca. 2 Cenlimetcr breiten, noch feiner roth-getüpfelten Kante; 26., ca. 4 Liter Sahne; 27., ca. 2 Pfund Butter; 28., 1 Schock Käse. gesetze der gute deutsche Reichstag auch einmal eine gründliche Revi sion des Dlenstbotcugesctz.s vornehme; denn, was bis jetzt in dieser Beziehung gemacht wurde, ist eitel Flickwerk und, ich wage es zu sagen, hat das Uebel nur verschlimmert. Ich will nicht von den Dienstboten in den Städten reden, sondern hauptsächlich vom Laud und landwirthschastlichen Arbeits kräften, ich sage Euch — cs ist zum Erbarmen! Die Noth ist cnt« setzlich und der ganze Zustand unerträglich! Nicht nur, daß es allent- halbcn an landwirthschaftlicheu Dienstboten fehlt — nein — die wenigen die noch da sind, sind mit wenig Ausnahmen keine Dienst boten mehr, sondern —! Mag die Sache statt des Wortes reden! — Man gehe nur den einzelnen Knechten und Mägden nach, — sie dienen nicht mehr ihre bedungene, contractlich festgesetzte Zeit, nein, cS ist ein ewiges Herumzigeuncrn von Ort zu Ort, von Dienst zu Dienst; — Contraclbnch, Frechheit, Matchen sind au der Tagesord nung und ich bin der festen Ucbcrzeugung, wenn bei jedesmaligem Dienstwcchsel, sei cs in welchem Stande es wolle, gerichtlich eine Steuer von dcm betr. Dienenden erhoben würde, so müßte dieser Zustand eine wesentliche Besserung erleiden. Von Anhänglichkeit der Dienstlcute an die Herrschaft ist schon längst keine Rede mehr und Lumperei allenthalben und leider ist man nun auch noch auf die unglückliche Idee verfallen, die Dienstbücher abzuschaffcn und somit der Lüge Thür und Thor zu offnen. Daß auf die Zeugnisse in diesen Büchern nicht viel Gewicht zu legen war, ist Wohl erwiesen, aber mail konnte doch sehen, wo sich der betr. Dicnstbote vorher aushielt, wie lange er in seinen Diensten ausgehalteu und sich so ein annähernd richtiges Unheil über ihn bilden. Ja, die Abschaffung der Dienstbücher ist ein Fehler nnd sollte wieder verbessert und dann darauf gesehen werden, daß das Buch stets in Ordnung ist, in Ehren gehalten und die Erlangung eines zweiten etwas erschwert wird. Fragen wir nach den Ursachen der Dienstbvtcucalamität — ja suche sic Einer, cs sind viele und verschiedene und ich suche sie hauptsächlich in den vielen Tanzmusiken. Wie cs anderwärts ist, weiß ich nicht; bei unS im Coburghchcn waren die Tanzmusiken früher seltener und gehörte zur Abhaltung einer solchen, soviel ich weiß, erst eine polizeiliche Erlaubniß; die Kirchweih war im ganzen Lande an einem Tag und cs gab da-S ordentliche Dienstboten. Da auf einmal kam der — ich sage cS ungenirt — confuse Erlaß, daß jede Gemeinde (resp. Willb!) die Erlaubniß habe, an cincm beliebigen Sonntag vom 1. September bis Ende November ihre Kirchweih ab für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn nnd die Umgegenden. Wmtsökatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst.