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'N, Anher erstatteter Anzeige zufolge sind durch das letzte Hochwasser zwei Holzstämme, von denen der Eine mit 'en gezeichnet ist, in Wildberg angetrieben und von dem dasigen Ortsrichter Bernhard Pietzsch in Verwahrung genommen worden. Da die Eigenthümer der gedachten Stämme unbekannt sind, so wird Solches behufs deren Ermittelung in Gemäßheit — 8 239 des bürgerlichen Gesetzbuchs hierdurch öffentlich bekannt gemacht. Königliches Gcrichtsamt Wilsdruff, am i. Jun is?s. ... In Stellvertretung: , vr. Gangloff, Assessor. Gr. Näheres vom Jesuitenorden und dessen Bestrebungen. (Schluß.) So war denn die Kriegserklärung eines geistlichen Heeres gegen alle Menschen auf der weiten Welt, welche anders dachten und glaubten, als die römische Kirche vorschrieb, durch das Haupt der selben, den Papst, in den Augen aller Derer geheiligt, welche den Papst für Gottes Stellvertreter auf Erden und alle seine Beschlüsse für untrüglich hielten, weil der heilige Geist ihn dazu erleuchte. Ignatius von Loyola hatte das erreicht, was ihm das höchste Ziel seines Lebens und aller Ehre schien. Im Jahre 1549 wirkte sich Loyola von Paul III. eine neue wichtige Bulle zu Gunsten des Ordens aus: die Befreiung des Jesuitenordens von aller bischöflichen und pfarrlichen Gewalt, sodann die unumschränkt monarchische, ja despotische Verfassung desselben. Um jedoch mit eiserner Consequenz seine Ziele zu erreichen, nahm der Orden eine gewissermaßen militärische Disciplin an. Jedes Ordcnsmitglied machte sich verbindlich, den andern im Geheimen sorgsam zu beobachten und dessen Fehler dem nächsten Vorgesetzten anzuzeigen. Was die jesuitische Sittenlehre betrifft, so gilt als oberster Grundsatz: „Der Zweck heiligt das Mittel!" Ein Grundsatz, welcher, wenn er von Jedermann befolgt würde, bald die Treue aus der menschlichen Gesellschaft verjagen und jedes noch so scheuß liche Verbrechen in Tugend verwandeln würde. „Man darf sündigen, leiten sie aus diesem Satze ab, wenn man irgendeine billigende Meinung eines Schriftstellers als Autorität für seine Handlung auf- finden kann." Und warum? Weil dabei die böse Absicht nicht auf dem Thälcr haftet, sondern auf jener Autorität. — „Man darf sündigen mit innerem Vorbehalte Uesorvatio moutalis), wenn man bei einer Aeußerung eine andere Absicht denkt, als sie aus drückt." Warum? Weil man sich dann eine Beschränkung seiner Absicht hinzudenkt; dadurch ist die Aeußerung für das Gewissen etwas wesentlich Anderes, als was sie scheint. Es bedarf Wohl keiner Erwähnung erst, daß die Jesuiten ins Blaue hincinschwören, mit dem inneren Vorsatze, den Eid nicht zu halten u. s. w. u. s. w. Ganz natürlich folgt aus dieser Sittcnlehre, daß man, um seinen Zweck zu erreichen, selbst vor dem Gebrauche des nichtswürdigsten Mittels nicht zurückscheut. Um die Refvrmirten in Frankreich zu ver nichten, setzten die Jesuiten am 24. August des Jahres 1572 die sogenannte pariser Bluthockzeit in Scene. In jener Nacht wurden allein in Paris gegen 30,000 Hugenotten oder Anhänger Calvin's uiedergemacht, ohne von denen zu reden, welche in den Provinzen ihren Tod fanden, deren Anzahl 70,000 betragen haben soll. Als die Nachricht von dieser Blutthat nach Nom und Madrid kam, feierte man daselbst Freudenfeste und der Papst in Rom ließ sogar die Kanonen lösen und ein feierliches H vsum lauckaiuus (Herr Gott, Dich loben wir!) anstimmen; — Auch vor dem Königsmorde scheuten sie nicht zurück; ihr Schüler Franz Navaillac stieß 1598 Heinrich IV., den edelsten König Frankrcich's, ja vielleicht aller Länder des Erd bodens, weil er sich nicht nach ihren Plänen leiten ließ, meuchlings nieder. Ganz abgesehen von den Fürsten, die sie heimlicherweise aus dem Wege räumten, wollen wir sie nur noch als die Urheber des für Deutschland so unglücklickcn dreißigjährigen Krieges und — scheine es Manchen noch so wenig einleuchtend — des letzten deutsch- französischen Krieges hinstellen, um letzteren zu Stande zu bringen, sind sie wenigstens nicht unthätig gewesen, galt es ja dem Hort aller Ketzerei einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Tagesgeschichte. Berlin und Leipzig, die beiden größten deutschen Univer sitäten, haben sich vor zwei Semestern in ein Wettrennen eingelassen, damals mit ziemlich gleichen Kräften; Berlin nahm die Führung, Daß die Jesuiten auch, dadurch daß sie einflußreiche Frauen bei Hofe für sich gewannen, ferner dadurch, daß sie die Beichtväter der Fürsten waren, großen Einfluß auf das Geschick namentlich der südlichen Staaten ausgeübt und manche derselben, wie Spanien, Portugal, Ita lien, Oesterreich an den Rand des Abgrundes gebracht, dürfte weniger unbekannt sein. Da sie nun aber mit ihrem Netze den ganzen Erd kreis umspannen, so ist auch unser liebes Deutschland nicht von ihnen freigeblicben. Starke Kolonien derselben befinden sich z. B. in den polnischen Provinzen Preußens und am Rheine, und es ist erschreckend, wenn man die Statistik überfliegt, in welchem gewaltigen Maße jene schwarze Gesellschaft in den letzten Jahren zugenommen. Aber -auch unser Sachsen, in dem sich nach der Verfassung keine Jesuiten aushalten dürfen, hat deren genug, und wer die Vorgänge auf religiösem Gebiete der letzten Tage zu verfolgen Gelegenheit gehabt, wird ihre Anwesenheit bestätigt finden. Sie sind es, die schwarze Ausgeburt der Nacht, welche den confesfionellen Frieden sowohl in den Familien als auch in ganzen Staaten auf das ge wissenloseste und frevelhafteste untergraben. So ziemlich am Ende unserer Betrachtung angelangt, wollen wir jedoch noch darauf Hin weisen, daß das Jesuitcnthum streng von der katholischen Kirche zu trennen ist. Der Jesuit ist strenggenommen weder Geistlicher noch Laie, sondern ein Mittelding, ein Finsterling, der mit aller Macht die Menschheit in den Dunst der Finsterniß zurückzuversetzen probt, um dieselbe dann recht gründlich auszubeutcn. Jetzt freilich beein flußt er namentlich durch das bekannte neue Dogma von der Unfehl barkeit des Papstes sämmtliche katholischen Erzbischöfe, Bischöfe und Priester in einem Maße, wie selten. Kein Wunder, daß sich dieselben, um allen Maßregelungen zu entgehen und ihre Pfründen zu behalten, diesem unsinnigen Dogma unterwerfen. Bekanntlich wird auch gegenwärtig im deutschen Reichstage die Jesuitcnfrage debattirt. Ob man dieselben auswcisen wird, lassen wir dahingestellt; jedenfalls begnügt man sich mit dem Jnslcben- rufen eines neuen Gesetzes, nach dessen Uebcrtretung erst die Ver bannung derselben aus dem Lande verhängt wird. Warum macht man cs nicht so wie in Sachsen, wo ihr Aufenthalt nach der Ver fassung kurz untersagt ist? Bismarck, der größte Staatsmann unseres Jahrhunderts, hat sich von dieser leidigen Debatte auf seine Güter zurückgezogen, ist jedoch durch sein Sprachrohr, dem Geheimen Rath Wagner, vertreten, der auch mitunter eine donnernde Rede gegen sie losläßt. Der Reichskanzler soll nur dann gewillt sein, vor Ablauf des ihm bewilligten Urlaubes nach Berlin zurückzukehren, falls die Jcsuitendebatte nicht den erwünschten Verlauf nimmt. Indessen können wir ruhig der Zukunft entgegensetzen, besteht doch die Mehr zahl des Reichstages aus Männern, die es wahrhaft gut und auf richtig mit dem neuen deutschen Reiche meint, wenngleich die „schwarze Schaar" manchen ihrer Redner auflreten läßt, die sich nach Kräften bemühen, dem Wirken der Jesuiten einen möglichst unschuldigen und nur auf das Wohl des Staates abzielenden Anstrich zu geben. Einstmals aber wird doch die Zeit nahen, wo die Aufklärung der Völker, die gegenwärtig freilich noch Etwas im Argen liegt, ein solches Wirken von selbst unmöglich macht. —n. 6. 1. ochcMM für „irlsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gcrichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag den 5. Juli 1872.