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312 Nach den in letzterer Zeit veröffentlichten officiellen Verlust listen des 12. (sächs.) Armeekorps ergeben sich folgende Verluste: 1) Schlacht bei St. Marie-aux-Chönes und St. Privat, am 18. August: 1. (Leib-) Grenadier-Regiment Nr. 100 . . . 286 Mann. 2. Gren.-Regim. „König Wilhelm v. Preußen" Nr. 101 314 - 3. Infanterie-Regiment „Kronprinz" Nr. 102 . . 2 - 5. Jnfant.-Reaiment „Prinz Friedrich August" Nr. 104 257 - 6. Infanterie-Regiment Nr. 105 .... 461 - 7. Infanterie-Regiment Nr. 106 . . . . 69 - 8. Infanterie-Regiment Nr. 107 .... 417 - Schützen-Regiment Nr. 108 158 - Jägerbataillon Nr. 12 81 - Jägerbataillon Nr. 13 10 - Cavallerie 17 - Artillerie . 12 - Sumina 2084 Mann, wozu dann noch 91 Offiziere, sowie 33 Feldwebel und Vice-Feld- webel kommen; demnach Gcsammtverluste am 18. August 2228. 2) Schlacht bei Nouart!, Beaumont, Givonne und Sedan, am 29. und 3V. August und 1. September: Stab der 1. Infanterie-Brigade No. 45 - - 4. - - - 48 1. (Leib-) Grenadier-Regiment No. 100 2. Grenadier-Regiment „König Wilhelm" No. 101 3. Infanterie-Regiment „Kronprinz" No. 102 anterie-Regiment 4k Infanterie-Regiment 5. Infanterie-Regiment 6. Infanterie-Regiment 7. Infanterie-Regiment 103 104 105 106 107 No. No. No. No. No. 108 8. Inf« ' " „ Schützen-Regiment No. 12. Jäger-Bataillon „Kronprinz' 13. Jäger-Bataillon 1. Reiter-Regiment „Kronprinz" .... 2. Reiter-Regiment . 8. Reiter-Regiment . ... I. Ulanen-Regiment No. 17 . . . . Corps-Artillerie . . . . . . 1i Fuß-Abtheilung des Feld-Artilleric-Regimcnts No. 12 2. Fuß-Abtheilung des Feld-Artillerie-Regiments No. 12 Pionier-Bataillon, und Sanitäts-Detachement . l Mana. 2 - 131 - 134 - 194 - 439 156 - 116 - 8 - 164 - 84 - 114 - 2 - 4 - 1 30 - 8 - 64 - 17 - 44 - 4 - Summa 1717 Mann, dazu 79 Offiziere incl. 12 Vice-Feldwebel, welch' letztere Offiziers- dicnste verrichten, ergicbt einen Gesammtverlust von 1796 Mann. Demnach Totalverlust in den Schlachten vom 18. August bis 1. September: 4024. Es sind dies beiläufig 10 bis 11 Procent der in'S Feld gestellten sächsischen Truppen; doch ist hierbei zu bemerken, duß Vie sehr hoch scheinende Ziffer sich bedeutend vermindert, wenn man in Betracht zieht, daß alle Leichtverwundeten mit gezählt sind, welche die größere Zahl bilden und von welchen sich schon sehr viele wieder ganz munter bei ihren Truppentheilen befinden. Von den durch die sächsischen Truppen bei Sedan genommenen Trophäen sind zwei französische Fahnen, darunter die eines Turko- regiments, in Dresden eingetroffen. Leipzig. Vor einigen Tagen befand sich Abends in einer Re stauration im Barfußgäßchen ein Meßfremder aus der Gegend von Frankfurt und erzählte im Gespräch über die Kriegsereignisse in Frankreich, daß er bei der preußischen Armee einen Sohn, Einjährig- Freiwilligen, habe, von welchem er nur einmal, nach der Schlacht von Nezonville, Nachricht bekommen und wegen dessen er in großer Sorge lebe. Während dem trat ein preußischer Offizier in die Stube und setzte sich an einen Nebcnrisch. Eben hatte der Offizier sein Bierseidel an die Lippen gebracht, als sein Blick auf den Mebfremden siel. Das Glas niedersetzcn, aufspringen, und den Frankfurter in die Arme schließen, war das Werk eines Augenblicks. Vater und Sohn -hatten sich wiedergefunden. Letzterer, auf dem Schlachtfelde zum Offizier avancirt, befand sich bei einer Escorle französischer Ge- -sangcner, die auf dem Rückzüge nach dem Kriegsschauplätze begriffen war. Der Vater meinte, einen so frohen Meßtag habe er Zeit feines 'Lebens nicht gehabt. In den preußischen Festungen befinden sich bis jetzt 110,000 sranzvnswc Kriegsgefangene. Die Gefangenen von Sedan sind größlemheits in süddeutschen Festungen untergebracht. Folgende Zahlen dürften unter den gegenwärtigen Umständen von Interesse sein: Frankreich hatte im Jahre 1788: 9600 Quadrat meilen, 1808: 13,600, 1815: 9665, 1860: 9850. Es ist bei dem von den Alliirten mit ihm im Jahre 1815 abgeschloffenen Frieden größer gelassen, als es vor der Revolution gewesen! — Deutsch land, "der Norddeutsche Bund und Süddeutschland zusammenge nommen, umfaßt 9631 Quadratmcilen. Werden jetzt von Frankreich die beiden elsässischen Departements: Niederrhein (Straßburg) und Oberrhei» (Colmar), sowie die drei lothringischen Departements Mo sel (Metz), Murthe (Ranch) und Vogesen (St. Die) an Deutschland abgetreten, so erhält letzteres einen Zuwachs von 501 Quadratmeilen, und wird also künftig 10,132 umfassen, während Frankreich 9349 Quadratmeilen behält. Die Einwohnerzahl von Deutschland beträgt nach der letzten Zählung 38,512,877, die von Frankreich 38,067,000. Durch den Uebergang der oben genannten fünf Departements von Frankreich an Deutschland ändern sich diese Zahlen um 2,308,000, so daß künftig Frankreich 35,750,000, Deutschland 40,820,877 Ein wohner haben wird. Dem Wiederstande und der Ausdauer der französischen Besatzung von Straßburg muß vom militärischen Gesichtspunkte aus unge- theilte Anerkennung gezollt werde», obwohl die Stadt selbst unter der Hartnäckigkeit der Vertheidigung leider sehr empfindlich zu leiden hatte. In einer Depesche der „Agence Havas" aus Schlettstadt, 23. September, aus der wir gleichzeitig ersehen, daß am 11. Sep tember in Straßburg die Republik proclamirt, Herr Baerscb zum Präfecten und 1)r. Ruse zum Maire ernannt wurde, ferner daß der von der provisorischen Negierung zum Präfecten des Untcrrheins ernannte Herr Valentin am 19. d. schwimmend in die Festung ge kommen war, wird übrigens versichert, daß nur 44 Personen durch das Bombardement getödtel worden seien. Von Metz liegt Folgendes vor: Die „Times" bringt folgende telegraphische Depesche ihres Correspondcnten: „Saarbrücken, 24. September. Gestern fand bei Metz ein heftiger Angriff statt, bei dem ich gegenwärtig war. Die Franzosen versuchten mit Macht nach Thionville durchzubrechen, während gleichzeilig ein Scheinausfall gegen Mercy le Haut gemacht wurde. Vier Stunden lang starkes Kanonenfcuer. Schließlich wurden die Franzosen zurückgctrieben. Das Gescchtfeld nahm einen Naum von mehreren Meilen ein. Die Verluste der Franzosen waren bedeutend. Bazaine hat die Ge- fangenen, welche er gemacht hatte, abermals den Preußen zurück- geschickt." Ueber Bitsch liegt Folgendes vor: Aus Zweibrücken, 26. Sep tember, schreibt man dem „Fr. I.": In der „Pfälzischen Volks zeitung" lese ich: „16 Kanonen und 4 Mörser vom Belagerungs park vor Bitsch kamen als völlig unbrauchbar vorgestern hier durch und wurden nach Germersheim gebracht. Die Kämmen tragen die Signatur „Augsburg 1866" und sollen nach Ausdruck eines der Artilleristen durch das rastlose Feuern „krumm geschossen" worden sein." Es ist das jedenfalls irrlhümlich. Tie Kanonen sind nicht unbrauchbar geworden, sondern sollen sich zur Beschießung der Felsen von Busch als von zu schwachem Kaliber erwiesen haben. Es waren 12pfündige Geschütze, während man zur Zerstörung des Felsennestes mindestens 24-Pfündcr braucht, wenn nicht, wie bei. Straßburg, noch schwerere Geschütze. Es scheint vor der Festung noch zu einer größeren Action kommen zu sollen. In der DieitDtags- Nachl vom 20. d. Ai. vernahmen wir von der Festung her starken Kanonendonner; das bedeutet jedoch nur eine Neckerei, die nichts auf sich hat; ernst wird die Sache jedoch werden, wenn schwereres Ge schütz eintrifft, das täglich erwartet wird. Bitsch muß der Eisenbahn wegen fallen, ob dies aber so leicht wie bei Toul gehen wird, dürfte sehr zu bezweifeln sein. Der Commandant soll die Uebergabe angeboten haben, wenn die Besatzung mit Waffen u. s. w. frei ab ziehen kann. Dies soll jedoch Ler bayerische Befehlshaber des Bc- tagerungscorps rund abgeschlagen haben. Bei der Unterredung, welche der König Wilhelm mjt Na poleon nach der Schlacht bei Sedan hatte, erkannte der König an, daß die französische Armee mit großer Tapferkeit gekämpft habe. Ja, sagte der Kaiser, aber die Truppen Ew. Majestät besitzen eine Disciplin, welche der meinigcn in der letzten Zeit fehlte. Ihre Ar tillerie gewann die Schlacht, preußische Artillerie ist die beste der Welt. Prinz Friedrich Carl, fuhr der Kaiser fort, entschied daS Schicksal des Tages. Seine Armee nahm unsere Stellungen. Sire, ich verstehe Sie nicht, antwortete der König, meines Sohnes Armee socht bei Sedan. Und wo ist Prinz Friedrich Carl? Er ist mit seiner Armee vor Metz. Da fuhr der Kaiser zurück und erblaßte. Napoleons Manifest soll in wenigen Tagen in englischen und belgischen Blättern erscheinen. Es will wahrheitsgetreu die Genesis des Krieges erzählen, zum Frieden mahnen, das zwiefache Verderben, die drohende Gefahr der Fortsetzung des Krieges mit dein besser ge rüsteten und in vortheilhaften Stellungen befindlichen feindliche» Nachbar und die Gefahr eines Bürgerkrieges schildern und endlich in energischen Ausdrücken die Mitglieder der jetzigen Regierung für Usurpatoren und Hochverrälher gegen Krone und Nation erklären. — Palikao hat sich von Wilhelmshöhe in das preußische Haupt quartier begeben. Man stndet es unbegreiflich, daß Frankreich die Waffenstill stands-Bedingungen, welche Graf Bismarck dem Jules Favre gemacht hat, verworfen hat, denn der Entschluß, den Kampf bis zum Aeußersten zu treiben, ist hoffnungslos. Nie hat sich ein Land m einer unglücklicheren Lage befunden, als jetzt Frankreich. Es ist hohe Zeit, daß ihm die Augen aufgehen, denn mit jedem Tag, den es unbenutzt verstreichen läßt, werden die Anforderungen größer, wetche Deutschland an Frantrelch macht. Einen weiteren interessanten Beitrag zur Kenntniß der wahre» Stimmung des französischen Volkes liefert ein Correspondcnt des „Standard". „Die Franzosen außerhalb der Hauptstadt — sagt der Gewährsmann — sind eilt ausnehmend höfliches Volk, indessen kann ich mir doch nicht wohl denken daß es allein die angeborene Höflichkeit ist, welche die Mütze von den Köpsen so vieler Bauern und Dorfbewohner hebt. Ich glaube die Helle Angst hat viel mit diesem Abziehen der Mützen und diesen Kratzfüßen zu schaffen. Die Leute sind cingeschüchterl und von Entschlossenheit und unterdrückter Nachsucht sieht man nicht die Spur. Die Deutschen haben unter keinen Umstünden von solchen Feinden etwas zu fürchten. In Elsaß und Lothringen herrscht etwas mehr Muth, aber auch nicht viel. Hier indessen vor Paris ist er am allergeringsten, man kann nur von niedriger entgegenkommender Unterwürfigkeit reden." Rach Paris und aus Paris kommt keine andere Post mehr als die Luftpost. Luftballons siegen ein und aus. Im Lager der Deutschen werden viel solcher Posten, angefüllt mit Liebes- und an dern Briefen aufgefangen und dienen zur Unterhaltung.