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für Wilsdruff, Tharandt, Neffen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsölait für das Königliche Gcrichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 31. Freitag den 4 Juli 187«. Der Fleischergehttlfe Friedrich Wilhelm Beger von hier, hat erstatteter Anzeige nach, das für ihn am 16. Juni 1869 allhier ausgestellte Arbeitsbuch Kus dem Wege von Sora nach Weistropp verloren, was mit der Aufforderung, solches im Falle der Auffindung anher abzuliefern, zu Verhütung Mißbrauchs hierdurch bekannt gemacht wird. Königl. Gerichtsamt Wilsdruff, am 27. Ium 1370. Leonhardi. T a g c s g e s ch i cb t c. Die schweren Gewitter, welche am 24. Jimi sich über einen großen Theil des erzgebirgischcn Kreises entluden, haben auch in Treuen hart aufgetroffen. In dieser Stadt schlug zu wiederholten Malen der Blitz ein, so u. A. in daS Wohnhaus d.s Gutsbes. Engelhardt in Schreiersgrün, fuhr daselbst in die Wohnstube, tödtete die am Tische sitzende 15jährige Tochter des Besitzers und beschädigte deren jüngere Schwester am Fuge; die andern mit am Tische sitzenden Per sonen wurden nur betäubt. Auf dem Boden des Hauses hatte der Blitz auch gezündet, doch wurde daS Feuer im Entstehen gelöscht. Auerbach, 25. Juni. Gestern Mittag entlud sich ein furcht bares Gewitter über unsern Fluren. Bon Nordwest herauf thürmten sich schwere Gewitterwolken, welche bald den ganzen Horizont ein nahmen und in der Mittagsstunde eine Dunkelheit herbeiführten, daß man meinte, die Nachr sei gekommen. 'Nach einem wvlkenbruchähn- lichen Regen, welcher nach wenig Minuten alle Straßen und Wege in reißende Flüsse verwandelte, folgte ein Hagelwetter, welches in Gärten und Feldern großen Schaden angerichtet hat. Besonders haben die tiefgelegenen Wiesen durch die gewaltige Überschwemmung gelitten. Auf vielen Wiesen liegen Schlamm, Steine und zusammen- gcschwenimte Schloßen viele Fuß hoch. Biele Felder sind zerrissen, die Feldfrüchte vernichtet und an den Obstbäumen die Zweige, Blätter und Früchte herabgcschlagen. Am 24. Juni hat bei dem großen Gewitter, welches auch in Eibenstock durch große Regengüsse manchen Schaden anrichtcte, der Blitz in die Künzelsche Bretmühle in Morgenröthe geschlagen. Dieselbe brannte total nieder. Aus Zittau vom 25. Juni berichten die „Z. N.": Das Ge witter, welches sich gestern über unsere Stadt und Umgegend entlud, ist leider nicht ohne Schaden vorübergegangen. In Wittgendorf schlug der Blitz in das Schmidtsche Haus, wobei der mit in dem Hause wohnende Musikus Karl Brendler vom Blitze erschlagen wurde; mich dessen Tochter war von demselben Blitzstrahl getroffen worden, wird aber mit einer Lähmung davonkommen. Die Jahresversammlung des „Verbandes sächsischer Genossen- chaften" findet am 8. und 9. Juli in Schandau statt. Es werden dazu aus allen den Orten Sachsens, in denen Genossenschaften nach sein Principe Schulze-Delitzsch bestehen, Vertreter in Schandau er wartet. Dieser Tage werden die letzten Theile des Gerüstes entfernt sein, mittelst dessen man die Brandruinen des Dresdner Hoftheaters abge tragen hat. Der Platz ist nunmehr der Erde gleich gemacht. Die Abtragung hat ungefähr 9 Monate gewährt und war einrstheils durch die noch unversehrten Bindemittel, anderntheils, namentlich in der Höhe, durch die Lockerung der Steinmassen erschwert und nicht ohne Gefahr. Aus Freiberg berichtet der „F AN: Am Sonntag, kurz vor Mittag 12 Uhr erschoß sich in einem der in der Vorstadt gelegenen Massenquartiere der Jäger Namens Geißler von hier. Jeder, der den Unglücklichen kannte, lobte ihn als einen gewissenhaften Soldaten und braven Menschen, und ist ein haltbarer Grund für einen derar tigen Entschluß bei allem Nachdenken seiner ihm Nahestehenden zur Zeit nicht aufzufinden gewesen. Bei den so oft sich wiederholenden Selbstmorden in der sächsischen Armee scheint gerade unser hiesiges Jägerbataillon sich besonders auszuzeichnen. — In seiner nächsten Nr. berichtet dasselbe Blatt: Leider bestätigt sich die Bermuthung, daß schroffe Behandlung seiner Vorgesetzten die Todesursache des braven Jägers Friedrich Geißler, dessen Selbstmord in voriger Nummer mitgetheilt ward, gewesen sei. In einem in seinem Nvtiz- buche Vorgefundenen Briefe, von welchem das erste Blatt weggerissen zu sein scheint, waren noch folgende Zeilen zu lesen: „Liebe Eltern! Ich kann nicht umhin, mein Leben in einem so schmachvollen Elende durchzubringen. Es thut mir in der Seele Weh, Euch so zu kränken, was vielleicht auch Euer Tod sein wird. Nur versorgt mir meine theuerste E. D. Lebt Alle wohl und vergeßt nicht Euren ungehor samen Sohn Friedrich Wilhelm Geißler. — Es ist mir unmöglich, die Worte des Sergeanten Rauner auf meinem Herzen liegen zu lassen, welche lauteten: wenn ich eine Nase vom Hauptmann bekomme, so haue ich Ihnen Ohrfeigen nein so alt wie Sie sind; ich will Sie schon ncinstürzen!" Die Cottbus-Großenhainer Bahn wird am 1- Juli d. I. dem öffentlichen Verkehr übergeben. Die Universität Leipzig zeigt ein merkwürdiges Wachsthum. Im Jahre 1800 betrug die Zahl der Studenten 874, in diesem Jahre beträgt sie 1745. Darunter die Hälfte Nicht-Sachsen. Den Berlinern sagt inan nach, sie wollten alle so hoch hinaus und doch wohnen dort mehr Leute unter der Erde, nämlich 70,000. Diese leben in den berüchtigten Kellerwohnungen, zu denen man viele Suchen hinabsteigen muß, die Insassen sehen von den auf der Straße Vorübergehenden nur die Füße, Beine mW Waden. Es giebt zwar manchen recht hübschen Frühstückskeller darunter, die meisten Woh nungen aber sind dumpf und feucht uud es brennt in ihnen die ewige Lampe, sie sind die Herd- und Brutstätten vieler Krankheiten. Die neuen Häuser dürfen nicht mehr solche Kellerwohnungen enthalten oder doch gesünder angelegte und eingerichtete. Eine wunderliche Welt! Am 24. Juni 1859 haben sich auf dem Schlachtfelde von Solferino in Italien drei Völker, Oesterreicher, Franzosen und Italiener, in Waffen gegenübergcstandcn und sich zer- fleifcht und gegen 40,000 Todle zurückgelassen. Am 24. Juni dieses Jahres wurde auf demselben Schlachtfelde ein Friedhof und eine Todtenkapelle errichtet und geweiht, und die Vertreter der Völker, unter ihnen der Prinz Humbert, bekvmplimentirten sich wegen der Tapferkeit ihrer Truppen und tranken auf das Wohl der Herrscher von Oesierreich, Frankreich und Italien. Oberst Pollack trank auf die Smpathie zwischen Oesterreichern und Italienern, die auf diesem «schlachtfelde geboren worden sei. Zu den sogenannten Kornkammern Europas gehören die Moldau und Walachei, Rumänien genannt. Leider ist diese Korn- kammer. in diesem Jahre nicht so gefüllt wie in andern Jahren und wird wenig an andere Länder abgeben können. Die Erndte wird mittelmäßig. Freund Beust in Wien schwimmt in Wonne und Gnaden bei dem Kaiser. Dieser hat ihm erlaubt, in das Beust'sche Familien wappen den kaiserlichen 'Reichsadler mit den ausgcbrcitcten Flügeln und den zwei Köpfen (Deutschland und Ungarn) aufzunehmcn und zu führen. Diese Ehre ist fast nur dem Grafen Starhcmberg, dem Retter Wiens aus der Türkennoth, widerfahren. Die Prinzen von Orleans, die in England leben, verlangen in einem offenen Briefe, daß ihre Verbannung aus Frankreich aufgehoben werde. Dieser Brief macht dem Kaiser viel Kopfweh; denn das Verlangen ist billig und gerecht, ein Prinz hat sein Vaterland so lieb wie ein Bürger und es muß doppelt hart sein, Thron und Vaterland zugleich zu verlieren. Napoleon denkt aber daran, daß schon die Asche Napoleon I., die König Lollis Philipp aus St. Helena nach Paris bringen ließ, ihm dazu verhalfen hat, Kaiser zu werden, —' wie viel gefährlicher müsseil die lebenden Orleans sein, unter denen sehr respektable Männer sind. Und wenn die Orleans zurücktehren, also mcht mehr als Feinde Frankreichs gelten, muß man ihnen dann nicht'auch ihre Güter zurückgeben? Mag der Kaiser sinnen und schwanken, Kaiserin Eugenie sagt entschieden: nichts da! Sie befragt nur ihren mütterlichen Instinkt und ist wie eine Löwin, die ihr Junges verlheidigl: die Gegner dürfen nicht in ihr Lager, d. h. nach Frankreich.