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Wochenblatt für ilsdruff, Tharandt, Rossen, Giebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 67. Freitag den 26. August 1876. Tagesges chichte. Wilsdruff, am 25. August 1870. Einem Extrablatt des „Dr. I." vom 23. d. zufolge beträgt der Verlust bei dem königlich sächsischen Armeecorps in der Schlacht am 18. August an Offizieren 17 todte und 74 thcils schwer oder leicht verwundete. Der Verlust an Unteroffizieren und Mannschaften ist noch nicht festgestellt, er wird jedoch die Zahl von in Summa 2000 nicht erreichen, von denen circa 150—200 todt. Der Generalmajor von Craushaar wurde auf dem Kirchhofe von St. Marie beerdigt, zwei Stunden darauf starb im Lazareth sein schwerverwundeter Schwiegersohn, Hauptmann v. Pape; beide Helden deckt ein Grab. Von Seiten des kgl. Kriegsministeriums werden in einer unterm 23. August erlassenen Verordnung die Stadträthe und Gerichtsämter zur ungesäumten Einsendung der Verzeichnisse der hilfsbedürftigen Familien verheiratheter Militärs aufgefordert. Das „Dr. I." veröffentlicht folgenden, am 23. d. telegraphisch an das Generalcommando des sächsischen Armeecorps ergangenen königlichen Tagesbefehl: Soldaten! Getreu Eurer Vergangenheit, habt Ihr auf's Neue gekämpft und in altbewährter Hingebung und Tapferkeit wiederum Ansprüche auf Meine ganze Anerkennung Euch erworben. Mit Stolz sieht Sachsen auf Euch und betrauert mit Mir die von Euch geforderten schweren Verluste. Ich aber entbiete Mei nen braven Truppen Meinen Königlichen Gruß und Dank. Gott mit Euch! Johann. Gestern sind die sächsischen Landwehrbataillone nach dem Rheine abgerückt. Se. Maj. der König war von Pillnitz in Dresden einge troffen, um die Truppen vor ihrer Abfahrt auf dem Leipziger Bahn hof noch zu begrüßen. Seine Majestät wurde von den Truppen mir lebhaften Hurrahrufen empfangen, welche sich beim Abgänge des Zu ges vielfach wiederholten. Von den durch Dresden am 22. August gekommenen Verwunde ten, erwähnt das „Dr. I." folgenden besonders bemcrkenswerthen Fall: Einem kur preußischen Offiziere hatte eine Chassepotkugel mitten auf die linke Brust, jedoch glücklicherweise auf sein Erinnerungszeichen an den 1866er Feldzug getroffen, hatte dasselbe zertrümmert und war dann ricochettirend in dem Fleische weiter nach der rechten Brust ge fahren. Als man sie daselbst Herausschnitt, fand man auf der platt gedrückten Fläche, welche sich beim Aufschlagen gebildet hatte, eine stanzenartig hineingetriebene genaue Abbildung der Krone und des Wappens vom Erinncrungskreuze vor. Se. D. der Prinz Heinrich XVII. j. L. Neuß aus dem Hause Köstritz, K. Pr. Rittmeister und Escadronchef im I. Garde-Dragoner- Negimcnt, ist am 16. August in der Schlacht bei Marslatour auf dem Felde der Ehre den Heldentod gestorben. (Prinz Heinrich XVII. war geboren am 20. Mai 1839 und stand mithin im 32. Lebensjahre. Er stammt aus der zweiten Reuß-Köstritzer Linie von Heinrich IX. und war der jüngste Sohn des Fürsten Heinrich I-XIII. aus zweiter Ehe. Von seinen drei älteren rechten Brüdern lebt nur noch Heinrich XIII. als K. Pr. Major im Regiment der Oaräs- cku-Oorxs; Heinrich XII. starb am 15. August 1866 in Bad Lieben stein und Heinrich XV., der Kommendator des Johanniterordcns für das Königreich Sachsen, am 23. Decbr. 1869. Von den Stief brüdern, aus der ersten Ehe des Vaters, leben noch: Heinrich IX. in Berlin und Heinrich VII. K. Pr. Gesandter in St. Petersburg. Ein dritter Stieforuder, Heinrich X., starb bereits am 26. Okt. 1847. Freie Postbeförderung verwundeter deutscher Krieger bei ihrer Entlassung nach dem Heimathsorte. Es kann im Laufe des Krieges i Vorkommen, daß deutscye Soldaten, welche verwundet, und von den ! Lazarethen nach der Heimath entlassen worden sind, um daselbst ihre Wiederherstellung abzuwarten, zu ihrem Fortkommen sich strecken weise der Post bedienen müssen, ohne im Besitze der zur Bezahlung des Personeilgeldes erforderlichen Geldmittel zu sein. Damit in solchem Falle die betreffenden Soldaten unterwegs nicht in Verlegen heit gerathen und ihre Weiterbeförderung keinen Aufenthalt erleide, soll denselben, sofern sie es wünschen und in Bezug auf ihre Person und den Zweck ihrer Reise ausreichend legitimirt find, auf den zur Personenbeförderung dienenden norddeutschen Posten, ohne Unter schied der Postengattung, freie Fahrt gewährt werden. Der Leipziger Zeitung entnehmen wir nachstehende ihr mit Feld post zugcgangene „Aufforderung": Erfayrungsgemäß wissen manche Angehörige der im Felde stehenden Soldaten nicht, an wen sie sich um Auskunft über dieselben wenden sollen, wenn sie bei langer ausbleibender Nachricht über das Befinden derselben beunruhigt sind. Die königlich sächsische Feld geistlichkeit ist gern bereit, auf derartige Anfragen Erkundigung ein zuziehen und hiernach Antwort zu geoen. Man wolle sich hierbei entweder an den Unterzeichneten, welchem hauptsächlich die Seelsorge in den Lazarethen zugelheilt ist, oder in Bezug auf die Truppen der 1. Division an den Divisionsprediger vr. Engler, in Bezug auf die der 2. an Divisionsprediger Diaeonus Ficker, für die der Reiler- division nebst Artillerie an den Divisionsprediger Weichert wenden. Auch sind die Feldgeistlichen gern bereit, unmittelbar an sie eingehende Erquickungen für Kranke rc. zur gewissenhaften Vertheilung zu bringen. Schließlich bitten sie die Redactionen der größern Zeitungen wie der Localblätter, während der Dauer des Feldzugs eine Anzahl (vielleicht 16) ihrer Nummern auf dem Postwege an die königlich sächsische Lazarethdirettion oder an den Unterzeichneten gelangen zu lassen, damit jedem Lazareth eine Nummer zugewiesen werden könne. Die hierdurch den Kranken gebotene geistige Verbindung mit der Heimath pflegt denselben besonders lieo und für ihre gemüthliche Aufheiterung sehr günstig zu sein. Im Auftrage der königlich sächsischen evangelischen Feldgeist lichen der Divisionsprediger im Hauptquartier. Archidiakonlis Schelle. Der König von Preußen hat seiner Antwort auf die Beglück wünschungsdepesche des Königs von Würtemberg die Worte beige fügt: „Die Verluste der letzten Schlacht wie der vorhergehenden sind so bedeutend, daß die Siegesfreude sehr getrübt wird. Bis hierher hat Gott geholfen, möge er uns ferner segnen." Unter den letzten Gefangencn-Transporten durch Berlin befanden sich zwei katholische Priester im Ornat. Sie wurden in einer Kirche mit Soldaten gefangen, die sie vor den deutschen Truppen dort verborgen hatten, in der Absicht, sie in der Nacht zum Ueberfallen der Verwundeten zu benutzen. — Welche Strafe wäre für solche Scheusale wohl groß genug! Auf dem Kreuzberge bei Berlin ist ein B arakenlazareth errichtet, so groß, daß es eine Barakenstadt genannt werden kann. Obgleich die Ausstattungsgegenstände wie Bettstellen rc. aus den Kasernen genommen worden sind, belaufen sich die Herstellungskosten doch auf eine Viertel-Million. Für den glänzenden Sieg am 18. d. Mts. fand am 21. im Berliner Dome ein Dankgottesdienst, und darauf Victoriaschießen statt. München, 19. August. Das Regierungsblatt bringt heute einen küniglichen Erlaß, durch welchen allen wegen Beleidigung Sr. Majestät, der Mitglieder des k. Hauses, wegen Prcßvergchen und Uebertretung des Vereins- und Versammlungsrechts - Gesetzes Verur- theilten Amnestie ertheilt wird. — Heute Nacht 2'/« Uhr sind 33 offene Eisenbahnwagen, sämmtlich mit Kriegstrophäen beladen, darunter 3 Kanonen und 1 Mitrailleuse nebst Tausenden von Chaffe- potgewehren, Säbeln, Kürassen, Helmen u. dergl. im hiesigen Bahn hof eingetroffcn. Die ofsiciclle „Karlsruher Zeitung" constatirt die Wiederholung der völkerrechtswidrigen Art der Kriegsführung Seitens der Franzo sen, der sie sich zuerst bei Saarbrücken schuldig machten und dann gegen Kehl. Die deutschen Batterien seien so angelegt, daß Kehl ganz außer der Schußweite liegt, die unbefestigte offene Stadt Kehl wurde aber von den Franzosen absichtlich mit Verletzung des Völker rechts in Brand geschossen. General Werder hat alsdann einen Brief an den Commandanten Straßburgs geschrieben, worin es heißt: Solche Kriegführung, die unter civilisirten Nationen unerhört ist- muß mich veranlassen, Sie für die Folgen persönlich verantwortlich zu machen, außerdem lasse ick den verursachten Schaden abschätzen, und werde durch Contribulion im Elsaß Ersatz suchen. Ein telegraphisch von England an Preußen und Frank reich gelangter Waffenstillstandsvorschlag ist von beiden Theilen ab gelehnt worden.