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Wochenblatt für , Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. AmtsötaLt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 88. Dienstag den 8. Uovemöer 1870. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind in der Nacht vom 21. zum 22. vor. Mts. die unter « verzeichneten Gegenstände aus einer Wohnung in Roitzsch spur- und verdachtlos gestohlen worden, was zur Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlene» hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Kömgl. Gerichtsamt Wilsdruff, am 4. November 1870. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. I., ein Ueberrock von braunem Winterstoff; 2., eine mit grauen Sommerzcug überzogene Wattjackc; 3., ein grauwollnes Shawltuch; 4., ein blaugrauwollnes Kopftuch; 5., zwei blaue leinene Tücher; 6., zwei leinene Tischtücher, gez. L. I..; 7., ein Säetuch gez. L. I..; 8., ein Handtuch; 9., sieben Stück zimrcrne Teller gez. H. L., mit den Jahreszahlen 1800, 1820 und 1821; 10., ein Paar blauwollne Manns strümpfe; 11., ein Paar blauwollne Frauenstrümpfc; 12^, eine neue Kleiderbürste; 13., drei Paar rindledcrne Stiefeln; 14., gegen 100 Stück Cigarren; 15, ein großes Messer mit gelben Holzschalen; 16., ein Paar lederne Pantoffeln; 17., ein Paar alte graue Frauen schuhe; 18., eine blaue Mannsschürze; 19., eine blaue Frauenschürze; 20., eine blaugedruckte und eine Leinwandschürzc, 21., ein Paar Lederstieselelten, 22., eine blaue Leinwandschürze mit Gürtel; 23., eine blaue Leinwandschürze; 24., ein blaues Shawltuch. Die für die bevorstehende Stadtverordnetenwahl aufgestellte Wahlliste hängt während der nächsten 14 Tage von heute an im hiesigen Rathhause zu Jedermanns Einsicht aus. Einsprüche gegen dieselbe sind, falls sie bei der bevorstehenden Wahl Beachtung finden sollen, längstens bis zum 30. laufenden Monates beim unterzeichneten Stadtrathe anzubringen. Rath zu Wilsdruff, am 8. November 1870. Kretzschmar. Tagesgeschichte. Dem „Dr. I." zufolge erhalten die sächsischen Truppen, welche im Felde stehen, volle Kriegslöhnuug, nicht blos die Friedenslöhuuug, wie von einzelnen Zeitungen gesagt wprden war. Nach einer neuerdings vom königlichen Ministerium des Innern erlassenen Anordnung, soll künftig bei der projcctirten Errichtung von Schankwirthschaften gerade so, wie bei der von Gastwirthschaften^ vor Ertheilung der Concefsion jedesmal auch die Frage in Erwägung ge zogen werden, ob etwa gegen den beabsichtigten Gewerbebetrieb stra ßenpolizeiliche Bedenken vorliegen, und zwar um deswillen, weil er fahrungsgemäß auch bei Schankwirthschaften Führer von Fuhrwerken und besonders von schweren dergleichen häufig mit ihren Geschirren auhalten und dadurch den Verkehr hemmen. Leipzig, 4. November. Zur Beurtheilung der Nation, mit welcher wir einen freventlich von dieser heraufbcschworcgen, für uns Gott fei Dank glorreichen Krieg führen, mag die nachstehende ver- rätherische Schurkerei, welche einem Einjährig-Freiwilligen, Sohn eines Professors, Wilhelm B., zum Dank für seine Menschen freundlichkeit das Leben gekostet hat, mitgetheilt werden. Der Vor fall ist einem hiesigen angesehenen Verwandten des unglücklichen B. brieflich angezeigt worden und bin ich infolge freundlicher Uebcrlassung des Briefes in der Lage, letzter» selbst rede« zu lassen. Ich schicke dabei voraus, daß B. im gegenwärtigen Kriege bereits einmal ver wundet und in Kassel verpflegt worden war, nach erfolgter Heilung aber wieder bei feiner Truppe vor Metz lag. Die betreffende Brief stelle lautet: Am 21. Oclober bei einem Patrouillengauge vor Saulny bei Metz trat an Wilhelm und einen andern Offizier ein verhungerter Ueberläufer der französischen Armee heran; sie erquickten ihn mit Speise und Trank; nachdem er noch die Hand zum Druck gereicht, ging er zurück und schoß von hinterwärts sein Gewehr auf seine Wohlthäter ab. Das Unglück wollte, daß die Kugel Wilhelm in die rechte Schulter drang. Der Verräther büßte augenblicklich seine Schandthat mit dem Tode. Der Offizier nebst einiger Mann schaft führten sodann das unglückliche junge Opfer zurück nach Saulny, wo er am andern Morgen verschied. Die Trauerbotschaft meldete tags darauf der Bataillonscommcmdcur in außerordentlich thcilnehmenden Worten, und rühmte ganz besonders Wilhelm's un erschrockene Tapferkeit und edeln Sinn. Wahrlich, das Herz empört sich über eine derartige Schandthat. Wie tief muß eine Nation ge sunken sein, bei der eine solche Scheußlichkeit überhaupt möglich ist; auf Milde kann sie sicherlich keine» Anspruch machen. (D. A. Z.) Baiern soll Aussicht haben, aus den französischen Strafgeldern die 30 Millionen Gulden wieder zu erhalten, die es 1866 an Preu ßen gezahlt hat. Ja, man spricht sogar davon, daß es auch für das an Preußen damals abgetretene Stück Land eine Entschädigung an französischem Grund und Boden erhalten werde. (Unserer Mei nung nach wäre es von Preußen nur ein Act der Gerechtigkeit, wenn es auch an Sachsen die Zehn Millionen Thaler wieder zu rückerstattete; — wie reichlich könnte Sachsen z. B. dann nach Been digung des jetzigen Krieges seine dabei gewordenen Krüppel, Witt- wen und Waisen bedenken, damit sie nicht ihren Mitmenschen jdie so wie so schon Alle, Einer mehr, der Andere weniger, durch den Krieg beschädigt werdens lebenslänglich zur Last fallen müssen. D.N.) Preußen soll sich sehr bemüht zeigen mit Oesterreich in ein gutes Verhältniß zu treten. Bismarck hat Beust wichtige Eröffnungen gemacht und dem Kaiser ist mitgetheilt worden, daß König Wilhelm in Versailles lebhaft bedauert habe, den Bundesgenossen von vor 50 Jahren nicht an seiner Seite zu haben. Ein Nationalökonom vom Fach versichert, Frankreich werde nach dein Kriege immer noch wenigstens noch einmal so reich sein als Deutschland. Frankreich habe 60 Jahre früher als Deutschland den Grund und Boden (von Fcudallasten rc.) befreit und Gewerbe- freihcit eingesührt, — beides habe, von vielen andern Dingen abge sehen, seinen Nationalreichthum ungeheuer vermehrt. Der deutsche Krieg des Jahres 1870, der unsererseits mit so bescheidenen Erwartungen, nothgedrungen, aber mit frommem Ver trauen auf den endlichen Sieg der gerechten Sache, begonnen wurde, hat Erfolge aufzuwcisen, wie sie in der Weltgeschichte bisher noch nicht erreicht worden sind. An die Gefangennchmung der Mac Mahon'schen Armee mit dem bisherigen Oberhaupte der französischen Nation bei Sedan, an die Einnahme von Straßburg, am 27. September, wodurch ein alter Schandfleck am deutschen Namen aus gelöscht, alter Frevel aus's Herrlichste gesühnt würde, hat sich in rascher Folge die Kapitulation von Metz gereiht. Metz ist ge fallen, die jungfränliche, von der Hunneuzeit bis auf die Gegenwart unerobcrte Festung, welche im Jahre 1444 von französischen Heeres- Haufen fruchtlos belagert wurde, welche, als sic im Jahre 1552 von König Heinrich II. von Frankreich durch Trug und Hinterlist dem deutschen Reiche entrissen worden war, Kaiser Karl V. im folgenden Jahre durch die Gewalt der Waffen wieder zu gewinnen vergebens sich abgemüht hatte. Nach fünf großen Schlachten und Gefechten, nach zahllosen kleineren Kämpfen, nach fast beispiellosen Mühsalen und Entbehrungen, zumal bei der schon weit vorgerückten Herbst lichen Jahreszeit, ist das mächtigste Bollwerk unseres Erbfeindes nach- nur 70tägiger, aber freilich mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit ausgeführtcr Einschließung, in deutsche Hände zurückgefallen. Die Kerntruppen des wälschen Heeres, die gefeiertsten Führer der gallischen Nation haben sich in Gefangenschaft begeben, eine Hecresmacht von noch 173,000 Mann hat die Waffen strecken müssen. Einer der