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2' Streiter gegenüber gestanden. Derselben zunächst konunen Sedan mit 210,000 Deutschen gegen 150,000 Franzosen, und die dritte Schlacht bei Orleans mit 100,000 bis 120,000 Deutschen gegen 200,000 bis 240,000 Franzose». Am ungleichartigsten hat sich das Zahlenverhältniß bei Mars la Tour (Vivnville) und Belfort herausgestellt, wo in ersterer Schlacht von 8 Uhr Morgens bis gegen 4 Uhr Nachmittags höchstens 45,000 Preußen gleich vom Anfang an wider 160,000 und schon gegen Mittag fast 200,000 Franzosen gekämpft haben, während vor Belfort höchstens 30—36,000 Preußen und Badenser 90—120,000 Feinden die Stirne bieten mußten. Auch für Bapaume stellt sich nahezu ein ähnliches Zahlenverhältniß. Die größten Verluste deutscher- wie französischerseits weisen die drei Schlachten vor Metz (Pange, Mars la Tour und Gravclotte) aus und können namentlich dem riesigen Verlust der zweitangeführten Schlacht, der sich auf deutscher Seite allem auf gegen 600 Offiziere und über 17,000 Mann berechnet, von allen Schlachten dieses und dcS vorigen Jahrhunderts höchstens nur die Erstürmung von Planchenoit in der Schlacht bei Waterloo, Boro dino, Ehlau und Zorndorf zur Seite gesetzt werden. Es treten zu diesen Schlachten noch 49 zum Theil ebenfalls schlachtenähnliche Treffen und Gefechte und zwanzig bis zur Capitu- lation durchgeführte Belagerungen, darunter die von Paris, der ersten Festung der Welt, und die der beiden Waffenplätze ersten Ranges, Metz und Straßburg. Wirklich belagert ist gegenwärtig nur noch Belfort, zcrnirt ist Bitsch, blvkirt und beobachtet find Maubeuge, Givet und Cambrai. Zu den Trophäen findet sich mit der jetzt erst begonnenen Veröffentlichung der Detailnachrichten als erstes genommenes feindliches Feldzeichen eine bei Weißenburg von dem Füsilier Hirsch des hessischen Füsilier-Regiments Nr. 80 im Kampfe Mann wider Mann erbeutete Balaillonsfahn« des 1. Turco- Regiments aufgeführt. Eben dort ist in Weißenburg selbst auch noch eine zweite Balaillonsfahne desselben Regiments und von dem 5. Jäger-Bataillon die erste feindliche Kanone erbeutet worden. (Kiel. Z.) Ein Bild der Größe der geforderten Kriegskosten von vier Milliarden. 1. Sollte diese Summe in preußischen Thalern (in Silber) aus gezahlt und mit Pferden fortgefahren werden, so gehörten, wenn 1 Pferd 25 Ctr. zieht und 180 Thlr. ungefähr 7 Pfund wiegen, 62,220 Pferde dazu, da die ganze Summe eine Last von 1,555,555 Ctr. repräsentirt. 2. Käme diese Summe in Tresorscheinen st 1 Thlr. zur Aus zahlung und 660 Thlr. 1 Pfund wiegen, so gehörten unter obigen Voraussetzungen 2424 Pferde dazu, da die Last 60,606 Ctr. beträgt. 3. Legt man obige Summe in preußischen Thalern übereinander, so geben sie, da zu 1 Fuß Höhe 114 Thlr. gehören, eine Linie von 35,087,719 Fuß. Wenn unser Thurm 150 Fuß hoch ist, so kann man also mit obiger Summe 233,918 solche Thurmhöhen bauen, oder 70,884 Höhen gleich dem Straßburger Münster. Brächte man sie iu eilre Nolle, sy würde dieselbe 1754 deutsche Meilen lang, eine Lime ungefähr von Gotha bis Mexiko. 4. Legt man diese Summe in preußischen Thalern nebeneinander in «ine Lime, so bilden sie eine solche, da 60 Thlr. 7 Fuß lang sind, von 466,666,667 Fuß ober 23,333 deutsche Meilen, d. i. eine Linie, welche 4 Mal um unsere Erde reicht und noch von Gotha aus circa 45 Meilen über Mexiko hinaus oder vom raspischcn Meere bis New-Jork. 5. Dies« Summe in Tresorschkinen st 25 Thlr. in eine Linie gelegt, giebt eine Länge, da 160,000,000 Stück erforderlich sind, von 4000 Meilen. 6. Zählt Frankreich 36,000,000 Einwohner, so trägt cs auf jede Person 111 Thlr.; auf unser Pferdingsleben also 44,400 Thlr. 7. Um diese Summe in preußischen Thalern zu zählen, ist, wenn man in jeder Minute 100 Thaler und Tag für Tag 16 Stunden zählt, eine Zeit erforderlich von 114 Jahren 8 Wochen. 8. Wenn zu einer Schachtruthe gothaischen BaumaßeS 1,641,600 Thlr. gehören, so kann man aus obiger Summe von 4 Milliarden 2436'/, Schachtruthen bilden. (Goth. Tagebl.) Eine Moosthee Geschichte. Kriminalnovelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Der Graf fuhr, ohne sich stören zu lassen, fort: „Es war eine köstliche Stunde, mir war's so traut, so gemüthlich bei diesen zwei Menschen, wie noch nie; ein rechter Frieden überkam mich, als sei ich jetzt im Hafen und unter Herzen, die endlich das heiße Sehnen meiner Brust stillen würden. Ich erzählte von meinen Reisen, von Afrika's heißem Wüstensande, von den Palmenwäldern und der Sonne der Tropen, und fühlte zum ersten Mal das Behagen, das Erzählen überstandener Abenteuer gewährt, wenn freundlich theil nehmende Herzen unsern Worten lauschen; und als ich schied, da waren wir drei Menschen so vertraut mit einander geworden, als hätten wir uns jahrelang gesehen, und unter warmem Händedruck und dem Versprechen des Widerkommens schied ich von der gast freundlichen Hütte, das Bild jenes Zauberkindes im Herzen tragend, das mitten unter cisbedeckten Klippen wie ein Schneeglöckchen rein und lächelnd ausgewachsen. „Ihr könnt euch denken, daß meine naturwissenschaftlichen Forschungen mich in die Nähe der Hütte fesselten; ich nahm im nächsten Dorfe mein Quartier und besuchte täglich mein lichtes Zauberkind, bas immer neue Reize, in unschuldigster Natürlichkeit, vor mir entfaltete. Sie begleitete mich oft ein Stück des Weges auf dem Heimgange, und dann zögerten ost unsere Schritte, dann blickten wir mit einander auf das Meer, das seine schäumende Brandung an die Klippen schickte, und ich horchte ihrem kindischen Plaudern, ihren Phantasien, wie sie sich von ihrer düstern Felsen klippe aus die übrige blühende Welt ausgemalt. Und wenn ich sie srug, ob sie nicht eine rechte Sehnsucht habe nach all' den Wundern, die dort hinter dem Meere ruhten, schüttelte sie den schönen Locken- kopf und meinte: „Nein, nein; die Mutter hat gesagt, dahinter ist nur eine arge, böse Welt und auf unserer stillen Insel allein rechter Friede." „Und wie hast Du Dir diese Welt ausmalen können?" frug ich. „Durch gar hübsche Bücher, die mir die Mutter mitgebracht," war ihre Antwort. „Es lag ein so kindlich-träumerisches, reiches Fühlen in ihrem Herzen, daß ich mit jedem Tage mich inniger an sie gefesselt fühlte und keinen andern Wunsch kannte, als in ihrer Nähe zu weilen. „Eines Nachts weckte mich mein gutmüthiger Wirth, um ein prachtvolles Nordlicht anzuschauen, wie es selbst auf dieser Insel in solcher Pracht selten erscheine. Aber es war auch ein wunderbarer Anblick, wie sich diese dunklen Feuergarben über die eisigen Berge weglegten und sie mit dem trügerisch-schönsten Roth der Jugend um glühten. Diese dunkle Rölhe war sonnenhaft, und doch fehlte ihr alles Mildverklärte, es lag etwas Wildes, Phantastisches, Himmel stürmendes darin, das, statt wie die Sonne Segen zu bringen, wenn cs gekonnt, lieber verzehren und vernichten wollte. „Ich ging zur Hütte Elva's, um die beiden Frauen auf dieses wunderbare Schauspiel aufmerksam zu machen; aber Elva stand be reits auf der Klippe und eilte mir freudig entgegen, indem sie sagte: „Sieh, das ist wunderbar schön; wie gut, daß Du cs noch siehst!" Sie lehnte sich an meine Schulter und wir blickten, in tiefes Schweigen versunken, auf das wunderbar großartige Farbenspiel.— Es war ein seliger Moment, dort — die Natur in einem Aufwande ihrer lieblichsten Zauberkraft, hier — ein zartes, liebendes Frauen herz, das sich zum ersten Male innig an mich schmiegte. Der Wieder schein des Nordlichts umfloß das zauberische Kind so mild und sanst, daß sie im Aether zu stehen schien. Und diese süßen, blauen Augen, die in voller Innigkeit zu mir hinauf schauten!" Der Graf fuhr, sich vergessend fort: „O, Du bist ein Engel; ich liebe Dich mit meiner ganzen Seele, Du allein hauchst mit warmen Zauberlippen die starre Rinde von meinem Herzen!" Er streckte, ganz in seine Träume verloren, die Arme aus, als könne er das süße, liebliche Traumbild noch einmal an seine Brust schließen, und uns Allen zuckle cs wehmürbig durchs Herz, als er aus seinen Träumen erwachte, und sein Auge wieder die Außenwelt und uns gewahrte. Er schlug die Hände' über das Gesicht und schwieg geraume Zeil. Wir sahen, wie heiße, dicke Thränentropsen zwischen seine» Kargern hindurchliefen, und wagten den von seinen schmerzlichen Erinnerungen überwältigten Freund nicht zu stören. Erst nach einiger Zeil raffte sich der Graf wieder auf und be gann von Neuem: „Ja diese Nacht war die schönste, glockenreinste meines Lebens. Ich habe in himmlisch-süßen Achemzügen Las Glück der ersten Liebe gekostet, und die Erinnerung daran ist wie ein wogendes Meer, das alle Tiefen meines Herzens durchwühlt. Sie flüsterte mir dann beim Scheiden zu: „Sieh, von diesem herrlichen Nordlicht kannst Du auch in deiner Heimath erzählen, das haben gewiß Wenige gesehen." „Und noch Wenigere Dich, Du feenhaftes, wunderlicbliches Kind," entgegnete ich und drückte zum Scheiden einen Kuß auf ihre Lippen. „Ich ging am andern Morgen früh zur Matrone, um um Elva's Hand zu werben. Elva erröthete, als sie mich kommen sah, und als ich sie frug, wie sie geschlafen, da gab sie mir doch ohne scheues Zögern zur Antwort: „Himmlisch süß." „Ich wollte Elva's Mutter die ganze Gefühlsinnigkeit meiner Liebe hervorhebcn und darum meine trübe, liebcarme Jugend schildern und begann von dem Leben im Schlosse, von meinen Streifereien an der Küste, und mich ganz in jene Zeit versetzend, beschrieb ich lebhaft die Gegend. „Sonderbar," bemerkte die Matrone nachdenklich, „wie Deine Schilderung alte, schmerzliche Erinnerungen weckt! Ein solches Dorf hab' auch ich gekannt, darin gelebt," und über ihr ohnehin schmerz durchfurchtes Antlitz zog eine düstere Kummerwolke. Sie hatte längst mein Interesse für ihre Tochter bemerkt, und diese hatte in ihrer kindlichen Unschuld von dem in ihrem Herzen aufperlenden Gefühl kein Hehl gemacht, so daß es die Matrone zu erleichtern schien, endlich einem Freunde das dunkle Gemälde der Vergangenheit auszurollen. „Ich habe an der Seeküste meine Kindheit verlebt und war die einzige Tochter des Predigers im Dorfe," begann sie zu erzählen; „mein Vater stand bei der gräflichen Familie gut und mußte dem jungen Grafen Unterricht geben. Ich kam dadurch mit ihm in Be rührung und frühe schon erwachte in unsern Herzen eine Neigung, die mit de» Jahren sich zur ernstesten Liebe entwickeln sollte. Der