Volltext Seite (XML)
Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 23. Dienstag den 29. Närz 187«. Tagesgeschichte. In Verfolg eines ständischen Antrags bat das Ministerium des Innern die Gerichtsämter anderweit anweisen lasten, es sich ange legen lasten zu sein, daß die Landgemeinden von der Ermächtigung, die denselben durch das Gesetz vom 12. Juli 1864 ertheilt worden ist, in möglichst weitem Umfange Gebrauch machen, und daher durch ihre eigenen Organe der Leitung der Gemeindewahlen sich unter ziehen. Die Dr. N. berichten: Besser kann es Wohl einem Waidmann nicht glücken, als wenn ihm ein stattliches Wild bis vvrs Haus und somit direct vor den Schuß kommt. Am Donnerstag zeigte sich in Kesselsdorf ein stattlicher Hirsch mitten im Dorfe, der sich wahr scheinlich aus Hunger dahin verlaufen. Als dies der Gastwirth, Herr Berthold in Kcsselsdorf, von der lebendig gewordenen Dorfschaft Hörle, eilte er, da die Gegend zufällig sein Jagdrevier ist, mit der Büchse herbei und that ohne alle Mühe einen sicheren Schuß und transportirtc das erlegte Thier triumphirend in seine Behausung. Im Laufe des nächsten Monats, wahrscheinlich am SO. oder 25. April, findet in Dresden, wie schon erwähnt, das 200jährige Ju biläum des Leib-Grenadier-Regiments statt. Dem Vernehmen nach wird Tags zuvor die Festlichkeit im Großen Garten durch Aufführung von Wallensteins Lager (im Resmüller'schen Sommertheater) seitens der Unteroffiziere des Regiments eingeleitet. Am Festtage ist zunächst Gottesdienst, dann große Parade und soll das gesammte Regiment im Kasernenhvfe zu Neustadt gemeinschaftliche Mittagstafel halten. Abends Illumination und Ball. Außer der k. sächs. Familie ist auch dcr Bundesoberfcldhcrr, König Wilhelm, zum Fest eingeladen worden. Das „L. T." berichtet: Der noch nicht 11jährige Sohn des Ci- garrmarbeitcrS Thomas in Großzschochcr bei Leipzig besuchte am 23. d. M. den Pflcgesohn des dortigen Gastwirths, seinen Schul kameraden. Letzterer wollte sich seinem Gast dadurch verbinden, daß er ihn mit Malakoff tractirte, den er allem Vermuthen nach sich heimlich zu verschaffen gewußt. Der Knabe halte aber von dem Ge tränk in so großer Menge genossen, daß er gegen Abend fast leblos in das Haus der Eltern getragen werden müßte und am Morgen des folgenden Tages, dem Vernehmen nach lediglich in Folge des übermäßigen Genusses, gestorben ist. Die „Leipz. Nachr." berichten: Bezüglich einer kürzlich gebrach ten Mitthcilung, daß auf der Bahn von Leipzig bis Frankfurt a. M. aus einem Neisekoffer Kleider und Wäsche entwendet seien und durch die Art und Weise des Diebstahls die Vermuthung nahe läge, daß derselbe von Bediensteten der Bahn verübt worden sein müsse, können wir aus bester Quelle heute weiter constatiren, daß infolge der angestellten Untersuchung durch die Umstcht der Frankfurter Po lizei auf der dortigen Hanauer Bahn eine ganze Diebesbande entdeckt worden ist, die seit längerer Zeit ungestört (!!) ihr Wesen trieb. Bis jetzt sind 8 Mann ausfindig gemacht, säinmtlich Bedienstete der ge nannten Bahn, bei denen sich eine große Anzahl gestohlener Effecten und Werthsachcn vorfand. Ein Faß mit Silbergeld, welches jüngst in frechster Weise von dem Güterbvden dortigen Bahnhofes gestoh len wurde, veranlaßte energische Recherchen und Haussuchungen, welche denn obiges Resultat ergaben. Der „C. Z." berichtet man: Mehrere Blätter haben in demon strativer Weise gemeldet, daß der Gerichtsamtmann Zumpe in Stoll berg eine Verordnung habe ergehen lassen, wonach alle Schenklokale m leinen, Amtsbezirke um 11 Uhr Nachts geschlossen werden sollen. Alan hat dies wie eine Art Pascha-Regiment hingestellt und es ist daher Pflicht, zu constatiren, daß der genannte Gerichtsamtmann in- fiscrn ganz unschuldig ist, als die dortigen Gemeindevertreter und ^Nsvorsteher selbst den diesfallsigen Antrag gestellt haben. Mit welchem Jubel wurden in Oestreich vor 2 Jahren die Bür- 8sr- und Doctoren-Minister begrüßt. Die Doctorcn konnten aber d'e schwere Krankheit Oesterreichs nicht heilen und das Ministerium, vas von Giskra den Namen hat, zerbröckelt langsam. Giskra sel ber hat vom Kaiser seine Entlassung erbeten und wird sie erhalten. Mit allgemeiner Spannung sieht man den Kammerverhandlun- D i". Mähern und Württemberg über das Militär entgegen. ^"Finanzausschüssen liegen Anträge vor, welche in die Stärke ick die Präsenzzeit und in die Organisation tief ein- l meiden und, wie man in Süddeutschland sagt, den Stier bei den -Vvrnern packen. In Bayern handelt es sich um Striche von 2 — 3 Millionen, in Württemberg um 500,000 fl. Die Kriegsminister bei der Staaten betheuern, cs sei nicht möglich, mit solchen Einschnitten iu die Militär-Budgets und die Heereseinrichtungen die Verträge mit Preußen aufrecht zu erhalten. Und darin liegt eine Bedeutung der betr. Verhandlungen, die weit über Bayern und Württemberg hinaus reicht. Es fehlt weder in Süddeutschland an Parteien, die auf Lö sung der Verträge, noch in Norddeutschland an solchen, die auf Kri sen in Süddeutschland speculiren. München, 22. März. Vom Bezirksgericht Schweinfurt wurde gestern das Urtheil gegen den Pfarrer Trunk von Bounach verkün digt. Derselbe wurde wegen gröbster Beleidigung und gemeinster Schmähung des Königs uud der Königin-Mutter zu 1 Jahr 6 Mo naten Gefängniß, zu erstehen auf einer Festung, verurtheilt. In Tours steht vor den Geschwornen Prinz Peter Bonaparte, angeklagt den Victor Noir freiwillig getödtet und an dessen Beglei ter Fonvielle einen Tödlungsversuch gemacht zu haben. Der Prinz bleibt dabei, er habe von Noir einen Schlag ins Gesicht erhalten und dann erst denselben erschossen, auch auf Fonvielle habe er ge schossen, weil dieser auf ihn zu schießen gedroht und versucht habe. Auf Vorhalt des Präsidenten erklärt er, daß er immer eine geladene Pistole bei sich trage, bei dem betr. Vorfälle habe er sie in der Ho sentasche und nach seiner Gewohnheit aucb die Hände in den Taschen (also auf der Pistole) gehabt. In seinem Hause bedroht, habe er nur von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und Nothwehr geübt, — Fonvielle bleibt ebenfalls bei seinen früheren Angaben. Der Prinz, sagt er, habe nach einem kurzen Wortwechsel Victor Noir eine Ohrfeige gegeben und dann einige Schritte zurücktretend aus ihn geschossen. Noir sei lautlos zur Thür hinaus getaumelt und draußen todt zusammengebrochen; der Prinz habe dann auch auf ihn, Fon vielle, geschossen, während er selber weder von seiner geladenen Pi stole, noch von seinem Stockdegen Gebrauch gemacht habe. — Der Leibarzt des Prinzen bezeugt, daß er die von der Ohrfeige ange schwollene und geröthete Backe des Prinzen untersucht habe, ein zwei ter Arzt will eine halbe Stunde nach dem Auftritt keine Spur eines Schlages bemerkt haben. Zeuge Rentier Natal sagt aus, er habe Fonvielle sagen hören, der Prinz habe einen Schlag ins Gesicht er halten. Fonvielle bestreitet diese Behauptung. Journalist Wachter sagt aus, Fonvielle habe in seiner des Zeugen Gegenwart geäußert, die Verläumdung sei eine Waffe, von welcher man gegen politische Gegner Gebrauch machen dürfe. Mehre Zeugen erklären, Fonvielle habe nur von einer Handbewegung Noirs (nicht von einer Ohrfeige) gesprochen. Kann ein hinfälliger Mensch jemals unfehlbar sein? Motto: Man gräbt, bis man endlich sein Grab sich gräbt." Es ist eine verderbenschwangere Vorbedeutung, die gegenwärtig über dem päpstlichen Vatican zu Rom schwebt. Frankreich und Oestreich waren bis jetzt jene Staaten, welche die sträfliche Herrsch sucht des römischen Klerus in unzähliger Hinsicht begünstigten und nun haben die ersten Minister jener Staaten, Reichskanzler Beust und Graf Daru, in Nom durch ihre Gesandten Erklärungen abgeben lassen, dahin lautend, daß etwaige Veröffentlichung von Concilbe- schlüssen, welche mit den Bundesgesetzen im Widerspruche ständen, als strafbare Handlung von ihnen verfolgt werden würde. Die französische und österreichische Regierung stützen sich dabei auf die Kirchenfürsten des eigenen Landes, welche in Rom die Opposition bilden und gegen das Unfehlbarkeitsdogma, von dem sie, wenn es je zu Stande kommen sollte, nichts Gutes für sich selbst erblicken, Front machen. — Freilich wissen die maßgebenden Persönlichkeiten in Pa ris und Wien nur zu gut, daß sich die Herren vom Concil durch ihren Einspruch wenig irre führen lassen. Wie einst Pontius Pila- lams ziehen sie ihren Kopf aus der Schlinge und stellen die Folgen eines derartigen Concilbcschlusses dem Papste selbst anheim. Nach dem Kirchen- (kanonischen) Rechte ist der Papst allerdings Gott-La ter in Person; er besitzt Allwissenheit und steht hoch über allem po sitiven menschlichen Rechte da. Allein der gesunde Menschenverstand sträubt sich dagegen, das verrostete und vonherrschsüchtigen Geistern er fundene kanonische Recht zum Lehrsatz erhoben zu sehen. Und weil