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So gelangten sie in das Parterre eines einst sehr vornehm gewe senen Hauses, dessen Glanz jetzt aber unter einer vieljährigen Staub und Spinnenwebenschicht erblichen war, um keine Auferstehung mehr zu feiern. Man meinte noch immer in den Katakomben zu fein, so öde und todtenstill war es hier, als wenn da nie eines Lebenden Fuß gewandelt hätte. Riston führte seine Freunde nach einem Zimmer, dessen dicht verhangene Fenster auf den von hohen Mauern umhegten Hof gingen. Auch hier war Alles vergilbt, verblichen und mit Spinnenweben überzogen; aber eS machte doch den Eindruck des Wohnlichen, Behag. lichen. Antik geschnitzte Möbel standen in loser Ordnung umher; das Himmelbett war ein Prachtwerk in feiner Art; die Pilder an den Wänden hatten sämmtlich den düsteren Ton des Alters. Stellenweise hing die Tapete in Streifen von den Wänden herab. „Was sagen Sie nun zu meiner Wohnung?" fragte Riston. Er zündete eine Lampe und dann auch in dem offenen Kamin ein Feuer an. Die Freunde sprachen mit ihrer Zufriedenheit auch ihre Verwun derung aus, daß er so ungenirt hier Hausen könne. „O, sehr einfach", entgegnete Jener. „Ich hatte das stille Haus schon lange mit aufmerksamen Blicken betrachtet und immer die gleiche Beobachtung gemacht, daß Niemand darinnen sei. Ich erkundigte mich also und erhielt eine Erklärung, die zuerst den Wunsch, mich hier ein- zulogiren, in mir erweckte. Ich konnte nämlich Nichts weiter erfahren, als daß man es allgemein das öde Haus nannte, daß es seit vielen Jahren unbewohnt und nach allgemeiner Annahme auf Abbruch zu verkaufen fei. Das war nach meinem Geschmacke." „So Etwas kann natürlich nur in ganz großen Städten Vorkom men", fagte Duprat. „Aber es wundert mich, daß sie hier noch kei nen Besuch aus dem „Fuchsbau" empfangen haben." „Bah! Wer vermuthet solche Wohnlichkeit hinter diesen tristen Mauern und den immer geschlossenen grünen Fensterladen. Auch ich glaubte das Haus sei ganz leer, und so wird es wohl Allen hier gehen." Dryden legte eben seinen Oberrock ab, um zum Feuer zu treten, als er plötzlich erbleichend inne hielt. „Alle Wetter!" rief er, in seinen Taschen suchend. „Was ist denn das? Mein Portefeuille — ich habe es, bei Gott! — verloren!" „Verloren?" riefen Riston und Duprat mit dem gleichen Entsetzen. „Ja — ja, verloren — Hölle und Teufel!" „Dasselbe, welches Du gestern Abend in meinem Hause —" „Vollgepfropft mit falschen Banknoten!" rief Dryden verzweifelt. Riston warf einen erschreckten Blick auf den angeblichen Steiner. Dieser aber sagte zu seiner Verwunderung: „Sie entsetzten sich, Riston, ich auch. Ich weiß Alles. Aber wus ist nun zu thun? Wo meinst Du es denu verloren zu haben, Dryden?" „Bei der verd Kletterei natürlich!" rief dieser wüthend. „Daß mich auch der Teufel plagen mußte, Dich gerade heute nach dem „Fuchsbau" zu führen." „Doch keine Legitimation darin?" fragte Riston. „Ich weiß es im Augenblick nicht genau. Ich glaube nicht; bin sonst wenigstens sehr vorsichtig; aber — halt! Duprat!" Er rief den Namen im Tone des Entsetzens, und die gleiche Em pfindung malte sich seltsamer Weise bei Nennung dieses Namens auf dem Antlitz Riston's, was die anderen Beiden aber nicht bemerkten. „Was?" fragte Duprat mit versagender Stimme. Er ahnte nichts Gutes. ,Zch glaube — ich fürchte —" „Was?!" „Das ich das Couvert des Briefes, welchen Du mir zu Lesen gabst —" „Doch nicht ins Portefeuille gesteckt hast?" vollendete Duprat. „Ich — weiß es nicht gewiß." „Nicht wissen — fürchten — glauben — nicht wissen!" raste Duprat. „Mensch, so besinne Dich doch! Meine Existenz steht ja auf dem Spiele; unser ganzer köstlicher Plan zerfällt in Nichts. Wir sind Verbrecher, wenn das Couvert im Portefeuille steckt. Es trägt meinen Namen. Und wenn ich heran sollte —" „So würdest Du uns preisgeben?" Duprat lachte wild auf. „Warum sollte ich Dich schonen", entgegnete er, „durch dessen Unvorsichtigkeit —" Dryden, durch die verzweifelte Lage zu einem kühnen Entschlusse gedrängt, griff blitzschnell nach einem auf dem Tisch liegenden großen Messer, welches er seinem Freunde von rückwärts in den Nacken stoßen wollte. Aber Riston's Arm fuhr dazwischen und entwaffnet ihn. „Halt! Keinen Mord hier!" zischte Dieser. „Was? Mord?" schrie Duprat, sich wendend. „Wer — wer wollte ha! Dryden — Du wolltest Deinen Freund — ermor den ?" „Nicht meinen Freund", entgegnete Dryden voll ohnmächtiger Wuth. „Den Verräther wollte ich aus unserer Mitte bannen, den Strick zerschneiden, welchen Du in Gedanken schon um unsere Nacken gelegt hattest. Ich bin ein Faschmünzer und wie Riston hier zu jeder Rettungsthat bereit. Du aber bist ein Elender — ein Feigling, wel cher nicht den Muth hat, die Last seines Vergehens allein zu tragen." „Meines Vergehens?" knirschte Duprat. „Nennst Du es mein Vergehen, weil ich dumm genug war, mich von Dir beschwatzen und in dieses Geschäft wider meinen Willen hineinziehen zu lassen? Was hatte ich nöthig, Deine falschen Banknoten bei uns einzuschmuggeln?" „Was Du es nöthig hattest?" lachte Dryden heiser. „Das hast Du ja alle Tage vor Augen, wenn Du zwischen Deinen Wohnungen in der Promenadenstraße nnd auf den Pfahlweg hin und her gehst. Nicht Du, aber Deine grenzenlose Eitelkeit, Dein Hochmuth und Dün kel benöthigen eines solchen Mehraufwandes; und weil Du Deinen Chef noch nicht genug in Händen hattest, um ohne Scheu schon einen Griff in seine Kasse zu thun, griffst Du zu den falschen Banknoten, die Du ihm für die echten hinlegtest. Ich verhalf Dir zu dem Leben eines Viton; und zum Dank dafür willst Du mich vernichten?" „Ebenso antworte ich Dir", schrie Duprat; „ich verhalf Dir zu dem raschen Umsatz Deiner fatschen Scheine. Und dafür willst Du mich tödten? Tritt mir offen entgegen, und dann will ich mit Dir ringen auf Tod und Leben. Von hinterrücks trifft nur der Meuchel mörder/^ Dryden machte eine Bewegung gegen Duprut, aber Riston stieß ihn zurück. In seinen alten Armen wohnte eine Kraft, die ihre ver einten Kräfte noch mächtig überragte. „Keinen Kampf, sage ich!" donnerte er. „Ich will kein Blutver gießen hier." Dryden war unsanft zur Wand geflogen; er rieb sich die wunde Stelle. „Wenn nicht hier, dann wo anders", knirschte er. „Den Verräther ereilt man überall." Duprat versuchte zwar zu lachen, aber es wollte ihm nicht gelin- gen. Er vermochte den bösen Blick Dryden's nicht zu ertragen. Zwischen Beiden stand jetzt hoch aufgerichtet Riston, nach jedem der Combattanten einen seiner gewaltigen Arme ausstreckend. „Jetzt Ruhe im Sturm!" sagte er. „Wir sind einer Gefahr mit knapper Noth entronnen, wir wollen uns in eine zweite nicht leicht sinnig stürzen. Noch ist nicht erwiesen, daß das Couvert mit Du- prat's Adresse im Portefeuille sich befindet, und noch steht Duprat nicht vor seinen Richtern." „Er will uns aber verrathen", beharrte Dryden trotzig. „Und Sie, der Sie im Begriff standen, einen Menschen vom Dach zu schleu dern, weil er Sie zur Strafe bringen wollte, sollten hier nicht zögern, einen falschen Bundesgenossen niederzustoßen, um sich vor dem glei chen Schicksal zu bewahren." „Duprat hat das in der Erregung gesprochen", sagte begütigend Riston; „ich glaube dennoch nicht, daß er uns verrathen würde." „Denke ja nicht daran", bestätigte Dieser, obwohl er bei sich das- gerade Gegentheil dachte. Er erkannte nur, daß er sich hier in einer sT Mausefalle befand und Ristons gute Meinung sich erhalten mußte, 'i wenn er sein Leben nicht verlieren wollte. (Fortsetzung folgt.) Am Sonntag den 20. Dezember Nachm. 3 Uhr fand eine allge- i meine Wählerversammlung für die Wähler im 17. Landtagswahlkreise s im Hotel zum Adler in Wilsdruff statt, veranstaltet vom conserva- s tiven Verein zu Wilsdruff. Zweck der Versammlung war, daß sich Herr Rittergutspachter Horst von Rothschönberg als Bewerber um das erledigte Mandat den Wählern vorstellen und ihnen sein Programm entwickeln wollte. Es hatte sich eine große Anzahl (bedeutend über 100) Zuhörer eingefunden und nachdem Herr von Schönberg-Pötting als Vorsitzender des conf. Vereins die Versammlung eröffnet und die Einladung be gründet hatte, gab er Herrn Horst das Wort, der dann in einstün diger Rede trefflich die jetzigen politischen Gesichtspunkte entwickelte und seinen Standpunkt zu denselben klarlegte. Im Anfang erklärte er die Ziele der conservativen Partei und schilderte überzeugend, daß die jetzige conservative Partei nicht etwa rückwärts schreitende Ziele verfolge, sondern einem langsamen gemäßig ten Fortschritt auf gesunder Basis huldige, daß neben der Treue zum angestammten Herrscherhaus recht wohl die Treue zum deutschen Reiche noch Platz finde und nothwendig wäre. Nachdem sich der Redner weiter über seine Stellung zur Reichs politik, über Schutzzölle, Vagabondenfrage, Krankenkassen-und Unfall versicherungsgesetze ausgesprochen hatte, wobei man erkannte, daß ein warmes Herz für die Landwirthschaft und den Arbeiterstand in ihm schlägt, ging er schließlich auf die Vorlagen über, die den jetzt zusammengetretenen Landtag beschäftigen. Auch hier ließ er nicht den geringsten Zweifel über feine persön liche Ansicht zu den verschiedensten Fragen aufkommen, berührte unter Anderen mit die Rückgabe der halben Grundsteuer an die Gemeinden zu Schulzwecken und zuletzt die Bahnfrage, die ja in der südlichen Ge gend unsres Wahlbezirkes eine Lebensfrage ist. Herrn Horsts Auf fassung über diese Angelegenheit, der die Bahn Wilsdruff-Mohorn- Nossen als unbedingt wünschenswerth hinstellte, fand allgemeine Be friedigung, ebenso die Erklärung, daß die Strecke im Anfang von Wilsdruff nach Chausseehaus Limbach führen möge, um die westliche Seite des Amtsgerichtsbezirk Wilsdruff aufzuschließen. Nachdem noch eine kleine Discussion stattgefunden, gab man auf Antrag eines Herrn aus der Versammlung Herrn Horst durch allge meines Erheben von den Sitzen einstimmig das Votum ab, für seine Wahl einzutreten, zu wirken und ihn wählen zu wollen. Ausliegende Wahlaufrufe für Herrn Horst wurden sofort vou fämmtlichen Wahlberechtigten unterschrieben. Zuletzt gab man Herrn Horst zu seinen ferneren Schritten, zur bevorstehenden Wahl und zu feinem zu erhoffenden Eintritt in die Kammer die Glück- und Segenswünsche der Versammlung mit, indem man ihm ein brausendes Hurrah zurief. Nlüdvllulrrik Mvissvn, Fleischergasse 2S8, empfiehlt sein großes Lager stylgerechter, moderner und nur selbst gefertigter Tischler- und Molftermobel aller Art in solider und geschmackvoller Ausführung und hält vollständige Ausstat tungen in ächt imitirt und gemalt stets am Lager. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Freitag, den 25. Dezember, als am 1. Weihnachtsfeiertag Vor mittags predigt Herr ?. vr. Wahl. Nachmittags 5 Uhr Vesper- gottesdienst. Sonnabend, den 26. Dezember, als am 2. Weihnachtsfeiertag, Vormittags predigt Herr k. vr. Wahl. Nach dem 2. Einlauten Beichte und nach der Predigt heiliges Abendmahl. Am 1. Feiertage nach dem Vespergottesdienst und am 2. Feier tage nach dem Vormittagsgottesdienst Eolleete für de« Heiz- ungSsond unsrer «Kirche. Sonntag nach Weihnachten predigt Herr Student Lindner aus Penig. Kirchenmusik. 1. Weihnachtsfeiertag: Weihnachts-Cantate von E. Schönfelder. „Wie können wir" rc. 2. Weihnachtsfeiertag: Cantate: „Dies ist der Tag" rc. von A. Bergt. «, I. Lt., LS. Usanck an >«»«», /strt von LS 8ovt«n. — A°e»n>evr«<Hn»6 Fvat», />aneo. Noggenstroh, Flegeldrufch und Maschinendrusch, kauft stets die Strohstofffabrik im Kötitzer Tännicht bei Coswig i. S. 0. (A. LaUsr-v. kaust ^um höchsten Preis VU)lUU)lMlvc Bruno Ehrlich, D-ube«.