Volltext Seite (XML)
»13 durch Unglück denkwürdig ist, auch den letzten schwachen Schimmer seiner Nationalität crblei. chen sicht, ohne Hoffnung, ohne Aussicht, den matt glimmenden Funken je wieder zur hell lo dernden Flamme anzufachen. Vergebens hat das Herzblut vieler Tausende den hcimathlichen Bo den gedüngt, daß eine reiche Saat daraus cm- porsprosse. Vergebens wandten die Söhne Polens ihre Blicke verlangend nach Westen, nahe Hülfe erwartend, wohl trank in durstigen Zügen die vaterländische Erde das Blut seiner Kinder, doch statt der gehofften Saat entkeimte ihr nur üppi ges Unkraut; wohl wogten die Wellen der Weich sel im rochen Widerschein dahin, doch führen seine Fluchen noch immer kein freies Fahrzeug dem Meere zu; wohl tönte der Angstruf im We- sien Europa's als Echo nach, doch nur die ver, mundeten und verbannten Krieger des aufgelösten Heeres durfte es aufnehmen in seinem Schosste, es wagen, im freudenlosen Exil einen Tropfen lindernden Balsam in das wunde Herz ihnen zu träufeln. — So ist es denn gekommen, daß der nordische Riese seinen großen Plan, Polen dem russischen Reiche ganz und auf immer cinzuver- leiben, ungestört verfolgen tonnte. Daß es iu dieser ihm geläufigen Kunst gewaltige Fortschritte gemacht und seinem Ziele immer näher gekommen, wer möchte das laugnen? Die Art und Weise, wie Rußland dabei verfahren, Haden wir schon in frühern Nummern d. Bl., auf welche wir verweisen, zu zeigen versucht. Diesmal möge folgende, der Königsberger Zeitung entlehnte Thalsache den Beweis für unsere eben auüge. sprochene Ansicht liefern und zeigen, w>e das Cabinet von St. Petersburg auf alle Weise das Nationalgcfühl der Polen zu untergraben begon nen. Es handelt sich dabei um nichts Geringe- res, als den Polen wo möglich die Erinnerung an einen seiner größten Männer, seiner gefeiert sten Helden zu nehmen. Der erwähnte Artikel lautet also: „Die Theilnahme für einen der edelsten Hel- den ihres Vaterlandes Halle unkcr den Polen den lebhaften Wunsch rege gemacht, dem Für- stell Joseph Poniatowski ein seiner würdiges Denkmal in Warschau enichtetzu sehen. Mil Leich tigkeit waren durch Unterzeichnung die Miete! dazu herbeigeschafft. Thorwaldsen lieferee das Modell, welches lange Zeit eine Zierde der be deutenden Sammlung von Gipsabgüssen bildete, die sich in Warschau befindet. Wahrend der Vorbereitungen zum Gusse brach der polnische Aufstand aus und hemmte für einige Zeit lang die Fortsetzung der Arbeiten. Endlich» etwa zwei Jahre später, war das Werk, eine bronzene Rei- terbildsäule in römischer Tracht, vollendet. Da ergeht von Petersburg der Befehl, die Statue dürfe nicht in Warschau ausgestellt, solle vielmehr nach Rußland deportirt werden, und schon wird auch die Mauer des Gießhofes nicdergerissen und der Entwurf zu einem riesigen Schlitten ge macht, um die gewaltige Last bei cintretender Echncebahn dem polnischen Boden zu entführen. Die Theilnehmer an der Unterzeichnung sehen . kein anderes Mittel, sich das Heldenbild zu er halten, als daß die mit 2000 Ducaten dabei bclheiligte Gräfin TySzkiewicz, eine Schwester des Fürsten Joseph, im Namen der Andern Ein spruch gegen die Wegnahme des Kunstwerks wel ches ihr Pssvatcigenthum sei, einlegt. Hierge gen findet man in Petersburg ni.lts einzuwcn- den; in die Weitläufigkeiten eines gerichtlichen Verfahrens mag man sich nicht einigsten— man gibt nach: die Dssdsäule wird nicht nach Ruß- land abgcführt, sondern gleich an Ort und Stelle zerhackt und eingeschmolzen, das Modell Thorwald- sens aber in Stücke geschlagen! Der Einsender hörte dieses Gcschichtchen aus dem Munde eines hochgestellten, auch als Schriftsteller geachteten Mannes." Wenn man einem edlen Volke seine geschicht lichen Erinnerungen dadurch nimmt, daß man ihm nicht verstatlet, seinen um das Vaterland hoch, verdienten Männern äußere Zeichen der Liebe und Verehrung, Sinnbilder und Denkmäler, zu setzen, damit alle kommende Geschlechter mit Stolz auf die leuchtenden Vorbilder der aufopfernden Hingebung für das Wohl des Landes, das sie gebar, wie der stilleren Bürgcrtugend blicken und auch in ihnen der Wunsch zur Nacheiferung sich rege — dann tritt unverkennbar die Absicht hervor, cs zu den dunklcn Tagen der Bergan» genheit zurückzuführen, wo tiefe Nacht den Blick und Geist umflorte. — Wird aber Polen seinen Helden vergessen, weil sein ehernes Standbild nicht prangt in der Hauptstadt des ehemaligen Königreichs? Wahrlich nein, das wird es nicht! Schlummere ruhig fort in der Domkirche zu Krakau*) ritterlicher Fürst, dein Volk bewahrt die Erinnerung an dich tief im treuen Gedächtniß. Ob auch keine Thranc aus Polenaugen dein Standbild netzt und nur den Boden düngt, wo *) Poniatowski erhielt in der Völkerschlacht bei Leip zig am 19. Octobcr 1813 den Befehl, Len Rückzug LcS geschlagenen Franzosenheeres zu decken. Er sammelte da her seine Polen zu neuen Angriffen gegen Lie andrängen- Lcn Sieger. Schon waren diese in Len Vorstädten Leip zigs und hatten leichte Truppen aus das andere Ufer Ler Eister geworfen, als der Fürst mir einem nicht zahlreichen Gefolge an Lem Flusse ankam, über welchem Lie Brücke von den Franzosen gesprengt war. Der Augenblick dräng te; so ungünstig auch die steilen User zu einem liebergange waren, sprengte der Fürst doch ohne Zaudern mit seinem Pferde in Len Fluß, der Kofi und Mann verschlang. Dies geschah in der Gegend des japanischen Hauses in dem jetzigen Reichcnbachschcn Garten. Erst am 24. wur de der Leichnam aufgcfundcn, und am 26. mit den dem Range Les Verstorbenen angemessenen Ehren beigesetzt. Später wurde er einbalsamirt und nach Warschau geführt. Im Jahre 1816 erlaubte Kaiser Alexander, daß sein Leich nam in der Domkirche zu Krakau, wo die Könige und Helden Polens ruhen, beigeseßt werde.