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WmM, Nossen. Siebenlehn und die UmMuden. Imtsblutt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugs,Preis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Berlag von Marlin Berger m Wilsdruff. — Berantwortlich für die Redaktion H A. Berger daieUM. No. 76 Dienstag, den 30. Ium 18S6. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Artikel II 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt Seite 245 fg. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate Mai dies. Js. festgesetzte und um füuf vom Hundert erhöhte Vergütung für die'von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmannschaft im Monate In ui dies. Js. an Militärpferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt 7 Mk. 00,3 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 15 „ „ 50 ,, Heu, 2 „ 10 „ „ 50 „ Stroh. Meißen, am 25. Juni 1806. Königliche Amtshanptmannschaft. vsn Schroeter. Bekanntmachung. Sonnabend, den 11. Juli dss. Js., Bormittags S Uhr sind et im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesorduung ist aus dem Anschläge in hiesigen Hausflur zu ersehen. < Meißen, am 26. Juni 1896. Königliche Amtshanptmannschaft. von Soknoetvi'. Der Arbeiterschutz im Mckergewerbe. Am Mittwoch, den 1. Juli, treten die vom Bundeörathe "laflenen Bestimmungen über die neue Arbeitsordnung im Bäckerei- und Conditorei-Gewcrbe in Kraft, an welcher Maß- tkgel nicht nur das letztere selbst, sondern auch das Publikum 'n stjnen weitesten Kreisen interessirt erscheint. Denn kaum »übt es noch ein zweites Gewerbe, in welchem ein so inniger Zusammenhang zwischen Producenten und Konsumenten besteht, «iS eben dasjenige des Bäckers, und es ist darum zweifellos, die jetzt in die Praxis umzusctzenden Neuerungen der bundesräthlichen Verordnung sich mehr oder weniger auch bei dkl Kundschaft der Bäckereien und Konditoreien bemerklich Zachen werden. Und diese Neuerungen sind ziemlich einschneidender Natur. Die erwähnte Verordnung bestimmt, um ihre Haupt- p'Nlkte nochmals kurz wiederzugeben, daß die Gehilfen in Bäckereien "ud Konditoreien nicht länger als zwölf Stunden hintereinander beschäftigt werden dürfen, daß zwischen je zwei Arbeitsschichten E'Ue vollständige Ruhepause von mindestens acht Stunden zu Zähren ist und daß die Maximalarbeitszeit der Lehrlinge im Men Lernjahre zehn Stunden, vom zweiten Jahre ab elf stunden betragen solle. Entsprechend der letzteren Bestimmung Möhl sich demnach die den Lehrlingen zu gewährende Ruhe- ^Ae um zwei Stunden, resp. um eine Stunde. Vor den Mtagen und an zwanzig weiteren Tagen im Jahre, die der "Zeitgeber bestimmen kann, sind Ueberstunden gestattet, jedoch dann darf die ununterbrochene Ruhepause nicht unter acht ^"nden herabgehen. - Es ist ohne We'teres klar, daß die genannten Bestimmungen bisherigen Bäckereibetriebe durch die ausgesprochene weit ende Beschränkung der Arbeitszeit der Angestellten eine gliche Umwälzung herbeiführen müssen, deren Rückwirkungen, I^on angedeutet, auch das Publikum spüren wird. Im .^"HStage wie im preußischen Abgeordnetenhause haben be- '""Aich lebhafte und eingehende Debatten über die Bundes- Msvrrvrdnung betreffs des künftigen Maximalarbeitstages in ^ereien und Conditoreien stattgefunden, und dort wie hier We sich eine erhebliche Mehrheit gegen den Erlaß, dessen Zweckmäßigkeit von seinen Gegnern entschieden bestritten wurde. den Freunden der neuen Bäckerei-Verordnung ist zu deren Insten namentlich angeführt worden, daß dieselbe eine selbst- ^rständliche Folge der bisherigen Arbeit-rschutzgesetzgcbung sollte, gerade im Bäckereigewerbe herrsche eine bedenkliche Überanstrengung der Arbeiter, aus welcher Erscheinung sich wiederum andere Uebelstände ergäben, und es sei darum nur Pflicht der Regierung, endlich gegen die übermäßige Ar- k'iSzeit in einem der wichtigsten Gewerbe vorzugehen. An ^"d fffr sich nun wird gewiß jeder aufrichtige Arbeiterfreund " Bemühungen, auch die Lage der im Bäckerei- und Con- 'wreigewerbe beschäftigten Personen nach Möglichkeit zu erleichtern, 'I Sympathie begrüßen, aber gerade die neue Bäckerei-Ver- s°"ung muß trotz alledem ernste Bedenken erregen. Sicherlich iä^' Bäckereigewerbe Uebelstände, aber sie liegen Haupt buch in den großstädtischen Bäckereibelrieben, weit weniger . den mittel- und kleinstädtischen; anstatt dieselben alle über Komm zu schceren, wie es die bundeSräthliche Verordnung vnt. sie die Verschiedenheit der Verhältnisse in der Groß- . i-.stadt berücksichtigen müssen. Einstweilen läßt sich neuen Bestimmungen selbst nichts mehr dafür läßt sich jedoch in her Art ihrer Durchführung immerhin manches thun, um den Unternehmern im Bäckereibc- triebe die neue Ordnung der Dinge weniger empfindlich zu machen, anderseits würden viele Bäckermeister in ihrer Existenz- und Concurrenzfähigkeit geradezu bedroht sein. Tagesgeschichte. Der Reichstag beendete am Sonnabend die Speziolbe- rathung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zunächst ge langten die noch rcstirenden Bestimmungen über das Familien recht, von denen die Abschnitte von der Vaterschaft der unehe lichen Kinder und von der Vormundschaft die bemerkenswerthesten waren, zur Annahme; die betreffenden Paragraphen wurden meist nach den Commisstonsbeschlüssen angenommen. Die Bestimm ungen des fünften Buches, die Paragraphen 1898—2395 (Erbrecht) umfassend, wurden überhaupt durchweg unverändert in der Kvmmissionsfassung und unter Ablehnung sämmtlicher Abänderungsanträge genehmigt. Bei der nun folgenden Be- rathung des Einführungsgesetzes führte der Antrag der Sozial demokraten, einen besonderen Artikel einzufügen, in welchem die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verbot des Jn-Verbint- ung-Tretens der Vereine aufgehoben werde, zu einer langen und lebhaften Debatte. Reichskanzler Fürst Hohenlohe widersprach diesem Anträge entschieden, ausführend, daß diese« Verbot nächstens in den Einzelstaatcn jedenfalls außer Kraft gesetzt werden würde und daß zudem der Antrag nicht in das Bürger liche Gesetzbuch gehöre. Die Erklärung des Kanzlers wurde von den Rednern der Linken, den Abgeordneten Frohne (soz.), Haußmann (südd. Volksp.) und Stadthagen (soz.), bemängelt, während sich mit ihr die Abgeordneten Dr. Lieber (Zentr.), v. Stumm (Reichspartei), v. Manteuffel (kons.) und von Bennigsen (nat.-lib.) im Allgemeinen einverstanden erklärten. Hierbei entwickelte sich eine ziemlich scharfe persönliche Polemik zwischen Haußmann einerseits, v. Manteuffel und v. Stumm anderseits. Ersterer warf den beiden letzteren Herren vor, sie hätten Namens ihrer Fraktionen mit der Ablehnung des gesammten Gesetzbuches gedroht, wenn ein ihnen besonders mißliebiger Theil des sozialdemokratischen Antrages angenommen werden sollte, was diese bestritten. In der Abstimmung wurde der erwähnte Antrag abgelehnt und gelangte dann das Einführungsgesetz im Großen und Ganzen ebenfalls nach den Commisstonsbeschlüssen zur Annahme. Auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung vom Dienstag stehen die dritten Lesungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Margarine-Vorlage. Die Nachricht vom Rücktritte des preußischen Handels- ministers v. Berlepsch hat überraschend schnell ihre amtliche Bestätigung gefunden. Der „Reichs-und Staatsanzeiger* meldet in seiner Sonnabends-Nummer, daß das Entlassungsgesuch des Freiherrn von Berlepsch die allerhöchste Genehmigung er halten habe und daß zu seinem Nachfolger der bisherige Unter staatssekretär im Arbeitsministerium, Wirk!. Geh. Rath Bre- feld ernannt worden sei. Herr v. Berlepsch behält, wie dies bei scheidenden Ministern üblich, den Titel und Rang eines Staatsministers, eine Ordenöauszeichnung anläßlich seines Rück trittes ist ihm nlcht zu theil geworden, wenigstens meldet das amtliche Blatt davon nichts. Rücktritt des Reichskanzlers? In verschiedenen Berliner Blättern lesen wir: Das Bürgerliche Gesetzbuch wird nun bald im Hafen geborgen sein und der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe steht den lang und innig gehegten Wunsch, seine staatsmännische Laufbahn mit der Vollendung dieses großen ge. setzgeberischen Werkes abzuschließen, der Erfüllung nahe. Dann mögen jüngere Kräfte sich am Steuerruder des deutschen Etaats- schiffes versuchen; seine Arbeit ist redlich gethan und die „Ge sundheitsrücksichten* treten in ihre Rechte. Das vom Reichstag beschlossene Gesetz gegen den un lauteren Wettbewerb tritt mit diesem Mittwoch in Kraft; hoffentlich rechtfertigt dasselbe die Erwartungen, welche man in weiten Volkskreisen auf diese bedeutsame gesetzgeberische Neuerung setzt. Am 1. Juli tritt ferner die BundesrathL,Verordnung über die Einschränkung in der Arbeitszeit in den Bäckereien und Conditoreien in Kraft. Dos Reichsgericht zu Leipzig hat die vom Freiherrn v. Hammerstein gegen seine Verurtbeilung eingereichte Re vision verworsen. Hiermit ist das Urtheil des Berliner Land gerichts gegen Hammerstein, welches auf 3 Jahre Zuchthaus, 1500 Mark Geldstrafe und 5 Jahre Ehrverlust lautete, rechts kräftig geworden. Die Reisepläne desCzarenpaare- sind, soweit sie die Antrittsbesuche des Kaisers Nikolaus und seiner Ge mahlin an den Höfen von Berlin und Wien betreffen, dem Vernehmen nach jetzt festgestellt. Zuerst besucht das Kaiserpaar den Kaiser Franz Joseph, als den ältesten der Dreibundsmonarchen, und zwar im August, worauf die russischen Majestäten am 5. oder 6. September nach Berlin kommen. Allen st ein, 25. Juni. Von einem fürchterlichen Hagel wetter ist ein Landgebiet von sechzig Quadratkilometern bei Gilgen- drug heimgesucht worden. In den Dörfern Januschkau, Grie ben und Wansen wurde der Erdboden fußhoch von walnuß großen Schloßen bedeckt. Alle Feld- und Gartenfrüchte sind vernichtet. Die Dorfstraße in Wansen verwandelte sich in einen reißenden Gießbach, der Alles mit sich fortriß. Ein Blitzschlag äscherte auf dem Gute Tautschken mehrere Gebäude ein, ein Feuer zerstörte in Wangst sieben Wohngebäude, wodurch zehn Familien obdachlos wurden. Die englische Regierung wird im Oktober bedeutende Truppenverstärkungen, ca. 15 000 Mann, nach Egypten zur energischen Fortsetzung des Sudanfeldzuges schicken. Essen a. d. Ruhr, 26. Juni. Der Geheimrath Krupp spendete 600000 Mark für ein neues Krankenhaus in Essen. In Paris wurden in der Nacht zum Freitag an den Mauern einer Kaserne viele Zettel mit der Aufschrift angeschlagen: „Es lebe Victor Napoleon! Es lebe der Kaiser!* Auch in den Taschen mancher Soldaten wurden solche Zettel entdeckt. Gegen den neuen Schah von Persien ist ein Attentat versucht worden, der Schah blieb indessen unverletzt. Nähere Einzelheiten über den Vorgang fehlen noch, nur wird noch ge meldet, daß der sofort verhaftete Attentäter der Secte der Ba- Kisten angehört, also derselben Secte, welcher schon der Fanatiker entstammte, unter dessen Kugeln Schah Nassr Eddin sein Leben aushauchte. Es scheint demnach, als ob selbst die weitgreifendsten Gewaltmaßregeln der persischen Regierung das fanatische Treiben der Babisten nicht zu unterdrücken vermöchten. Vaterländisches. Wilsdruff. Am vergangenen Sonnabend wurde im Tännigtgrunde auf Niederwarthacr Flur ein in gänzlich verwestem Zustande befindlicher männlicher Leichnam aufgefunden. Das bei der Leiche gelegene Terzerol läßt mit Bestimmtheit darauf schließen, daß Selbstmord vorgelegen; der Name des I Mannes war nicht sestzustellen.