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WenM für Ms-mff Thllraniit, UoD, Menlkhn md die Umgesendkii. Donnerstag, den 11. Juni No. 68. 1896 Imlsölstt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Psg. pro dreigespaltene Corpuszeile. truct und Leila,> vvu Martin Berger m Wilsdruff. — VrranlwoNüch sür dre Redaktion H A. Berger La^by. Auf Antrag des Herrn Lnrt L)ttgs Ler-inan- Lie-ler in Wilsdruff soll das demselben gehörige, in hiesiger Stadt gelegene Hausgrundstück Folium 472 des Grund- und Hypothekenbuchs für Wilsdruff, Nr. 54 des Braudkatasters und Nr. 52 des Flurbuchs, welches 2,6 ar enthält, mit 96,0 Steuereinheiten belegt und mit 12660 Mark — Pf. bei der Jmmobiliarbrandversicherungskasse versichert ist, den 27. Ium ö Js. Vormittags 9 Uhr freiwilliger Weise an hiesiger Gerichtsstelle versteigert werden, was für Kanfsliebhaber mit dem Bemerken, daß die Veränßerungsbedingungen au hiesiger Gerichtsstelle zur Ein sicht bereit liegen, hierdurch bekannt gemacht wird. Königl. Amtsgericht Wilsdruff, den 19. Mai 1896. lln. 6sNZlO§^. Bekanntmachung. Mit Genehmigung der Kvnigl. Amtshauptmaunschaft Meißen wird der von Helbigs-srf nach der Dresden - Lreibergerstratze führende sogenannte Länge weg vom 15. bis 17. Juni wegen Masfenschutt gesperrt. Der Fährverkehr wird über Herzogswalde gewiesen. Herzogswalde, den 8. Juni 1896. Gem.-Vorst. Bekanntmachung. Mit Genehmigung der Königlichen Amtshauptmaunschaft wird infolge Maffenschüttung der Kommunikationsweg durch iLlvknnvLönbvrK vom 11. bis 1«. Juni d. I. für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Der Verkehr wird in genannter Zeit über Hühndorf-Weistropp verwiesen. Kleinschönberg, den 9. Juni 1896. Der Gemeinderath. Bekanntmachung. Mit Genehmigung der Königlichen Amtshauptmaunschaft Meißen werden die Wegestrecken vom HpritLvnkiuii» bis und von bis wegen Massenschüttung vom 15. bis 20. Juni gesperrt. Aller Fährverkehr wird über das Rittergut Nieder-Reinsberg bez. Städtchen verwiesen. Reinsberg, am 8. Juni 1896. Der Gemeinderath. Die Krönungsfeierlichkeiten in Moskau von Paul Liudenberg. (Nachdruck verboten.) XIII. Epilog. Moskau, 6. Juni. Hu Ende ist sie nun, die Reihe jener glanzvollen Fest lichkeiten, welche die Kaiserkrönung in ihrem Gefolge hatte, vor bei sind die Tage des rauschenden abwechselungsreichen Lebens, die zahllose Bilder voll Prunk und Farbenpracht entfaltet,n, zu denen sich unerwartet so viele grausigen und niederdrückenden Inhalts gesellten, jene Tage, die uns die höchste, scheinbar schrankenlose irdische Macht und Ohnmacht vor Augen führten und uns mit tiefen, unvergeßlichen, frohen wie ernsten Ein drücken erfüllten. Für uns Deutsche war der Schluß dieser drei Festwochen 6n ganz besonders sympathischer und warm nachklingender, weilten ww zuletzt doch inmitten der fremden Stadt und einer aus allen Weltgezcnden zusammenzeströmten Gesellschaft auf deutschem Boden, im Schatten der den Reichsadler tragenden ^warz-weiß-rothen Fahne, die so stolz und lustig uns vom Dache des vornehmen kleinen PalaiS in der Ssadowajo, der Eartenstraße, welches unserer Botschaft während der Krönungs- jeit zum Heim diente, begrüßte, als wir am gestrigen Abend d» Einladung des Botschafters zur „musikalischen Soiree", d<r, wie es besonders angegeben war, Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin aller russischen Länder die Ehre ihrer Anwesenheit schenken würden, Folge leisteten. Es war ein sehr glücklicher Gedanke seitens unseres Bot- Itasters, de- Fürsten Rodolin, gewesen, die lange Kette der Festlichkeiten nicht um einen neuen Ball zu vermehren; den kaiserlichen wie anderen fürstlichen Herrschaften muß jede einer Polonaise, einer Quadrille oder einem Walzer auch nur ähnelnde Musikweise schon einen gelinden Schrecken verursachen, so übersättigt düiften sie von all' den Tanzklänzen sein, von all' den Eour- und Ballszenen in goldüberladenen Räumlich keiten inmiltcn Hunderter und Taufender von Theilnehmern und Tbeilnehmerinnen, die stets die gleichen sind und aus denselben Gruppen ganz bestimmter Gesellschaftsklassen bestehen. Wi'e überhaupt die Majestäten , die kaifer ichen und königlichen Hoheiten, Hoheiten und Durchlauchten, in deren Ranggliederungen und ihnen zukommenden Würden nur der Oberhofmarscball sich mrechifinden kann, all' diese Bälle, Bankette, geübteste Garten feste, Soirsen rc., von denen mancher Tag drei brachte, über- Iteden konnten, ist auch ein« der „Räthsel der Natur", deren Losung gewöhnliche Menschenkinder nicht erst versuchen sollen; aber ich bin überzeugt, daß all' die höchst- und hochgeborenen Herrschaften erleichtert aufathmeten, als sie erfuhren, daß der Abend in der deutschen Botschaft einen anderen und unter haltenderen Charakter wie die übrigen Festlichkeiten tragen würde, und die Bemühungen um Einladungskarten zu demselben waren so stark, daß die an sich beschränkten Räumlichkeiten dreimal so groß hätten sein müssen um all' die Zutrittsbegehrenden aus den Hof- nnd ersten Gesellschaftskreisen aufnehmen zu können. Um die neunte Abendstunde waren die mit herrlichen Blumen und Pflanzen geschmückten Säle und Kabinets schon dicht gefüllt, der Czar erschien, vom Prinzen Heinrich, der seine russische Dragoneruniform angelegt, und dem Botschafter wie dessen schöner junger Gemahlin empfangen, kurz vor 10 Uhr; er trug die dunkle Uniform seines preußischen Husarenregiments („Kaiser N kolaus II. von Rußland", 1. westfälisches Nr. 8), während die Kaiserin eine kostbare türkisfarbene Seidenrobe mit funkelndem Brillantschmuck um den Hals und im Haar gewählt. Ein langer Zug von russischen und ausländischen Fürstlichkeiten, unter Letzteren der Großherzog von Sachsen- Weimar und der Großherzoz von Hessen, schloß sich an und füllte bereit« einen guten Theil des kleinen weißen Mufiksaales, der als einzigen Wandschmuck das lebensgroße Porträt des deutschen Kaisers aufwies; die überwiegende Mehrzahl der etwa vierhundert Gäste mußte dem Konzert in den Nebenräumen beiwohnen, nur für die geladenen Presse-Vertreter war in liebenswürdigster Weise gesorgt. Aus nicht weniger wie zehn Nummern bestand das Konzert, das von einer Mannigfaltigkeit und Schönheit war, wie man es wohl kaum zuvor in Rußland gehört. Fast ausnahmslos kamen die Werke deutscher Tondichter zum Vortrag, auch das Programm war in deutscher Sprache abgefaßt; die begleitende Musik hatte das Berliner Philharmonische Orchester gestellt, welches unter der Leitung des königl. Kapellmeisters Dr. Muck seinem Rufe wiederum die höchste Ehre einlegte, die Sänger und Sängerinnen stammten aus den verschiedensten Theilen Deutschlands. Nach der russischen Nationalhymne und der Ouvertüre zur Weber'schen „Euryanthe" trugen der Pianist Emil Sauer und der Geiger F. Zajic den ersten Satz aus Beethoven's O-moll-Sonate vor. Es folgten die von Frau Herzog (von der Berliner Königl. Oper) mit voller, klangreicher Stimme gesungene Arie aus Mozart's „Entführung aus dem Serail": „Martern aller Art" und von FräuleinTernina (vom Münchener Königl. Theater) kraftvoll Jsoldc's Liebestod aus Wagner's „Tristan und Isolde". Vornehm und zart wurde von Professor Halir (Geige) und dem Hofcellisten Heinrich Grünfeld (Cello) unter der Klavierbegleitung Bernhard Staven- hagen's (aus Weimar) Mendelssohn's Adagio als v-moU- Trio vorgetragen, dann sang mit glockenheller, die Hörer zu jubelndem Beifall hinreißender Stimme das zierliche, reizende Fräulein Wedekind (vom Dresdner Hoftheater) Alabieff's „Die Nachtigall" und Chopin's coczustts", namentlich das erstere Lied mit seinen schwierigen Koloraturen gefiel ungemein. Von tiefer Wirkung war das Quintett aus den „Meistersingern", von Frau Marie Götze und Fräulein Ida Hiedler (beide von der Berliner Königl. Oper) und den Herren Götze (Berlin), Gerhäuser (Karlsruhe) und Reichmann (Wien) in leidenschaft lich-bewegender Weise gesungen, so ineinanderfließend, so aus einem Guß, wie man es selbst in Bayreuth noch nicht ver nommen. Frisch und froh, mit seiner biegsamen und ein schmeichelnden Stimme und seinem gewinnenden, sicheren Vor trage, der so gut zu der gefälligen persönlichen Erscheinung paßt, sang Herr Paul Bulß (von der Berliner Königl. Oper) Löwe's „Heinrich der Finkler" und Becker's „Trompeter an der Katzbach", weich und frisch, wenn auch scheinbar nicht ganz disponirt, Fräulein Dietrich (vom Königl. Opernhause in Ber lin) Mozart'« „Wiegenlied" und Taubert's „s Lerchle", wo rauf Wagner's schmetternder Walkürenritt, von den Damen Alken (Hoftheater in Schwerin), Dietrich, Götze, Herzog, Hiedler, Pfeiffer (Hoftheater in Darmstadt), Ternina und Wiborg (Hof- theater in Stuttgart) mit Leidenschaft gesungen, den würdigen Beschluß bildete. Alle Nummern fanden den reichsten Beifall, den das Kaiserpaar stets zuerst anstimmte. Nach einer kleinen Pause folgien noch verschiedene Szenen aus dem „Wallenstein", zunächst jene Stelle, in welcher Questenberg dem Friedländer seine Versäumnisse und Thatenlosigkeit im Beisein der Wallen- stein'schen Generale vorhält; an der eindrucksvollen, meister haften Darstellung bethciligten sich die Herren Barnay (Wallen stein), Keßler (Ille), Arndt (Terzky), Grube (Questenberg) und Fräulein Poppe (Gräfin Terzky), sämmtlich aus Berlin, und auch sie ernteten die freundliche Zustimmung des erlesenen Zu schauer kreiscs. Die kaiserlichen und fürstlichen Herrschaften speisten dann an sechs Tafeln zu je zwölf Personen im gelben Saale, für die übrigen^ Gäste waren in den anderen Räumen Buffets auf- gestellt; kurz nach Mitternacht brachte Prinz Heinrich mit einigen huldigenden Worten das Wohl der Kaiserin aus, deren Ge burtstag soeben begonnen, und hell klangen die Sektkelche zu sammen. Nachdem die Mehrzahl der Eingeladenen fich ent fernt, folgte um die zweite Morgenstunde auf die zwanglose Anregung des Prinzen Heinrich hin, der in frohgemuther Stimmung war und bei den blauen Wölkchen der Havannas und bei schäumendem Bier stets einen kleinen Kreis von Künst lerinnen und Künstlern um sich sah, noch ein zweites Konzert, bei welchem die Herren Götze und Reichmann sowie Fräulein Hiedler ihr Bestes boten, und das erst sein Ende fand, als der Helle Morgen zum Aufbruch mahnte. „Der deutsche Abend war die Krönung der Krönungs tage," dies Wort eines sehr hochstehenden Herrn drückte die allgemeine Ansicht aus.