Volltext Seite (XML)
haßten Inhalts zu Boden zu schmettern, aber meine Hände zuckten jählings zurück. Wie Geisterspuk rüttelte der Wind an dem Fenster und durch meine Gedanken wirbelten irre, wirre Verse, die ich einst als Kind gelernt: Drein schrieb sie: „Kommt dies Glas zu Fall, Fahr' wohl dann, o Glück von Edenhall!" Das Glück von Edenhall! — Auch ich hielt solch ein zerbrechlich, kostbar Kleinod, an welches sich mein ganzes Lebensglück knüpfte. Thörichte und verliebte Menschen sind immer abergläubisch. Langsam, mit bebenden Fingern setzte ich den Kasten auf den Tisch zurück, und mein Herz zitterte vor Angst, daß seinem so ernst symbolischen Inhalt ein Unrecht treffen könne. Ja, ich liebte ihn! und ich fühlte es in dieser Stunde, daß ich ihn auch lieben würde, so lang' wie meine Hand noch Leben und Kraft verspürte, diese Tasse an m-ine Lippen zu heben. Das Glück von Edenhall! Mein schmerzlich süßes Glück. Ich faltete die Hände über dem schwarzen, kleinen Schrein und that noch einmal ein heilig Gelöbnis, den Schwur der Treue zu halten über Oct und Zeit, die kleinen Taffen zu hüten und zu schützen als mein größtes Kleinod. Mag er, der Geliebte, auch in flatterhaftem Sinn nie mehr der Stunde gedenken, da er frevlen Spott mit einem Mädchenherz getrieben, ich gedenke daran und vergesse sie nicht, — mag auch der Mann, der sonst für sein Ehrenwort Blut und Leben einsetzt, glauben, einem Weibs gegenüber könne er wortbrüchig und ehrlos handeln, ohne sein Gewissen zu belasten, — ich, dgs schwache Weib, will auch dem Treulosen gegenüber stark in der Treue sein und will das Gelöbnis halten, welches ich gethan. Dazu helfe mir Gott! Und ich habe mein Wort gehalten. So oft die Neujahrsglocken mein einsames, wehes Herz daran ge mahnten, daß es einst heißer geschlagen in Liebe und seligster Lebenslust, habe ich den Leidenskelch getreulich an die Lippen gehoben und ihn geleert in treuem Gedenken an die einzige Stunde in meinem Leben, wo die Liebe zu einem Manne mein ganzes Sein und Wesen in strahlen den Glanz des Glückes getaucht. Und wie's weiter kam? Es sind wenig Worte nur nötig, um ein inhaltloses Frauenleben wiederzugeben. Die Erkältung meines Vaters nahm einen ernsteren Charakter an und gab dem Arzt Besorgnis, es könne sich bei dem ausnahmsweise harten Winter ein Lungenkatarrh entwickeln. Er riet eine sofortige Reise nach einem milderen Klima an. Mit beinahe ungestümer Freudigkeit nahm Vater diesen Vorschlag auf. Er krankte an der fixen Idee, daß die ganze Land- und Stadtbekanntschaft mich als ver schmähtes Spielzeug bespöttele und schadenfroh bemäkele, und daß solchem Geklatsch am besten gesteuert werde, wenn man ihm den fruchtbaren Boden stets neuer Anregung entziehe. Meinem damals sehr erregten und ruhelosen Gemüts zustand schien es ebenfalls wie eine Erlösung, mich von einer Umgebung losreißen zu können, wo mich jeder Schritt und Tritt an einen Mann gemahnte, den ich nicht lieben wollte, und doch nicht Haffen konnte. So vernahm ich denn auch mit dem Aufatmen hoher Erleichterung den Entschluß meines Vaters, eine Reise nach Italien an zutreten. Mit fieberhafter Eile wurden die Vorbereitungen ge troffen, und die letzten Tage des Januars fanden uns bereits nach dem Süden unterwegs. Wie Balsam berührte die schmeichelnde Frühlings luft Venedigs meine thränenmüden Augen. Neue Ein drücke, die verschiedenartigsten Zerstreuungen stäubten den feinen Aschenregen der Vergessenheit über das Herzeleid der letzten Zeit, und wenn auch mein Wesen und Charakter nie wieder zu der alten Fröhlichkeit genesen konnten, so war ich doch eine stille und resignierte Reisebegleiterin, die sich voll warmer Aufrichtigkeit an jeder landschaftlichen und künstlerischen Schönheit erfreuen, nie aber dem Verkehr mit jungen Herren mehr Geschmack abgewinnen konnte. Auch meinem Vater behagte der Aufenthalt in Italien über die Maßen, und so dehnten wir unsere Reisen immer länger hinaus, so daß bald ein Jahr wie im Traum ver flogen war. Da saßen wir eines Abends in Mailand auf der Terrasse des Hotels uud freuten uns der köstlichen Frühlingsnacht, welche ihren Märchenhimmel über uns ausspannte, so klar und sternenhell, wie er einst im nordischen Winter über meinem Haupt gestrahlt, in jener Nacht, da mein Herz zum erstenmal das Bild des Geliebten für Zeit und Ewigkeit in sich ausgenommen. (Fortsetzung folgt.) humoristisches. Meiner -Unterschied. Zwei Bummler gehen tiefsinnig spazieren. Da jagt der eine plötzlich: „Wenn ich jetzt 100000 Mark hätte, wüßte ich, was ich thäte!" — „Nun, was thiitest Du?" sragt der andere. — „Nichts!" — „Aber Du thust doch schon jetzt nichts!" — „3"- aber dann thät' ich erst recht nichts!" Stimmungswechsel. Schuldner: „Ich möchte gern meine Schuld bei Ihnen bezahlen " — Gläubiger: „Ach bitte, das hat ja gar keine Eile!" — Schuldner: „Aber ich kann leider »och nicht!" — Gläubiger: „Ja, was bilden Sie sich denn eigentlich ein? Meinen Sie, ich werde noch länger warten?" Kindlicher Schmerz. „Weshalb weinst Du, Fritzchen?" — „Ich habe mein Marzipan aufgegessen!" — „Nun, das ist doch kein Grund!" — „Ja, ich glaubte, es wäre Carl seins!" Mathematischer Schwips. Professor A.: „Ich glaube, ich hatte gestern etwas zu viel Wein getrunken!" — Prosessor B.: „Woraus schließen Sie das?" — Professor A.: „Auf dem Nach hausewege machte ich die Bemerkung, daß meine Vertikalachje in ihrer Verlängerung nicht den Mittelpunkt der Erde traf!" Erstaunt. Meier: „Helsen Sie mir nur noch das eine Mal, Herr Müller, nur 100 Mark! Ja, komme gewiß nicht mehr!" — Müller: „Das fürchte ich eben auch!" Rätsel. Krithmogripy. Werden die Zahlen durch die richtigen Buchstaben ersetzt, so ergeben die wage- rechten Reihen: l- Ein Reich in Asien, 2. einen alt testamentlichen Namen, 8. eine Stadt in Frankreich, 4. einen alttestamentlichen Namen, 5. eine Rätselsorni. (i—j.) Die durch stärkeren Druck hervor gehobenen acht Buchstaben nennen di Hauptstadt eines europäischen König reichs. 0 10 2 8 5 4 1 2 3 8 8 2 N 4 3 2 7 8 5 3 12 4 e 13 3 'AEerbiLd. wo ist der Clown? Nachdruck aus dem Inhalte dieses Blattes verboten. Gesetz vom 11. Juni 1870. Redaktion, Druck und Vertag von B. Angerstein, Wernigerode.