Volltext Seite (XML)
WmM für Wlskuss > Thamildt, Men, MMn md die Umgtgmdtn. i Imlsblsft sür die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsörusf, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 5u W. Inserate werden Ätontags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnserüonspreis 10 Psg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Lrua und Beria,, von Marlin Berber in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H A. Berger dcnelbft. Ro. 87 Sonnabend, de« 2». Juli 18S«. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Artikel II 8 6 der Allerhöchstell Verordnung vom 21. Jimi 1887 - Reichsgesetzblatt Seite 245 fg. - nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate Inni s. I. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden refp. ^.uarüerwirthen innerhalb der Amtshauptmanuschaft im Monate Inti S. I. an Militärpferde zur Verabreichung gelangende Marschfonrage betragt 7 Mark 53,3 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 28,1 „ „ 50 „ Heil 2 „ 10 „ „ 50 „ Stroh. Meißen, 23. Juli 1896. Königliche Amtshauptmannschaft. I. V. nr«n8«l, Regierungsassessor. Der internationale SoMistenkongreß M London. Nächster Tage tritt in der englischen Hauptstadt wieder ''nmal ein internationaler sozialdemokratischer Kongreß zusammen, zu welchem bislang etwa 900 Vertreter des „Proletariats" aus allen Theilen der Welt ihr Erscheinen zugesagt haben. Schon jetzt liegen dem bevorstehenden neuesten Stelldichein der Führer und Vertrauensmänner der internationalen Arbeiterpartei eine Mze Reihe von Anträgen und Resolutionen verschiedensten Inhalts vor, über deren Erörterung es in dec Versammlung teilweise wohl zu lebhaften Auseinandersetzungen kommen dürfte. Außerdem ist aber in den Londoner Sozialistenkongreß noch vor seinem Beginn durch die entstandene Frage, ob auf ihm auch die Anarchisten zugelassen werden sollen oder nicht, ein spezieller Zankapfel geworfen worden. Wie erinnerlich, hatten sich auf dem zu Zürich staitgefundenen letzten internationalen Sozialisten- kongresse auch die Anhänger der röthesten Nüance unserer Modernen Umfturzparteien eingefunden, in dem guten Glauben, daß ste in einer Versammlung von erklärten Gegnern der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung gewiß auch Hausrecht be säßen. Indessen wurde den anarchistischen „Genossen" nach Zweitägigen heftigen Debatten von dec Mehrheit des Züricher Kongresses der Standpunkt dahin klar gemacht, daß ste den Kongreß wieder zu verlassen hätten, welchem Majoritätsbeschlusse sich die anarchistischen Gäste wohl oder übel fügen mußten, llm nun einer Wiederholung solcher zeitraubenden Erörterungen über die Zulassung der Anarchisten zu sozialistischen Kongressen vorzubeugen, ist dem Londoner Kongreß u. A. auch der Antrag zugegangen, die Theilnahme am parlamentarischen Leben als die erste und wesentliche Form der politischen Aktion zu er klären. Dieser Antrag zielt direkt gegen die Anarchisten, die ja den gesammten Parlamentarismus als „Mumpitz" verwerfen, feine Annahme würde also die dauernde Ausschließung der anarchistischen Delegirien von den sozialistischen Kongressen be deuten. Aber gegen eine solche Vergewaltigung der „anarchistischen Alüder" erhebt sich auch jetzt wieder energischer Widerspruch °us dem sozialistischen Lager. Ein Theil der französischen Sozialdemokraten wünscht entschieden die Zulassung der Anar- auf dem Londoner Kongreß, wie dies aus den lebhaften dlüglichen Ausführungen des Pariser Allemanistesblattes „Le Parti Ouvriec" hervorgeht. Die gleiche Stellung in der an- üttegten Frage nehmen die holländischen Sozialdemokraten ein, sue überhaupt immer stark zum Anarchismus neigten. Auch Kluppen der italienischen und spanischen Sozialisten haben sich m einem der Zulassung der Anarchisten günstigen Sinne ver- uehmen lassen und auf englischer Seite befürwortet dieselbe Forderung die anabhängige Arbeiteipartcislncls^önclÄNt 4>Lbour- l'art)). Es wird also auch in London nne vorher in Zürich wegen der Anarchisten zweifellos recht lebhaft zugehen, und selbstverständlich wäre es für letztere kein geringer Triumph, wenn ihre Fürsprecher -m Sozialistenkongrcsse diesmal siegen sollten. Aber auch die eigentlichen Kongreßarbeiten werden sicher lich in der Londoner Versammlung nichts weniger a!S glatte -Verhandlungen veranlassen. Z. B. verlangen die Vertreter der holländischen Zimmerleute, daß der Kongreß sich lediglich nut wirlyschaftlichrn Fragen befasse, während das französische revolutionäre Centralkomitee beantragt, derselbe solle die Er- ongung der politischen Gewalt durch das Proletariat zum ^rundsütz erheben. Von einem anderen Theile der französischen . ""d vorgeschlagen, der Kongreß möge die Stellung rreiter zur Kolonialpolitik und zur landwirthschaftlichen Frage einer allmählichen Verkürzung r Militärdienstes behandeln. Die Holländer schlagen vor, eMrklärung einer Regierung durch einen allgemeinen zu beantworten, die englische unabhängige Arbeiterpartei dagegen wendet sich in einer Resolution wider den Generalstreik als eine „nutzlose und gefährliche Illusion". Man sieht: So viel Köpfe, soviel Sinne, und darum wird vermuthlich auch der Londoner Sozialistenkongreß die von den Arbeiteraposteln immer so gerühmte „Solidarität" und „Harmonie" der „Genossen" wieder in recht merkwürdige Beleuchtung rücken. Tagesgeschichte. An den diesjährigen Kaisermanövcrn und an den damit in Verbindung stehenden Festlichkeiten in Breslau und Görlitz werden, soweit bis jetzt feststeht, folgmde Fürstlichkeiten theil nehmen: der König von Sachsen, Generalfeldmarschall Prinz Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig, General feldmarschall Prinz Georg von Sachsen, Herzog Nikolaus von Württemberg und der jüngste Sohn des Königs Oskar von Schweden, welcher seit kurzem L la sults des Dragonerregiments König Friedrich III. (2. Schlesisches) Nr. 8 geführt wird. Wie vorauszusehen war, ist in unterrichteten Kreisen nichts davon bekannt, daß der Großherzog von Baden anläßlich seines bevorstehenden siebzigsten Geburtstages zum König aus gerufen werden soll. Wir gehen auf das Gerücht nochmals ein, weil verschiedentlich die Meinung zu bestehen scheint, daß die Verleihung der Königswürde eventuell durch den Kaiser zu erfolgen hätte. Davon könnte aber keine Rede sein, sondern ein derartiger Akt fiele einzig in die Zuständigkeit des Monarchen und der Volksvertretung von Baden. Setzt sich der Groß herzog die Königskrone aufis Haupt, so ist er damit auch König. Natürlich gilt das nur von der formalen Seite der Sache, und der Akt würde in keinem Falle stattfinden, ohne daß zuvor die Zustimmung nicht blos des Kaisers, sondern auch der übrigen Bundesfürsten eingeholt worden wäre. Ein weiteres in Süddeutschland umgehendes Gerücht will wissen, daß Elsaß- Lothringen durch Personalunion mit dem neuen Königreiche Baden vereinigt werden foll. Es bedarf kaum eines Worte« darüber, daß davon ernstlich garnicht gesprochen werden kann. Als Elsaß-Lothringen wieder deutsch wurde, wäre die Angliede rung des Landes an Altdeutschland durch Einverleibung in Baden möglich gewesen, und Aehnliches ist damals thatsächlich befürwortet worden. Heute aber ist die staatsrechtliche Stellung der Reichslande verfassungsmäßig fist umgrenzt und ihre Aende- rung könnte wieder nur durch eine Revision der Reichsverfassung vor sich gehen. Die schwierigen Verhältnisse, mit denen die innere Politik des Reiches sich infolge der herrschenden Parteiverwirrung ab- »ufinden hat, nähren die ohnehin den Deutschen vielfach eigen- thümliche Neigung, sich der Schwarzseherei mit Bezug auf die Zukunft Deutschlands hinzugeben. Man sieht nicht blos im Innern überall Gespenster, sondern glaubt auch aus manchen Zeichen auf eine Verdunkelung des Gewölks am Horizont der großen internationalen Politik schließen zu sollen. Es ist be fremdlich, wie gerade jetzt derartige Befürchtungen in den Vorder grund treten können. Soweit die Beziehungen Deutschlands zu den auswärtigen Mächten in Frage kommen, hat sich von dem Augenblicke an, wo der gegenwärtige Reichskanzler die Zügel des Reiches in seinen Händen hält, die Lage Deutschlands un- trenig günstiger gestaltet. Vor Jahren machte sich allerdings sie Entfremdung zwischen dem deutschen Reiche und Rußland in vielfacher Hinsicht nachtheilig fühlbar. Aber gegenwärtig sprechen doch viele Anzeichen dafür, daß eine Annäherung zwischen den beiden Nachbarreichen Platz gegriffen hat. Das erste Symptom dafür war die Aufhebung des Beleihungsoerbotes der russischen Werthe bei der Reichsbank. Nicht minder fallen die finanziellen Dienste in's Gewicht, die dem russischen Staate von der deutschen Finanzwelt bereits geleistet worden sind und noch geleistet werden sollen. Erst in diesen Tagen ist wheder der Vertreter eines großen Berliner Bankhauses zu Verhand lungen über eine russische Anleihe zum Zwecke der Durchführung der Goldwährung nach Petersburg gereist. Auch der Besuch der deutschen Kriegsschiffe in russischen Gewässern ist jedenfalls kein blos zufälliger gewesen. Seit längerer Zeit ist die deutsche Kriegsflagge in einem russischen Hafen nicht gehißt worden. Noch bedeutungsvoller ist der Empfang der deutschen Offiziere und Mannschaften in Petersburg, sowohl seitens des Hofes, wie seitens der Behörden und Bevölkerung. Wenn der gegen wärtige Augenblick zu einer Entsendung der deutschen Kriegs schiffe in die Gewässer der Newa ausersehen wurde, so müssen die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland für einen Austausch gegenseitiger Höflichkeiten besonders günstig sein. Vom Standpunkt einer vernünftigen deutschen Jnteressenpolitik kann man diese Erscheinungen nur freudig begrüßen. Sie leisten den Befürchtungen für die Zukunft Deutschlands keinen Vorschub. Ebenso tragen die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich zur Zeit einen beunruhigenden Charakter nicht an sich. Was wir von unserm westlichen Nachbar zu halten haben, weiß man in allen einsichtigen Kreisen Deutschlands ganz genau. Deutsche Liebenswürdigkeiten werden den französischen Groll nie überwinden, wohl aber wird jede deutsche Verlegenheit den fran zösischen Chauvinismus neu beleben. Die Aussichten dazu mindern sich, wenn das gute Verholtniß zwischen Deutschland und Rußland sich vertieft, und darum kann man den verant wortlichen Trägern der deuffchen auswärtigen Politik nur dank bar sein, daß sie den größten Werth auf die Erhaltung guter Beziehungen zu Rußland legen. Befolgt Deutschland weiter den gesunden Moltke'schen Grundsatz, sich stark zu machen zu Wasser und zu Lande, sich ein stets schlagfertiges Heer zu er halten und seine Marine auf eine seiner Machtstellung ent sprechende Höhe zu bringen, so liegt wahrlich kein Grund vor, daß man bei uns mit Bangen der Zukunft entgegensieht. Für Deutschland gilt der Grundsatz: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt." In einem Aufsatze über die Vereinfachung der Arbeiter versicherung vertheidigt Dr. Richard Freund von Neuem den Gedanken, den mannigfachen und viel beklagten Mißständen, womit unsere Arbeiterversicherung behaftet ist, durch Zusammen legung der verschiedenen Versicherungen abzuhelfen. Diese Zu sammenlegung werde nach seinem Plane auf dem Unterbaue einer lokalen Organisation der aus Arbeitgebern und Arbeitern bestehenden Versicherungsämter erfolgen, denen für die gejammte Arbeiterversicherung die lokalen Hilfsgeschäfte überwiesen werden sollen. Hierzu bemerkt die „Köln. Ztg.": „Man mag mit dem Verfasser, dem in seiner Stellung als Vorsitzender der Jnvaliditäts- und Altersversicherungsanstalt Berlin eine reiche Erfahrung zur Seite steht, nicht in allen Punkten übereinstimmen. — beispielshalber halten wir einen Vorschlag, unter Beseitigung der vier Lohnklaffen nur zwei Marken, eine für männliche und eine für weibliche Versicherte, einzuführen, für verfrüht —, so wird man doch seinen Ausführungen mit Interesse folgen. Seinem Urtheile über die bisherige Organisation der Kranken kassen wünschen wir in weiten Kreisen Beachtung. In Berliner aristokratischen Kreisen soll die Gründung eines konservativen Klubs geplant sein, der außer ge selligen Zwecken auch den verfolgen soll, der regierungsfeind lichen Agitation der Agrarier entgegenzutreten. Wie die „Milit.-pol. Korr." erfahren haben will, wird im Zusammenhang damit, daß über drei Jahre das Bürger, liche Gesetzbuch in Kraft tritt, in der nächsten Zeit vollständige Erneuerung des gesammten Richterpersonals im ganzen deutschen Reiche, vom Reichsgericht angefangen, sich vollziehen. Mit dem Maximalarbeitstag im Bäckergewerbe beschäftigte sich am Montag eine große Versammlung der Bäcker meister der Berliner Innung „Germania". Herr Winkler, Vorstandsmitglied, theilte mit, daß er eine Audienz bei dem Unterstaatssekretär Lohmann gehabt habe. Dieser habe seine Mißbilligung darüber ausgedrückt, daß die Bäckermeister gegen den Maximalarbeitstag agitirten; es wäre richtiger, mit gutem Willen vorzugehen, dann würde man schon einig.