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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.07.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080711027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908071102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908071102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-07
- Tag 1908-07-11
-
Monat
1908-07
-
Jahr
1908
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Rr. ISO, 102. Jahrg. Leipziger Tage-latL vmmavend, 11. Juli 1008. bekundet baden, da» sie irgend welche verdächtige Vorgänge nicht wahr genommen baden. Der Zeuge Ernst ist uach Starnberg znrückgefahrea. M»r »erschloffene« LLre». (StimimnngSbild zum Eulenburg-Prozeß.) Verlt«, tv. Juli. Lu der Tür dt- große» Schwurgerichtssaales de» Landgericht» Berlin I, hinter der sich da» große forensische Drama gegen de« Fürsten zu Eulenburg uud Herlefeld abspielt, prangt immer noch die Tafel, die auf weißem Grunde in schwarzer Groteskschrift verkündet: «Die Oeffeutlichkeit ist ausgeschlossen". Auf dem Korridor de» GerichtSgebäudeS entwickelt sich jeden Tag dasselbe Bild: eine Anzahl Journalisten sdehen auf dem Sprunge, jeden Augenblick einen Zeugen, der ihnen bekannt erscheint, oder mit dem sie sich bekannt gemacht Haden, zu interviewen. Denn durch den hermetischen Ausschluß der Oeffeutlichkeit ist die Presse, die „auf jeden Fall" berichten muß, vor eine schwere Aufgabe gestellt. Die Leser verlangen unterrichtet zu werden, was dadrinnen in der .Dunkelkammer" vor sich geht. Aber das ist leichter gesagt ailS auSgesührt. Denn vor den Türen ist jeden Tag dasselbe Bild. Kur; vor 1t Uhr geht durch das Dutzend Polizisten, die dort aufgestellt sind, um Publikum und Journalisten .in Ordnung zu halten", eine Bewegung. DaS ist das Zeichen, daß der Angeklagte in dem Gerichtsaebäude angekommen ist. Wenige Minuten spater tragen ein paar Diener auf einer Bahre den fürstlichen Angeklagten in das reservierte Wartezimmer, in dem in der Regel bereits die Fürstin Eulenburg und ihre Söhne Platz genommen Haven. Die Türen schließen sich. Daan erscheint der Oberstaatsanwalt Isenbiel, sehr strenge um sich blilkeud. Die Vertreter der Presse grüßen und der Herr Oberstaatsanwalt dankt. Inzwischen spazieren die Zeugen auf dem Korridor auf und ab. Iustizrat Bernstein, der bekannte Verteidiger Hardeus, wird bin uud wieder von einem der bayrischen Zeugen ausie- sprochen. Dann werde» die Zeugen in den Saal gerufen. Einrge Minuten vergehen und die Zeugen strömen wieder heraus. Die Jour nalisten stürzen auf ihre Freunde. .Bis nächste Woche entlaffen", hört man den einen sagen. Hin und wieder spielt sich ein kleines Intermezzo ab. Vor einigen Tagen wurde aus Anlaß deS Eintreffens des Fürsten im Gerichtsgebäude sogar für einige Minute» der Eingang des großen Hauptportales ge schloffen. Unter den Andrängenden befand sich «ine Anzahl Zeugen, die ihre Zeugenladung hoch emporhielten. Aber das nützte gar nichts, und die Zeugen gaben ihrem Unwillen laute» Ausdruck, daß sie durch Rücksicht ans einen angeklagte» Fürsten in der nicht immer angenehme» Pflicht eines Zeugen noch mehr ge- kinoert würven. Oben auf dem Korridor hatte inzwischen der offiziöse Moabiter Gerichtsberichterstatter eine erregte Unterhaltung mit einem dort aufgestellten Polizeibeamten, der den Journalisten zurechtweisen wollte. An anderen Tazen war die Polizei wieder einmal liebens würdig und forderte sehr höflich auf, weiterzugrhen. Dann dringt, wenn die Zeugen sich entfernt haben, eine Kunde aus dem Gerichtssaale: In der Vernehmung des Zeugen Ernst oder des Zeugen Niebel, manchmal auch in der Vernehmung des Zeußeu Justiz rat Bernstein wird fortgefahren. Eine Nachricht! jubeln die Journa listen, und eifrig notieren die Herren von der Feder die magere Notiz. * ' * Berlin, 11. Juli. (Privattclegramm.) Ter Schlossermeister Nieder, der sich seinerzeit im Münchner Prozeß auch wahrend des Ausschlusses der Lessenuichkeit Zutritt zu den Verhandlungen verschafft hatte, indem er sich für Len Bericht erstatter einer Starnberger Zeitung ausgab, und der auch in diesem Eulenbura-Prozeß als Zeuge vernommen worden ist, soll wegen jener falschen Angabe strafrechtlich verfolgt werden. Eulenburg über seine Stellung zu den Klerikalen. Aus der letzten Sitzung bringt die „B. Z. a. M." angeblich wörtlich die schon kurz erwähnte Aussage des Fürsten über seine Stellung zu den Klerikalen. Er sagte danach: „Ich hatte in München Preußen nicht nur politisch, sondern auch kirchlich zu vertreten. M nn Leben lang bin ich Verfechter des protestantischen Kaisertums gewesen. Das hat mir namentlich im Süden viele Feinde gemacht. Wir haben nicht in Berlin, sondern in München einen Nuntius des Papstes. Dort sind also wich- tige Verhandlungen zu führen, und ich habe sie im Sinne der protestan tischen norddeutschen Kaiserreichsidee geführt. Dadurch bin ich den Klerikalen, wie den bayerischen Partikularsten verhaßt geworden. Vielleicht bin ich jetzt eines der Opfer dieser großen Idee. Ich will nichts Bestimmtes behaupten, aber aus diesem Milieu beraus können diese infamen Verdächtigungen ent standen sein." Ter Vorsitzende unterbrach hier den Redner mit der Frage, ob er behaupten wolle, daß solche Strömungen den frommen Katholiken E r n st zu einem Meineid getrieben hatten. Eulenburg erwiderte: „Nein", und fuhr dann fort, der Klerikalismus habe ihm nie verziehen, daß er ihn mit großer Energie :m Sinne des Protestantismus bekämpft habe. Der Vorsitzende Land- gcrichtsdirektor Kanzow gab hieraus eine Kritik dieser Rede. Er sagte: „Wollen, Sie hier die Behauptung ausstellen, der Klerikalis- mus habe die Briefe veranlaßt, die Sie selbst an E r nst geschrieben haben und aus denen die eigentümlichen Beziehungen zu Ernst Hervor gehen?" Da verstummte Fürst Eulenburg. Deutscher Reich. Leipzig, 11. Juli. * Die MtttrtstandS»erriutg»«g für des» »-«t^etch Eachsen wird demnächst au ihre Mitglieder eine» Aufruf versende», in dem besonders zur Wahlrechtsfrage Stellung genommen wird. E« wird nachdrücklich der von der Xvgieruug vorgelegte Wahlrechtsentwurf befürwortet und im besondere» Pluralstimme», Verhält»i»wahleu und Körperschafts wahlen gefordert. * * Der Kaiser auf der Nordlandreife. Der Kaiser unternahm gestern früh nach Besichtigung eines iuOdde neu angelegten elektrischen Kraftwerke» mit den Herren der Umgebung um 9 Uhr eine Fußtour nach dem Skajaeggedal; zwei und eine halve Stunde Anstieg bis zum See und demnächst eine halbstündige Fahrt mit dem Motor boot zu mehreren Wasserfällen, die an Stärke und Schön heit alles überragen, was bisher in Norwegen gesehen wurde. — Bo« der Reffe aus saadte der Kaiser an die Witwe des GenerlafeldmarschallS Freiherrn von Los folgendes Beileids telegramm: »Ich spreche Ihnen und den Ihrige» Meine wärmste Teilnahme an dem Ä)de Ihres von Mir hochverehrten Mannes aus. Was der verewigte Feldmarschall Meinem Großvater, Meinem Vater, Mir und der Armee im Krieg und Frieden in den verschiedensten Stellungen gewesen, wird in der Geschichte des preußischen Heeres uud Meines Hauses unvergeffen bleiben. Er war das Muster eines pflicht treuen, unermüdlich tätigen Offiziers, eines leuchtendes Vorbild für seine Untergebenen. Wilhelm I. R." — Ueber eine Begegnung des Kaisers mit der englischen Manöverflotte telegraphiert der Gothen burger Korrespondent der „Pall Mall Gazette" seinem Blatte folgen den — im einzelnen zum mindesten etwas unklaren — Bericht emeS Offiziers der britischen Kanalflotte, der Augenzeuge de« Vorganges ge wesen sein will: „Als die britische Flotte am Dienstagabend m der Bucht von Alback an der dänischen Küste in der Nähe des Kaps Skagen vor Anker lag, wurde plötzlich die „ H o h e n z o l l e r n " in Begleitung eines Kreuzers und eines TorpedojägerS gesichtet. Lord Beresford gab sofort den Befehl, die Mastflaggen zu hissen, und als der Kaiser sich näherte, wurde er mit einem Salut von 21 Kanonen schüssen begrüßt, während die gesamte Mannschaft Parade ausstellung genommen hatte. Die „Hohenzolleru" dampfte zunächst um den Bug des „Hindustan" zwischen der dritten und vierten Division der Schlachtschiffe herum, ging dann an den Stern des „Edward VII.", dem Flaggschiff Beresford» vorbei, wandte dann und steuerte nahe an die vier Flaggschiffe heran. Darauf verschwand der Kaiser ebenso geheimnisvoll, wie er gekommen war. Auf jedem Schiffe, bei dem der Kaiser vorbeikam, wurde die deutsche Nationalhymne gespielt und drei Hochrufe ausgebracht. — Während der ganzen Zeit der Begegnung der beiden Geschwader blieb der Kaffer allein an der Oberbrücke, und schritt dort von einer Seite zur anderen, um für den Salut und die Hochrufe militärisch zu danken." * Bildungsgang de» deutschen Kronprinzen. Wie die „Inf." von unterrichteter Seite erfährt, hat der Kronprinz vor kurzem, bevor er sich im Ministerium deö Innern verabschiedete, dem Wunsche Ausdruck gegeben, nach Abschluß der vorgesehenen Unterweisungen im inneren Ver waltungsdienste usw. sich noch weiter eingehend auf diesem Gebiet zu informieren. Besonders über wichtige Tagesfragen wird er fernerhin im Ministerium unterrichtet werden, ebenso sollen ihm Vortrage über be stimmte Themata gehalten werden. Der Kronprinz, der Mitte August vom Urlaub zurückerwartet wird, wird von dieser Zeit ab bis -um 1. Oktober, mit welchem Termin seine Studien den vorgesehenen natür lichen Abschluß erhalten, weiter in der bisherigen Weise im Ministerium des Innern tätig sein, wobei ihm Geheimrat v. Falkenhayn be sonders zur Seite steht. Mit dem Entschluß, seine Studien sortzusetzen, beweist der Thronfolger jedenfalls, wie ernstlich er bestrebt ist, sich einen genauen Einblick in die inneren preußischen Angelegenheiten zu verschaffen. * Tic NetchSfinanzreform. Das Referat des Reichöfinanzreform- EutwurfeS, der angeblich schon seit dem 21. Juni den Mitgliedern des Bundesrats zugegangen sein soll, liegt dort in den Händen des baye». rischen StaatsrätS Ritter von Burckhardt, der im Jahre 1903 die AmtSuachfolge des Freiherrn von Stengel als Bevollmächtigter Bayerns antrat. — Es scheint sich zu bestätigen, daß starke Auflage» auf Gas und Elektrizität (für Licht» und zkrastzwecke) das Rückgrat der Reform bilden werden. Die neuen Steuern dieser Art sollen, wie verlautet, dem Negierungsentwurf zufolge an der (Licht- und Kraft-) Erzeugungsstelle zur Einziehung gelangen. * Ans Anhalt. Die Wahlmännerwahlen zum Anhaltischen Landtage, der mit dem 14. November neu lonstituiert wird, sind vom herzogltth anhaltischen Staatsministerium auf ven 3. Oktober fest gesetzt worden. * Tas Problem der besten Fcldunisorm. Khaki, die aus dem Burenkriege bekannte gelbbraune Uniformsarbe des britischen Heeres, die für koloniale Zwecke in Indien, Südafrika, Aegypten und ähnlichem sandigen und steinigen Gelände wohl ihre Meriten hat, aber im „grünen" England und auf dem Kontinent all,»weithin sichtbar ist, scheint endgültig auf den militärischen AuSsterbe-Etat gesetzt zu sein. Schon seit einer Reihe von Jahren bemühen sich hohe englische Offiziere, an ihrer Spitze Felvmarschall Lord Roberts, der Armee eine kleidsamere und doch feldbrauchbare Tracht zu verschaffen. Da man in England das praktische Feldgrau früher als Grund tuchfarbe für die Milizen gehabt hat, so wehrt sich das stehende Heer gegen seine Einführung, und man hat vornehmlich deshalb auch den Vorschlag von Robert», ein bläuliche» Grau uach österreichischem Bor bilde eiuzusühreu, verworfen. Jetzt ist der großbritannisch« Militär bevollmächtigte in Berlin, Oberst Trench, mit der Ausarbeitung eine» Berichtes Über die neue deutsche graugrüne Felduniform beauftragt worden. E» würde des HumorS mcht entbehren, wenn die Engländer gerade jetzt uns die neuesten militärischen Errungenschaften und Fort schritte nachmachen wollten. * Jnr verueinbernng per Gpioiiageaffären. Ein militärische« Uebereiukommen ist zwischen Italien und Oesterreich abgeschlossen worden, das zwar nicht Lebensintereffen der beiden Staaten berührt, aber doch Beachtung und Nachahmung seitens anderer gemeinsame Grenzen besitzender Länder verdient. Auf Anregung von Italien sind die Reisen von Offizieren in den beiderseitigen Ländern durch Bestim mungen geregelt. Sie unterscheiden Reisen lv besonderem, dienstlichem Auftrag und andererseits Urlaubsreisen uud solche zu wissenschaftlichen und touristischen Zwecken. Für erstere müssen vorher die Namen der betr. Offiziere dem anderen Staat mitgeteilt werden, und auf ihnen kann zeitweise die Uniform angelegt werden. Für die zweite Gruppe von Reisen sind die betr. Persönlichkeiten vorher bei den militärischen Lokal behörden anzumelden, so daß sie sie vorkommendenfalls unterstütze» können. Die Osfiziere sind vor ihrer Abreise eingehend zu instruieren, daß in Gegenden von besonderer militärischer Bedeutung die Mitnahme von photographischen Apparaten, Plänen und Karten großen Maßstabes nicht ratsam erscheint. Jedenfalls sind photographische Ausnahmen und Ein zeichnungen in Karten in solchen Gegenden zu vermeiden. Auch ist die Mitnahme eines genau ausgefüllten Passes erforderlich. Man hofft, daß infolge dieser Vereinbarung die gerade an der italienisch-österreichischen Grenze nicht seltenen Arretierungen von Offizieren wegen Spionage- Verdachts nunmehr sich verringern werden. Ausland. * Die Aussperrung »er Bauarbeiter tu Part» wird nuu in die Wege geleitet. Paris, 11. Juli. (Telegramm.) In einer gestern nachmittag statt- gehabten Versammlung von Unternehmern öffentlicher und privater Arbeiten wurde in Anbetracht der partiellen Streiks, der Boykottierung einer Anzahl von Arbeitsplätzen uud der aus den Arbeitsplätzen bestehenden anarchischen Zustände beschlossen, allmählich alle Arbeitsstätten für Erdarbeiten zu schließen. * Die Trennung von Schule und Kirche wird jetzt selbst in dem ewigen Rom, dem Sitz Seiner Heiligkeit deS Stellvertreter- Christi auf Erden, durch geführt. Rom, 11. Juli. (Tel.) Die Stadtverordnetenversammlung nahm mit 57 gegen 3 Stimmen die Abschaffung d«S gesamten Religion-unter- richts in den Schulen an. * Die Gärung in Mazedonien, die namentlich durch die bulgarischen Banden geschürt wirb, greift bereits auf das Militär über. Saloniki, 11. Juli. (Tel.) Ein von Monastir nach Janina versetztes Jägerbataillon ist zn den Aufständischen tu ReSna übergegangen. Monastir soll in den Belagerungszustand versetzt werden. Ja Cawalla haben die Jungtürken einen Polizisten, welcher spioniert^ erschossen. * Zu den Bandenkämpfen in Mazedonien wird der „Disch. Orient- Korr." aus Saloniki geschrieben: „Da von seilen der bulgarischen Regierung von jeher, aber in letzter Zeit mit erhöhtem Nachdruck betont worden ist, daß die Regierung alles ausbiete, um die Äandenbildung in Bulgarien zu unter drücken, scheint es demgegenüber am Platze, ein Ereignis ans Tageslicht zu bringen, das in den Tageu vom 17. biS 20. Juni d. I. an der türkisch-bulgarischen Grenze vorgefallen ist. Au Leu genannten Tage» hat im Bezirk Osmanieh des Wilajets Kussovo bulgarische- Militär di« ihnen gegenüber liegeudeu türkischen Grenzposten wiederholt angegriffen, um dadurch einer Bande von 40 bis 60 Bulgaren das Ueberschretteu der türkischen Grenze zu ermöglichen und gewissermaben ihre Bewegungen zu maskieren. Tatsächlich konnte man dann auch beobachten, wir die bulgarisch« Bande iu- zwischen aus dem Gulak-Balkan in Mazedonien vorzudrtugen versuchte, dabei aber von den türkischen Truppen entdeckt worden ist. Diese griffen dir Bande noch rechtzeitig an, so daß sie zum Rückzug gezwungen wurde, und zwar unter Hinterlassung von drei mtt Mauulicher-Patroueu beladenen Pferden, einem Mannlicher - Gewehr, Werkzeugen, elektrischen Apparaten, Bomben und Kleidungsstücken. Sollten die bulgarischen Grenzposten, deren Aufgabe es angeblich ist, LaS Vordringen der bulgarischen Baudeu in Maze donien zu verhindern, alle in dieser Weife ihre Pflicht erfüllen, so wäre rS doch besser, sich die Kosten dieser Grenzüberwachuug zu ersparen." * Ein Deutscher in Argentinien ermordet. In der Kolonie Maria Teresa bei Diego de Alvear wurde, wie eine briefliche Rach, richt aus Buenos Aires besagt, am 24. Mai der aus Schlesien gebürtige Kolonist Johann Heidrcchvon zwei Jägern geschossen. Die beiden Jäger waren trotz des vorherigen Verbots mit Hunden in ein Maisfeld cingedrungcn, von wo sie Heidrich zurückwies. Als Heidrich nach einem Wortwechsel vom Pferde stteg, schossen ihm die Jäger aus nächster Nähe zwei Schrotschüsse in den Kopf und Unterleib. Nach längerem schmerz, haften Leiden starb Heidrich. Er hatte in P'lchowih seine Ausbildung als Lehrer erhalten und legte später das Mittelschullehrer. und das Rektorexamen ab, machte dann in Berlin Sprachstudien, ging 1889 als Reorganisator deö Untcrrichtswcscns nach Chile. Nach 7^jähriger Tätig, leit kehrte er nach Deutschland zurück und widmete sich dein Studium der Textilindustrie, um diese in Argentinien einzuführen. Hier hatte er crn Patent auf Gewinnung von Eiweiszstoffcn aus dem Blute der ge schlachteten Tiere. Aber sein Unternehmen scheiterte und kostete ihm sein Vermögen. Darum hatte er sich in das Kolonistcnleben zurückgezogen. Merkwürdigerweise wird über die Mörder, die verhaftet wurden, nichts Näheres gemeldet. Wenn sie nur einige Verbindungen nach oben haben, kommen sie in diesem Lande wegen einer Mordtat mit ganz geringen Strafen davon. Lösung und keine Verwicklung sind geschmacklos. Ein Mann mit lite rarischen Eigenschaften hat eine neuere Parzelle aus dem Felde der Literatur in Angriff genommen, weiter nichts. Und er hat eine For derung seines Handwerks, zwischen seinen Figuren und dem Leser die Verbindung herzustellen, vorzüglich begriffen und befolgt. 'Sherlock Holmes, der wochenlang apathisch auf seinem Sofa liegt und sich durch Morphium einen Rest von Lebensbeiahung kümmerlich erhält, und der erst auslebt, wenn er wie ein Spürhund aus eine Fährte gesetzt wird, kurz wenn es Arbeit gibt, erobert sich Sympathien. Seine Wohnung in der Bakerstraße in London ist uns vertraut. Erst ein krasser Bühnenbearbeiter, nie Conan Doyle selbst, hat diese Sympathie bis zu einer Heirat mit einer immens reichen Erbin steigern zu müssen ge glaubt. Was Sherlock Holmes in London und bei Conan Doyle ist, der berühmte Detektiv, der die allgemeine Achtung genießt und der die ver zweifeltsten Fälle noch zu enträtseln vermag, das sind Monsieur Lecoc in Paris und bei E. Gaborian, Bruce in New Aor! und del A. K. Green, und schließlich Monk in Christlania und bei Fr. Biller. Man findet sie in so ausgezeichneten Romanen wie „Monsieur Lecoc", „Der schwarze Diamant", „Der große Bankdiedstahl" gleichfalls bei Lutz. Bemerkenswert und interessant ist, daß die deutsche Hauptstadt kein geeignetes Thema für den Kriminalroman abzugeben und die deutschen Schriftsteller keine lesbaren Romane aus diesem Ge- biete zu liefern scheinen. Was mag der Grund sein? Die Tatsache, daß das Fremde romantischer als das Bekannte ist und London oder New Jork stimmungsvoller klingen als Berlin? Die lähmende Erkenntnis, daß bei uns der Sicherheitsdienst gar zu bureaukratisch oder zu miji- iärisch geordnet ist? Das Unvermögen unserer Autoren, knappe Hand lungen odne Betrachtungen und mit einer gewissen Großzügigkeit er- jählen zu können? Alle drei Momente wirken wohl zusammen, am ttärksten vielleicht das dritte, wenigstens nach den spärlichen deutschen Romanen in der Lutzschen Sammlung zu urteilen, eben D. Theben, dessen Erfindungen mit sentimentalen Gesühlsergüssen durchtränkt sind und vlump«, durchsichtige Lösungen bringen. Damit berühren wir die vornehmste Pflicht des Kriminal- und Detektivromans: nickt plump zu sein. Weder in den Beweggründen des Verbrechens noch in der Auffindung der Spuren. Man darf nicht nach den ersten Seiten wissen: dieser Roman ist auf oas Klischee: „Die unbekannte, aber vollkommen ähnliche Zwillingsschwester" oder aus das andre: „Die geheime Gesellschaft, gegen die jede Vorsicht unmöglich ist" gearbeitet. Tas ist dann freilich der alte Räuber, und Ritter roman, schlimmer noch, der Hintertreppen- und Schauerroman übelster Zorte. DaS Gebiet des Kriminalromans ist ja beschränkt, denn die Motive wurzeln alle im Verbrechen und sind nicht weiter kompliziert: Habgier, Rachsucht usw., es müßte denn jein, daß sie psychologisch waren. Hier würde sich dem Kriminalroman ein ungeheures Feld öffnen, zu dessen Bebauung eS freilich einer tieferen Begabung als der des gewöhnlichen Romanautors bedurfte. Der Kriminalroman wurde auf dos Gebiet der hohen Literatur hinüber- oefthrt, »nd sein Thema wäre: „die seelische Anziehungskraft, der un geheuere Stimmungsgehalt des Verbrechens, das Verbrechen als Problem. Aber Grenzen sind wohltätig, denn schließlich erhöbe sich noch die Frage, ob „Raskolnikow" Dostojewskis" nicht ein Kriminal roman sei. Jedenfalls aber sind diese tieferen Krimininalromane noch nicht geschrieben (nur S. Meunicurs „Kain" in Lutz' Bibliothek be deutet eine gelungenen und A. v Perfalls „Die Finsternis und ihr Eigentum" einen wirren .mißlungen Versucht, wir haben also bei unserem heutigen Thema eine noch zu lösende Aufgabe entdeckt. 0. I'. * * Die Beisetzung deS Dichters Jouas Lte hat, wie ein Telegrainm aus Christlania meldet, gestern unter außerordentlich starker Beteiligung statt gefunden. Der König hatte «inen Vertreter entsandt. Im Gefolge waren zahlreiche Mitglieder vrS Regierung und deS Storthings. Auch das diplo matische Korps sowie die Zivil- und Militärbehörden waren vertreten. Weiteres meldet da« „B. T." aus Christlania: Hier hat sich das Gerücht gehalten, daß die Familie Jonas LieS die Absicht habe, eine Sammlung seiner hinterlassenen Korrespondenz herauSzugrben. Dies ist jedoch nicht der Fall. Dagegen wird im Laufe des Sommers im Gyldendalschen Verlag zu Kopenhagen eine ausführ liche Biographie LieS erscheinen; diese ist von seinem Sohne Erik verfaßt und sollte eiarotlich am 75. Geburtstage LieS herausgrgrben werden. In dieser Biographie werden einige Briefe Lies, sowie andere Dokumente Aufnahme finden, die zur Charakterisierung der Persönlichkeit deS Dichters dienen. Ter Verstorbene hat außer kleinen Szenen, die sich zur Veröffentlichung im Rahmru einer Zeitschrift eignen, keine literarische Arbeit hinterlassen. * Sine neue freie Bühne für Pari». Unter dem Namen .»TbLLtro inckspeuckcutt" hat sich in Paris eine neue Theatergesellschaft gebildet, der, wie der „L.-A." berichtet, die ersten literarischen und künstlerischen Kreis« Frankreich» an gehören und die sich die Aufgabe stellt, jungen uud neuen Talenten, Autoren und Darstellern mit und in noch unausgeführten Stücken den Weg in die Oeffentlichkrtl zu bahnen. Dir neue Bühne tritt bereits am 1. September in» Leben und wird bis zum 31. Mat spielen. In jedem Monat will sie einen Rovitätenabend («Iso neun im ganzen) mit einem oder mehreren Stücken ver anstalten, die ihre Uraufführung im Theater Mariguy oder Frmina erleben. Nach der jedesmaligen Premiere, der eine öffentliche Generalprobe voranaeht, soll die ansgeführt« Novität auf fünfzehn bis zwanzig andere« französischen Bühnen einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden. " Neue» zur Wiederherstellung her Venns »nn Ml». Große Ans- regung verursachte kürzlich die telegraphische Mitteilung, daß in Monrnvassia in Lakouien eine kleine Venu-statue aufgrfnndrn sei, mit Hilfe deren man die« bekannte Kunstwerk im Louvre nun endgültig zu ergänzen hofft. ES handelt sich um eine etwa 40 em große Terrakottastatue. Der Fund war zufällig von einem vauein beim Umgraben d«S Acker« gemacht worden. Der gute Mann hatte keine Ahnung von dem Lärm, den dieser Fund Hervorrufen würde. Zufällig zeigte er e- eine-Tages einem griechischen Parlamentsmitglied«. Der Abgeordnete erkannte auf den ersten Blick den Wert de- Kunstwerke«, das sich in ganz unversehrtem Znftande befindet, und txranlaßte sei» Aukausnng. Bet näher« Untersuchung hat sich nun herausgestellt, daß es absolut keine korrekte Wiedergabe des alten Kunstwerkes ist. Auf den ersten Blick ist di« Aehnlichkeit mit der bekannten Venus allerdings überraschend; bet genauerem Vergleich aber findet man Un genauigkeiten. Das aufgefundene Werk macht den Eindruck der Kunsttöpferwaren der letzten zwei Jahrhunderte v. Ehr. Wenn eS unn auch an und für sich nicht übermäßig wertvoll ist, so bleibt seine Bedeutung für die archäologische Frage, wie man die Venus von Milo zu ergänzen hab«, doch bestehen. Denn eS ist ganz zweifellos, daß der Künstler die Motive des alten Kunstwerkes übernommen ljat. Die Figur hält mit der reckten Hand einen Spiegel und rafft mit der linken das heruntergleitende Gewand. Die VenuS von Milo würde also aufzu fassen sein als „halbnackte Benn« mit dem Spiegel". Eine ähnliche Lösung hat schon ein Wiener Künstler versucht. Auch er gab ihr in die eine Hand einen Spiegel, während die andere daS Haar ordnet. Die jetzt gegeben« Lösung, die. nämlich die eine Hand als Halt für da- Gewand nimmt, ist jedoch bedeutend wahrscheinlicher. , * Die Ausrüstung von PenryS Polirfchiff. An« New York wird be- richtet: Die „Roosevelt", mtt der Commander Prary in diesen Tage» seine neue Nordpolexvedition antritt, ist jetzt nach monatelang«» stiller »ud emsiger Arbeit abfahrbereit. Bei der Neuausrüstung deS bewährten Fahrzeuge- hat man die Erfahrungen der früheren Expeditionen sich zunutze gemacht, deren letzte nach Ansicht der Teilnehmer in erster Linie darum nicht mtt der Eroberung deS Pole- abschloß, weil die „Roosevelt" nicht'imstande war, die nötigen Kohlen vorräte mitzuführen. An Stelle der riesigen Wassermassen, dir mau bei der letzten Expedition mitsührrn mußte, hat man in die „Roosevelt" jetzt Maschinen eingebaut, die im Gegensatz zu den früheren Seewassrr verwenden können, so daß nur Trink- und Kochwassrr mstgeführt wird und der gewonnene Raum der Bereicherung der Kohlenbestände zugute kommt. Ein« sinnreiche Einrichtung nutzt die Hitz« der Dampfkessel zur Heizuua der benachbarten MaunschaftSräume ans. DaS bet der letzten Fahrt von den NSmafseu »«störte Heck wurde durch ein völlig neue-, außerordentlich starke- ersetzt und ebenso ist der Bug durch Stahl verstärkt worden, so daß die „Roosevelt" wohl jetzt eine- der stärksten uud widerstandsfähigsten Fahrzeuge ist, die je die Fahrt an getreten haben. Präsident Roosevelt, d« Peary- Unternehmen mit lebhafte« Iuterrff« verfolgt, bat den Nordpolsahrer beauftragt, während der Reise an de« Küsten von Grant- Laad und Grönland Untersuchungen über di« Flut Verhältnisse anzustellen. * Meine Chronik. Theodor Wiehmayer, der, wie wir kürzlich mil- teiltrn, an da- Königliche Konservatorium iu Stuttgart berufen wurde, wird dort gemeinschaftlich mit Prof. Max Pa»«r den Unterricht der Birtuoseaklafsen übernehme». — Konstantin Dausch, ein mtter den Deutschen Rom- etustmal» bekauntrr Bildhauer, ist in der italienischen Hauptstadt einer Rippenfrllentzüudnng erlegen. — Der im vorigen Jahr ergangene Ausruf für ein Berthold Auerbach- Denkmtzl hat den Erfolg gehabt, daß die zur Errichtung de» Denkmal» nötigen Mittel nach kurzer Zeit beisammen waren. An der Spitze der Beitragenden stehen König Wilhelm II. von Württemberg und der inzwischen verstorbene Großherzog Friedrich I. von Baden. Da- Denkmal, dessen Ausstellung im Mai 1909 erfolgen soll, wird sich bei dem Liebling-Platz d«S Dichter- erheben, gegen- über der noch zu seinen Lebzeiten ihm zu Ehren gepflanzte» Lind« tu den Kur- saalaulag« t, La»nstatt. <
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