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Bier traktirt und ihm Geld und alles Mögliche verspricht. Auch wird ihm in einem Kleiderkonfektionsgeschäft dauernde Arbeit angeboten, wenn er den Wunsch des Priesters erfüllen würde. Schließlich brachte der Kirchendiener sogar an einem Tage der Frau zwei Körbe Stachel- und Johannisbeeren, welche von derselben einfach zurückgewiesen wurden. * Ein Trinker-Testament. In Oswego bei New-Aork schrieb ein Trunkenbold folgende Zeilen nieder, ehe er sich das Leben nahm: Ich hinterlasse der Gesellschaft einen schlechten Ruf, ein böses Beispiel und ein Gedächtniß, das bald vergessen sein wird. Meinen Eltern hinterlasse ich so viel Kummer, als sie in ihrer Schwachheit noch gerade tragen können. Meinen Brüdern hinterlasse ich soviel Scham und Aerger, als ich möglicherweise über sie bringen konnte. Meiner Frau hinterlasse ich ein gebrochenes Her; und ein Leben der Schande. Jedem meiner Kinder vermache ich Armuth, Unwissenheit, Kränklichkeit, einen schlechten Charakter und dos Bewußtsein, daß ihr Vater ein Säufergrab füllt. Zum Lesen für Trinker, wenn sie Zeit haben. * Die rechte Reihenfolge. Zwei Fuhrleute fuhren dieselbe Straße, ohne einander zu kennen. Nach einiger Zeit fing der, welcher hinten fuhr, mit seinen Vordermann ein Gespräch an: „Was fährst du?" fragte er ihn. „Branntwein" war die Antwort. „Da paßt es gut, daß ich hinter dir fahre", erwiderte der erstere. „Ich habe Leichensteine geladen". * Was wählst du? Im Privatkontor eines wohlhabenden Kaufmanns betrachtete ich einmal, als icb auf den Herrn zu warten hatte, die Bilder. Dabei fiel mein Blick auch auf eine Inschrift, die auf der Rückseite einer Postkarte mit Dinte ge schrieben und über dem Pulte des Kaufmanns angeheftet war. Sie lautete Was? Wein oder Weib? Kinder oder Kneipe? Heim oder Hölle? Die Karte erregte natürlich meine Neugier. „Wo haben Sie das her? Weshalb haben Sie es dort aufgehängt?" fragte ich den Kaufmann, als er eintrat. „Das habe ich selber ausgeschrieben und dort befestigt und ich will Ihnen sagen, wie ich dazu kam. Vor einigen Jahren merkte ich, daß ich mir das Trinken angewöhnte. Mich zog es immer drüben in jene Wirthschaft, und wenn ein Kunde kam oder ein Reisender mich besuchte, so folgte ich jeder Einladung zum Trinken oder ich lud selber ein, wenn es der Andere unterließ. Ich merkte bald, daß ich mein Geschäft vernachlässigte, der Geist wurde träge, ich litt oft an verdorbenem Magen, es fehlte an Appetit, ein stetes Verlangen nach starken Getränken wurde übermächtig in mir. Ich sah öfters Thränen in den Augen meiner Frau und Verwun derung in den Augen meiner Kinder. Das machte mich nachdenklich. Einmal stand ich an diesem Pulte und halb im Traume schrieb ich jene Inschrift auf eine Postkarte, durch die ich eigent lich einen Bekannten zu einem Zusammentreffen in einer Wein stube hatte einladen wollen. Als ich das Geschriebene las, war es mir wie eine Offenbarung. Da habe ich die Karte dorthin genagelt und an jenem Nachmittage wohl hundertmal gelesen. Jenen Tag bin ich nüchtern geblieben und seitdem habe ich keine Kneipe wieder betreten. Sie sehen die Allitteration in den Worten. Ich habe nie das Dichten versucht, ich halte diese Worte immer noch für eine Eingebung. Sie enthalten drei feierliche Warnungen, die erste kommt vom Altar, die zweite von der Wiege, die dritte von . ." Der Kauf mann schwieg. Ich glaube, er hat nichts dagegen, daß ich seine Geschichte wieder erzähle. Die Inschrift sollten Tausende beherzigen. * Offizielle Anerkennung der Malton-Weine. In der Schlußsitzung der Vereinigung bayrischer Vertreter der ange wandten Chemie in Nürnberg sprach Dr. Moßlinger-Speyer über die in den Handel kommenden Malton-Weine, die durch eine eigenthümliche Gährungsart und durch Verwendung von Hefe aus südlichen Ländern weinactige Getränke darstellen, die in diätischer Hinsicht geeignet erscheinen, gleiche Verwendung zu finden wie ähnliche Naturweine. Die Malton-Weine wurden als eine auf streng wissenschaftlicher Basts beruhende Erfindung erklärt und der Beobachtung empfohlen. * Der unter den Opfern des „Iltis" befindliche Ober matrose Markoff hatte noch am 14. Juni von Schanghai aus einen — letzten — Brief an seine zu Frauendorf in Pommern lebende Mutter geschrieben. Er berichtet darin, daß er gesund und munter sei, aber stete Sehnsucht nach der Heimath habe. In dem Briefe heißt es u. a.: „Liebe Mutter, Du weißt gar nicht, wie groß die Freude ist, wenn man einen Brief bekommt! Wenn die Uhr auf 12 geht und gerufen wird: „Alle Mann Briefe empfangen!" dann eilt man mit freudigen Augen hin; wenn man dann aber keinen Brief dabei hat, muß man mit Thränen in den Augen wieder fortlaufen". Der junge, hoffnungsvolle Seemann erzählt dann verschiedenes von seinen Kameraden, namentlich seinem besten Freunde ausPode- juch, wahrscheinlich dem ebenfalls ertrunkenen Obermatrosen Otto Wittig. Das humorvolle Schreiben enthält noch u. a. einen scherzhaften Vers: Was nützt dem Seemann all sein Geld, wenn er damit ins Wasser fällt!" Der jugendfrische Briefverfasser hat wohl kaum geahnt, in wie furchtbarer Weise sich dieses Schlagwort an ihm und der großen Mehrzahl seiner Schiffskameraden erfüllen sollte. * Ein furchtbarer Bergsturz, so schreibt man aus Kon stantinopel, hat das blühende Armenierdorf Kaba-Ahir in Sa- zistan bis auf zwei entlegene Gehöfte vernichtet und die gesammte Einwohnerschaft, welche gerade bei Tische saß, verschüttet. Ueber dem Dorfe hing ein steiler Granitkegel, der mit seinem zackigen Grat nahezu über 1600 m in die Luft ragte, ohne jedoch irgendwie ahnen zu lassen, daß er je ins Rollen gerathen könnte, Letzthin nun — die Dö'fler waren fast alle, von der Ernte kommend, beim Mittagsmahle — verfinsterte sich plötzlich die Luft, und ein dumpfes Getöse entkcaiv. Bevor man sich noch über die Ursache der unheimlichen Erscheinung vergewissern konnte, stürzte dieser Kegel, wie von Cyklopenhänden geschleudert, auf das Dorf. Außer elf Personen, welche in einiger Entfernung wohnten, ist von der Bevölkerung niemand am Leben geblieben. Man sieht jetzt den Berg wie in der Mitte durch einen Blitz gespalten in gänzlich veränderter Form. Weite Wiesenflächen, die einst wegen ihrer Ergiebigkeit berühmt waren, liegen unter einem kollossalen Steingrab. An Rettungsarbeiten «ar gar nicht zu denken, da Menschenkräfte eine nahezu 100 m tiefe Felsschicht unmöglich durchdringen könnten, um die Begrabenen wieder herauszuschaffen. * SchWvnglück. Aus Berlin wird unterm 9. August berichtet: In vergangener Nacht überrannte der der „Dampfer gesellschaft Oberspree Tismer u. Comp." gehörige Dampfer „Neptunöhain" auf der Spree in der Nähe von Treptow das Vergnügungsmotorboot „Toni", in welchem sich 10 Personen befanden. Vier derselben sind ertrunken. * Ueber die Verheerungen der Erdbebenwelle in Japan liegen nunmehr aus Tokio folgende amtliche Angaben vor: In der Präfektur Jwate zählt man 23309 Todte, 4396 Ver wundete und 7429 weggeschwemmte oder zerstörte Häuser. Für die Präfektur Miyagi lauten die betreffenden Ziffern 3314, 776 und 1396; für die Präfektur Aomori 346, 213, 465; für Hokkaido 6, 5 und 25. Das macht zusammen 26975 Todte, 5390 Verwundete und 9315 weggcschwemmte oder zer störte Häuser. Der Verlust von Fischerbooten und Fischergeräthen wird in den drei genannten Präfekturen aus rund 900000 Jen geschätzt. Ueber den Werth der weggeschwemmten oder ver nichteten Häuser und sonstigen Eigenthums fehlen bisher näh.re Daten. * Eine Teufelsaustreibung fand neuerlich in aller Form in der Nähe von Florenz statt. In einer kleinen Kirche Borgo Pinti, welche den Franziskanern gehört, wurden, wie die gut unterrichtete römische Zeitung „Tribuna" berichtet, seit mehreren Tagen Versuche gemacht, eine Frau Signa vom Teufel zu be freien. Während der dazu nach Vorschrift der Kirche vor- genommcnen Ceremonien bewegte die Frau die Arme, verdrehte die Augen, schimpfte und fluchte. Dieses merkwürdige Schauspiel wiederholte sich zweimal täglich und zog zahllose Menschen in die Kirche. Wer weiß, wie oft es sich wiederholt haben würde, wenn nicht eines Tages während dieser Ceremonien sich ein katholischer Monn einen Weg durch die Menge gebahnt, bis zum Altar vorgedrängt und den Mönchen ihr Teufelsaustreiben aufs Entschiedenste verwiesen hätte. Bald schlossen sich ihm andere Leute an, die Mönche wurden ausgehöhnt, ausgepfiffen und schließlich mit ihrem Anhänge durchgeprügelt. Die ganze Geschichte endete in einer wüsten Schlägerei. Dieser Vorfall zeigt, wie die Geduld der Italiener dem römischen Aberglauben gegenüber doch manchmal ihre Grenze hat. * Hamburg, 10. August. Gestern schlug auf der Elbe ein Segelkutter um; von den drei Insassen sind zwei, ein junges Ehepaar Namens Schuhmacher, ertrunken; ihr Be- glutcr wurde gerettet. «knivum Mkveirk^ ») I>> , — v«nwtzrrt<ai» tr«t, —