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eben mal so! Der Raucher sieht in dem Tabak seinen Freund und Sorgenbrecher, der ihm Hunger und Durst, Grillen und Langeweile vertreibt, dafür Munterkeit und geistige Spannkraft erregt. Jedenfalls behauptet das „edle Kraut" schon längst eine unüberwindliche Stellung bei den Naturvölkern wie bei den halb und ganz civilisirten Nationen, und es wird diese seine bevorzugte Position sicherlich auch bis in die fernste Zu kunft bewahren. Vermischtes. * Achtzehn Stunden unter dem Wasser. Aus Rom schreibt man: Als jünst im Hafen von Spezia die von Corsetti er fundene „Taucherkugel" von den Marinebehörden geprüft werden sollte, stiegen, wie der Erfinder vorgeschrieben hat, fünf Arbeiter furchtlos ein, und im Umsehen war der fchwere Apparat auch im Wasser, an einer sehr tiefen Stelle verschwunden. Eine unabsehbare Menge wartete am Ufer auf den Verlauf des Ex periments. Allein es vergingen Minuten und Stunden, ohne daß die Kugel wiever auftauchte. Schließlich holte man zwei geübte Taucher herbei, welche feststellten, daß sich der Apparat bei der Senkung etwa ein Meler tief im Me-reöschlamm eingebuchtet habe und daß alle Versuche, ihn wieder flott zu machen, gescheitert wären. Bis nachts 2 Uhr dauerten die Hebungsarbeiten. Gegen Morgen erschien der kommandirende Admiral Candiano selbst und ordnete einen neuen Rettungsversuch an, obwohl er fest überzeugt war, daß alle fünf Insassen längst erstickt seien. Nach sechs Minuten kam die Kugel oben an, und die erregte Menge glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als alle fünf Arbeiter Wohlgemuth aus ihrem Gefängnisse hervorsprangen. Sie waren also achtzehn Stunden unter dem Wasser gewesen, aber der guten Füllung der Kugel und der übrigen Vorrichtungen waren sie dem Tode glücklich entgangen. * Ein trauriger Unfall ereignete sich am 10. August im Novelty-Theater, einer kleinen Volksbühne Londons, in der Echlußscene des Sensationsdramas „Sünden der Nacht". Der Bösewicht des Stückes, den der Schauspieler Crozier gab, wird von einer anderen Person erstochen, wozu ein sogenannter Teleskop- dolch dient. Am genannten Abend versagte die Feder, infolge dessen drang der Dolch in das Herz Croziers, der todt nieder stürzte. Da mit der Erstechungsscene das Stück schließt, fiel der Vorhang und das Publikum verließ das Theater, ohne eine Ahnung von dem Vorfälle zu haben. * Achtzehn Jahre von seinen Eltern gefangen gehalten wurde in Tarent der jetzt 24 Jahre alte Francesco Bianchi. Infolge einer Anzeige ließ die Staatsanwaltschaft das Haus des begüterten Ehepaares Bianchi durchsuchen, und in einem luft- und lichtlosen Kämmerchen des zweiten Stockes fand man den Sohn in einem bejammernswerthen Zustande. Er befindet sich im letzten Stadium des Kretinismus, ist verwachsen und gleicht, besonders wegen des bis zur Erde reichenden Kopfhaares, eher einer Frau, als einem Manne. Das Essen wurde dem Un glücklichen von seinen Rabeneltern gewöhnlich durch ein ver gittertes Fensterchen auf einem Hundeteller gereicht; er aß, auf den Fußboden kauernd, mit den Fingern und schlief während der ganzen 18 Jahre auf einem Holzbänkchen. Bei der Ver haftung des Ehepaares Beanchi wäre es fast zu einem Aufruhr gekommen, da das Publikum große Lust verspürte, beide zu lynchen. ' Ein Opfer seiner wissenschaftlichen Ueberzeugung ist der Ingenieur Otto Lilienthal, der bekannte Erfinder eines Flug apparats , geworden, er ist nämlich am 10. August bei einem Flugversuche in der Nähe von Rhinow bei Potsdam tödtlich verunglückt. Lilienthal hatte vor mehreren Jahren schon einmal Unglück gehabt, als er in einem westlichen Vororte Berlins seinen Apparat in Thätigkeit zeigen wollte. Ersäufte damals, anstatt langsam zu gleiten, von einem Hügel hinab und landete zu seinem Glück in einem kleinen Sumpfe. Der weiche Boden war nachgiebig, sodaß Lilienthal mit wenn auch nicht gerade leichten, so doch auch nicht lebensgefährlichen Verletzungen davon kam. Trotzdem ließ er, wie gesagt, von seinen Plänen nicht ab und ist dafür in den Tod gegangen. Der Versuch bei Rhinow mißlang ebenfalls. Lilienthal stürzte wieder mit seinem Apparat herab und blieb mit schweren Verletzungen auf dem Platze liegen. Man schaffte den Verunglückten so bald als möglich nach Berlin in die König!. Klinik. Aber die Kunst der Aerzte vermochte ihm nicht mehr zu helfen. Schon um 3 Uhr Nachmitlags starb er an einem Bruch der Wirbelsäule und schweren inneren Ver letzungen. * Humor des Kaisers. Während des zu Anfang der Kaiserreise herrschenden schlechten Wetters mußte die Zeit durch Musiziren, Erzählen rc. so gut wie möglich ausgefüllt werden. Der Kaiser betheiligte sich daran recht lebhaft und kolportirte eines Tages folgende, angeblich bei den Gardekürasstren that- sächlich vorgekommene Jnstruktionsblüthe: „Unteroffizier Müller instruirt seinen Berilt über das militärische Grüßen und be ginnt: „Jetzt bin lck der Unteroffizier Müller, was hast Du da zu machen?" Der Gefragte grüßt vorschriftsmäßig. „Richtig! Jetzt bin ick der Herr Leutnant — und jetzt der Herr Brigade kommandeur!" fragt Müller weiter, und auch in diesen Rollen erhält er den vorschriftsmäßigen Gruß. „Nu aber uffgepaßt, Lehmann! — Du gehst de Leipz'ger Straße entlang. — Uff emal kommt de Kaiserin in de Pferdebahn angefahren! Was hastDu da fix zu machen?" Lehmann will nun recht schneidig Front machen, bleibt aber mit den Sporen irgendwo hängen und stürzt zu Boden. — Die Hände über den Kopf zusammen schlagend, stöhnt der Unteroffizier Müller vorwurfsvoll: „Mensch! De Kaiserin ist ganz gewiß 'ne seelensgute Frau! Wenn se aber das gesehen hätte! Ick sage Dir: Rrraus, eene runter gelangt und wieder rinn in die Pferdebahn, det wäre eens ge wesen!" Stürmisches Gelächter, in das der Kaiser herzlich mit einstimmte, durchschallte nach dieser Erzählung minutenlang den Decksalon. * Ein für den Weltverkehr wichtiges Ereigniß hat sich jetzt im Herzen von Sibirien vollzogen. — In Tomsk ist dieser Tage der erste Eisenbahnzug eingetroffen. Nachdem am 31. Mai 1891 zur Ausführung dergroßen sibirischen Eisenbahn der erste Spaten stich gethan ist, sind seither bereits große Stücke dieses 7609 Kilometer langen Schienenwegs dem Verkehr übergeben worden; so im August vorigen Jahres die Strecke Tscheljahimsk - (Sibirische Grenze) Omsk mit 793 Kilometer, im Oktod» wieder die Süd-Ussuribahn Wladiwostok—Grafskaja mit 4It Kilometer. Dazu kommt die jetzt eröffnete Strecke Omks-TomkS, und es wird aus Petersburg berichiet, daß noch vor Ablauf dieses Baujahres die Linie Krasnojarsk am Jenissei, 1385 Kilo meter von Omsk erreichen wird, und man hofft bis 1904 mit dem ganzen Riesenwerke fertig zu sein. Wie schon erwähnt, beträgt die Gesammtlänge der Bahn — mit zwei kleineren Zweiglinien — 7609 Kilometer; die Route Paris-Konstantinopel ist nur 3042 Kilometer, die nordamerikanische Central-Pacific bahn 5357 Kilometer lang. Doch viel lehrreicher als diese Ziffern ist wohl folgende Zusammenstellung des „N. Wien. Tagebl.": Entfernung Von Wien über Warschau nach Moskau . . . . ° 2007 Kilometer Von Moskau über den Ural nach Tscheljabinsk . . 2007 „ 4014 Kilometer 6 Tage Von Tscheljabinsk bis Wladiwo stok am stillen Ozean . . . 7415 „ 13 „ 10 Stdn. Wien-Wladiwostok 11,429 Kilometer 19 Tage 10 Stdn. Wenn man nun auch annimmt, daß einmal auf der ganzen Linie Wien-Wladiwostok Courierzüge mit einer Geschwindigkeit von 60 Kilometer per Stunde gehen werden, erhält man not immer als Reisedauer — mit Einrechnung der unerläßlichen Aufenthalte — neun bis zehn Tage. Nun, die Amerikaner, deren Eisenbahnzüge gewiß keine Schneckenpost sind, brauchen für die Fahrt New-Jork—San Francisco (5357) Kilometer) 6 Tage. Was die sibirische Bahn für die Beschleunigung deS Weltverkehrs bedeutet, beweist die Thatsache, daß durch dies! Bahn die Reise London—Japan (Nagasaki) und die Reist London—China (Shanghai) um je 10 Tage abgekürzt wird. Zur Reise um die Erde wird man jetzt also nur noch 42 Taz! brauchen. * Merkwürdig. Gast: „Vorgestern finde ich eine Nadel in der Suppe, gestern ein Streichhölzchen und heute gar ein Stüll Kohle!" — Kellner: „Donnerwetter, haben Sie aber Glück!' * Uneigennützig. Verbrecher (zu seinem jungen Vertheidiger)! „Nein, wie ich mich freue, daß Sie mich frei bekommen haben, jetzt ist Ihr Ruf gemacht!" * Vater und Sohn. Frau Schmidtlein: „Mit meinem Fritz ist's nicht mehr zum Aushalten. Die ganze Woche ist der Junge keine Nacht vor zwei Uhr heimgekommen." — Frau Werkhahn: „Ja, Frau Schmidtlein, was sagt denn da Ihr Mann dazu?" — Frau Schmidtlein: „Da liegt's eben, der ist immer dabei." Fahrtdauer 2 Tage 9 Stdn. 3 .. 15 . für dü Erscheint In Ro. gelangen ir , Es w Äer den Ki Uner Bros Praxis", N Müschen L Mgießen Mokratisch Ml haben »iffen g Meinen Md gehäs Maldemokr ? sogar er> Miet, sa Anzahl