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Walde zu nach dem Tannengehölz, wo das Wild wechselte. Wie so oft war er schon in seinem Leben yinausgegangen in den grünen Forst zum schweren Tagewerke, Zufriedenheit im Herzen trotz des trockenen Brodes in seiner Tasche, ein fröhliches Lied auf seinen Lippen. Heute schritt er dahin, trotzig und finster. Er, der noch nie die Furcht ge kannt, blickte sich scheu um, wenu ein Lufthauch durch die Bäume zog. Die widerstreitensteu Gedanken zogen durch seine Seele. Die Liebe zu den Seinigen, für die er sündigen wollte, und der Groll gegen Gott nnd die Menschen, die ihm nicht helfen wollten. Dieser Zwie spalt ist in unsern Tagen zu begreifen. Wer hat ihn verschuldet? Wer kann ihn ausheben? Es muß geschehen, oder die moderne Ge sellschaft, der Fortschritt der Menschheit hört auf und wir sinken in's Bodenlose zurück! Franz hatte nach einem stundenlangen Marsche seinen Standort erreicht, eine Eiche mitten im Nadelholze. Dort mußte er warten; seine Stunde war noch nicht gekommen. Wieder versank er in's Brüten. Als Knaben sah er sich im Walde tummeln und spielen, als Burschen an der Seite seines Schatzes, seines jetzigen siechen Weibes, als nnermüdeten Arbeiter, dem es Keiner nachthun konnte, immer lustig, wie der Vogel im Baumwipfel, weil er immer seine Pflicht gethan. Und jetzt? Zum ersten Male Peinigte ihn sein Ge wissen, zum ersten Male fand sein Herz keine Ruhe, hier, wo er so oft im Schatten am Mittage nach frugalem Mahle sanft gerastet? „Wenn man dich ertappte, entdeckte!" sagte er halblaut, „bah, die Forstbeamteu vermuthen heut' Nacht im Walde keinen Wilderer, und es Miß geschehen!" Allmählich fing der Morgen an zu grauen; die Tage hatten schon merklich zugenommeu. Schon erschollen aus der Ferne Büchsenschüsse, nach altem Osterbrauch. Bald mußte das Wild durchs Gebüsch setzen, das vor dem Lanerer sich ausbreitete. Da —aus der Weite ließ sich ein Geräusch hören, es kam näher — jetzt galt es. Franz hob das Gewehr. Hörbar klopfte ihm das Herz. „Herr, hast Du keine Hilfe weiter? Laß mich nicht verderben!" stöhnte er hervor. In dem Augen blicke klang es aus dem Dorfe vom Krrchthum als Auferstehungsgruß in die Morgendämmerung hinein: „Sollt' es gleich bisweilen scheinen, als verließe Gott dis Seinen, O so glaub' und hoff' ich Ließ: Gott Hilst endlich doch gewiß!" Die Ostermette begann. Wie Gottesmahnung schlug jeder Ton in Franzens Seele. Unzählbar oft hatte der Strauchelnde schon das alte Lied gehört, mit solcher Allgewalt noch nie. Die Bravheit in ihm siegte. Weg warf er die Flinte, daß sie weit fort ins Gesträuch flog. „Gott, ich danke Dir!" rief er laut aus, das Auge zum Himmel er hoben, „Du hast mich zu rechter Stunde zurückgerufeu vom Wege des Abgrundes! Vcrgieb mir, daß ich zweifeln konnte. Ich trau' auf Dich, Du wirst einen Heiland senden!" „Bravo, Franz", klang auf einmal eine Stimme hinter ihm, und aus dem Dickicht trat der alte Oberförster, deu irgend eine Laune so früh hergetrieben. „Habe Dich stets als Wackern Menschen gekannt", fuhr dieser fort, „konnte gar nicht glauben, daß Du es wärst. Die Osterglocke hat im rechten Augenblick gesprochen. Geh' nach Hause, keiu Mensch soll erfahren, daß wir uns hier getroffen und unter welchen Umständen!" Der Holzfäller wollte zitternd um Gnade flehen, um Gottes und seiner Familie willen; aber der alte, biedere Waidmann, der nicht viele Worte liebte, hatte sich wieder zur Umkehr gewendet und ging seines Weges. Franz eilte nach Hause; sein Weib erwartete ihn schon lange mit bangender Brust. Mußte sie ihren Mann als Ver brecher wiedersehen? Sie konnte es kaum glauben. Gott Lob, er kam mit leeren Händen, ohne Gewehr. Was war geschehen? Franz trat an's Lager; sein Auge blickte rein und getrost. „Weib", sagte er, ihr alles erzählend, „ich bringe keine Beute in's Haus; wohl aber meiu gutes Gewissen und meinen alten Sinn, den nur der Herr wiedergegeben. Er wird uns nicht umkommen lassen und nie will ich mich, wie gestern, von Verführerworten bethören lassen." Mit einem Dankesblicke voll inniger Liebe sah sein Weib zu ihm auf. „Der Helfer kommt endlich "doch gewiß", sagte sie zuversichtlich. Und er kam. Ehe noch seine Kleinen vom Schlafe erwacht waren, klopfte es nnd herein trat ein Jägerbursche, einen Korb in der Hand. Der Ober förster hatte ihn gesandt. „Einen guten Morgen von meinem Herrn und hier schickt er Euch etwas, damit ihr Ostern halten könnt und über morgen sollt ihr zu ihm in die Arbeit kommen", sagte der Bote. Da gab es Fleisch, Eier, Brod; das Elend mußte aus der Hütte fliehen. Die Kinder hatten seit Monaten noch kein solches Frühstück gekostet, wie heute. „Vater hat Wort gehalten!" riefen sie und schlangen die Arme um ihn. Dieser schaute seiu Weib mit glücklichem, hoffnungs vollem Blicke au. „Gott wird auch Dich gesunden lassen", tröstete er sie. Sie fühlte sich auch leichter und wohler, wußte sie ja nun die bangsten Sorgen aus dem Hause! Es kam noch besser. Nach beendigtem Ostergottesdienste wurde der Gemeinde kund gethan, daß die Regierung Hilfsgelder gespendet und für Arbeit gesorgt habe. Es kam die frohe Osterkuude, daß in allen deutschen Gauen Liebesgaben gesammelt würden für die bedrängten Brüder auf dem armen Spessart. Noch Viel ist zu thuu! Deutscher Leser, dem diese einfache Geschichte vor's Auge kommt, laß Dir die selbe csue Mahnung an Dein vaterländisches Herz sein, auch ein Scherf lein zu spenden für die Nothleidenden im Spechtwalde. Opfert eben so reich, wie für die Unglücklichen in Szegedin; der Spessarter steht uns doch näher! Wann aber wird der Heiland erstehen, der die über die Völker hereingebrochenen Krankheiten hebt, den Haß der Parteien aufhebt, die echte Religiosität uns schafft, Arbeit und Verdienst zurück bringt, daß Zufriedenheit, Sicherheit und Wohlbefinden wieder einkchren in Paläste ebenso, wie noch mehr in die Hütten der Niedern? Der Falschmünzer. Novelle von Ludwig Habicht. Verfasser der Romane: „Auf der Grenze", „Der rechte Erbe", rc. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Auf die Frage des Polizeibeamten erklärte der Cassirer der Bank mit Entschiedenheit, daß er diese Goldstücke nicht ausgegeben, denn es seien so schlechte Fabrikate, daß ihre Unechtheit kaum einem Laien, geschweige denn einem Cassirer der englischen Bank, durch dessen Hände jährlich Hunderttausende wandern, entgehen könne. Und wirklich, Waxmann mußte sich jetzt selbst überzeugen, daß die Nach ahmung eine ziemlich flüchtige Arbeit und leicht zu erkennen war. Wo hatte er nur gestern die Äugen gehabt! Dennoch mußte er dabei stehen bleiben, daß er diese Goldstücke aus der Bank erhalten. Df Cassirer maß ihn mit einem geringschätzigen Blick. „Unmöglich, rein unmöglich," sagte er trocken. „Legen Sie uns künftig wenigstes bessere Arbeiten vor, dann hätten Sie eher Aussicht, z« reussireil aber diese Spielmarken haben niemals meine Hände berührt." „Sind Sie davon überzeugt?" fragte der Polizeibeamte. „Wie von dem Vorhandensein meiner Augen," war die Antwort des Cassirers. „Und können Sie Ihre Angaben beschwören?" „Ich stehe jederzeit zu ihren Diensten", entgegnete der Mann, ver- beugte sich und wandte sich dann schon wieder anderweitiger Bc- schäftigung zu. „Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als Sie zu verhaften/ erklärte der Polizeibeamte. Bis zu diesem Augenblick hatte Waxmann nicht begriffen, wie viel für ihn auf dem Spiele stand. Es war zu lächerlich, daß man ihn selbst der Ausgabe falscher Münzen bezüchtigen könne. Die Aus' sage des Cassirers mußte ja Alles wieder in's Geleis bringen und seine Unschuld glänzend an den Tag legen; als aber der Mann mit der unerschütterlichen Zuversicht eines alten Cassirers die Ausgabe dieser Goldstücke bestritt, als es ihm jetzt selbst wie Schuppen von den Augen fiel und er das schlechte Fabrikat erkannte, da trat ihm Plötz' lieh das Gefährliche seiner Lage in voller Klarheit vor die Seele. Wie sollte er seine Unschuld beweisen, wo ein Wort dem andern gegenübcrstaud und die Aussage eines Cassirers der Bank schwer in's Gewicht fiel. Und welcher Schimpf, welche Schande brach plötzlich über ihn herein! Verhaftet wegen Ausgabe falschen Geldes, zwei Tage vor der Hochzeit seiner Tochter! — Man mußte ihn frcilasse» — sich bald von seiner Unschuld überzeugen — aber für seine armen Kinder war es doch ein fürchterlicher Schlag. Und jetzt bereute er seine Hartnäckigkeit, es in früheren Fällen bis zum Aeußersten ge trieben zu Haden. Er hätte deu Verlust einiger Louisd'or so leicht verschmerzen könsen — während nun das Alles beitrug, den Verdacht gegen ihn zu verstärken. Je mehr er über seine Lage nachdachtc, je bedenklicher erschien sie ihm. Sein scharfer Verstand sagte ihm, daß man wohl die Zurückgabe der falschen Goldstücke wie die spätere Weigerung deS Umtausches zu seinem Nachtheil ausleaen würde. Trotzdem suchte er sich Z» fassen — eine betrügerische Absicht konnte man ihm nimmermehr Nachweisen und damit war seine Freilassung gewiß. Ohne die mindeste Unruhe zu verrath-m, im Bewußtsein, daß seine völlige Unschuld an den Tag kommen müsse, wanderte er in's Gcfängniß. Noch hatten die Töchter Waxmauus nicht die mindeste Nachricht, welches Schicksal über ihren Vater heremgcbrochen, da klopften schon Polizeibeamte an die Thür und drangen auf eine Haussuchung. — Mary zeigte sich im ersten Augenblick weit fassungsloser als Harriet; sie sank erbleichend auf einen Stuhl zurück, barg die Haude in ihr todtrnbleiches Antlitz und kein Ton kam über ihte Lippen,-— jetzt erfolgte endlich der vernichtende Wetterschlag, den sie längst ge fürchtet. Harriet dagegen zeigte sich weit beherzter, sie hatte keine Ahnung davon, was dieses unverschämte Eindringen in ihr Haus bc- bedeuten sollte und meinte, fast in dem hohen Tone einer Lady, hür müsse wohl ein bedenklicher Jrrthum mit unterlaufen, für deu del Vater gewiß Rechenschaft fordern werde. Die Polizeibeamten waren artig genug, der jungen Dame nichts zu erwidern, aber sie gingen trotz aller Einwürfe Harriets au ihre Aufgabe und durchstöberten jeden Winkel. Nirgends ließ sich etwas Verdächtiges entdecken und sie wollten schon unverrichteter Sache av- ziehen, da fiel einem der Leute das ihm Winkel stehende kleine Sommerhaus auf. Man forderte den Schlüssel, es war keiner vor handen. Jean, der zitternd den Polizeibeamtcn gefolgt, behauptete, daß ihn der Herr Haden müsse, cs sei übrigens in dem alten Dinge nicht das Miudeste zu finden. Man ließ durch einen Schlosser öffnen und hier hatte man sicht lange zu suchen. Man fand alle Werkzeuge, die zur Anfertigung falschen Geldes nöthig find, Tiegel, Pfannen, Platten, — einige miß- rathene Goldstücke lagen am Boden zerstreut — daS Verbreche» Waxmanns war damit erwiesen. — Jubelnd zogen die Beamten mit ihrem Fnnde ab. Die jungen Mädchen konnten es gar nicht fassen, — ihr Vater ein Falschmünzer! — das war mehr, als selbst Mary gefürchtet! Der Schlag kam zu unerwartet, er traf sie Beide in'» Herz. — Boni Gipfel des Glücks herabgcstürzt in dieses Elend — das war zu viel —* der grenzenlose Jammer drohte sie zu vernichten. ... — Als Mary dir Nachricht erfuhr, kauerte sie verzweifelnd in eine» Winkel und sprach kein Wort. So fand sie Templeton, der herbei geeilt war, um ein Stündchen mit seiner Braut zu verplaudern. Ec hatte schon an der verstörten Miene Jeas's bemerkt, daß hier etwas sorgefallen sei, aber er mochte nicht fragen und auch Mary gab ihm anfangs keine Antwort. Als er nnn zärtlicher in sie drang, ihm mitzutheilen, was sie so tieferschüttert, erhob sie endlich dasthrüne»- feachte Haupt und schluchzte mühsam hervor: „Mein Vater ist als Falschmünzer verhaftet worden." „Das ist nicht möglich!" rief Templeton heftig, den bei dieser Nachricht die gewohnte Ruhe ebenfalls verließ. Mary nickte nur mit dem Kopfe. „Einzige theure Mary, das ist ja rein lächerlich! Sage mir, wie solch' alberner Verdacht entstehen konnte." (Forts, folgt.) Vermischtes. * Ein seltsames Zeitungsunternehmen. JnNewyork wird gegenwärtig eine Reise um die Welt geplant, die an Bord des Dampfers „Werder" vor sich gehen soll. Darin würde nun nichts weiter Merkwürdiges liegen, aber diese Weltreise erhält dadurch ei» merkwürdiges Gepräge, daß an Bord des Dampfers eine Zeitung gedruckt und herausgegeben werden soll, die alle Reiseeindrücke fixire» und nicht blos bei den Passagieren, sondern auch da überall zm» Verkauf gelangen soll, wo in Europa, Afrika und Asien der Dampfer anlegt. * Ueber dein Stammtisch einer Restauration in der Markgrafenstraße in Berlin prangt folgende Warnungstafel: Wer hier am Tisch für Schutzzoll spricht — Für Freihandel eine Lanze bricht — Und sich in Bolkswirthschaft versucht — Der sei verflucht! — Wer dennoch dies Gesetz verletzt — Dem wird ein Stiefel vorgesetzt — Daß er auf Conto seiner Kasse — ihn unverzüglich füllen lasse. 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