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Redaction' Druck und Verlag von H. A. Berger in Wilsdruff. „Weil Seine Majestät einmal selber hören pommerschen Schinken und Gänsebrüste einigen wollten, ob die Einfluß auf die in Pommern das Stimme und da' geistigen Kapacitäten der Herren ausüben, welche Evangelium predigen!" rief eine tiefe volltönende mit trar in stolzer Haltung ein mittelgroßer stattlicher Offizier Himel einem Schirm hervor. Der Ordensstern aus der blauen Uniform schon vergessen." „Um Eins muß ich doch noch bitten, meine Herren!" fuhr Blankmeister boshaft fort, „möchten Sie wohl die Güte haben, mich darüber aufzuklären, warum Se. Majestät mich nicht vor das Kon sistorium der Provinz Pommern berufen haben? ' „Aber man ehrt den König nicht, wenn man Diejenigen schmäht, die ihn vertreten. Der Soldat ist zugleich die Säule des Thrones und die Stütze des Vaterlandes. Wer den Soldaten nicht achtet, achtet auch den König nicht." „Wenn Seine Majestät, unser allergnädigster König, Unrecht haben, so sagen wir es ihm offen und ehrlich, und was der König hören muß, kann auch derjenige vernehmen, der ihn vertritt, um so mehr, wenn dieser Vertreter ein glitzender Jnfanterielieutenant im fadenscheinigen Civilanzuge ist." „Aber man sagt die Wahrheit frei und offen Jedermann in's Gesicht, nicht aber hinter dem Rücken desjenigen, welchen man des Fehlers zeihen will." „Um Vergebung, meine Herren! was in die Oeffentlichkeit Hin ausgernfen wird, wird keineswegs hinterrücks gesprochen. Hätte del junge windige Herr Lieutenant sich am nächsten Sonntage in die Kirche verfügt, wie es ja auch seine Pflicht war, anstatt sich auf dem Tanzboden zu begebe», so würde er meine Meinung von Angesicht zn Angesicht haben vernehmen können. Im Uebrigen sehe ich mich zu der Bemerkung veranlaßt, daß es auch nicht allzuviel Wahrheits liebe verrüth, wenn die Herren Offiziere Seiner Majestät in die Talare kriechen, um unter angenommenen Titel einen geistlichen Hirte» zu verurtheilen, der sich bewußt ist, stets nach bestem Gewissen seine Schuldigkeit gethan zu haben." „Was?" riefen die beiden Schwarzröcke wie aus einem Munde. „Sie halten uns nicht für das, was wir sind?" „Bewahre mich Gott, daß ich die treuesten Diener Seiner Maje stät für Betrüger halten sollte!" replizirte Blankmeister scheinbar er schrocken. „Nun, so antworten Sie uns auf das, was wir Sie fragen, und enthalten Sie sich aller überflüssigen Bemerkungen." „Sehr zu Befehlen, meine Herren!" rief Blankmeister. „Wir sind unter Anderem beauftragt, Ihre Kenntnisse im La teinischen und Hebräischen zu prüfen," fuhr der ältere der beide» Herren fort. „Uebersetzen Sie einmal die Worte: „tzuiu svnlläo, Ddmins, all ouram tuam impsrtinuntiu!" ..Lm-tinors, psrtinero! Herr Konsistorialrath!' berichtete Blank meister, „nicht impsrtiuantiu! psrtinsrs, nuntio tibi, ms LpbssuM sum omnibus st sstsrn." Es ist eine Stelle aus dem zehnte» Binb der Briefe des Plinius an Trojanus, worin der alte Feldherr nunheilt, daß er durch widrige Winde am Landen verhindert sei. Der Brief ist jedoch mehr für Schriftsteller denn für Theologen in teressant. Wer die Stelle zufällig kennt, der kennt sie und braucht darum kein guter Lateiner zu sein." „Nun, ich sehe und höre schon!" nickte der Examinator. „Wen» Sie im Hebräischen ebenso sattelfest sind, können wir Sie mit guten« Gewissen entlassen." „Ich bin bereit, mich im Hebräischen jeder Prüfung zu unter ziehen, meine Herren Kousistorialrüthe!" „Nein, nein!" riefen die Beiden fast ängstlich und machten ab wehrende Bewegungen mit den Händen. „Nein — nein! Sic scheinen ein gelehrter Mann, und wir — nun wir haben Manches Die Ueberschwemlimng von Szegedin. Ein in warmen Worfln gehaltenes Rundschreiben des Ministers Grafen Taaffe an sämmtliche Landeschefs fordert zn allgemeinen Sammlungen für Szegedin auf, welchem Aufruf denn auch allerseits bereitwilligst Folge geleistet wird. Es thut das aber auch noth. Die bei der Redaction des „Pester Lloyd" eingeflossenen Spenden erreichten bis zum 15. Abends die Summe von 70,000 fl., darunter der Krückstock, welchen der Ankömmling in der Rechten hielt, hätte» dem bestürzte» Pfarrer keine» Zweifel über die Bedeutung des Be suches übrig gelassen, selbst wenn er den großen Friedrich nicht ge kannt hätte." „Nun, Er hat im Ganzen genommen Seine Sache st übel nicht gemacht," fnhr dieser fort, „und ich bin so unzufriede» nicht, daß Er den beiden Herren hier die Lust, sich einen Spaß nst Ihm zn machen, so gründlich versalzen hat. Sollte mich freue», wenn alle Prediger so sattelfest im Latein und Diskutiren sind, M' Er. Apropos, kennt Er die Herren?" „Nein, Majestät!'- erwiderte der ganz bestürzte Pfarrer. „Nun, es liegt nichts daran. Der eine ist mein Vorleser, dfl Herr v. Pölliütz, der andere ein tüchtiger Schriftsteller, der Marquü d'Argens. Beide haben auch etwas gelernt und glaubten sich klu» genug, um einem geistlichen Herrn ein wenig auf den Zahn zn fühle»' Freut mich, baß Er klüger war; allein die Militaires lasse Er mb künftig ungeschoren. Dafür bin ich da und nicht Er, und kritisirc» braucht Er auch nicht. Er hat die Heerde und ich das Heer! N»» kann Er sich zu meinem Geheimkämmerer Fredersdorf begeben u»s sich die Reisekosten erstatten lassen, und wen» Er fortfährt, d^ Thema: Fürchtet Gott und ehret den König! in allerlei verständigt und erbaulichen Reden zu vartire», so soll Er über's nächste Iah' Superintendent sein. Adieu, Messieurs!" Er verließ nach diesen Worten das Zimmer und seine GescÜ schaster folgten ihm. Blankmeister begab sich pflichtgemäß zu Freders dorf und ließ sich pflichtgemäß 100 Thaler Reisespesen zahlen, w» rauf er guten Muthes die Heimreise antrat. Wohlbehalten lancst er zn Hause an, wo die Erzählung des ihm Widerfahrenen im F»' milienkreise ein nicht geringes Vergnügen hervorrief. Er erlebte die von Friedrich dem Großen ihm zugesagte, W sörderung nicht. Grade ein Jahr nach seiner Vertheidigung if St lasse zu Potsdam starb er. Indessen erhielt seine Wittwe eüf höchst anständige Pension, die ihr die Erziehung und AusstattiM ihrer Kinder in günstigster Weise ermöglichte. . s und den König ehrt, vor allen Dingen aber darin, daß man auch zu jeder Zeit und an jedem Orte die Wahrheit spricht." die Bank für Handel nnd Industrie in Darmstadt mit 2500 Reichs mark. Hiervon" stellte die Redaetian der hauptstädtischen Hülsscom- mission infolge des Ausrufes, daß Kleidungsstücke und Lebensmittel vor Allem benöthigt werden, 10,000 fl. zn diesen Anschaffungen zur Disposition. Das „Berl. Tagcbl." berichtet aus Pest, 15. März: Nachrichten ans Szegedin besagen: In Szegedin geht das Rettungswerk jetzt er folgreich von statten. Dagegen stürzen nach und nach auch die stärksten Steinhäuser eiu, welche bisher für sicher gehalten^wurden. In zwei bis drei Tagen, fürchtet man, wird vom alten Szegedin auch nicht ein einziges Haus mehr stehen. Der „Post berichtet man ans Wien, 15. d.: Eine nach Szegedin entsendete Evmmission des Pester Hülfscomitss berichtet unter gestrigem Tage: Die vorgefundene Situation läßt die düstersten Zeitungsberichte weit hinter sich. Pontons und Kühne fahren über die Dächer der Häuser hinweg. Ganze Stadttheile sind verschwunden. Der Bürger meister Palley sagte, daß das Unglück so ungeheuer geworden, daran sind theils wir selbst, theils -die Sorglosigkeit der Bevölkerung, theils Mangel an Besonnenheit seitens der Regierungsorgane Schuld. Der Kaiser Franz Joseph ist mit Gefolge nach Szegedin gereist. Unter tausendstimmigen Eljenrufen wurde der Kaiser am Bahnhof em pfangen. Mit zuckenden Lippen hörte der Kaiser die Ansprache des Bürgermeisters Palleh; die Thränen schossen ihm in die Augen, so daß er sich abweuden mnßtc. Dann erwiderte der Kaiser: Ein tiefer Schmerz im Herzen leitete mich hierher; ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie es dieser unglücklichen Stadt ergangen ist. Das Herz schmerzte mir, als ich dieses große Unglück sah. Ich hoffe, daß bessere Zeiten kommen werden und daß die Stadt noch aufblühen wird. Man muß nicht allzu tief bekümmert sein, Hülfe wird kommen. Der Kaiser sprach mit vor Rührung bebender Stimme nnd wandte sich ab, um seine Thränen zu verbergen. Der Kaiser erkundigte sich daun mit größter Thcilnahme auf das Eingehendste nach den Einzelheiten der Situation. Auf die Frage, welchem Umstande die Hauptveranlassnug zur Kata strophe beizumessen sei, erfolgte die Antwort: „Dem heftigen Sturme". Das Elend sei groß, groß sei aber auch die Theiluahme. — Als beim Abschied der Kaiser zum Bürgermeister sagte: „Szegedin werde schöner erstehen als es jemals gewesen sei", rief der Obergespan Danie, eine athletische Greisenfigur, mit schallender Stimme: „Majestät, trotz des allgemeinen Jammers und wenn auch die Zeitungen behaupten, Sze- gediu ist gewesen, bitte ich zu glauben, daß Szegedin wieder sein wird--, worauf der Kaiser mit scharfer Betonung erwiderte: „Es soll Alles geschehen, Szegedin wieder aufzurichten--. Mittags 12 Uhr trat der Kaiser die.Rückreise nach Wie» an. Vom 16. März wird von dort berichtet, daß Frost ciugetretcn sei, der die Arbeiten erleichtert. An Menschenleben ist nichts mehr zu retten; die Truppen bergen nur noch HauSrath. Nach einer gestern vorgeiwmmenen Zählung stehen nur noch 289 Häuser. Die Zahl der Tobten anzugeben ist unmöglich. Der Kaiser hat die strengste Unters suchung gegen die Szegediuer Negierungsorgane ungeordnet, deren Energielosigkeit die Hauptschuld an der Katastrophe zugcschrieben wird. Nach Berichten, welche der „Neuen freien Presse-' aus Szegedin zugegangen, sind von den 10,000 Baulichkeiten Szegedins bisher 8,200, darunter ungefähr 4800 Wohnhäuser, eingestürzt. Soweit bekannt, sind 1900 Menschen nmgekvmmen. Nach einer Meldung ans Wien vom 17. März ist die Lage in Szegedin eine günstigere, da das Wasser fällt. Das Rettnngswerk ist systematisch organisirt nnd die Rettungsmaßregeln werden energisch fortgesetzt. Lebensmittel sind hinreichend vorhanden, allein die Größe des Unglücks ist nunmehr erst deutlich erkennbar. Szegediner Meldungen konstatiren bis zum 16. März 1900 Leiche». Die Anzahl der einge stürzten Häuser ist nunmehr offiziell festgestellt. Stehengeblieben sind in der Rochusstadt 14, der Oberstadt 56, der Unterstadt 8, der Innen stadt 182 mit dem Bahnhof, zusammen 261 Gebäude. Vor der Kata strophe hatte Szegedin 9600 Häuser, somit sind 9339 eingestürzt. Man versichert, daß der vollständige Abfluß des Wassers vor Mitte Mai nicht zu erwarten sei. Unter den Geretteten ist die Diphtheritis ausaebrochen. Wie offiziell gemeldet wird, haben bisher ans de» Eisen bahnzügen 17,OM Szegediner Einwohner die Stadt verlasse», dieselben befinden sich auf den Stationen zwischen Szöreg und Temesvar. In der Richtung nach Neu-Szegedin sind auf Landwegen beiläufig 10,000 Menschen emigrirt, außerdem entführten 10 Theißdampfer und unge zählte Privatdampfer die Flüchtlinge, die sich schadlos in die Richtung nach Algyö und Zenta begaben. In den 3 Tagen des 12. bis 15. März wurden ungefähr 35,OM Personen befördert. Unter den am 16. Mürz nach Temesvar transportirten Kranken befanden sich 25 Wahnsinnige. Vor dem Konsistorium. Scizze von Karl Zastrow. (Nachdruck verboten.) (Schluß.) „Es ist nämlich Seiner Majestät zn Ohren gekommen, daß Ihre Predigten ein weniger aufregend wirken sollen,-- begann dieser Letztere, indem er den: Pfarrer den Rücken zuwandte und an das Fenster trat, gegen dessen Scheiben er trommelte. „Ja, Herr Konsistorialralh, eingeschlafen ist, so viel ich weiß, bei meinen Predigten noch Niemand,-- antwortete der Gefragte mit großer Gemüthsruhe. „Nun, das wäre auch unverzeihlich!" nahm der andere Exami nator das Wort, „wofür erhieltet Ihr Männer der beqneme» Häus lichkeit, des zurückgezogenen Wohllebens und der behaglichen Beschau lichkeit Euer schweres Geld?" „Jedenfalls nicht dazu, um in unseren Talaren Allotria zn treiben!" rief der Prediger sehr ernst. Die beiden Geistlichen wech selten einen Blick. „Kommen wir zur Sache!" begann der erste wieder. „Sagen Sie uns vor Allem, worin die wahre Gottseligkeit besteht?" „Die wahre Gottseligkeit besteht darin, daß man Gott fürchtet