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Oertliches und Sächsisches. Ueber den Verlauf des diesmaligen Dresdner Jahrmarktes ist nicht viel Tröstliches zu melden, da mit wenigen Ausnahmen sowohl der Vormarkt der Tischler, Böttcher und Polstermöbelhändler, als der Engrosverkauf in leinenen, baumwollenen und wollenen Waaren, sowie auch der Detailhandel für die Fieranten ungenügenden Absatz, gedrückte Preise und zum Theil auch Mangel an Baarzahlung brachte. Bei dem Eingangs erwähnten Vormarkt haben nur die Tischler, und im Engrosverkauf allenfalls die Leinen- uud Damastfabrikanten leidliche Geschäfte erzielt, während die Lcderhändler, Eilenburger Kattunfabri kanten und die Kleiderhändler aus Großenhain, Kamenz rc. ziemlich guten Absatz hatten. Ueber schlechten Geschäftsgang dagegen klagten sowohl die Manufacturisten aus Frankenberg, Zschopau rc., die Woll- waarenhaudler aus Chemnitz, Bautzen rc., die voigtländischen Wciß- waarenhändler und die Posamentiere aus dem Erzgebirge, nicht minder die Seisfener Spielwaareuhändler, die böhmischen Glaswaarenfabri- kanien aus Haida, Kamuitz rc., die Schuhmacher aus Freiberg, Nossen, Siebenlehn, Döbeln rc. Wie zuverlässig verlautet, hat die von dem Borna er königlichen Bezirksgericht unter. Mitwirkung vou Schöffen ertheilte Entscheidung, durch welche der Kaufmann Theodor Schwenuicke in Leipzig, weil er einen der königl. Landesheilanstalt zu Colditz gelieferten großen Posten Kunstbutter sich als Schmelzbutter, die von der Anstalt bestellt gewesen, hat bezahlen lassen, des vollendeten Betrugs für schuldig erachtet uud zu 3000 Mark Strafe und den Kosten verurtheilt worden war, auf von Schwenuicke eingeweudete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung von dem kgl. Oberappellatiousgerichte durchgehends Bestätigung erhalten. Stollberg. Vor einigen Tagen mußte die Familie des Re staurateurs B. in Jahnsdorf eine recht traurige Entdeckung machen. Man hatte im Innern des Hauses vernommen, daß eine große Masse Schnee vom Dache gegangen war. Die Hausfrau fand einige Zeit darauf im Gehöse den Zugang zum Wassertroge versperrt und suchte die Schneemassen bei Seite zu schaffen. Als sie einige Fnß weit vorwärts gearbeitet hat, zeigt sich der Rand eines Kleides, sie will dasselbe hervvrziehcn, und erfaßt es mit der Hand; schon ahnt sie Furchtbares; mit ängstlicher Hast verfolgt sie das Kleid, und findet den Leichnam ihrer elfjährigen Tochter. An deren Fingern und Händen waren die schrecklichen Zeichen eines furchtbaren Kampfes mit dem Erstickungstodte unter dem Schnee zu sehen. Kaum eine Viertelstunde vorher hatte sich das arme Kind zum Gange in die Schule vorbereitet, das Bücherränzchen auf den Rücken genommen und hatte wahrscheinlich vor seinem Weggange vom Aelternhause im Hofe noch einen Trunk Wasser nehmen wollen; dabei war es vom fallenden Schnee ereilt und erdrückt worden. Der bedauernswerthe Vater des Kindes war eben auf der Heimreise von seinem kranken Vater begriffen, als ihn die Hiobspost erreichte. Der Falschmünzer. Novelle von Ludwig Habicht. Verfasser der Romane: „Auf der Grenze", „Der rechte Erbe", rc. (Nachdruck verboten.) Die sturmbcwcgten Jahre 1848 und 1849 hatten viele Tausende im deutschen Vaterlande entwurzelt und in die Ferne getrieben. Die Meisten, die in ihrer schäumenden Begeisterung für die Freiheit und ein noch unerreichbares Ideal, mit den Gesetzen der guten alten Ordnung in Conflict gerathen, waren in die Schweiz oder nach Eng land geflüchtet, um auf fremdem Boden nach tausend Entbehrungen und Kämpfen sich wieder eine Existenz zu erringen, oder völlig unter zugehen. Wer nicht durch irgend einen Zufall in die Schweiz ver schlagen wurde und wer besonders über keine großen Geldmittel zu verfügen hatte, der zog England vor. Dort, in dem Gewühl der Weltstadt, winkte doch für jedes Talent, jede Arbeitskraft, ein wei terer Spielraum, uni sich Geltung zu verschaffen, zum wenigsten noth dürftig zu behaupten. Unter den vom Schicksal nach London Verschlagenen befand sich auch ein junger Gelehrter, Doctor Willibald. Er war trotz seiner Jugend in die Paulskirche gewählt worden und wenn er auch dort nicht als ausgezeichneter Redner hcrvorgeragt, so hatte man doch seinen tüchtigen Charakter, sein vielseitiges Wissen, seine edle Be geisterung für die Sache des Vaterlandes, sehr geschätzt. Wie von einem solch' jugendlichen Feuer- und Brausekopf zu erwarten war, hatte er auf der äußersten Linken gesessen, war dann, nachdem durch das Zurückweisen der Kaiserkrone Seitens Friedrich Wilhelm IV., die Verwirklichung des deutschen Einheitstraumes wieder in weite, nebel hafte Ferne gerückt, in verzweifelter Stimmung mit dem Rumpfpar lament nach Stuttgart gegangen, hatte sich dem nutzlosen Ausstande in Baden angeschlossen und war endlich nach London geflüchtet, um dem preußischen Standrechte, mindestens jahrelanger Festungshaft zu entgehen. Wohl war Dr. Willibald einer großen Gefahr glücklich entronnen, aber das war auch alles. Mit seinem Idealismus, seiner Schwär merei für Poesie und Kunsk und die hohe Weisheit der Hegel'schen Philosophie suhlte er sich angewidert in einem Laude, wo über den reichen, grünen Fluren eine graue Nebeldecke hängt und aus tausend thurmhohen Essen eine schwarzgemischte Fäuersäule steigt, die an kündet, daß man sich im Mittelpunkt der industriellen Welt befindet. Ihm war nicht wohl unter diesen ewig klappernden Maschinen, unter diesem Zischen und Brausen von Dampf und Wasser, unter diesem Wogen und Treiben nimmer ruhender Geschäftigkeit, wo ihn kein Freundesauge grüßte und keine Hand sich mit dem tröstenden Zu spruch bot: „Fremder, ich habe eine Minute Zeit für Dich, ich werde Dir helfen." Rastlos drängte alles vorwärts, ein ewiger Lärm, ein ewiges Treiben, jeden Augenblick wurde von fortstürmenden Millionen die Schlacht des Lebens geschlagen und Tausende sanken täglich unter den grimmigen Streichen, um schwer verwundet, einsam und hülflos zu verkommen, während dieser Kampf Aller gegen Alle weiter tobte. Wie hätte sich der junge Doctor der Philosophie behaglich fühlen sollen in einer Welt, die mit seinem früheren stillen Heimwesen im grellsten Widerspruche stand. Er war von den romantischen Ufern des Rheines endlich hierher verschlagen worden, in die qualmende Riesenstadt, in der Jeder wie von Furien gepeitscht, jeden Augenblick um sein Dasein zu ringen schien. Und doch, wie unheimlich gerade ihn dies fieberhafte Ge- schäftstreiben berührte, es gab kein Zurück — eS galt, sich hier eben- I falls eine Existenz zu verschaffen. Die kleine Summe, die ihm zur Verfügung stand, war bald aufgezehrt, nun mußte an eine regel mäßige Einnahme gedacht werden; aber wie die erlangen in dieser kalten, nur von Maschinen und Händen bevölkerten Wüste? r Die politischen Freunde, denen London cbensalls eine Zufluchts stelle geworden, waren über die Weltstadt verstreut und hatten ja Alle noch in der unwirthbaren Fremde mit tausend Schwierigkeiten zu ringen und die übrigen Parteigenossen, die mit ihren wilden De- mokratenbärten die Hauptstadt Großbritanniens unsicher machten, flößten Dr. Willibald kein großes Zutrauen ein. Jetzt erst gewahrte er, welchen Schlamm die Bewegung in Deutschland aufgewühlt, welche rohe, wüste Gesellen hinter ihnen gestanden, deren ungestümes Drängen er selbst und seine Freunde so viel beachtet. Dort in Frankfurt waren ihm diese Leute als gute Patrioten, als glühende Freunde der Freiheit erschienen und jetzt erkannte er zu seinem Schmerz, daß sich hinter der Maske des Patriotismus nichts weiter geborgen, als gei stige Zerlumptheit, rohe Selbstsucht und Gemeinheit. So lange diese Wackern Republikaner gehofft, bei Zertrümmern alles Bestehenden gute Beute zu machen, hatten sie redlich und eifrig zusammen ge standen; jetzt war der schöne Traum zerronnen und nun trat die niederträchtigste Selbstsucht des Einzelnen zu Tag, zeigte sich erst, aus welch' verzweifelten Elementen die radikale Partei zusammenge setzt war. Stach einigen schmerzlichen und bitteren Erfahrungen erkannte der junge Doktor bald, daß es für ihn keine gefährlichen Feinde gab, als die deutschen Flüchtlinge, besonders Diejenigen, die seinem Bild ungsgrade nicht angehvrten. Vergeblich war all sein Bemühen, an irgend einer Lehranstalt eine Stelle zu erhalten. Schon 1848 hatten sich in Deutschland sehr Viele unmöglich gemacht und waren nach London gegangen, um hier jeden erdenklichen Lehrplatz zu besetzen; den Nachzüglern des folgen den Jahres mußte es deshalb schon weit schwerer werden, irgend ein Unterkommen zu finden. Selbst als der junge Philosoph Privat unterricht in alten uud neuen Sprachen, in verschiedenen Wissens- fächcrn ankündigte, meldete sich Niemand. Da fiel ihm ein, daß er in seinen Mußestunden mit Vorliebe Flügel gespielt und man ihm sogar einige Fertigkeit nachgesagt. Durch die vielen deutschen Flücht linge war plötzlich in England der Sinn sür Musik geweckt worden; Dr. Willibald erließ daher in der Times einige dahin zielende In serate und siehe da, sie hatten wirklich Erfolg. Die Kunst, der er nur flüchtige Stunden gewidmet, sollte ihn jetzt über'm Wasser er- halten, während all' die Kenntnisse, die er in jahrelanger, harter Geistesarbeit aufgespeichert, nicht im Stande waren, ihm den kleinsten Verdienst zu schaffen. Es war freilich für den jungen Gelehrten äußerst demüthigend, aber seit seiner Flucht aus Deutschland waren schon manche Ideale in Trümmer gesunken, was verschlug es da, wenn auch sein ganzes Dasein eine schiefe Richtung nahm? Wer ihm einst gesagt Hütte, als er noch wohlbestallter Oberlehrer an einem Gymnasium war und von einem Lehrstuhl an der Universität träumte, daß er nach zwei Jahren sich mit Unterricht im Flügelspielen ab- qualen und noch froh sein würde, einige ungeschickte Schüler zu be kommen? Die Engländer sind keine vorwiegend musikalische Nation und wenn sie sich jetzt auf die edle Tonkunst werfen, so muß Fleiß und Ausdauer das fehlende Talent ersetzen. Auch Dr. Willibald hatte sehr mittelmäßige Schüler und unter ihnen war Mr. Templeton der mittelmäßigste. Er hatte nicht das mindeste musikalische Talent, mißhandelte das arme Justrument entsetzlich, aber mit der ganzen Zähigkeit eines Engländers suchte er der widerspünstigen Kunst etwas bcizukvmmen und sein frisches blühendes Gesicht erglänzte, wenn es ihm endlich gelang, ein leichtes Stück ohne Fehler abzuhaspeln. Dr. Willibald hatte ihm offen und ehrlich g-yagi, daß bei seinem Mangel an musikalischem Gehör das dereuistige Resultat mit der aufgewaudten Mühe in keinem Verhältniß stehen würde; doch Mr. Tempieton ließ sich davon nicht abschrccken, er verzog nur seinen ziemlich breiten Mund zu einem Lächeln und entgegnete, daß seine Braut es ge wünscht, er möge sie auf dem Flügel begleiten und daß er nicht eher aushvren könne, als bis er diese Fertigkeit erlangt. Sie mußte sehr schöu oder sehr reich sein, die diesen etwas schwerfälligen, jungen Mann anspornte, im Schweiße seines Angesichts Musik zu treiben, dachte Willibald und wäre neugierig gewesen, die Braut Mr. Tem pletons kennen zu lernen, um so mehr, als die blangranen Angcn seines Schülers sich ungewöhnlich belebten, wenn er von seiner Braut sprach, was in der Folge, als Beide näher mit einander bekannt wurden, öfter geschah. Der Engländer ist gegen Fremde äußerst mißtrauisch und zurückhaltend, aber wenn einmal das Eis gebrochen, dann kehrt er seine im Grunde offene uud gerade Natur heraus und wem er einmal seine Theilnahme, seine Freundschaft zugewandt, der kann sich auf ihn in allen Lebenslagen verlassen. Auch Mr. Templeton faßte nach einiger Zeit eiu besonderes Zu trauen zu seinem Lehrer, um so mehr, als er ihn „respectabel" fand, womit der Engländer noch etwas mehr bezeichnen will, als achtungs- werth. Dazu kam, daß Beide so ziemlich in einem Alter waren und der junge Mann an der gelegentlichen Unterhaltung des Doctors großen Gefallen fand. Auch Willibald begann sich für seinen schlech testen Schüler zu interessiren, der wenigstens so viele andere guten Eigenschaften hatte. Er besaß einen tüchtigen, gesunden Menschenverstand, der frei lich beinahe englisches Natwnaleigenthum genannt werden könnte, eine lebhafte Theilnahme für alles Wissenswerthe und einen äußerst gut- müthigen Charakter und was seltener ist, er war frei von jenen nationalen Vorurtheilen, die seine Landsleute so stolz und je nachdem hochmüthig und unerträglich machen, ja Dr. Willibald wollte sogar an seinem Schüler „Gemüth" entdeckt haben, jenen wunderbaren Quell, der aus dem tiefsten Herzen entspringt und der allen andern Nationen fehlt — sie haben nicht einmal das Wort dafür. — (Fortsetzung folgt.) Kircheuuachrichten aus Wilsdruff. Am Sonntage Judica Vormittags predigt Herr U. I)r. Wahl. Nachmittags 1 Uhr findet die Prüfung der diesjährigen Confirmanden in der Kirche statt. Cin starker Läufer ist sofort zu ver ¬ kaufen bei H. Limbach am Markt.