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Der Kamps im Reichstage über die Hall- und Steuerpläue Bismarcks schwankt hin und her mit abwechselndem Glücke. Die Kämpfer auf beiden Seiten erkennen den guten Keru an und fie verstehen unter diesem guten Kern Folgendes: 1) Das Reich in seinen Finanzen selbstständig und unabhängig zu machen von den Einzelstaaten und 2) die indirekten Steuern im Gegensätze zu den drückenden dirccten Steuern besser anszubilden, wie in andern großen Staaten, und darauf die Steuerreform zu begründen. Man erinnert zugleich BiSmarck an seinen älteren guten Plan, den Zolltarif zu vereinfachen und nur wenige, aber einträgliche FinnnzMe als Steuergegenstände zu wählen und zwar solche, die zwar Gegenstände des allgemeinen Gebrauchs sind und deshalb flutschen, aber nicht solche, die zu deu unentbehrlichsten Le bensbedürfnissen gehören. Die Summe der M a tr ik u l a rb c i t r ä g e ist auf 90,371,390 Mark festgesetzt. Aus Szeged in wird unterm 5. Mai dem „Pester Lloyd" be richtet: Es herrscht stürmisches Wetter mit Regen, das Wasser steigt und wird bald jene Höhe erreichen, welche während der Katastrophe als die höchste bezeichnet wurde. Kauizsa, 5. Mai. In Folge eines in letzter Nacht nicderge- gangenen Wolkenbruches sind die Bahnlinien Kanizsa-Bares und Ka- nizsa-Pragerhof überschwemmt. Der Verkehr ist dort eingestellt, der Csakathurner Bahnhof steht 56 om unter Wasser, die Bahnbrücken bei Polstrau und Mura-Keresztur find weggerissen worden. — Die Süd- bahndirection in Wien meldet: Wegen durch Ueberschwemmung ver anlaßten Dammdurchbruches, Einsturzes einer Brücke nnd Abrntsch- ungen ist der Zugsvcrkehr in den Strecken Polstrau-Fridan und Ka- uizsa-Zakany bis auf Weiteres unmöglich. Die Dauer der Unterbrech ung kann bei den herrschenden WitterungSvcrhältnissen derzeit noch nicht bestimmt werden. Es liegt die Frage nahe, ob in Rußland die Schreckensherr schaft des Revolutionscvmitce oder die des Belagerungszustandes drücken der ist. Die im Belagerungszustände befindlichen Gouvernements wer de» förmlich entvölkert; denn die wohlhabenden Einwohner siedeln in die östlichen Provinzen über; der hohe Adel verläßt das Reich, nm im Westen Europas Sommerresidenzcn zu beziehen. Unter den Zu- rückblcibenden räumt die Polizei auf; nach Sibirien sollen allein über Nischuei-Nowgorod 12,000 Verbannte in 30 Transporten abgehen. Die Mehrzahl dieser Unglücklichen dürfte aus Verdächtigen bestehen; für die wirklichen Verbrecher hat mau in Rußland mildere Strafen. — Das Rcvolutionscomitee setzt übrigens seine Thätigkeit trotz aller Re gierungsmaßregeln fort. DertlicheS unS Gächfische-. Tharandt. Durch Flugfcucr der Lokomotiven des um 3 Uhr 35 Minuten von hier nach Freiberg fahrenden Personcnzugs entstand vorgestern unweit des zweiten Bahnwärtcrhanses im kgl. Staatsforst reviere ein Waldbrand. Nach zweistündigen Löschungsarbeiten war jedoch das Feuer unterdrückt, bevor cs dem älteren Fichteubestand größeren Schaden zufügcn konnte. (Gräßlich!) Während am 30. April der WirthschastSbefitzer .Fritzsch auf dem Gebirge bei Marienberg mit seiner Frau auf dem Felde beschäftigt war, ist das ihm gehörige Schwein aus dem Stalle nusgebrocheu und in die Stnbe gelaufen, wo das einzige 2 Jahr alte Söhnchen Fritzsck/s schlief. Das Schwein hat nnn das Kind angc- fallen und ihm den Kopf angefrcssen. Als die Mutter Nachmittags Hereinkain, mußte sie ihr Kind todt und grauenhaft entstellt wieder finden. Ein in Niederoderwitz wohnhafter, aus Ruppertsdors gcbürdiger, verheirathetcr Mann faßte während des letzten großen Schneefalls den 'Gedanken, sich ehelicher Zerwürfnisse wegen durch Erfrieren zu tödten. Obwohl kein Schnapstrinker, trank er diesmal doch eine Quantität, arm sich Muth zu schaffen, ging dann, leicht gekleidet, hinaus auf's Feld, legte sich in den Schnee und zog noch die Stiefeln aus. Der Tod kam jedoch nicht, aber der Unglückliche erfror beide Füße derartig, daß beide Beine an den Unterschenkeln amputirt werden mußten. In der Wohnung eines Schneidermeisters in Leipzig ereignete sich am 4. Miu ein bedanernswerther Unglücksfall. Dessen zwei Kin der, ein 4jähriaes Mädchen und ein Knabe von I 'Z Jahren befanden sich in der Arbeitsstube auf dem in der Nähe des Fensters befindlichen Arbeitstisch. Ohne daß nun der mitanwesende Vater irgend eine Ge fahr ahnte, krochen die Kinder nach dem Fenster zu, wahrscheinlich öffnete das ältere Mädchen solches und der kleine Knabe stürzte plötz lich durch dasselbe drei Stock hoch auf die Straße herab. Dort hob nran das unglückliche Kind zwar noch lebend, aber mit schweren Kopf verletzungen vom Trottoir auf. Es starb am andern Morgen. Das gejammte Besitzthum der Löbauer Actienbierdrauerei wurde am 2. Mai den Herren Rätze und Schreiber aus Prijchwitz und Stacha um den Preis von 207,000 Mark zugeschlagen. Zittau. Hier besteht eine Billardsteucr! Laut dem geführten Steuerverzeichniß befinden sich in unserer Stadt 85 Billards in Be nutzung. In Eisenberg bei Moritzburg findet der nächste Vieh- und Krainmarkt Montag den l2. Mai statt. Der Falschmünzer. Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Mehrmals war es ihm begegnet, daß Goldstücke, die er in Zahlung angenommen, sich als falsch erwiesen. Bei seinem glücklichen Gedächtniß und seiner Ordnungsliebe wußte er stets ganz genau, von wem er die Guineen erhalten und in den meisten Fällen wurde ihm auch der Verlust ersetzt, da er im Bewußtsein seines Rechtes auf den Umtausch bestand. Bisher hätte er diese für ihn unbedeutenden Summen verschmerzen können und vielleicht tväre es auch klüger gewesen; aber in solchen Angelegenheiten konnte er den Kaufmann nicht verleugnen, den cs empfindlich geschmerzt hätte, wenn er durch eigenes Versehen oder durch die Unredlichkeit Anderer etwas verloren und je weniger man geneigt war, seinen Angaben Glauben zu schenken, je mehr erforderte es seine Ehre, sie mit Hartnäckigkeit zu vertheidigen und auf den Ersatz zu bestehen. / Seltsam genug begegnete ihm eine solche Verdrießlichkeit in kurzer Zeit mehrfach hinter einander, er konnte es sich selbst nicht erklären. Goldstücke, die er bei der Einnahme sorgfältig geprüft und dann wieder i» Zahlung geben wollt-, wurden ihm als falsch zurück gegeben, und während er bei der Empfangnahme gar nichts bemerkt, mußte er jetzt selbst die Unechtheit anerkennen. Brachte er nun diese Guineen Demjenigen zurück, von dem er sie erhalten, so kam es stets erst zu den unangenehmsten Auseinandersetzungen, eh' man sich dazu verstand, die Ausgabe dieser falschen Stücke anzuerkennen. Hätte sich Waxmann nicht bisher in den Geschäftskreisen der allgemeinen Achtung zu erfreuen gehabt, man würde manchen seiner Angaben keinen Glauben geschenkt Haven. In diesem glücklichen Bewußtsein, daß Niemand an seiner Ehren haftigkeit zweifeln könne und dürfe, brachte er auch ein drittes und viertes Mal Goldstücke zurück, deren Unechtheit sich unerklärlicherweise erst nachher herausgestellt. Jeder Andere würde, wenn ihm eine solche mißliche Geschichte mehrmals begegnet, nicht den Muth gehabt haben, sein gutes Recht zu verfechten, aber Waxmann notirte sich jetzt jedesmal, von wem er das Geld erhalten, schloß es sorgfältig ein und wenn man in gerade mit falschem Gelde heimsuchte, was konnte er dafür? — Es fiel ihm gar nicht ein, daß darunter sein Rus leiden könne und selbst auf diese Gefahr hin würde er nicht anders gehandelt haben. Er beschloß nur, von jetzt ab bei Abnahme von Gold desto vorsichtiger zu sein. Eines Tages wurde ihm von einem Geschäftsfreunde, Mr. Black- bird, eine größere Summe in französischen Louisd'ors ausgezahlt. Obwohl er die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit gerade dieses Mannes genau kannte, blieb ihm nichts Anderes übrig, als jedes einzelne Stück einer genauen Prüfung zu unterwerfen, obwohl er das Stirn- runzeln seines alten Geschäftsfreundes bemerkte. „Sie sind alle echt, ich habe sie selbst gewogen," sagte endlich Mr. Blackbird etwas un geduldig, als Waxmann immer wieder ein Stück nach dem andern von allen Seiten besah, jeden einzelnen Louisd'or auf die Fingerspitze nahm und mit einem zweiten anstieß, um sich seines guten Klanges zu versichern. „Nehmen Sie mir's nicht übel, lieber Freund," entgegnete er ruhig. „Sie kennen ja das alte Sprichwort: „ „Ein gebranntes Kind fürchtet das Feuer" " uud ich habe in letzter Zeit mit falschem Golde wahrhaft merkwürdiges Unglück gehabt." „Wahrhaft merkwürdig!" brummte Mr. Blackbird vor sich hin und warf Herrn Waxmann einen eigenthümlichen Blick zu. Endlich halte sich dieser überzeugt, daß diesmal unter den edlen Füchsen sich nicht ein einziges falsches Exemplar cingesunden, er stellte seine Quittung aus und empfahl sich, unbekümmert darum, daß sein alter Geschäftsfreund ungewöhnlich kühl feinen Gruß erwiderte. Er bc- grijs nicht, warum sich Mr. Blackbird gekränkt fühle; war ihm denn eine solche Vorsicht zu verargen, nachdem er schon viermal mit falschem Gelde „geleimt" worden. Er wußte sich ganz genau aus diesen Ausdruck, der in seiner Vaterstadt gäng und gäbe war, z» besinnen. Sorgfältig wurden die erhaltenen Goldstücke in ein geheimes Fach seines Schreibtisches besonders gelegt, und Waxmann fühlte sich beruhigt. Wie erstaunte er aber, als er eine Zahlung zu leiste» hatte und der Mann zwei der Louisd'or als salsch zurückwics! einem Goldarbeitcr wurden die Stücke zur Prüfung vorgclegt und richtig, sie waren unecht. — Waxmann war darüber sehr empfindlich; weniger über den etwaige» Verlust als darüber, daß alle feine Vorsicht nicht im Stande gewesen, das Einschmuggeln von falschen Goldfüchsen zu verhindern. Er eilte nach Hause, ließ von dem Goldschmied anch die übrigen Louisd'or noch einmal eine kritische Revüe passiren und siehe da, nicht weniger als sechs Stück mußten unter der Probirfeile ihr unberechtigtes Louisd'vrsein bekennen uud ihre innere Werthlosigkeit an den Tag legen. Den sonst so ruhigen Waxmann brachte diese häßliche Entdeckung außer Fassung. Es war ihm höchst fatal, seinen alten Geschäfts freund mit dieser Angelegenheit zu behelligen und doch gab es gerade hier kein zurück. Der Mann, an den er die Zahlung leisten gewollt, hatte ein wahrhaft empörendes Mißtrauen gezeigt und davon ge sprochen, daß er die versuchte Ausgabe falschen Goldes der Behörde anzeigen müsse; da blieb Waxmann nichts weiter übrig, als zu er klären, daß er diese Goldstücke von Mr. Blackbird erhalten und er diesen dafür verantmortlich machen werde. Auf der Stelle wandte er sich an Blackbird und theilte ihm die höchst unangenehme Entdeckung mit. Wenn er gehofft, daß es bei diesem nur seines Wortes bedürfe, um ihn von der Wahrheit seiner Angaben zu überzeugen, hatte ec sich geirrt. Blackbird machte ein sehr finsteres Gesicht: „Sie haben be> der Annahme der Goldstücke ein wahrhaft kränkendes Mißtrauen ge zeigt und obwohl ich Ihnen versicherte, daß ich sie gewogen, jede» einzelnen Louisd'or so lange beschnüffelt, daß Sie wohl selbst be kennen müssen, wie hier jeder Jrrthum unmöglich ist und ich kan» mich deshalb von der Wahrheit Ihrer Versicherung nicht überzeugen." Waxmann hatte Mühe, an sich zu halten und seine Ruhe z» bewahren. „Ich habe das von Ihnen erhaltene Gold sorgfältig verschlossen und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß diese Louisd'ar von Ihnen ausgezahlt worden." Mr. Blackbird hatte von mütterlicher Seite rasches Blut in de» Adern, das ihn nur zu oft mit fortriß; deshalb entgegnete er sogleich mit großer Bitterkeit: „Wie ich gehört, ist Ihnen dies Monöver sehr gut gelungen, und deshalb glauben Sie auch bei mir daM» Lurchzukommen; aber Sie stoßen endlich auf den Unrechten." Jetzt verlor auch Waxmann seine Fasfnng. Ein heftiger Zor» arbeitete in seiner Brust und er fragte mit wuthzitternden Lippe»- „Herr, was wollen Sie damit sagen?" „Daß ich nicht Narr genug bin, mich von Ihnen ebenfalls a»' räuchern zu lassen," war die boshafte Antwort Blackbird's. (F. Stadtgemcinderathssitzung am SV. A>ril L87S. 1 ., Wurde nach Gehör des Bauansschusses beschlossen, den sag' Kosinskyschen Garten wieder auf 6 Jahre zu verpachten und zwac an die Herren Tischler Guhlmann und Maurer Nake sowie Fra» vcrw. Hoppe für einen jährlichen Pachtzins von 36 Mark. 2 ., Ertheilte man nachträglich die Genehmigung zur anderweite» Verpachtung der Communparzellcn rechts der Nossener Straße u»° der sog. Triebe, sowie der Parzellen am Pichschuppen, der Gras' Nutzung zwischen der Gründchenbrücke und dem Grundstücke des Herr» Grätzschel und des früheren Schnee'schen Gartens;