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Erscheint »»chentlich 2 Mal Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Tine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannahme Rontags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratcnannalme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Gcrichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Neunund-reißigster Jahrgang. Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 33. Freitag, deu 25. April 1879. ^7 " ------ . L,- -l . — Bekanntmachung. Im Laufe des vorigen Monats sind auf Abth. 2 der Meißen-Wilsdruffer Chaussee bei Station 9,„ in Röhrsdorfer Flur zwischen Ullen dorf und Sora 3 Baumpfähle und in der Nacht vom 9. zum 10. dieses Monats auf Abtheiluug 3 derselben Chaussee in Klipphausener Flur zwischen Sora und Wilsdruff ebenfalls 3 Baumpfähle von den Bäumen losgeschnitten und entwendet worden. Ferner sind in derselben Nacht auf letzgedachter Abtheiluug von einem dreijährigen Kirschbäumchen und auf Abtheiluug 2 der Kesselsdorf-Nossener Chaussee bei Station 4,z m unmittelbarer Nähe Wilsdruffs von einem neugepflanzten Aepfelbäumchen, sowie in der Zeit vom 12. bis 15. dieses Monats bei Station 7,, ebenderselben Abtheilung von einem Birnbäumcheu die Kronen frevelhafter Weise abgebrochen worden. Zur Entdeckung der Thäter wird Solches mit dem Bemerken veröffentlicht, daß derjenige, welcher dieselben dergestalt zur Anzeige bringt, daß solche zur Bestrafung gezogen werden können, eine Belohnung von 30 Mark —- Nf. erhält. Meißen, am 19. April 1879. Königliche Amtshauptmannschast. von Bosse. Tagesgeschichte. Der öffentliche Kampf über den neuen deutschen Zolltarif für Erzeugnisse der Landwirthschaft und der Industrie wogt leidenschaftlich hin und her und drängt alle anderen Interessen in den Hintergrund. Dieser Kampf spaltet die Parteien und die Gruppen der verschiedenen Interessenten und führt sie in neue Lager; sogar die Sachverständigsten stehen sich in ihren Ansichten und vollends in ihren Prophezeiungen über die Rückwirkung der neuen Zölle auf die Industrie uuv Land- wirthschaft und aus 'die Wohlfahrt des gesammten Publikums schroff gegenüber. Biele sind der Ansicht, daß der Löwentheit der neuen Zölle der Industrie oder doch deren bevorzugten Vertretern zufallen werde und daß die der Landwirthschaft zufallenden Bortheile wett ausgewogen würden durch Vertheuerung fast aller Dinge, die zum Leben notywenvig sind. Die Steigerung aller Preise und Lohne re. ist's, was allgemein befürchtet wird. Die Reichstagsabgeordnelen, die entscheiden sollen, haben einen so schweren und verantwortungsvollen Stand wie nie zu vor. Wir theilcn heute Einiges ans den nunmehr amtlich veröffent lichten „Motiven" sür den neuen Zolltarif mit und zwar denjenigen Theil, der von der Landwirthschaft handelt. Die Reichsregicrung schlägt für die Einfuhr von Getreide einen Zoll von 50 Pfennig bis 1 Mark pro 100 Kilogramm vor und begründet diesen Zoll mit fol gender Darlegung: „Die Thatsache ist unleugbar, daß sich der Anbau von Getreide in Deutschland von Jahr zu Jahr verringert und daß jedenfalls nicht so viel Getreide erzeugt wird als erzeugt werden könnte, wenn gegenüber der erdrückenden ausländischen Concurrenz die Bürg schaft eines größeren und einträglicheren Absatzes für das einheimische Produkt vorhanden wäre. Der laudwirthschaftliche Betrieb hat eben aufgehört, lohnend zu fein. Hunderte vou größeren Pächtern, Tausende von kleineren Besitzern in allen Theilen des Reiches haben ihre Wirth- schaftcn aufgcben müssen. Die Ertragsfähigkeit der Grundstücke selbst ist in Folge der zahlreichen Subhastattonen vermindert und dem Acker werden aus Mangel an Mitteln nur ungenügend die nothwendigen Düngstoffe zugesührt. Die Erudte-Erträge sind unter diesen Um ständen vielfach um 20 pCt. heruntergegangen. Sie haben im Jahre 1878 pro Hektar für Weizen zwischen 700 und 3100, für Roggen zwischen 530 und 2800, für Gerste zwischen 940 und 3250, sür Hafer zwischen 500 und 3400 Kilogramm geschwankt. Die Gefahr liegt nahe, daß Deutschland bei fortschreitender Entwerthung des Grund und Bodens hinsichtlich seiner Ernährungsverhältnisse vollständig ab hängig vom Auslande wird. Zu welchen Konsequenzen ein solcher Zustand sichren kann, liegt auf der Hand. Miherndten sind in Ländern wie Rußland, Rumänien, Amerika häufiger, uud wenn sie eiutreten, allgemeiner wie bei uns. Sie würden eine momentane vollständige Stockung der Zufuhr Hervorrufen können. Die gleiche Wirkung würde ein unglücklicher Krieg, eine andauernde Blokade haben. Auf der an dern Seite wäre ein Aufhörcn der inländischen Getreide-, namentlich der Roggenproduction gleichbedeutend mit der Zahlungseinstellung des weitaus größeren Thells aller Landwirthe und in Folge dessen mit einem Zusammenbruche unseres ganzen Crcditsystems. Dem nationalen Wohlstände würden damit die tödtlichsten Wunden geschlagen werden. Es liegt deshalb nicht allein im Interesse der Landwirthe, sondern der Gesammtbevölkerung überhaupt, daß der Kornbau dem Lande erhalten bleibt, und es wird Aufgabe einer gesunden Wirthschastspolitik sein müssen, hierauf in erster Linie ihr Augenmerk zu richten. Die vorge schlagenen Tarifsätze sind so niedrig gegriffen, daß sie als eigentliche Schutzzölle nicht bezeichnet werden können. Ihre Wirkung wird des halb auch nicht darin bestehen, den Import des fremden Getreides in erheblichem Maße zu verringern oder gar auszuschließcn. Die Pro- duktionsbedingungen in Ländern mit großen Flächen, billigen, jungfräu lichen Bodens, mit niedrigen Löhnen und nicht nennenswerthen öffent lichen Abgaben ermöglichen eine so wohlfeile Herstellung der Früchte, daß ein sehr reicher Gewinn auch daun noch dem Importeur verbleiben wird, wenn er einen im Vergleich zu den gewöhnlichen Preisschwank ungen gar nicht in Betracht kommenden Zoll zu tragen hat. Allein die vorgefchlagenen Tarifsätze versprechen nach einer Richtung hm doch der einheimischen Landwirthschaft zu Hülfe zu kommen. Bei aller Unvollkommenheit der vorliegenden statistischen Nachrichten ist es doch mehr wie Vcrmuthung, daß in Folge der absoluten Zollfreiheit der Getreideeinfuhr der deutsche Markt der Ablagerungsplatz für die Ueberproduktion anderer Länder geworden ist, und daß Deutschland seit längerer Zeit erheblich mehr Getreide aufnimmt, als es in Wirk lichkeit aufzunehmen brauchte, wenn die inländische Produktton zur vollen Entfaltung käme. Während beim Weizen für die Durchschnitts periode 1868/72 ein Eingang von 8,313,000 Clr., ein Ausgang von 11,249,000 Ctr., mithin ein MehrauSgang von 2,936,000 Ctr. zu ver zeichnen ist, beträgt für die Durchschnittsperiode 1873/77 der Eingang 11,737,000 Ctr., der Ansgang 9,955,000 Ctr., es hat mithin ein Mehr eingang vvn 1,779,000 Ctr. stattgcfunden. Von Roggen ist 1868/72 im Durchschnitt 9,316,000 Ctr. ein- und 3,290,000 Ctr. ausgegangcn, 1873/77 dagegen im Durchschnitt 19,101,000 Ctr. ein- und 3,127,000 Ctr. auSgegangen. Dieses Wachsen der Einfuhr von Weizeu und Roggen steht mit dem Wachsen der Bevölkerung nicht annähernd in einem entsprechenden Verhältmtz. Noch auffallender ist die Steigerung der Mehreinfuhr bei Hafer (1868/72: 215,000 Ceutncr, 1873/77: 5,148,000 Ctr.), ohne daß der Pferdebestand in Deutschland eine Aendernng erfahren hätte. Die Uebersüllung des deutschen Marktes durch das Angebot unverkäuflicher ausländischer Ueberschüsse, mit welcher allein die vorstehenden Zahlen erklärt werden können, übt den empfind lichsten Druck auf die einheimische Landwirthschaft aus; die Konkurrenz wird das Maß ihrer Berechtigung erst dann finden, wenn jenes An gebot eine auch nur geringe Zollabgabe nach sich zieht. Gelingt es, dem deutschen Getreidebau das Absatzgebiet zurückzuerobern, welches durch die Ueberproduktion des Auslandes verloren gegangen ist, so wird ein Anreiz gegeben sein, Flächen vou Neuem unter den Pflug zu bringen, welche letzt wüst liegen oder in unvollkommener Benutzung stehen. Die Frage, ob Deutschland im Stande ist, den Mehrbedarf an Getreide, welches wir gegenwärtig vom Auslände beziehen, künftig selbst zu produciren, wird dann ihrer Beantwortung um einen wesent lichen Schritt näher geführt sein. Da Müssiggang aller Laster Anfang ist, hat Bismarck denReichs- tagsabgeordueteu ferne Steuer- und Zollvorlagen iu die Ferien nach- gcjchickt. Sie umfassen über 6000 Quartseiten und die langen Zahlen reihen sichren den Augen einen wahren Hexcntanz auf. Sonnemann aus Frankfurt, der selbst Abgeordneter ist, meinte in Nürnberg, die Zeit zum Lesen und Rechnen ser so kurz, daß Mancher erst klug werden würde, wenn er vom Rathhaus herunter käme. Berlin. Vou den vielen seil dem Jahre 1853 ausgeführten Reformen ist ein sehr wichtiges Gebiet unberührt geblieben, die ländlichen Ärbeiterverhaltnisse. Es ist längst erwiesen, daß das laudwirthschaftliche Gewerbe darunter leidet, daß die materiellen Vorschriften betreffs der Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Verbindung mit den geltenden Prozeßgefetzen keinen ausreichenden Schutz gegen böswilligen Vertragsbruch gewähren. Dies veranlaßte denn auch die preußische Regierung schon vor einigen Jahren, eine Konferenz über das ländliche ArbeilsverlMniß zu be rufen. Die Mitglieder der Konferenz anerkannten die Nothwendigkeit von Maßregeln, um das Rechtsverhältniß zwischen dem ländlichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer genau feftzustellen und schlugen vor, für das ländliche Arbeitsverhältniß gewisse positive Normen ähnlich denen einzuführen, welche für die gewerbliche Arbeit gesetzlich bestehen. Alsdann wurden auch die Proviuzialbehörden, sowie diejenigen Stellen, welche ein Interesse an der Regelung der Arbeiterverhältnisse haben, z. B. die landwirthschaftlichcn Zentralvereine, zu gutachtlichen Aeußer- ungen aufgefordert. Auf Grund des gesammten Materials wurde darauf im landwirthschaftlichen Ministerium ein Gesetzentwurf aus gearbeitet. Falls es nicht vorgezogen werden sollte, das Gesetz auf das gejammte deutsche Reich auszudehnen, dürfte der Entwurf be stimmt dem nächsten Landtage vorgelegt werden. Vor 25 Jahren am 21. April hat Kaiser Franz Joseph mit der schönen und liebenswürdigen bayrischen Prinzessin Elisabeth Hochzeit gehalten. Man sieht der Kaiserin heute noch nicht die Groß mutter an, obgleich der wetterwendische April Wort gehalten hat. Ganz Oesterreich feiert in diesen Tagen das silberne Jubiläum des Kaiserpaares, allen voran die Kaiserstadt Wien. Fürsten- und Bauern- Hochzeiten haben das Gemeinsame, daß sie mehr als einen Tag dauern.