Volltext Seite (XML)
von von und ent- Be- schr Stufe gestiegen, da die Geldwechsler selbst zum Curse von 420 Piaster des Kaimes (Papiergeld) nicht annehmen wollen. Ueber 20 Geldwechsler sind verhaftet worden, die anderen schlossen in Folge dessen ihre Läden. Viele Beamtenfamilien darben. Fälle Hungertod sind zahlreich. Die Weiber von vielen Hunderten Beamten versammelten sich vor dem Palais des Großveziers stießen fürchterliche Drohungen und Schmähungen aus. Noch setzlicher herrscht der Nothstand in den untersten Schichten der vö'lkerung. Die Lastträger, ein im Pöbel von Constantinopel Die städtische Spareaffe zu Wilsdruff ist im Monat Fanuax 1879 auch jeden Sonntag Nachmittag von S -iS 4 Uhr geöffnet. Wilsdruff, am 30. Deccmber 1878. Die Sparcassenverwaltung. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Zwei Dinge hält der greise Kaiser Wilhelm vor allem nöthig und hat sie dem Vicepräsidenten des Staatsministeriums Grafen Stolberg in einem eigenhändigen Schreiben zu erkennen gegeben. Die Gerichte und alle Behörden sollen darauf sehen, daß 1) die Autorität des Staates in allen Dingen gewahrt und gestärkt werde, 2) die Kirchen- und Schulbehörden, daß die religiöse und sittliche Erziehung eine Vertiefung erfahre. Stehen Religion und Naturwissenschaft wirklich in feind lichem Gegensatz, wie man behauptet hat? — Nein. So lange die Naturwissenschaft nicht zu sagen vermag, warum diese Welt und wie sie geworden, was das Endschicksal der einzelnen Menschen und der Zweck der Menschheit ist, so lange wird die Religion ihre hohe Stellung behaupten. Die Naturwissenschaft hat ihre Schranken und wo diese anfangen, tritt der Glaube in seine Rechte. Darum tastet auch der wahre Naturforscher die Religion nicht an, welche liebevolle Hingabe an eine heilige Ordnung der Dinge verlangt und das Eben bild Gottes im Menschen zu begründen sucht, weil die ernste Be schäftigung mit seiner Wissenschaft ihn auch dw Schranken derselben gelehrr hat. Darum konnte der große Geograph Carl Ritter in Berlin, als ec in ein ihm vorgelegtes Stammbuch die Summe seiner Weltanschauung niederschreiben sollte, also schreiben: Die Himmel er zählen die Ehre Gottes und die Veste verkündet seiner Hände Werk. Unzweifelhaft wird die Naturwissenschaft auch jetzt wieder zu einer religiösen Weltanschauung zurückführen. Denn der Anfang des Lebens ist ein Räthsel und sein Ende ein Geheimniß; wir Menschen, in die dämmernde Mitte gestellt, verstehen wohl, wie die Dinge sich bewegen, aber nicht, woher sie kommen und wohin sie gehen. Aber es bleibt uns das feste Vertrauen auf eine höchste Weisheit, die Anfang und Ende verbindet zum Ganzen ohne Anfang und Ende. Eine Anfrage betreffs des Verfügüngsrechtes, das dem Ab sender in Bezug auf seinen Brief zusteht, hat das Generalpostamt dahin beantwortet, daß es bei der Verschiedenheit der darüber ob waltenden Ansichten unmöglich gewesen sei, im diesjährigen Weltpost vertrage eine gleichförmige Bestimmung zu treffen. Im Einzelfalle entscheidet die Landesgesetzgebung. Im Verkehr Deutschlands mit Rußland, Dänemark, Schweden, Schweiz, Belgien, Niederlanden hat der Absender das Verfügungsrecht so lange, als der Brief dem Adressaten nicht behändigt worden, während in Frankreich und dem britischen Reiche jeder Brief von dem Augenblicke der Einlieferung an als Eigenthum des Empfängers angesehen, also dem Absender nicht wiedergegebcn wird. Die Metzer, die noch lange mit allen Fasern des Herzens an Frankreich hängen werden, sind endlich doch den Deutschen aus's Eis gegangen. Dir deutschen Frauen und Jungfrauen fuhren dort so schön und geschickt Schlittschuh, dcß die Französinnen eifersüchtig wurden und anch Schlittschuh lause» lernten, um ihre Grazie zu zeigen. Auch den Weihnachtsbaum haben die Deutschen in Metz ein gebürgert. Zuerst brannten ihn nur die protestantischen Deutschen an, dann viele andere und jetzt finden anch viele Franzosen die Weih nachtsfeier mit dem leuchtenden Tannenbaum viel poetischer und sinniger als die etwas kahle Feier des Nikolaus- und des Neujahrs tages. Im vorigen Jahre haben schon 8000 Weihnachtsbäume ge brannt. Der Winter hat Frankreich mit Schnee überschüttet. An vielen Orten mußten die Soldaten und Matrosen aufgebotcn werden, um die Bahnlinien von den Schneemassen zu befreien. Im mittleren Frankreich soll der Schnee 2—3 Meter hoch gelegen und viele Ort schaften fast begraben haben. Auch in Belgien Schnee fußhoch; die Kinder in Brüssel konnten nicht in die Schule, die Abgeordneten nicht in die Kammer gehen. — Auch im deutschen Schwarzwald und in der Schweiz überreicher Schnee mit Frost. Den Kriegsfurien folgt in der Türkei das Gespenst des Hungers auf den Fersen; insbesondere scheint die türkische Hauptstadt so un heimlich furchtbar von diesem grausigen Gast heimgesucht worden zu sein, daß aus der Heimsuchung eine politische Action, eine „Hunger revolte" herauszuwachsen droht. Die Aufregung ist im Wachsen; alle Kreise der Bevölkerung sind von der Bewegung ersaßt. Die von allen Seiten bedrohte Regierung läßt jede Nacht zahlreiche Ver haftungen in den besten Gesellschaftskreisen vornehmen. Die Furcht vor einem von der Pforte ausgehenden Gewaltacte ist so groß, daß selbst angesehene türkische Zivil- und Militärwürdenträger sich theils auf die fremden im Bosporus liegenden Schifft, theils in die Hotels der Gesandtschaften flüchten. Selbst die hervorragendsten Moham medaner der Hauptstadt können sich nicht verhehlen, daß sie zu den verzweifeltsten Mitteln werden greifen müssen, um die unerträgliche Lage der Dinge zu beseitigen. Man versichert, daß die Bevölkerung von Stambul nur auf einen Wink der bekannten Führer warte, um sich zu erheben. Andererseits ist die Noth in allen Schichten der Bevölkerung, namentlich aber in den Beamtenkreisen auf die höchste stark hcrvortretendes Element, drohen die Bäckerläden zu stürmen, um Hülfe zu schaffen. Angesichts solcher Situationen ist stündlich der offene Ausbruch einer revolutionären Bewegung zu erwarten, deren Folgen nicht abzusehen sind. Aehnlich wie in der türkischen Hauptstadt wüthen Noth und Elend anch in den Provinzen und die Möglichkeit rückt nahe, daß der Hunger ebenso starke Umwälzung im Osmanenreiche vollziehen hilft, wie die Künste der europäischen Di plomatie. Unter dem Vorsitze des Sultans hat am 29. ein großer Ministerrath stattgefundcn, worauf der Großvecier und der Kriegs minister in besonderer Audienz empfangen wurden. Veranlaßt wurde der Ministerrath durch das rapide Sinken der Kaimes, wodurch eben die Noth und die Unzufriedenheit immer größer werden, und dann durch den gänzlichen Mangel in den Staatskassen, wegen dessen man den Soldaten schon seit mehreren Monaten den Sold schuldet. Die Regierung befürchtet daher, daß für den Fall eines Aufruhrs die Soldaten mit dem Volke fraternisiren könnten. Der Großvecier empfahl im Ministerrathe die schleunige Einberufung des Parlaments, damit dasselbe über das Herbeifchaffen der nöthigen Geldmittel be- rathe. Der Sultan und Osman Pascha widersetzten sich jedoch auf's Entschiedenste diesem Vorschläge und soll der Sultan in größter Auf regung den Ministerrath verlassen haben. Man glaubt, der Groß vezier werde zurücktretcn. Ju Konstantinopler Kreisen zirkulirt das Gerücht, daß Sultan Abdul Hamid mittelst eines eigenhändigen Schreibens an den Kaiser von Rußland die Bitte gerichtet habe, bezüglich der von der Türkei zu fordernden Kriegskostenentschädigung möglichste Milde walten zu lassen. In England wächst der Nothstand mit jedem Tage. In den Kohlengrubendistricten von Süd- und West-Aorkshire und Nord- Derbyshire werden in diesen Tagen in Folge einer Lohnherabsetzung mit einem Schlage 100,000 Personen die Arbeit einstellen. Die Directoren der Midland - Eisenbahn haben beschlossen, die Löhne sämmtlicher Signalisten und Weichensteller der Bahn vom 10. Jan. ab um 1 Schilling per Woche herabzusetzen. In Manchester nimmt die Noth großen Umfang an. Nahe an 10,000 Fabrikarbeiter sind ohne Arbeit, ohne Nahrungsmittel oder Feuerung. Der strenge Frost hat dieser Zahl noch über 2000 Feldarbeiter hinzugefügt. In Blackburn gestaltet sich das Elend unter der arbeitenden Bevölkerung mit jedem Tage fürchterlicher. Gelernte Handwerker sind glücklich, wenn sie durch grobe Arbeit einige Pence per Tag verdienen können. Aus Birmingham, Sheffield, Stockton, Stoke-upon-Trent, South port, Wolferhampton, Salfort, Glasgow, Edinburgh, Cambridge, Burslem, Brighton, Monmouth und thatsächlich aus saft jedem Theile des Landes liegen Nothstandsberichte vor. Tausende von Handwerkern und Tagelöhnern sind durch die Handelsstockung und den strengen Winter beschäftigungslos geworden, und die Armenkassen sowie die Privatwohlthätigkeit sind kaum im Stande, das Elend einigermaßen zu lindern. Die Bedingungen, unter welchen die englische Regierung Jakub Khan Frieden gewähren will, bestehen 1. in Abtretung der afgha nischen Gebietstyeile, welche die wichtigsten Pässe nach Indien um fassen und zur Zeit schon größtentheils in Händen der englischen Truppen sind; 2. in der Zulassung von englischen Bevollmächtigten in Kabul, Kandahar und Herat und 3. in der Versicherung, keinerlei Abkommen mit Rußland ohne englische Genehmigung zu treffen. Schir Ali scheint sich schon seit Beginn des Krieges mit England mit Fluchtgedanken getragen zu haben, denn die indisch-arabischen Blätter meldeten schon vor einigen Wochen, dieser Fürst habe schon gegen Ende Oktober seine Frauen und Schätze theils nach Herat, theils nach Balkh gesendet, um sie gegen die Engländer in Sicher heit zu bringen. Die Blätter meldeten damals zugleich, daß man in Kabul das bewegliche Privatvermögen des Emirs auf ungefähr 30 Million Rupien — etwa 50 Millionen Mk. — schätzte, und be stand dasselbe theils aus gemünztem Gelde, theils aus Kleinodien, dazu gehörten auch die Schmuckjachen seiner zahlreichen Frauen und Sklavinnen — und indischen Staatspapieren. Schir Ali spielte nämlich auch auf den Börsen Indiens und hatte er zu diesem Zweck in Bombay, Delhi und Kalkutta einige Bauquiers sitzen, die seine Börsengeschäfte und andere finanzielle Angelegenheiten daselbst be sorgen. Seine Schätze bewahrte Schir Ali in Kabul in einem der drei Thürme seines dortigen Residenzschlvsses Bala-Hissar auf, der zu gleich auch mit einem vergoldeten Dache verzierttwar. In den andern zwei Thürmen saßen Staatsgefangene. Schir Ali besaß auch einige Fabriken und Landgüter; letztere gab er jedoch gewöhnlich in Pacht. An seinem Hofe, an dem der größte orientalische Luxus herrschte, wurde nur auf Gold und Silber gespeist und befanden sich in dem Residenzschlosse auch zwei Goldschmiede, welche einzig und allein für des Emirs Bedarf arbeiteten. Oertkiches und Sächsisches. Wilsdruff. Wie alle Jahre, so hat auch dies Jahr zu Weih nachten der hiesige Frauenverein an hülfsbedürftigeFamilien über 80 Mark in baarem Gelde vertheilt, außerdem aber auch eine Christ- bescheerung für 60 arme Kinder veranstaltet; dieselbe fand vorigen Sonntag Abend im Gasthof zum Adler statt. Die Feier wurde mit Gesang eingeleitet und erhöht durch eine Ansprache des Herrn L. vr. Wahl, worin er hauptsächlich auf die Christfreude, die Gebern und Nehmern durch diese Liebesthat erwüchse, hinwies. Ermöglicht wurde diese Liebesthat einestheils durch den namhaften Ertrag einer zu diesem Zweck von der freiw. Feuerwehr veranstalteten Abend unterhaltung, durch einen Beitrag vom Comits der Gewerbeausstellung, durch freiwillige Geschenke und durch Beitrag aus der Vereinscasse; außerdem hatten viele Mitglieder fertige Kleidungsstücke geschenkt. Ohne Zweifel darf der Frauenverein sich des aufrichtigsten Dankes aller Beschenkten versichert halten. Der vor kurzem veröffentlichte Bericht des evang. Landeskon sistoriums über die kirchlichen Zustände Sachsens im Jahre 1877 beklagt unter Anderen» die mangelhafte Sonntagsheiligung, an welcher das durch die vermehrten Schaukstätten geförderte Wirthshausleben, und das Fortarbeiten in Fabrik-und Jndustrieorten und die auf dem Lande oft sehr lax geübte Polizei die Schuld trage, das Fernhalten der gebildeten Stände, einschließlich der Beamten, vom öffentlichen Gottesdienste, die Abnahme der Kommunikanten; andererseits ist an vielen Orten durch Verlegung der Nachmittagsgottesdienste auf die Abendstunden, durch Einführung von Kinderg'ottesdiensten und durch Hebung des Kirchengesanges das kirchliche Leben sichtlich gefördert