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Amtsblatt für die Kgl. Amtsbauvtmannschaf! zu Weißcn. das Kgl- Umtsgericht und den Htadtratb zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montag und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 84. Dienstag, Von 13. August 1889. A u e t i o n. Kommenden Freitag, den §6. August I., Vormittags 10 Uhr gelangen im hiesigen K. Amtsgerichte verschiedene Sorten Seife sowie S Risten gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Wilsdruff, am 10. August 1889. Der Gerichtsvollzieher des K. Amtsgerichts. Matthes. Tagesgeschichte. Die englische Kaiserwoche ist vorüber. Sonnabend Mittag ist Se. Majestät wieder in Wilhelmshaven eingetroffen, um ohne Aufent halt in seine Residenz zu eilen und am Montag seinen Freund und Ver bündeten, den Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, willkommen zu heißen. Was wir wünschten, als Kaiser Wilhelm die Englandfahrt antrat, das ist eingetroffen, herrlicher, als wir es gedacht haben. Dem Besuche, den der kaiserliche Enkelsohn seiner erlauchten Großmutter abstattete, ist durch den ebenso herzlichen wie glänzenden und ehrenvollen Empfang, welchen daS britische Volk dem deutschen Kaiser bereitet hat, eine hohe politische Bedeutung verliehen worden. Herrscherhaus und Volk Englands haben es sich gleichmäßig angelegen sein lassen, Se. Majestät, dessen Erscheinung einen solchen Eindruck gemacht hat, als zeige jeder Zoll an ihm zugleich den Kaiser und den Soldaten, in herzlichster Weise zu feiern und ihm zu Ehren glänzende militärische Schauspiele zu Wasser und zu Lande vorzu führen. Kaiser Wilhelm ist durch diese begeisterte Aufnahme sehr erfreut worden. Er hat, dem Wunsch seiner königlichen Großmutter nachgebend, seinen Aufenthalt in Osborne um einen Tag verlängert und durch Ver leihung des ersten Garde-Dragoner-Regiments an die Königin von Groß britannien und Irland und Kaiserin von Indien und des 2. rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 28 an den Herzog von Cambridge seinem Danke in sinnreicher und ehrendster Weise Ausdruck gegeben. Von beiden Re gimentern sind Deputationen nach England befohlen und daselbst mit hohen Ehren ausgenommen worden. Königin Victoria verlieh unserem Kaiser den Rang eines Ehren-Admirals der englischen Flotte. Höchste Beachtung finden im In- und Auslande die Trinksprüche, mit welchem Se. Majestät die ihm dargebrachten Toaste bei dem Manöverfrühstück und bei dem Fest mahl des Uacht-Klubs erwiderte und in denen der Kaiser das eine Mal der Waffenbrüderschaft gedachte, welche Deutschland und England vor Jahren verband und von der er die Zuversicht habe, daß sie lange fort dauern werde, während er im zweiten Toaste aussprach, daß Deutschland eine seinen Bedürfnissen entsprechende Armee besitze, und wenn nun Eng land eine seinen Erfordernissen entsprechende Flotte habe, so werde dies von Europa im Allgemeinen als ein höchst wichtiger Faktor für die Auf rechterhaltung des Friedens betrachtet werden. So hat Kaiser Wilhelms Englandfahrt dazu beigetragen, das Band gegenseitiger Achtung undWerth- schätzung zwischen den stammverwandten Völkern Englands und Deutsch lands zu festigen und darin der Welt eine neue Friedensbürgschaft zu geben. England ist in der Lage, den wohlgefügten Friedenswall des Dreibundes durch seinen freien, festen Willensentschluß zu einem Bollwerk zu machen, an welchem alle Kriegswogen machtlos abprallen müssen. Hoffen wir, daß in England dauernd jene besonnenen Männer das Heft in der Hand behalten, welche entschlossen sind, zum Heil der ruhebedürftigen Kultur völker von dieser Fähigkeit einen ausgiebigen Gebrauch zu machen. Heil dem Friedensfestiger, das ist deshalb der Gruß, welchen wir dem heim kehrenden Kaiser, der nach sechswöchentlicher Abwesenheit mit seiner Gemahlin wiederum in der Reichsthauptstadt Einzug hält, aus innigstem Herzen entgegenrufen. Ihre Majestät die Kaiserin hat bereits am Mittwoch ihre Residenz im neuen Palaiö zu Potsdam aufgeschlagen. Die hohe Frau wird aber zum Empfange des Kaisers Franz Josef in Berlin eintreffen, wo fast alle Mitglied des königlichen Hauses, sowie die Minister und Staats sekretäre anwesend sein werden. Großes Bedauern empfindet man in der Be völkerung der Reichshauptstadt, daß der österreichische Kaiser der Familien trauer wegen von der offiziellen Ausschmückung der Straßen abzusehen ersucht hat; aber auch ohne pomphaften äußeren Schmuck wird der erhabene Verbündete von allen Kreisen der Hauptstadt herzlich begrüßt werden. Am 12. August betritt Se. Maj. der Kaiser Franz Josef die Hauptstadt des deutschen Reichs, in welcher er zum letzten Mal im Sep tember 1872 als Gast unseres unvergeßlichen Kaisers Wilhelm gleichzeitig mit dem hochseligen Kaiser Alexander II. von Rußland geweilt hat. Dies veranlaßt das „Militär-Wochenblatt" zu nachstehender Betrachtung: Die Erinnerung an den Glanz der damaligen Festtage und an die Wichtigkeit der getroffenen Abmachungen ist noch nicht erloschen; gab doch die Zu sammenkunft der drei mächtigsten Fürsten Europas ein Jahr nach Abschluß des Frankfurter Friedens dem Gange der Weltereignisse auf lange hinaus die Richtung. Die 1872 zu Berlin zwischen Oesterreich und Deutschland geknüpften Bande fanden eine neue und stärkere Festigung durch den Bünd- nißvertrag vom Oktober 1879, der, zum mächtigen Dreibunde herangewachsen, der Welt die Segnungen d»s Friedens bis heute erhalten hat. Oesterreichs und Deutschlands Herrscher und Völker sind gleichmäßig gewillt, fest zu dieser segenbringenden Verbindung zu stehen, sie zu vertiefen und unzer reißbar zu gestalten. Dieser Wille war es, der unseren Kaiser im Oktober vorigen JahreS nach Wien führte, nicht als Fremden, sondern, wie Se. Maj. damals sagte, ein heiliges Vermächtniß seines in Gott ruhenden Herrn Großvaters ausführend und mit den Gefühlen bewährter, unverbrüchlicher Freundschaft. Damals sprach Oesterreichs Herrscher bei dem Festmahle die Worte: „Gestatten Eure Majestät, daß ich das Glas erhebe auf das Wohl Eurer Majestät Armee, dieses leuchtendste Muster aller militärischen Tugen den. Unsere preußischen und deutschen Kameraden, sie leben hoch!" Kaiser Wilhelm erwiderte, indem er sein Glas an dasjenige Kaiser Franz Josef's anklingen ließ: „Ich trinke auf das Wohl der österreichisch - ungarischen Armee. Unsere Kameraden der österreichisch ungarischen Armee leben hoch!" Jetzt kommt Kaiser Franz Josef nach Berlin, der erhabene oberste Kriegs herr desjenigen Heeres, mit welchem die deutsche Armee so eng verbunden ist, nicht durch die herrlichen Kaiserworte allein, sondern auch durch den Einklang der Geister und Herzen, durch Stammesverwandtschaft, durch die gleichen Gesinnungen von Pflicht, Ehre und Ritterlichkeit, durch denselben unerschütterlichen Willen, einzustehen für die höchsten Güter, für Altar und Thron, für gutes Recht und wahre, edle Freiheit. Die Zeiten, in welchen nach dem Willen der Vorsehung die jetzt unlösbar verbundenen Heere mit den Waffen in der Hand einander gegenüberstanden, sind vorüber für immer, aber der Gegenwart und Zukunft sind selbst sie ein Gewinn, denn nach hartem Zwiste versöhnte Brüder lieben einander um so inniger, und wenn Tapfere mit Tapferen sich maßen, gelangten sie zu höherer gegen seitiger Schätzung, zur wahren Kameradschaft. So darf die deutsche und preußische Armee in ihres Kaisers erhabenem Verbündeten den Kriegsherm ihrer besten und treuesten Kameraden in Ehrfurcht begrüßen. Und wahr lich, diese Kameradschaft hat bereits seit 200 Jahren manche Probe be standen; vor Ofen, bei Salankemen und Maiplaquet, bei Nollendorf, Leipzig und am Montmartre, am Danewerk und in Jütland, und wo immer Kaiser liche, Brandenburger und Preußen Schulter an Schulter gefochten haben, da führten sie ihre Fahnen zu Sieg und Ruhm und waren der Schrecken ihrer Feinde. So soll es bleiben jetzt und immerdar, und wenn, früher oder später, Oesterreichs und Deutschlands Heere zu gemeinschaftlichem Kampfe ausziehen, dann soll es geschehen im Geist der Wahlsprüche Preußens und Oesterreichs! „Gott mit uns!" und „Viribus nnitm." Der Zar trifft spätestens am 24. August in Begleitung des Thron folgers in Berlin ein, denn am 25. August findet bestimmt die Parade vor ihm statt. Nach Beendigung des Berliner Besuches reist der Zar, vom deutschen Kaiserpaare begleitet, nach Kiel oder Stettin, wo inzwischen auf ihrer Seereise nach Kopenhagen die Zarin eingetroffen sein wird. Die Herrschaften bleiben dann, dem „Berl. Tagebl." zufolge, noch einen Tag zusammen. Wahrscheinlich wird eine Flottenrevue abgehalten. Der „World" zufolge wird sich der Prinz von Wales nächste Woche nach Homburg und von dort nach Dänemark begeben. Auf seinen Wanderungen über den Kontinent wird der Prinz jedenfalls auch den deutschen Kaiser besuchen, welcher ihn eingeladen hat, den in Westfalen und Hannover stattfindenden großen Herbstmanövern beizuwohnen. Die „Kölnische Zeitung" erfährt, daß Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin in der Nacht vom 16. zum 17. August nach Bayreuth reisen, am 19. in Liebenstein sind, am 21. über Karlsruhe nach Straßburg, am 23. nach Metz, am 24. nach Münster und am 25. Morgens nach Berlin zurückreisen. Einer der „Pol. Corresp." aus Rom zugehenden Meldung zufolge wird das deutsche Kaiserpaar, welches bekanntlich, bevor es sich zu der Vermählung der Prinzessin Sofia mit dem Kronprinzen von Griechen land begiebt, dem italienischen Hofe in Monza Anfangs Oktober einen Besuch völlig intimer und privater Natur abstatten will, sich zu der griechischen Reise in Genua einschiffen. Ursprünglich war als Einschiffungshafen Neapel in Aussicht genommen, weil eine Zeit lang die Absicht bestand, auch einen mehrtägigen Jncognito-Aufenthalt in Rom zu nehmen, um der Kaiserin Victoria, die noch niemals in der italienischen Haupstadt war, Gelegenheit zu geben, dieselbe kennen zu lernen. Von dieser Absicht ist jedoch seither aus mehrfachen Erwägungen Abstand genommen worden. Dem bekannten fürstlichen Augenarzt Herzog Karl Theodor in Bayern wurden zu seinem 50. Geburtstage herzliche Beweise der Anerkennung und Verehrung aus allen Gegenden des Landes zu Theil. Am Vorabend seines Geburtstages bereiteten fünf um Tegernsee gelegene Gemeinden eine groß artige Huldigung. Während 30 Bergfeuer aufloderten, kamen auf dem See gegen hundert beleuchtete Kähne mit Transparenten angefahren. Die Bürgermeister von Tegernsee und von Egern hielten Ansprachen an den auf dem Balkon des Schlosses mit seiner Familie erschienenen Herzog, welcher die Redner und die Vorstände der Vereine zu sich berief und denselben auf'ö Herzlichste dankte. Der Herzog hat, wie bayrische Blätter in Be glückwünschungsartikeln hervorheben, bis jetzt im Ganzen etwa 8000 Oper ationen ausgeführt, darunter 1040 Staaroperationen. In Frankreich bildet die Anklage gegen Boulanger und dessen Ver- theidigungsmanifest das Hauptthema der Presse. Wenn man auf einzelnen Seiten erwartet hatte, Boulanger werde den Muth haben, sich dem Ge richtshof zu stellen, so sah man sich noch im letzten Augenblick getäuscht; der Exgeneral zog es vor, von seinem sicheren Asyl in London aus „Ent hüllungen" zu machen und seine Richter und die gegen ihn aufgerufenen Zeugen zu beschimpfen. Der Prozeß ist am Donnerstag eröffnet worden und wird sicherlich, wenn anders es nicht der Oeffentlichkeit vorenthalten