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mir graut davor, — und endlich, der liebe Gott muß doch seine besonderen Absichten haben, daß er mich erst durch diesen alten Mantelkragen mein Kind verlieren läßt, und mich dann zwingt, dem Dinge nachzulausen, um zwei Kinder wiederzufinden. Ueber den gegenwärtigen Stand -er Fischereiverhält nisse in -er „rvil-en San". (Aus dem Meißn. Tgbl.) Der Sächsische Landesfischereiverein läßt bekanntlich schon seit mehreren Jahren durch den Director der Meißner landwirthschaftlichen Schule Unter suchungen über die Fischereiverhältnisse in den sächsischen Gewässern an stellen. Derselbe hat vor nunmehr 3 Jahren zuerst das Muldcnqebiet bereist, 1887 und 1888 dagegen die rechts- und linksseitigen Zuflüsse der Elbe einer eingehenden Untersuchung unterzogen und wird in diesem Sommer da- Flußgebiet der Schwarzen Elster und die Lausitzer Gewässer begehen. Die wilde Sau entspringt in Braunsdorf oberhalb Grumbach bei Wilsdruff, nimmt nach kurzem Laufe die Pohrsdorfbach auf, welcher ibr ziemlich viel Wasfer zuführt, sodaß der Fluß schon oberhalb Wilsdruff verhältnißmäßig wasserreich ist, durchfließt den tiefliegenden Theil genannter Stadt, geht dann in einem an Naturschönheiten reichen Thale weiter, dabei die Fluren der Ortschaften Sachsdorf, Klipphausen rc. berührend, und mündet unterhalb Gauernitz auf Wildberger Flur in die Elbe. Die Wilde Sau enthält in der Hauptsache nur Forellen (vergleiche weiter unten „die Fischfauna"), doch kommen auch noch andere Fischarten in ihr vor, während die Krebse in derselben seit mehreren Jahren vollständig verschwunden sind. Die sogenannte „Wilde Bach" ist während des Sommers fast überall wasierleer; der freie Verkehr der Fische untereinander wird durch im Ganzen 12 Stauwerke gehemmt, welche jedoch fast sämmtlich bei einigermaßen hohem Wasserstande für alle werthvolleren Fischartcn übersteigbar sind. Das erste Wehr befindet sich vor der Grumbacher Mahlmühle, ihm folgen die drei Wilsdruffer Wehre (vor der dortigen Raths-, Hopfe- und Faustsmühle), je 3 Wehre in Sachsdorf und Klipphausen und 2 Wehre in Constappel. Das letzte Wehr vor dem Einfluß der Wilden Sau in die Elbe ist das vor der sogenannten Großen Mühle in letzgenanntem Orte. Sämmtliche Wehre haben geneigten Absturz, eine Böschung von Stein, die meist mit Gras bewachsen ist, und sind zwischen 2 und 6 Meter lang und 1—2 Meter hoch. Aufsätze an den Wehrkronen sind nickt vorhanden; die Wehrröhren fehlen. Das höchste und längste Wehr ist das vor Lehmanns-Mühle in Klipphausen. Sämmtliche Wehre legen im Hochsommer den Hauptwasserlauf (die „Wilde Bach") fast vollständig trocken. Das ferner im Frühjahr der Fluß sehr reißend zu sein pflegt, so sind sämmtliche Wehre mehr oder minder in nicht gutem Zustande, wodurch der Aufstieg der Forellen im Herbste zur Laichzeit wesentlich be fördert wird. Industrielle Anlagen und Mühlen giebt es an der Wilden Sau im Ganzen 17, von denen 13 die Wasserkraft benutzen und sämmt lich oberschlächtige Räder besitzen. Von diesen 13 industriellen Anlagen und Mühlen sind 11 Mahlmühlen, resp. Mahl- und Schneidemühle, 1 Häckselschneidcmühle und 1 Möbeltischlerei. Unter den 4 übrigen Eta blissements, welche noch in Betracht kommen, sind zwei Leimfabricken und je 1 Gerberei und Brauerei. Vorkehrungen, welche verhindern sollen, daß die Fische ins Getriebe gerathen, waren an sämmtlichen vorgenannten 13 Etablissements, welche die Wasserkraft benutzen, getroffen und wurde über deren etwaige schlechte Beschaffenheit Klage nirgends geführt. Ver unreinigungen in der wilden Sau kommen nur in und unterhalb der Stadt Wilsdruff vor und werden veranlaßt durch die dort befindliche Ger berei, Brauerei und die eine Leimfabrik, während die andere Vorkehrungen getroffen hat, daß die Effluvien aus ihr nicht in den Fluß gelangen können. Die Verunreinigungen beginnen an der Wilsdruffer Rathsmühle und lassen sich bis zur Sachsdorfer Hohlfelds-Mühle, wenn stark auftretend, noch weiter flußabwärts bis noch Klipphausen hin, verfolgen. Ueber die Fischfauna ist Folgendes zu berichten: Der Lachs kommt in der Wilden Sau nicht vor und ist auch in früherer Zeit nicht in ihr beobachtet worden. Dagegen finden wir in derselben noch heute den Aal. Derselbe geht aber nur bis zur ersten Mühle, der sogenannten Großen Mühle, in Constappel hinauf, da er von hier aus nicht weiter kann wegen der Wasserleere im Hauptwasserlaufe. Von sonstigen werthvolleren Fischarten finden wir in der Wilden Sau in erster Linie noch die Bachforelle, sodann Karpfen, Schleien, Barben, Alraupen, Heckte, Barsche und Döbel. Außerdem Schmerlen und Ellritzen. Von der Quelle bis zur Rathsmühle in Wils druff giebt es nur Forellen, von da an flußabwäts außer Döbll, Karpfen und Schleien, welche letztere beide Fischarten nicht selten aus Teichen in den Bach übertreten, dann von der Neudeckmühle an bis Constappel in der Hauptsache wieder nur Forellen und Döbel und unterhalb der Großen Mühle in Constappel dazu noch außerdem Hechte, Barben, Aalraupen und Barsche, welche aus der Elbe heraufkommen. Eine Fisckzuchtanstalt war bisher an der Wilden Sau nicht vorhanden, doch beabsichtigt eine solche der Mühlenbesitzer Löser in Constappel einzurichten. Er wird sich dazu eines californischen Bruttroges bedienen, die Forellen selbst abstreichen und mit der gewonnenen Brut sein Fischwasser in der Wilden Sau und seinen Mühlteich besetzen. Ueber Schaden, welchen der Fischotter anrichtet, wurde in Constappel, Klipphausen und Sacksdorf geklagt. Außerdem vermindern die Enten nicht unwesentlich den Forcllenbestand. Das Fischwasser ge hört innerhalb der Wildberger Flurgrenze den angrenzenden Grundstücks besitzern, innerhalb der Gauernitzer und Constappler Flur bis unterhalb der Neudeckmühle den betreffenden Gemeinden und von da ab wieder bis zur Quelle den angrenzenden Guts- und Mühlenbesitzern. Von den in die Wilde Sau einfließenden kleineren Gewässcru enthalten Forellen: der Pohrs dorfbach, der Kaufbacher Bach, der Prinzbach und der Röhrsdorferbach. Außerdem sind noch heute gute Forellenbäche die beiden bei Niederwartha in die Elbe mündenden Gewässer, der Tännigt-Grund und der Cossebau- daer Bach. Die in und bei Grumbach, Kaufbach, Wilsdruff, Sachsdorf, Klipphausen und Constappel befindlichen Teiche schließlich sind zum Theil mit Karpfen, Schleien und Hechten besetzt. Der Constappler Mühlenteich wird aber ausgefischt, vergrößert und dann mit Forellen besetzt werden. Das rauchlose Pulver. Das rauchlose Pulver, eine neue Erfindung deutschen Ursprungs, die ihrem Erfinder, dem Professor Scheibler den Titel „Geh. Ober-Re- gierungsrath" eingebracht hat, macht jetzt viel von fick reden. Die Ein führung desselben in die deutsche Armee und deren Folgen wurden von den Blättern der andern Militärstaaten lebhaft erörtert. Die Petersburger „Nowoje Wremja" führt aus, daß es rauchlose Pulver auch schon früher gegeben habe, daß sie aber sich entweder leicht von selbst entzündeten oder die Geschützläufe angriffen, oder giftige Gase entwickelten, oder andere Uebel- stände hatten. Wenn das Scheiber'sche Pulver dieselbe Kraft hat, wie das alte Pulver, ohne die erwähnten Mißstände, dann giebt die „Now. Wr." zu, daß es Epoche macht im Kriegshandswerk und die Art der Kriegsführung wesenlich beeinflussen wird. Der Pulverrauch ist für uns ein Nachtheil, für den Feind einVor- theil. Uns hindert er am sicheren Ziel, dem Feinde bietet er ein Ziel, oft das einzige, aber ein Ziel, aus dem wichtige Schlüsse über Zahl und Stärke der Abtheilung rc. gezogen werden können. Der glückliche Staat, der ein wirklich brauchbares rauchloses Pulver besitzt, ist doppelt so un verletzbar, also auch doppelt so stark, wie sein Gegner, dem ein solches Pulver fehlt. Scheibler hätte also wohl einen Rathstitel verdient, wenn sein Geheimniß ein Geheimniß bleiben könnte. Ader wahrscheinlich wird es bald Allen so zugänglich sein, wie Melinit und Panklastit und andere Explosionsstoffe. Wenn aber beide Gegner ein Pulver besitzen, das wcd.r Rauch noch womöglich eine Detonation bewirkt, so werden unwillkürlich beide Parteien einander so nahe rücken, daß wieder nach dem sichtbaren Ziel geschossen werden wird. Das Schießen auf den unsichtbaren Feind wird als resultatlose Munitionsverschwendung bald aufgegeben werden. Die nahe Distanz der Kämpfer wird eine neue Taktik schaffen und zu einem Zurückgreifen auf die Prinzipien der römischen Feldherren führen. Nach der „Nowoje Wremja" ist also der Fortschritt zum rauchlosen Pulver ein entschiedener Rückschritt, sobald es Gemeingut wird. Keine Gefahr ist furchtbarer, sagt sie, als die, deren Ursachen ungekannt sind, und gerade eine solche Gefahr ist in den Händen eines ausge zeichneten und kühnen Schützen eine Waffe, die sich dem Opfer durch keinerlerlei äußere Anzeichen verräth. Die bürgerlich und friedlich gesinnte Bevölkerung hat also keinen Grund, sich über das rauchlose Pulver zu freuen. Das rauchlose Pulver sei ein Gewinn für den bösen Menschen, was aber für den bösen ein Gewinn, sei sür den friedfertigen ein Verlust. Die „Now. Wr." hält es jedenfalls für angezeigt, ein scharfes Augenmerk auf die Erfindung zu richten, und sie warnt davor, sich blindlings zu be- begeistern, was nicht nur der Staatskasse, sondern auch dem nationalen Ruhme und der vaterländischen Geschichte zu viel kosten könnte. Vermischtes. * Die von Herrn Emil Höfinghoff in Barmen erfundene Patent- Doppelclaviatur, welche nach dem Urtheil der bedeutendsten Tonkünstler der Gegenwart berufen ist, die gewöhnliche einfache Claviatur auf die Dauer gänzlich zu verdrängen, ist soeben auf der Internationalen Ausstellung in Köln mit der goldenen Medaille prämiirt worden. Das ausgestellte Pia- nino mit dieser Claviatur war aus der Hof-Pianofortefabrik von Herm. Heiser u. Co. in Berlin. Wie wir bören, werden Pianinos mit dieser Claviatur bereits von verschiedenen größeren deutschen Pianofortefabriken hcrgestellt. * Eine komische Scene spielte sich dieser Tage in Berlin in der Reichen bergerstraße ab. Ein in derselben wohnender Bäckermeister besitzt einen sehr harmlosen aber überaus bissig aussehenden Hund, welchen er vielfach ohne Maulkorb vor seinem Hause umherlaufen läßt. Am Mitt woch nun, als der Köter wieder auf dem Trottoir einherging, erschien plötz lich ein Hundefänger, und schon sauste die Schlinge durch die Luft, um den Maulkorblosen dingfest zu machen, als der Meister wie ein Verzweifelnder auf die Straße stürzte und dem Hundefänger zurief: „Um Gotteswillen, hüten Sie sich, er zerreißt Sie!" Das machte den Beamten derartig stutzen, daß er einige Schritte zurücksprang und sich nach einer Deckung umschauie. Auf diesen Moment hatte der Meister gerechnet. Wie ein Blitz ergriff er seinen Tyras und schleuderte ihn im hohen Bogen durch das offene Fenster seiner guten Stube und der Gattin, die mir einer Handarbeit beschäftigt dort saß, recht in den Schoß. Dann erst athmete er erleichert auf — sein Liebling war gerettet. Der gefoppte Hundefänger aber schlug sich, begleitet von dem boshaften Lachen der Neugierigen seitwärts in die Büsche. * Iserlohn, 7. August. Ein grauenhafter Mord ist gestern in dem unweit von hier gelegenen Dorfe Hennen begangen worden. Das zehn jährige Töchterchen des Wirthes Pütter war am Nachmitag nach dem Schul schluß nicht nach Hause gekommen. Man stellte Nachforschungen an und fand das Mädchen etwa 30 Schritte von der Landstraße entfernt im Flöß- graben einer Wiese, das Gesicht auf dem Boden, ermordet vor. Die so fort angestellte ärztliche Untersuchung ergab, daß das Kind erdrosselt worden war. Der Mörder ist bereits entdeckt, obschon er noch leugnet. Derselbe ist der Handlanger Walsch, ein wegen Sittlickkeits - Verbrechen bereits wieder holt vorbestrafter Mensch, der zur Zeit der That am Thatorte gesehen worden und die Kleidung dann auffälligerweise gewechselt hat. Er soll bereits wiederholt versucht haben, kleine Mädchen an sich zu locken. Die erbitterten Einwohner des Dorfes haben den Unmenschen fast gelyncht, sodaß derselbe schleunigst hierher ins Gefängniß transportirt wurde. * Erfurt, 6. August. Eine gefährliche Amme stand heute in der Person der 28jährigen ledigen Anna Marie Emilie Haferkorn aus Burg dorf in Sachsen vor der Strafkammer des hiesigen Landgerichts. DaS i Mädchen hatte einen ganz abscheulichen Streich vollführt, wenngleich die Beweggründe zu demselben weniger verwerflich erscheinen. Bei dem Bau meister Meyer in Arnstadt als Amme in Stellung, sollte die Angeklagte nach der Entwöhnung des Kindes des angenehmen Dienstes verlustig gehen. Um dieses zu verhüten, verfiel sie auf folgendes verzweifelte Mittel: Sie mischte am Abend des 2. Mai d. I. in die für den Säugling bestimmte Kuh milch 3—4 Tropfen Petroleum; ebenso löste sie den Phosphor von ca. 10 Streichhölzern ab und that diese Lösung ebenfalls in die Milch in der gestandenen Absicht, dem Kinde einen Ekel vor der Kuhmilch beizu bringen und die Herrschaft dadurch zu zwingen, sie — die Amme — noch länger im Dienst zu behalten. Ein Vorhaben, das Kleine an der Ge sundheit zu schädigen, will die H. jedoch niemals gehegt haben. Zeugen bekundeten, daß die Beschuldigte an ihrem Pflegling mit großer Zärtlich keit gehangen. Die Sachverständigen, ein Chemiker und ein Arzt, gaben ihr Gutachten dahin ab, daß die also verfälschte Milch, falls das Kind dieselbe wirklich genossen, wohl gesundheitsstörend, aber nicht zerstörend ge wirkt haben würde, weshalb auch das Gericht mildernde Umstände in Be tracht zog und die leichtsinnige Amme nur zu 8 Monaten Gefängniß ver- urtheilte. * Essen. In unserer Stadt ist der Typhus ausgebrochen und hat bis jetzt gegen 600 Erkrankungen verursacht, Sterbefälle kommen glücklicher Weise nur ganz vereinzelt vor. Wegen Ueberfüllung der Krankenhäuser sind Baracken in Benutzung genommen worden. * Mainz. Am 5. Angust Abend ist hier die Tochter eines Geschäfts mannes in Folge eigener Unvorsichtigkeit verunglückt. Das Mädchen hatte sich den Kopf mit Spiritus gewaschen und zündete unterdessen ein Licht an, wobei es mit den spiritusgetränkten Haaren dem Licht zu nahe kam; das Haar fing Feuer und das arme Mädchen wurde schrecklich verbrannt. * Köln. Durch Stickstoffgase verunglückten hier am 7. August Abends zwei Arbeiter von dreien, die beauftragt waren, einen Abort zu reinigen. Der erste hatte kaum die Leiter zum Einsteigen in die Grube betreten, als er mit einem Schrei hinabstürzte; ein anderer eilte schnell zur Hilfe, fiel aber gleichfalls betäubt hinunter. Der Dritte konnte von den inzwischen herbeigeeilten Leuten eben noch zurückgerissen werden; ohnmächtig sank er den Rettern in die Arme. Die Feuerwehr schaffte die Verunglückten ans Licht. Beide waren todt. Der Dritte kam bald wieder zu sich; einer der Verunglückten war dessen Bruder. RechnuugSformulare — Gefindemiethkontrakte hält vorräthig die Druckerei dieses Blattes.