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sei, «ine Anschauung, welche beide Monarchen theilen. Nach wie vor wird man sich also darauf beschränken, Alles vorzubereiten, um genügend gerüstet zu sein; aber man wird Alles thun, um unnütze Conflikte zu vermeiden." Nach Andeutungen, die mir weiter geworden sind, ist diese Auffassung zu nächst dahin zu deuten, daß in Deutschland wie in Oesterreich zur Ver besserung der Heereseinrichtungen neue Ansprüche werden gestellt werden müssen. Man verfolgt hier nicht ohne Sorge die großen Fortschritte der französischen Armee, und man wünscht, daß auch die Armeen der Verbün deten gleichen Schritt mit dem Gegner halten. So gerüstet, dürften^die mitteleuropäischen Mächte den Frieden noch auf lange Zeit hinaus wahren und den großen Entscheidungskampf, den man vielfach schon sehr nahe glaubte, hinauszuschieben in der Lage sein. Gutem Vernehmen nach hat die Königin von England als Zeichen besonderer Werthschitzung dem Reichskanzler ihr lebensgroßes Bild verehrt. Karlsruhe, 19. August. Von Bayreuth kommend, trafen heute Nachmittag um 4 Uhr die kaiserlichen Majestäten hier ein. Auf dem Bahn hofe wurden die Majestäten von dem Großhcrzog und der Großherzogin sowie von den hier anwesenden Mitgliedern der großhcrzoglichen Familie empfangen und im vierspännigen Galawagen zum großherzoglichen Schloß geleitet. Die Fahrt zum Schlosse erfolgte durch die Karl-Friedrichstraße. Auf dem Marktplatz vor dem RathhauS wurden Ihre Majestäten durch den Oberbürgermeister mit einer Ansprache begrüßt. Bis zum großhcrzog lichen Schloß bildeten die Vereine und die Feuerwehr Spalier. Das Prä sidium des badischen Militär-Vereins-Verbandes an der Spitze von Ab ordnungen der Militärvereine des ganzen Landes nahm Aufstellung längs des großherzoglichen Marstalls, die Arkaden des Cirkels entlang bis zur Theaterseite. Der Kaiser fuhr die Front dieser Militärvereine entlang und nahm danach den Vorbeimarsch derselben ab; derselbe dauerte eine Stunde. Nach dem Sr. Majestät von dem Generalmajor Deimling erstatteten Stärke rapport hatten über 17000 Mitglieder von Kricgervereinen vor dem Kaiser in der Front gestanden. Kurz nach 7 Uhr Abends begann im Gartensaal des Schlosses die Festtafel, wozu nahezu 100 Einladungen ergangen waren. Nachher concertirten sämmtliche Kapellen der 28. Division im Schloßgarten. Bei dem Festmahl dankte der Kaiser für die herzliche Aufnahme. Es habe ihm hohe Freude gewährt, die alten Veteranen, welche Deutschland einigen geholfen und Elsaß-Lothringen zum Reiche gebracht, so strammen Schrittes vorbeikommen zu sehen. Nack seiner geographischen Lage sei es gerade Baden, welches das Reich beschirmen müsse. Der Kaiser gedachte ferner mit warmen Worten der patriotischen deutschen Haltung des Großherzogs. Karlsruhe, 20. August. Se. Maj. der Kaiser begab sich heute früh um 6 Uhr zur Jagd und fuhr um 9 Uhr mit dem Großhcrzog mittelst Extrazuges nach Jöchlingen, um einer Gefechtsübung der 28. Di vision beizuwohnen. Auf der Fahrt nach dem Bahnhofe wurde Se. Ma jestät von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt. — Zum Frühstück im großherzoglichen Schloss« waren 90 Einladungen ergangen. Die Kaiserin saß zwischen dem Kaiser und dem Großherzog, die Großherzogin links vom Kaiser. — Ihre Majestät die Kaiserin besuchte heute Vormittag mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin den hiesigen Wohlthätigkeits- verein. Namens der Vorstände begrüßte Geheimrath Ullmann Ihre Ma- jestät die Kaiserin, welche lebhaftes Interesse an den verschiedenen Zweigen der VereinSthätigkeit an den Tag legte. — Das Kaiserpaar ist mit dem Großherzog 8 Uhr 40 Min. mittelst Sonderzuges nach Straßburg abge reist. In den Straßen rief die Volksmenge den Majestäten Abschiedsgrüße zu. Berlin, 20. August. Die „Nordd. Allg. Ztg." widmet dem Besuche der kaiserlichen Majestäten in den Neichslanden folgenden Artikel: Kaiser Wilhelm zieht heute zum ersten Male als Herrscher in die Hauptstadt des Reichslandes Elsaß-Lothringen ein, begleitet von seiner erlauchten Gemahlin. Indem das kaiserliche Paar Wohnung nimmt in dem neuerbauten Kaiser palast, tritt die Bedeutung des Besuches, durch welchen die Bevölkerung des Grenzlandes geehrt wird, in besonders Helles Licht. Der deutsche Kaiser und seine Gemahlin werden in Elsaß-Lothringen zu Hause sein. Die persönliche Gegenwart wird bekunden, mit wie herzlichen Gefühlen das Herrscherpaar auch diesem Theil des deutschen Volkes entgegentritt, und der Zauber, der die Majestät umgiebt, wo sie sich mit Herzensgüte vereint, wird sicher auch hier seine Wirkung auf die Gemüther nicht ver fehlen. Gehobenen Sinnes und Muthes wird sich dem Auge des kaiser lichen Herrn in der alten Grenzfeste des Reiches der Theil deutscher Wehr kraft darstellen, welcher dort zur treuen Wacht gerufen ist; es werden die Meister und Jünger der Wischenschaft dem Enkel des Helden nahen, der, al» kaum das siegreiche Schwert ruhte, an dem waffenstarken Orte auch alle edelsten Künste des Frieden» erblühen machte; daneben aber wird noch «ine ganze Bevölkerung in Schaaren sich herzudrängen, dem Herrscher zu huldigen, dessen hoher Gerechtigkeit und Milde sie längst vertrauen gelernt hat. Wenn das deutsche Volk diesseits des Rheins heute mit stolzerem Bewußtsein hinüberblickt nach den Gauen, wo in neuem Glanze wiederum eine kaiserliche Pfalz erstanden ist, so werden auch jenseits, überall wo Kaiser Wilhelm in die Mitte seines Volkes tritt, zahlreiche Hcrzen freu diger schlagen und cs als einen Segen empfinden, daß Elsaß-Lothringens Geschick wieder in den Händen eines deutschen Kaisers ruht. Die Kraft, die Herzen zu gewinnen, wird sich an unserem erlauchten Kaiserpaare be währen jenseits und diesseits des Rheins, und so werden die jetzigen festlichen Tage nicht ohne dauernde Frucht bleiben für die immer innigere Wiedervereinigung der in bösen Tagen einst auseinandergerissenen Glieder des Deutschen Reiches. Straßburg, 20. August. Das Kaiserpaar ist mit dem Großherzog von Baden nebst Gefolge heut« Nachmittag 5^ Uhr bei schönstem Wetter hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem Statthalter, dem Staatsse kretär, dem Bezirkspräsident und dem Bürgermeister empfangen worden. Se. Maj. der Kaiser schritt die Front der aufgestellten Ehrenkompagnie ab und fuhr sodann unter Ulaneneskorte durch Lie Spalier bildenden Ver eine nach dem Kaiserpalais, von den ungeheuren Volksmassen mit enthu siastischen Zurufen begrüßt. In der Nähe des Palais fand die Huldigung der Bürgermeister des Elsaß und von 400 Landmädchen in der Landes tracht statt. Im Palast fand hierauf die Vorstellung der Spitzen der Militär- und Civilbehörden, des StaatSrathes, des Landcsauöschusses, des Bezirkstages und des GemeinderatheS statt. Am Abend war bei Ihrer Maj. der Kaiserin Thee und Empfang. Die Stadt ist prächtig geschmückt. Der Empfang der Damen bei Ihrer Majestät der Kaiserin verlief äußerst glänzend. Der am Abend stattgefundene Zapfenstreich verlief großartig. Jha« Majestäten erschienen wiederholt am Fenster und wurden stürmisch begrüßt. Der „Post" gingen am 21. August folgende Nachrichten aus Straß burg zu: War es schon am Nachmittag beim Einzug Ihrer Majestäten «in Jubel und ein Enthusiasmus der Reichsländischen Bevölkerung, so erreichte doch dei dem gestrigen großen Zapfenstreich die Begeisterung ihren Höhepunkt. Unser Kaiserpaar hat in den wenigen Stunden seines Hier seins die Herzen der Elsässer sich zugeeignet. Alles ist entzückt von dem huldvollen Wohlwollen, welches der Kaiser überall zeigt, von dem Liebreiz und der Anmuth der Kaiserin. Es ist wohl unnöthig, die Vorgänge des estrigen TageS, den Einzug den großen Empfang, das Diner im Kaiser- alast, sowie den Zapfenstreich in ihren Einzelheiten zu beschreiben: es ging Alles programmmäßig von statten. Aber freudig soll konstatirt werben, daß all' den Tausenden, welche den von elektrischen Licht überflutheten Kaiserplatz umstanden, dieser Abend unvergeßlich bleiben wird. Auf dem hohen Balkon stand in hellster Beleuchtung und für Alle sichtbar da» Kaiscrpaar, den gewaltigen Klängen der Musikchöre lauschend, und vor ihnen die dichtgedrängte Menge, Damen Offiziere, Soldaten, Bürger, Bauern in ihrer Nationaltracht, ernst und bewegt zugleich hinauf zu dem Herrscher paare blickend. In den Gesprächen klang Deutsch und Französisch durch einander. Als die Klänge verrauscht und das flammende Roth der ben galischen Beleuchtung des Münsters erloschen war, da drängte Alles hin zum Balkon und ein unendlicher Jubelsturm brach los. Se. Majestät dankte immer und immer wieder, die Rechte an den Helm legend. Dann erschien auch Ihre Majestät von Neuem im Vordergrund, dankte, sich über all hin verneigend und schließlich mit dem Fächer dem Volke zuwinkend. Die Kaiserin sah entzückend aus in dem perlgrauen Kleid mit hochstehen dem Kragen und Brillanten im Haar. Als sich der Beifallsturm gelegt, sang die Menge die Nationalhymne zwei Mal, dann folgte die „Wacht am Rheim." Tiefbewegt trat das Kaiserpaar nochmals vor, und von Neuem durchbrausten Hurrahrufe die Luft; mit dem Liede „Deutschland, Deutsch land über Alles," fand der Gesang seinen Abschluß, und nach und nach leerte sich der Platz, nachdem die Majestäten sich zurückgezogen. In den Gasthäusern ging es noch lange lebhaft her, überall hörte man nur pa triotische Lieder und Gespräche. Ueber Nacht hatte es wieder heftig ge regnet; doch heute Morgen war wieder gutes Wetter. Gegen 7 Uhr rückten die Truppen mit klingendem Spiel zum Paradefeld. Um 9 Uhr fuhr Se. Majestät in der Uniform der Garde du Corps mit dem Großherzog von Baden in Dragoneruniform hinaus. Späterhin folgte Ihre Majestät. Die festlich geschmückten Straßen, sowie der weite Weg bis zum Platz, dann auch dieser selbst waren besetzt mit Elsässern, die mit ihren Ovationen nicht kargten. Der Parademarsch war vorzüglich, der Großberzog von Baden führte als Chef sein rheinisches Ulanenregiment Nr. 7 an Sr. Majestät vorbei. Se. Majestät ritt an der Spitze der Fahnencompagnie um 12 Uhr in die Stadt ein. Die Bevölkerung begrüßte den Herrscher und die Truppen auf das Herzlichste. Im englischen Unterhause gab der Besuch deS deutschen Kaiser in England jüngst nochmals Anlaß zu einer längeren Debatte. Im Ver laufe derselben wiedcrbolte Unterstattssekretär Fergusson seine schon früher abgegebenen Erklärungen, denen zufolge sich England volle AktionSfreiheit im Kriegsfälle gewahrt habe und daß bie englische Regierung keine sie bindenden Verpflichtungen eingegangen sei; die Haltung Englands in einem europäischen Krieg würde durch die jeweiligen Umstände und durch die Interessen Englands bestimmt werden. Die französische Negierung zieht jetzt auch die letzten Register zur Verherrlichung der Republick. Diesem Zwecke diente offenbar das Riesen- bankctt, welches die Stadt Paris am Sonntag ungefähr 13000 Bürger meistern aus den Gemeinden Frankreichs im Ausstellungspalaste gab und wobei es natürlich an „patriotischen" Kundgebungen nicht fehlte. Den Vogel schoß Präsident Carnot mit einer Rede ab, in welcher er den gegenwärtigen Glanz des republikanischen Frankreichs und den ungeheuren Triumph der Pariser Weltausstellung feierte, die er mit bekannter französischer Be scheidenheit das größte Friedensmonument Europas nannte. Am Montag empfing Carnot offiiziell die frenden Bürgermeister, welche hierbei dem Staats oberhaupt ihre Ergebenheit für die Republik betheuerten; wie ernst diese Versicherung gemeint ist, das werden wohl die Deputirtenkammerwahlen zeigen! Vaterländischer. Wilsdruff. Obwohl unS ein ausführlicher Bericht über das Jahresfest des Dresdner Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung in unserer Stadt aus gewandter Feder zugesichert worden ist, so fühlen wir uns doch gedrungen, ohne den zu erwartenden Bericht Abbruch thun zu wollen, heute wenigstens zu konstatiren, daß das herrliche, schöne Fest in der gelungen sten Weise verlaufen ist und daß die Stadt Wilsdruff stolz auf den Ver lauf des Festes blicken kann. Wer am Montag Abend einen Rundgang durch die Straßen der Stadt hielt, der wurde Zeuge davon, wie man allseitig bestrebt war, die Gäste würdig zu empfangen; schon am Bahn hof wurden die ankommenden Gäste durch ein herzliches Willkommen in einer schönen Ehrenpforte erfreut und so hielten sie ihren Einzug durch einen Hain von Maien, Flaggen u. s. w. bis in ihre gastlichen Quartiere, wo ihnen allen, wie dieselben versicherten, die liebevollste und herzlichste Aufnahme zu Theil wurde. Im Gasthof zum goldnen Löwen fand Abend» nach 8 Uhr Concert und Empfang der Festgäste und Begrüßung derselben durch Herrn Bürgermeister Ficker statt. In wahrhaft zündenden und herzlichen Worten hieß derselbe die theils aus weiter Ferne gekommenen Gäste willkommen und schloß daran die innigsten Segenswünsche für die bevorstehen Berathungen und für die Sache des Gustav-Adolf-VereinS und bat schließlich die Versammlung mit ihm Sr. Majestät dem geliebten LandeSvater, dem Beschützer auch des G.-A.-V., ein dreifaches Hoch aus zubringen, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Hierauf folgten zwischen den Musikpauscn viele herzerfreuende Ansprachen feiten» der welchen Gäste, sowie Schilderungen über das segensreiche Wirken de»G.- A.-Vereins, so daß die ganze Versammlung in die rechte Feststimmung versetzt uud voll Begeisterung für die G.-A.-Sache wurde. Der zweite Festtag war Vor- und Nachmittags den ernsten Berathungen und der Berichterstattung unter der würdigen Oberleitung des Herrn Oberkon- sistorialrath Franz aus Dresden gewidmet, wobei man sich wiederholt von dem segensreichen Wirken des G.-A.-Vereins überzeugen konnte. Der Abend des zweiten Tages war wiederum der geselligen Vereinigung der Einwohner der Stadt mit ihren liebwerthen Gästen im Saale deS Hotel Adler gewidmet, zu welchem Zwecke der Festausschuß ein reiches Pro gramm, bestehend in Instrumental- und Gesangs-Concert ausgestellt hatte. Bald nach 8 Uhr füllte sich der Saal bis auf den letzten Platz. Eröffnet wurde diese Feier durch Herrn Consistorialrath Superintendent vr. Dibelius aus Dresden durch Gebet und innige Wünsche für den G. - A. - Verein. Die Gesangvereine „Liedertafel" und „Sängerkranz" sowie auch die Stadt kapelle leisteten Vorzügliches, dieses und die von vielen der Herren Ab geordneten gehalenen Ansprachen, aus denen wir wohl mit Rechtt die de» Herrn Consistorialrath Vr. Dibelius hervorhcben dürfen, erfreuten allgemein; der hochgeehrte Redner sprach mit solch einem Feuer und so überzeugungstreu für und von dem G.-A.-Verein, daß wohl so Mancher, der diesem Vereine noch kühl gegenübergestanden, für denselben gewonnen wurde; ein wahrer Beifallssturm folgt« dieser Ansprache und ließ erkennen, daß in der That dieser hochgeehrte Herr sich die Herzen aller Anwesenden im Sturme erobert hatte. Aus Aller Munde konnte man im Verlaufe deS Abends hören, daß man in Wilsdruff einen so hochinteressanten, Herz und Gemüth erfrischenden Festabend noch nicht erlebt habe, wie dieser, und daß es auch den lieben Gästen bei uns gefiel, konnte man an der langen Ausdauer derselben wahrnehmen, weichen Gefühlen auch der zuletzt gedachte hochgeschätzte Redner Ausdruck verlieh. Gewiß, lange wird allen Besuchern dieser Festabend in froher Erinnerung bleiben. Am dritten Festtag fand früh halb 9 Uhr unter Glockengeläut« Fest-