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WjssdmfferTagMM Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und -LS SSr^k-»L» S -N" Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ^gm°JÜ,'F°ll/''h'sh"är »<i»sU, -Mrg od. wnstizn DelrirksstSrungen dkftrh! ««» Anspruch aus Lieierung der Zeilung oder Kürzung des Bezugspreises, «ürüsendung eingesandter Echristftürke erfolg! nur, wenn Siü-dporto deiliegi. alle anderen Stände des Wilsdruffer Aezlrks Anzeigenpreise laut aufliegendem Tarif Nr. — Nachweisungs-Mebühri M Npsg. — Dorgeschrieba« Erfcheinungsiage UN» Platzvorschriften werden nach MSglichüeit berüiülrchtigt. — Anzeigen. Sniratznx» dis vormitlags w Uhr. - . - Für die «ichtigheit d«i durch Fernruf üb-rmit. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 ,.l!-n Anzeigen übernehm men nnr keine Gewähr. .... >—- — Jever Nadattanspruetz erlisch! wenn der Beirag durch «läge eingczogen werden muh oder Ler Auklraggcbe» dl Lontu«» geräi. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt» rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 286 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 8. Dezember 1934 Entspannung. Ein Nikolausgeschenk. — Trotz großer und kleiner Propheten. — Warum nicht eher! Wilhelm Busch, dieser fröhliche deutsche Dichter der „Frommen Helene" und sonstiger Werke der Weltliteratur, hat neben zahlreichen anderen tiefsinnig-gereimten Wahr heiten auch die eine Lebensphilosophie vom Stapel gelassen: „Das Gute — dieser Satz steht fest — ist stets das Böse, das man läßt." Man könnte diese Verszeilen über die — man verzeihe das harte Wort — diplomatische Arbeit der letzten Zeit setzen. Ob es nun ein englischer Vizekanzler oder ein französischer Außenminister, ob es ein einfacher Arbeiter in Lancashire oder ein kleiner französischer Bauer in der „Ldampaguo pouijleuse" ist, in der uns Deutschen ja nicht ganz unbekannten „Lause-Champagne", — sie sprechen „vom Krieg"! Daß demnächst „der Hitler" an der Spitze des gesamten deutschen-Volkes mit Sturmesgewalt gen Westen losbrechen würde und über den Kanal hinweg bis ins Herz Londons! Und da möchte man an etwas, heute halb Vergessenes erinnern: denkt ihr noch heute, Kameraden von 1914, vom glorreichen Vormarsch nach Belgien und Frankreich hinein, an jene vor Angst zittern den Männer und Frauen, die um „Erbarmen" flehten, weil sie glaubten, sie würden im nächsten Augenblick von den deutschen Soldaten umgebracht werden! Und erinnert ihr euch noch, wie sie dann, von uns mit grimmigem Humor beruhigt, uns erzählt haben, „los joucnaux, los jourosux", die Zeitungen hätten ihnen vorgeredet, daß die Deutschen alle Erwachsenen nmbringen und die Kinder rösten würden! Ganz so schlimm ist's ja nicht, was man sich im Ausland von „dem Hitler" erzählt. Aber daß er demnächst Krieg führen würde, stand fest wie ein Betonunterstand. Die Diplomaten zwischen Rom und London, zwischen Paris und Moskau hatten das ja aller Welt bei Likör und Zigaretten erzählt. Den Journalisten, die mit gespitzten Bleistiften dabei standen oder die an ihren Schreibtischen, zu den Barschecks der Waffenindustrie hinüberblinzelnd, von der „deutschen Aufrüstung"Tchrieben und schrien. Aus diese Schreibtische Hai nun „der Hitler" mit der Faust gehauen, indem er . . ., doch wir wollen erst einmal an ein Wort erinnern, das der französische Außenminister Laval am l. Dezember in der französischen Kammer gesprochen hat. Damals hatte er nämlich gesagt, der Reichskanzler Hitler hätte wieder holt ein Bekenntnis zum Frieden abgelegt, aber „mau wolle doch nun auch Taten sehen". Herr Laval brauchte darauf nur ein paar Tage zu warten. Denn da kam St. Nikolaus in der Gestalt Hitlers und hat ihm, da mit aber der ganzen Welt, das Abkommen über die Saar in die Stiefel vor dem Fenster gesteckt. Als die Welt dieses Nitolausgeschenk entdeckte, hat sie hörbar auf- aeatmet. Nur die Diplomaten und „Iss journaux, Iss journaux" waren böfe. Denn als ihre Ausgabe be trachten viele von ihnen „das Böse nicht zu lassen". Und „dieser Satz steht fest"! Natürlich ist es kein Zufall, daß die Börsen in New Dort, London, Paris und Berlin die in Nom gefallene Entscheidung mit einer kräftigen Hausse beantworteten und daß im Ausland gerade die deutschen Effekten aus gesprochen „fest" lagen. Mit leichtem Lächeln denkt man heute daran, daß es mal in Deutschland einen Mann ge geben Hal, der die Behauptung aufstellle, „nicht die Politik, sondern die W i r t s ch a f t sei das Schicksal". Jetzt, da die peinliche Zuspitzung des deutsch-französischen Verhält nisses infolge der Entwicklung der Saarsrage ganz außer ordentlich viel an Schärfe verloren Hai — trotz aller poli tischen Diplomaten-„Arbeit* —, hellt sich sofort auch der wirtschaftspolitische Horizont aus. Besonders in Deutsch land. Nun werden wohl allerhand Ängste verschwinden, die für den Januar nächsten Jahres mit allen möglichen „Überraschungen" gerechnet haben. Sonderbar, — die für alles verantwortliche Regierung scheint ganz und gar nicht aus jene großen oder kleinen Propheten gehört zu haben! Vielmehr ist sie in demselben Augenblick, als die politische Spannung von Hitler — und vom französischen Außenminister Laval — gelöst wurde, sofort zu einer drastischen Neuordnung des Kapital- und des Kreditmarktes geschritten, Hal also dafür gesorgl, daß der stark in Unordnung geratene Blutkreislauf der Wirtschaft reguliert wird. Zu bestreiten, daß er infolge des „Kriegsgeschreies" zu stocken begann, soll hier nicht erst versucht werden: unter diesem Druck standen namentlich die internationalen Wirtschaftsbeziehungen seit langem. „Arbeit wird uns wieder Kapital schaffen, und zwar so viel, daß Deutschland iminternationa- len Wettkampf konkurrenzfähig bleibt", er klärte der derzeitige Reichswirtschaftsminister Dr. Schacht als die Ausgabe von heute. Also auch Dr. Schacht scheint gar nicht auf die großen und kleinen Propheten daheim und draußen hören zu wollen, wonach wir uns auch wirt schaftlich die „einäugige" Rede-Bouillon des damit behafteten französischen Abgeordneten Franklin-Bouillon zu Gemüie führen müßten, es könne zwar eine Verständigung mtt Deutschland, aber nicht mit „dem Hitler" geben. Sonder barerweise scheinen jetzt bei dem Abschluß des deutsch französischen Handelsabkommens nicht einmal die Lands leute des Herrn Franklin« „Fleischbrühe" diese Ansicht geteilt zu haben! „Der Hitler" hat überhaupt vielen Leuten das ganze Konzept zu allerlei Reden verdorben. Sie wollten das Böse, weil sie es eben nicht lassen konnten. Jetzt, da die Entspannung eingetreten ist, da auch der franzö sische Außenminister durch seine Erklärung, die Verstärkung der Saarpolizci für die Abstimmungszeit sollte ohne französische Beteiligung erfolgen, einen so ganz anderen Standpunkt eingenommen Hai als sein Vor gänger, der an der Saargrenze schon die Tanks ankurbeln und die Pferde satteln ließ, — jetzt kommt es durch all dies zum Ausdruck, daß für F r a n k r e i ch, wie selbst der Leitartikel des wirklich nicht für Deutschland eingenom menen Pariser „Journal" es offen ausspricht, eine RückkehrandieSaarnichtmehrinBetracht komme. Das gleiche wird der >3. Januar 1035 aus- sprechen, — aber wenn wir später Abstand von den Dingen gewonnen haben, dann wird wohl auch mancher ehrlich- offene Franzose gestehen müssen, daß die Welt die deutsch- französtsche Entspannung sehr v i e l s r tt b e r hätte haben können, wenn man eben nur in derselben Welt aus die tatbcreiten Worte Hitlers ein'wenig mehr geachtet hätte! Dr.Pr. WMW Ir. Ms M KirHOM „Das deutsche Volk hat den Mchenstreit satt." Reichsinnenminister Dr. Frick über aktuelle Fragen. In einer großen Kundgebung sprach in Wies baden Dr. Frick. Er verwies eingangs auf die großen Leistungen, die seit dem 30. Januar 1933 schon vollbracht worden sind. Der Minister erwähnte dann die stetig fort schreitende Reichsreform, die vom Ermächtigungs gesetz über das Reichsstatthaltergesetz bis zur künftigen Neugliederung des Reiches weitergche, die etwa zwanzig Gaue vorschen werde. Mit besonderem Nachdruck kam der Minister dann auf den Streit in der Deutschen Evangelischen Kirchezu sprechen. Es mag sein, so sagte der Minister, daß die Reichskirchenregierung in dem Bestreben, die 23 Landeskirchen in der Neichskirche aufgehen zu lassen, etwas zu stürmisch vorging und Anordnungen erließ, die der nötigen Rechtsgrundlage entbehrten. Schließlich sah aber die Reichskirchenregierung ein, daß dieser Weg einer besseren rechtlichen Fundierung bedürfe, und sie hat da wieder angefangen zu bauen, wo die Rechtmäßigkeit absolut feststand, nämlich auf der recht mäßig erlassenen Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche. Der Staat denkt nicht daran, sich in kirchliche Dinge zu mischen. Aber es besteht der leider sehr be gründete Anlaß zu der Feststellung, daß sich unter dem Deckmantel christlicher Belange hier alle möglichen staatsfeindlichen und landcsvcrrätcrischen Elemente sammeln, um auf angeblich rein kirchlichem Gebiet ihre Politik zu treiben und auf diesem Wege dem Dritten Reich Schwierigkeiten zu bereiten. Unter stürmischem Beifall rief der Minister aus: Ich er kläre hierzu, daß die Reichsregierung nicht gewillt ist, dieses Treiben bis ins Endlose mitanzusehen, sondern daß sie entschlossen ist, dort, wo es die politischen Not wendigkeiten erfordern, auch gegen solche Staatsfeinde und Landesverräter durchzugrcisen. Das deutsche Volk hat diesen Kirchen st reit satt. Es hat gar kein Interesse an diesem Zank der Pastoren. Sodann wandte sich der Reichsminister dem außen politischen Gebiet zu. Schon jetzt können wir fest stellen, sagte der Minister, daß die Stellung Deutschlands in der Welt eine ganz andere geworden ist als zur Zeit der Systemregierung. Das deutsche Volk will den Frieden, aber wir haben es satt, weiterhin nur Objekt und Spiel ball anderer Völker zu sein und eine Paria-, eine Heloten rolle weiterhin zu spielen. Noch 36 Tage bis zur Gaarabstimmung! Ehre und Gleichberechtigung, das sind die beiden Forderungen, von denen der Nationalsozialismus niemals abgehen wird.' - '.- Das deutsche Volk ist nicht für eine hemmungslose.Auf rüstung. Wir wollen für uns nur die Sicherheit haben, die auch alle anderen Völker für sich in Anspruch nehmen. Wir hätten niemals diesen Erfolg im Drekerausschüß er zielt. wenn nicht Deutschland an Achtung in der Welt ge wonnen hätte. Der Redner erklärte dann unter stür- mischem Beifall: Diese Abstimmung am 13: Januar wird einen ungeheuren Sieg des deutschen Volkstums bringen. ' Der Minister streifte noch kurz die n »sinnigen Gerüchte über einen angeblich beabsichtigten deut schen Putsch und erklärte: Wir haben gar nichts da gegen, daß eine internationale Polizei im Saargebiet ein gerichtet wird, die absolut auf Ruhe und Ordnung hält und den ruhigen Verlauf der ganzen Abstimmung garan tiert. Wir rufen unseren Brüdern an der Saar zu: Haltet aus! Haltet noch diese paar Wochen aus! Heule zeigt eure nationale Solidarität! Wahre Volksgemeinschaft heißt: Opfer bringen! Für jeden der Arbeit und Brot hat, ist das Opfern für das WHW. sittliche Pflicht! Wenn man in den Zeiten des verflossenen Systems auf solche Gedanken wie den des Wimerhilfswerkes oder den dieses Tages der nationalen Solidarität überhaupt gekommen wäre, dann hätte man eine Sammluüg wie die des heutigen 8. Dezember sicher als „Sammlung der Prominenten" ausgezogen und hätte daraus eine mehr oder weniger geschickt getarnte Unterhaltungsangelegenheit der „Stars" und der „Gesellschaft" gemacht. Uno.wenn etwa jemand auf den Einfall gekommen wäre, die Herren Minister und die leitenden Staatsbeamten sollten einmal die abgeschlossene Erklnsivität ihrer Amtszimmer mit. der freien Straße vertauschen und dort mit der Sammelbüchse klappern — den hätte man als übergeschnappt oder gar unverschämt schnell zum Schweigen gebracht. Heute ist das anders, ganz anders. Heute stellen sich in der Reichshauptstadt die Männer, auf deren Schul tern die Verantwortung für das Schicksal ganz Deutsch lands lastet, gerade in die allerlebhaftesten Straßen und ihre Kollegen in den Ländern und Städten tun es ihnen gleich, und alle halten uns die Sammelbüchse vor und bitten für die Armen und Ärmsten, denen Adolf Hitler die Leiden des Winters ersparen will. Da ist nichts mehr von Startnm und Ministerunnahbarkeit, nichts mehr von „Prominenz", da sind sie alle Volksgenossen unter Volksgenossen, ganz gleich ob sie nun Minister oder Bürgermeister oder sonst was sind. Wenn wir aber sehen, daß ihnen neben chrer vielen Arbeit auch noch die Mühe des stundenlangen Stehens und Sammelns nicht zu viel ist — sollen w i r uns dann lumpen lassen? Haben wir nicht etwa auch einen Ehrgeiz? Und wie! Denen wollen wir es „mal zeigen"! Hat jeder Geld genug bei sich? Schnell noch waS cinsteckcn — und nun los auf die Straße, wo die .Smnm- lcr des Tages der nationalen Solidarität stehen! Denen sollen noch die Arme müde werden von den vollen Büchsen!