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MsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für sondwirtschafi und »Wilsdruffer TageblattE erfchemr an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2.— AM. Akai Haus, Kei Postdeftellung 1.80 RM. zuzüglich Bestellgeld Einzelnummern IO Rpfg. Alle Postanstalten und Post- d-oren. unsere Austräger u. ,, ... Geschäftsstelle, nehmen zu Bestellungen ent. Wochenblatt für Wllsdruff u. Umaeaend gegen. Im Falle höherer D^walt. Krieg od. sonstiger —" — > > . > > >. — Betriebsstörungen besteht «Evei» Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Äezirks L"Ä'' Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 wenn d« durch «chg. „UK Ud-r d« Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten des StadL- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 274 — 93. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Telegr.-Adr.: „Tageblatt Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 24. November 1934 Totensonntag. Ms Sultan Saladin der Große, auch der Weise und gerechte genannt, den Tod nahe fühlte, ließ er, so wird erzählt, ein weißes Sterbehemd auf der Spitze einer Lanze wie eine Standarte durch die Straßen der Stadt Damaskus tragen; voraus schritten Herolde mit dem feierlichen Ruf: „Der mächtige König Saladin, der ganz Asien und Ägypten bezwungen hat, bringt aus seinem Leben voll Glück und Größe nichts davon als dies Sterbekleid!" Der weise Herrscher hatte die Predigt des Todes verstanden, der gegenüber alle Überhebung, alles gespreizte Wesen, alles Übermenschentum klein und nichtig erscheint. Viele scheuchen den ernsten Gedanken des Todes von ihrer Seele; er ist ihnen ein lästiger Mahner, ein Störer ihrer Freuden und Genüsse. Andere wieder bohren sich so tief in das Dunkel seiner ungelösten Rätsel ein, daß sie tiefsinnig und schwermütig darüber werden. Am .Totensonntag erwachen nicht nur viele schmerzliche Er innerungen: auch die alte, immer wiederholte und immer unbeantwortet gebliebene Frage nach dem „Warum* und „Weshalb", die so manches unbegreiflich harte Menschen schicksal stellt, wird wach — die Frage nach dem Sinn des Lebens; sie bewegt ja unser Herz viel stärker und häufiger, als wir selbst uns eingestehen, und Lie Zahl derer, die sich an dieser Frage verblutet haben, rsi nicht gering. Wenn der Tod durch den Wald des Lebens gehr, fallen die alten, morschen Stämme, aber auch manches grüne Reis, manche unerblühte Knospe wird gebrochen. Wohl kommt er manchmal als er- lojender, lange erwarteter Bote einer dunklen Macht, häufiger aber als der König der Schrecken, der unbarm herzig das stille Glück menschlicher Gemeinschaft in Trümmer schlägt. Ist denn mit dem Tode das letzte Wort gesprochen? Endet der bittere Weg hinter dem Sarg, „dran im Stratzenwinde die Schleifen wehen", wirklich an der dunk len Grube, in deren Tiefe die Verwesung ihr Werk voll endet? Ist das Ende des sichtbaren Daseins auch das Ende aller Hoffnungen, aller Sehnsucht? Oder bleibt das Wort dessen zu Recht bestehen, von dem seine Jünger be kannten: „Er hat dem Tode die Macht genommen und ein unvergängliches Wesen an das Licht gebracht", und der selbst in der festen Zuversicht in den Tod ging, daß er nicht untergehen könne? Freilich gibt es auch Ideen und Vorstellungen von einem „Ewigen Leben", die dem reisen Urteil nicht Stich halten und die Friedrich Vischer mit Recht gegeißelt hat: „Du möchtest ewig leben, mein lieber Piepmeyer? Aber wenn du auf immer neuen Planeten ewig ein neues Zeitleben lebst, so kommt es in jedem von ihnen immer nur darauf an, ob du vermag st ins Zeitlose emporzu st eigen. Von der endlosen Zeit, mein Lieber, hast du gar nichts, sie gähnt dich nur an, ihr gehören, ist nicht besser als ewige Höllenstrafe." Ja, das ist Wohl in Wahrheit das letzte und höchste Ziel: schon hier einen unverlierbaren Lebensinhalt zu ge winnen, so zu leben und zu wirken, daß man von den Kräften der Ewigkeit schon hier etwas verspürt: „Eins widersteht dem Vernichter der Welt: unermüdliches Schaffen — Wurde dein Leben zur Tat, spotte getrost seiner Wut." ^s gibt einen Ewigkeitsglauben, der nicht dem Idealismus sondern dem Materialisn»us entspringt, der Glaube von der Unzerstörbarkeit, der Erhaltung der Kraft; ein solcher Glaube hat nichts von dem hohen Schwung der Seele Jesu, die in der Hingebung an Gott und der Liebe zu den Brüdern ihre Erfüllung fand. Auch der Gedanke eines Wiedersehens nach dem Tode nimmt zuweilen Formen an, die einer Klärung und Läuterung bedürfen. Daß „die schöne und freundliche Gewohnheit des Daseins" einmal enden muß, lernt sich freilich nicht leicht; es ist daher nur natürlich, daß viele sich die Fort dauer des Lebens nach dem Tode und die Wieder vereinigung mit den Voraugegangenen in Bildern ans malen, die allzusehr rein menschlichen Vorstellungen und Gedanken entsprechen. Es gilt, auch in dem Ewigkeits glauben Kern und Schale zu trennen und jenen nicht des halb abzulehnen, weil er sich so oft in der kindlich einfältigen Form einer nur wenig veränderten Fort setzung des irdischen Lebens äußert. Einer, dem es gelang, die Theologie der Idee einer übernatürlichen Offen barung zu entkleiden und sie, unbeschadet ihres Ewigkeits- wertes, mit neuzeitlir- r Weltanschauung zu versöhnen und zu erfüllen, Friedrich Schleiermacher, hat am Grabe seines Sohnes Nathanael hierüber bekannt: „Viele Trauernde schöpfen ihren Trost aus einer Fülle reizender Bilder, in denen sie sich die fortbestehende Gemeinschaft der Vorangegangenen wie der Zurück bleibenden darstellen, und je mehr diese die Seele er füllen, desto mehr müssen alle Schmerzen über den Tod gestillt werden. Ätzer dem Manne, der zu sehr an die Strenge und Schä7fe des Gedankens gewöhnt ist, lassen diese Bilder tausend unbeantwortete Fragen zurück und verlieren dadurch viel von ihrer tröstenden Kraft. So stehe ich denn hier mit meinem Tröste und meiner Loffnuna MilitöMOnk RWO -MOW. LWjetnnMn Frankreich angebaten. Sensationelle Mitteilung im Hecresausschutz der Kammer. Nach Pariser Meldungen hat im Heeresausschuß der Kammer der Abgeordnete Archimbaud als Bericht erstatter eine geradezu sensationelle Mitteilung gemacht, die über die bisherigen Nachrichten von einem mili tärischen Zusammengehen Frankreichs mit Rußland weit hinausgeht. Der Abgeordnete hat dabei u. a. ausgeführt: Die Annäherung zwischen Frankreich und Rußland sei in Wirklichkeit bereits viel weiter gediehen, als man cs selbst in der Öffentlichkeit Frankreichs wisse. Zwischen beiden Ländern bestehe ein tatsächliches Bündnis; denn Sowietrußland habe als erste Macht Frankreich die Ver- sicherung gegeben, Deutschland wolleden Krieg und nicht den Frieden. Frankreich könne nicht nur über die Luftflotte, sondern «nch über die Armee Rußlands ver fügen. Archimbaud hat schließlich die Hoffnung auf das Zustandekommen eines regulären allgemeinen französisch- rufsischen Bündnisses („alliLnvv") ausgesprochen. * / Wie erinnerlich, ist das Bestehen eines' solchen Militärbündnisses noch von dem französischen Außen minister Bart Hou, dem Vorgänger Lavals, in aller Form bestritten worden; es habe, so wurde versichert, immer nur „Verhandlungen" gegeben. Nach den obigen Ausführungen des Heeresberichterstatters der Kammer ist ein solches Militärbündnis Tatsache. Am ungeheuerlich sten aber ist die als B e g r ü n d u n g angegebene schwere Verdächtigung gegen Deutschland. Die wiederholten feierlichen Friedenserklärnngen Hitlers und feiner Regierung sind aller Welt bekannt. Das deutsche Volk bat noch am 12. November seiner rückhaltlosen Zu stimmung zu dieser Friedenspolitik einen imponierenden Ausdruck gegeben, und noch vor wenigen Tagen hat der Führer wiederum in einem Gespräch mit zwei französi schen Kriegsteilnehmern Deutschlands Friedensliebe be tont, — zur gleichen Zeit schließen die beiden größten Militärstaaten der Welt ein Bündnis mit einer ein deutigen Tendenz gegen Deutschland! Wer ist es nun, der Europa nicht zur Ruhe, zur friedlichen Arbeit und Ent wicklung kommen läßt? Wer ist es, der zum Kriege hetzt und rüstet? Der Wortlaut der Ausführungen in der Kammer. Die Ausführungen des Berichterstatters des Heeres ausschusses, Archimbaud, in der französischen Kammer über das Verhältnis zwischen Frankreich und Ruß land lauten wörtlich: „In der Erkenntnis, daß die Haltung Deutschlands den Frieden Europas zu gefährden droht, haben Frank reich und Rußland ihre Freiheit sichern wollen, und es ist nicht zu leugnen, daß eine Verständigung zwischen beiden Ländern besteht. Ich spreche weder das Wort Bündnis noch das Wort Militärabkommen aus. Ich stelle lediglich fest, daß die russische Armee stark ist und sehr gut aus gerüstet, und daß sie uns im Falle eines Kon fliktes mitDcutschland anaeboten ist. Pans dementiert Von amtlicher französischer Seite werden die im An schluß an die Ausführungen des Abgeordneten Archiw- baud in der Kammer verbreiteten Gerüchte von dem Ab schluß eines französisch-russischen Militärbünd nisses für unzutreffend erklärt. „Rußland marschiert mit Frankreich" und ähnliche Ueberschriftcn beherrschen in Sperrdruck die ersten Seiten der gesamten Londoner Abendpresse,die eingehend die Pari ser Berichte über die „amtliche Enthüllung des geheimen Paktes gegen Deutschland" veröffentlicht. Aus Genf berichten die Blätter, daß die Erklärung Archimbauds dort eine Sensation erzeugt habe. Es werde auch angcdcutct, daß cs sich nicht nur um ein Bündnis zwischen Frankreich und der Sowjetregierung, sondern um ein Drcicrbündnis, das die Tschechoslowakei einschließt, handele. * Frankreich ist gerüstet - aber es will den Frieden. Wichtige Äußerungen des Kricgsministcrs in der Kammer. In der sranzösischen Kammersitzung machte Kriegsminister Maurin äußerst bemerkenswerte Aus- führungen. — Da einige Kritiker die Ausgaben für dis Militärattaches als übermäßig hoch kritisiert hatten, bot sich dem Minister Gelegenheit, die riesigen Verdienste des französischen Militärattaches in Moskau um die Annäherung zwischen der fran zösischen und der russischen Armee hervorzuheben. Derartige Verdienste könnten nie hoch Henug bezahlt werden. — Frankreich müsse sich vor einem überraschenden Angriss in acht nehmen. Alles Nötige werde veranlaßt werden, damit eine Überraschung gegebenenfalls keine ernsten Folgen habe. Zu der Frage der Dienstzeit bekräftigte der Kriegsminister aufs neue, daß er an dem Gesetz über die einjährige Dienstzeit fest halten wolle, falls nicht außer gewöhnliche Umstände eintreten. Zum Schluß ermahnte der Minister zur Ruhe. Er hoffe, daß man auf die Vernunft der Völker vertrauen könne. Diejenigen, die den Krieg mitgemacht hätten, hätten sicher keine Lust mehr, einen neuen Krieg zu sehen, aber cs kämen neue Generationen, die die Schrecken des Krieges nicht kennen. Wenn es zu einem neuen Kriege komme, würde die Zivilisation Europas vernichtet werden. Er sehe nicht ein, warum große Völker, die stets ein Beispiel der höchsten Kultur gewesen seien, sich zerfleischen sollten um Fragen, die man auch aus andere Weise regeln könne. Die Kammer dürfe versichert sein, daß alles ge schahen werde, um die Landesverteidigung in Frankreich sicher;» st eilen, aber man solle auch keine Panikstimmung aufkommen lassen. — Die Worte gegen den Krieg wurden von sämtlichen Abgeordneten von der äußersten Linken bis zur Rechten mit stürmischem Bei fall begrüßt. vr. goebbels Iprach in Berlin Berlin, 23. November. Die Ankündigung, -aß der Reichsminister für Vvlksaufklärung und Propaganda, -er Ber liner Gauleiter Dr. Goebbels, am Freitag abend im Sport palast sprechen werde, hatte eine gewaltige Völkerwanderung nach diesem historischen Versammlungslokal verursacht, das allein auf dem bescheidenen, aber doch so reichen Wort der Schrift: „Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden; wenn es aber erscheinen wird, werden wir ihn sehen, wie er ist!", und auf dem kräftigen Gebet des Herrn: „Vater, ich will, daß, wo ich bin auch dre seren, die du mir gegeben hast." , Wer so sprechen kann hat den Ewrgkertsgedanken in seiner Tiefe erfaßt, er feiert wahrhaft Totensonntag im Geist der Urchristen, die glaubten, daß unter Todestag unser eigentlicher Geburtstag sei; für ihn bricht das ewige Licht nicht erst in einer zukünftigen Welt an, sondern es vergoldet mit seinen Strahlen schon das Diesseits: „Morgendämmerung weht mir draußen um das Haupt, Und sie kommt, die Sonne, der ich doch geglaubt. Lärm? bei euren Lampen und vergeßt mich schnell! LTAe, meine Lampel ---Bald i st alles <!" jahrelang den beispiellosen Kampf un- schließlich den glanzen den Sieg -er Partei gesehen hat. An die Berliner Volksge- nossen richtete sich die Einladung des Gaues Groh-Benm, nicht an eine der Parteiorganisationen. Umso besser aber kam durch den gewaltigen Andrang zum Ausdruck, daß auch wirk lich jeder Einzelne aus eigenem inneren Antrieb gekommen war, um Dr. Goebbels zu hören. Man erlebte wieder einmal, wie in früheren Zeiten so oft, daß schon in den Nachmittags- stundcn Tausende von Männern und Frauen zum Sportvalast kamen, um sich einen guten Platz zu sickern, und eine Stunos vor Beginn war der Sportpalast ü^om»- Tausende mußten mit einem Platz auf der Straße vor lieb nehmen, aber sie' hatten dafür d,e Freude, den Munster bereits bei der Anfahrt besonders gut sehen zu können. Zm Sportpalast zeigten große Transparente an^ was d-.r deutschen Volksgenossen heute am messen bewegt: Das Winterhilsswerk und die Saarfrage. „Not schmiedet Volksge meinschaft" hieß es, „Du Mst nicht spendens „Noch zwei Millionen Erwerbslose — 6o MMl- nen stehen für sie ein!"^ „Deutsch die Saar!". > Die Kapelle Fuhsel schmetterte die alten Kampflieder m den Saal, den 20 000 Menschen Kopf an Kopf gedrängt füll ten. Die große Nresselvge war bis auf den letzten Platz be-