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MchMftUME Vellage zu No. 87. Freitag, den 1. November I88S. SIMgemeinderathssitzMlg vom 24. Oktober 1889. 1 ., Wählte man durch Stimmzettel als Wahlmänner zur Wahl eines städtischen Vertreters in die Bezirksversammlung Herrn Stadtrath Amts richter Dr. Gangloff und die Herren Stadtverordneten Herrmann, Fischer, Galle, Starke und Dinndorf; 2 ., wurden als Deputirte für die diesjährige Stadtverordneten-Er- gänzungSwahl die Herren Stadtverordneten Major, Starke und Danndorf sowie aus der Bürgerschaft Herr Kaufmann Louis Wehner und Herr Stadt gutsbesitzer Carl Barth gewählt; 3 ., will man auf das durch die Königl. Amtshauptmannsoaft zu Meißen anher gelangte Gutachten der Königlichen Straßen- und Wasser- bauinspection Meißen II über die Fortführung des am Ausgange der in hiesiger Meißnerstraße neuerbauten Rohrschleuße sich ansammelnden Ab fallwassers zunächst beantragen, unter Hinzuziehung des hiesigen Stadtge- meinderaths eine Localbesichtigung vorzunehmen; 4 ., setzte nean die Fassung eines Beschlusses auf das ebenfalls anher gelangte Gutachten der Königlichen Straßen- und Wasferbau-Jn- spection Meißen II über die beabsichtigte Correction des Saubachbettes ober- und unterhalb der hiesigen Stadt aus; 5 ., wurde auf die Verfügung der Königlichen Amtshauptmannschaft zu Meißen, entweder die nicht heilbare aber auch nicht gefährliche geistes kranke Clara Auguste Jungnickel bis 30. November d. I. aus der Jrrcn- versorganstalt Hubertusburg zu entnehmen oder für dieselbe vom I. De zember d. I. einen jährlichen Verpflegbeitrag von 450 Mk. zu gewähren, beschlossen, die Kranke bis auf Weiteres unter dieser Bedingung in der Anstalt zu belassen; 6 ., erklärte man sich auf eine bezügliche Eingabe des Herrn von Schönberg-Pötting auf Tanneberg als Vorsitzenden des Comitös für das Eisenbahnproject Wilsdruff-Deutschenbora-Gadewitz mit diesem Projekte unter der Bedingung einverstanden, daß bei Ausführung desselben ganz besonders Mohorn mit Berücksichtigung finde; 7 ., will man die Königliche Staatseisenbahnverwaltung ersuchen, auch während des Winterhalbjahrs Nachmittags um 3 Uhr von hier regel mäßig einen Zug abgehen zu lassen; 8 ., soll das Gesuch des hiesigen Kirchenvorstands um Auswerfung eines Betrags von 1500—2000 Mk. zur Herstellung einer Beleuchtungs anlage in der hiesigen Stadtkirche bei Aufstellung des Haushaltplans auf das Jahr 1890 in Erwägung gezogen werden; 9 ., blieb man bei Ablehnung der zur Umlegung der Wasferleitungs- röhren auf hiesiger Meißnerstraße mit gestellten Bedingung, Widerruf betr., stehen. 10 ., will man das zwischen den Grundstücken des Herrn Leimfabrikant Wilhelm Krippenstapel und des Herrn Hausbesitzer Tränkner hierselbst gelegene Stückchen Grund und Boden zum Preise von 15 Mk. pro R an Ersteren verkaufen; 11 ., ist man mit dem Verkaufe eines zum hiesigen Armenhause ge hörigen, an Herrn Lohgerbermeister Kittels Grundstück gelegenen Stückchen Commun-Grund und Bodens einverstanden unk beauftragt man die Bau deputation mit Feststellung des Preises desselben; 12 ., faßte man Beschlüsse in zwei Unterstützungssachen. Wilsdruff, am 26. Oktober 1889. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. Vie Eisenbahn Ivils-rnff-Miltitz-Görna-Leutewih- Lenben-Veicha-Meila-Ga-ewitz. Man schreibt dem Meißner Tageblatt: Zum Zwecke der Einreichung einer Petition an die hohe Staatsregierung, um den Bau obengenannter Eisenbahn, fanden in voriger Woche drei berathmde Versammlungen statt. In der ersten Versammlung in Görna waren etwa 25 Rittergüter und Gemeinden; in der zweiten Versammlung in Leuben etwa 30 Rittergüter und Gemeinden und in der dritten Versammlung in Sornitz etwa 15 Rittergüter und Gemeinden durch zahlreiche Personen vertreten, und das Interesse für die Bahn war ein allgemeines und großes. Man beschloß, mit aller Energie zur Erreichung des Baues dieser Bahn vorzugehen, da das Bedürfniß einer Bahn für die Gegend, welche diese durchschneiden soll, ein sehr großes ist. Ein ganz besonderes Interesse für die Linie von Miltitz nach Gadewitz hat die Papierfabrik Robschütz, welche ungefähr 6—800 Centner täglich befördert, dann auch die Thongruben von Löthain, an welchen Ort die Bahn möglichst nahe Herangehen soll, da dieselben der Bahn allein etwa 600 000 Centner Frachten jährlich zuwelsen würden. Außer verschiedenen großen und kleineren Mühlen liefern noch im Mahnitzer Thal« große Steinbrüche bedeutende Frachten. Ein hervorragendes Interesse widmet aber auch die Landwirthschaft der Bahn, da eine der productivsten und besten Gegenden, der bis jetzt durch zu weite Entfernung von den Bahnlinien die Möglichkeit hierzu abgesprochen war, für den Zuckerrüben bau aufgeschlossen wird, denn die Bahn stellt nicht nur eine directe Ver bindung mit der Zuckerfabrik Döbeln, sondern auch mit der Zuckerfabrik Mühlberg her. Eine Production von jährlich 5—600 000 Centner Zucker rüben wird für die interessirtcn Ortschaften eine Leichtigkeit sein und bürgen allein diese Hauptfrachten schon dafür, daß sich die Bahn rentiren wird. Man wählte in allen Versammlungen Mitglieder zu einem Comits, welchem die Aufgabe zusteht, die Petition an die hohe Regierung mit allen Unterlagen vorzubereiten. Um aber diese Arbeiten zu beschleunigen, machte einer der Interessenten zur großen Befriedigung der Versammlung die Mittheilung, daß er die technischen Vorarbeiten bereits einem sachverständigen Ingenieur in Auftrag gegeben habe und daß dieselben in kürzester Zeit vollendet sein würden, womir die Möglichkeit gegeben sei, noch vor Zusammentritt des Landtages die Petition einreichcn zu können. Weiter wurde die Mittheilung gemacht, daß der betreffende sachverständige Ingenieur die Lage der Bahn für eine sehr günstige erklärt, da dieselbe zumeist als Thalbahn sehr günstige Steig- ung-verhältniffe hätte nnd dadurch in der Anlage ungemein billiger als «me Höhenbahn, wie z. B. die Concurrenzlinie Wilsdruff-Deutschenbora- Starbach-Gadewitz sein würde. Interessant war es, zu erfahren, daß die Linie von Wilsdruff über Miltitz-Leuben nach Gadewitz durchaus nicht länger sein würde, als die des Concurrenzprojektes von Wilsdruff über Deutschenbora nach Gadewitz. Mit großer Freude wurde dann eine Mittheilung des Herm Steiger- Leutewitz begrüßt, daß der Gewerbeverein von Meißen durch eine Zuschrift seines Herrn Vorsitzenden ein reges Interesse für den Bau von Wilsdruff nach Miltitz bekundet und die Petition in jeder Weise zu unterstützen be schlossen habe. Die Versammlungen vereinbarten, die Kosten für die Vorarbeiten freiwillig aufzubringen und es wurde das hohe Interesse für die Bahn gleich in der ersten Versammlung dadurch bekundet, daß sofort 200 Mk. freiwillige Beiträge gezeichnet wurden. Durch fremde Schuld. Original-Roman von E. v. Linden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der Einwurf war zu richtig, um nicht anerkannt zu werden. Wäre Lieutenant Frank nicht zurückgekommen, dann hätte auch die arme Frau Peters nie eine Ahnung von der guten Gesinnung ihres Herrn erhalten, während dem Erben so wie so alles gehörte. Reinecke kam nun mit den Werthpapurm zum Vorschein und wußte das Verschwinden der großen Baarsumme, sowie der Juwelen in ein so klares Licht zu setzen, daß die beiden Beamten immer unruhiger wurden und sich schließlich der Ueb erzeugung, daß der unglückliche Fichtner durch ein Verbrechen den Tod gefunden, nicht länger erwehren konnten. „Sie werden mir hiernach sicherlich beipflichten, meine Herren!" so schloß Reinecke seinen Vortrag, „daß eine nochmalige Untersuchung der Leiche dringend erforderlich ist." „Gewiß, gewiß," rief der Bürgermeister, „ich werde mehrere Aerzte dazu berufen, damit wir genügende Beweise erhalten und dem armen Fichtner noch im Tode Genugthuung verschaffen. Es liegt demnach ein Raubmord vor," wandte er sich an den Polizeihcrrn, „was natürlich Sie am meisten interessiren wird, lieber College! —" „Warten wir die Besichtigung ab," erwiderte dieser unruhig und er regt, „Sie wünschen derselben jedenfalls beizuwohnen, mein Herr?" „Ja, ich bitte sehr darum, Herr Polizei-Director!" „Gut, dann geben Sie dem Herrn doch gleich einen Schein für den Todtengräber, wir werden Leute nach dem Kirchhof schicken, um den Sarg nach dem Hospital zu schaffen, nicht wahr, lieber Freund und College?" Der Bürgermeister nickte und griff nach seinem Hut, um mit Rei necke sofort nach seinem Hause zurückzukehren und ihm den Schein für den Todtengräber zu schreiben, wobei er die Befürchtung nicht unterdrücken konnte, daß es am Ende schon zu spät sei und die Leichenschau kein Re sultat mehr dringen könne." „Hoffen wir das Beste," sprach Reinecke, „ich zweifle auch ohne dergleichen nicht im geringsten mehr an dem Raubmord." „Wenn man nur einen Anhaltspunkt für ein solches grauenhaftes Verbrechen hätte," meinte der Bürgermeister tief ergriffen, „hier ist seit undenklicher Zeit dergleichen nicht passirt. Ich wüßte in der That nicht, nach welcher Seite hin ich meinen Verdacht lenken sollte, da wir wohl hin und wieder ein arbeitsscheues Subjekt und einen Trunkenbold aufzu weisen haben, aber keinen derartigen Verbrecher." „Es kann's ja ein Fremder gethan haken, Herr Bürgermeister, — ein Mensch, welcher den Verstorbenen früher gekannt, und mit seinen Vcrmö- gensverhältnissen sowohl wie auch mit seiner einsiedlerischen Lebensart genau vertraut gewesen ist. Warten wir die Leichenschau ab, das Uebrige soll sich dann schon finden." Reinecke ging und der Bürgermeister blickte ihm durchs Fenster nach. „Der Mann scheint mir einer vom Criminalfach zu sein," brummte der Beamte, „sollte denn der Pflegesohn von vorherein an einen Mord geglaubt und sich den Detectiv gleich mitgebracht haben? — Curiose Ge schichte ! Kann doch noch nicht so recht daran glauben." Er mußte es aber doch, weil der rechte Mann dahinter saß, welcher die Herren Aerzte sowohl wie auch die Beamten weidlich schwitzen machte und ihre ganze Autorität mit seinem Scharfblick, seiner haarscharfen Logik über den Haufen warf. Allerdings waren jetzt mehrere Aerzte bei der Leichenschau zugegen, welche schließlich, als die Lage des Erhängten, sowie das zerwühlte Bett durch Frau Peters noch bezeugt worden, sich in dem Ausspruch einigten, daß in der That hier ein Verbrechen vorliege und der unglückliche Fichtner von fremder Hand ermordet sein müsse! Als dies Resultat der Leichenschau, welche das ganze Städtchen in eine fieberhafte Aufregung versetzt hatte, bekannt wurde, war Alles wie von Entsetzen gelähmt. Wer konnte den armen Fichtner, von dem jeder nun plötzlich irgend etwas Gutes zu erzählen wußte, gemordet und beraubt haben? — Die Summen wurden ins Ungeheuerliche vergrößert, die Juwelen zu unbezahlbaren Krondiamanten gemacht. Das konnte kein Bewohner dieser Stadt vollbracht haben, dazu gehörte schon ein Richtiger aus Berlin, einer, der das Handwerk gründlich studirt hatte. Aber kein Mensch hatte einen solchen gesehen, er konnte sich doch nicht unsichtbar machen! So debattirte das Volk auf der Gasse, so der Handwerker in seiner Werkstatt, bis hinauf in die vornehmsten Regionen. Gehörte der Ermor dete doch auch zu einer der vornehmsten und reichsten Familien, welche das Bürgermeisteramt inne gehabt und mit dem jetzigen Haupte der Stadt in naher Verwandtschaft stand. Als es nun gar ruchbar wurde, daß Frau PcterS den muthmaßltchm Mörder gesehen, ja, sogar mit ihm gesprochen habe, da wurde die alte Frau gesucht und gefeiert und sogar zu einer Art Respectsperson erhoben. Nun kam auch der Kutscher, welcher den seltsamen Passagier früh morgens von N. nach der Station Ringelberg gefahren hatte und erzählte auf der Polizei, wie wunderlich derselbe ihm vorgekommen sei, und wie er gleich gedacht Hobe, daß es nicht ganz richtig mit ihm sein müsse. Der Polizeiherr ließ alles zu Protokoll nehmen. „Haben Sie bereits einen Plan?" fragte er Reinecke, der händereibend