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WeM MÄff WnM, Wi, Zikdeilkb» »t die WPgcütL ArnLsbtcrLL für die Kgl. Amtsbauptmannschaft zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den Atadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich I Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 1V4. Dienstag, den 31. Dezember 188S. Die Zeit ist um, das alt« Jahr will sterben, Ein leiser Schauer geht von Land zu Land, In wenig Stunden drückt es seinem Erben Das stolze Scepter in die junge Hand: Ein König stirbt, die Unterthanen harren Auf seinen letzten leisen Athemzug, Die Zeiger schreiten fort, die Räder knarren, Die letzte Stunde schlägt — es ist genug. Silvesterabend Mit feierlichem Ton die Glocken bringen Dem todten Herrscher ihren Scheidegruß, Dazwischen aber tönt der Gläser Klingen Bei Jubel, Segenswunsch und Freundcskuß. Der alte Brauch hat sich ein Recht erworben, Es gilt wie ehedem, so heute noch, Daß mit dem Wort: der König ist gestorben! Sich eint der Ruf: der König lebe hoch! Doch mancher sitzet still in seiner Kammer Und sinnt des todten Herrschers Wirken nach; Er denkt an bitt're Stunden voll von Jammer, An Tage, reich an schwerem Ungemach; In seinem Herzen nagt's dem übervollen, Er sicht im Geiste manches theure Grab, Und aus den Augen heiß und schmerzlich rollen Die Thränen auf die Wangen ihm herab. Gar manche schöne Blüthe mußte sterben, Es ward manch hoffnungsvoller Keim zerstört, Was unser Stolz war, sahen wir verderben, Und was wir wünschten, ward uns nicht erhört. Aus tausend Herzen zittern bange Klagen So wehmuthsvoll durch die Sylvesternacht — Und doch, der Aermste sollte heut' sich fragen: Hat dir nicht auch ein Sonnenstrahl gelacht? O sei gerecht und grolle nicht vermessen! Gab dir das Jahr auch nur ein Tröpflein Glück, Sei dankbar drob und woll' es nicht vergessen, Und trag' in Demuth auch dein Mißgeschick! Auch dir ist wieder beff're Zeit beschieden, Weil noch nach jeder Nacht ein Morgen war, D'rum gönn' dem todten König seinen Frieden — Geh' heim zu deinen Brüdern, altes Jahr! (CH. Tgbl.) Bekanntmachung, das Schlachten und Verpfunden von Viehstücken betreffend. Wie das Ministerium des Innern wiederholt ausgesprochen hat, liegt die im Gesetz- und Verordnungsblatte Seite 295 abgedruckte Verord nung des Finanzministeriums vom 26. Juli 1864 lediglich auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung, insofern sie zur Lösung eines hierunter entstandenen Zweifels darüber Bestimmung trifft, wer der Steuerbehörde gegenüber als ein solcker anzusehen ist, welcher „das Viehschlachten gewerbsmäßig" betreiben will, mithin die Voraussetzung festsetzt, unter welcher die Verpflichtung zur Anmeldung der zum Schlachten und zur Auf bewahrung des Fleischwerkes dienenden Räume bei dem Haupt-Zoll- oder Haupt-Steueramt des Bezirkes einzutreten hat. Die angezogene Verordnung hat daher weder das damals geltende Königlich Sächsische Gewerbegesetz abgeändert und abändern können, noch steht sie mit der gegenwärtig geltenden Deutschen Gewerbeordnung in Widerspruch. Da durch sie den gewerbepolizeilichen Vorschriften über die Anmeldung des Gewerbebetriebes bei den Gewerbspolizeibehörden nicht präjudicirt wird, so ist in jedem einzelnen Falle zu prüfen, ob das Schlachten und Verpfunden von Viehstücken die Kennzeichen der Gewerbsmäßigkeit an sich tragen und eventuell ob eine Verletzung der gewerbspolizeilichen Bestimmungen vorliegt oder nicht. Irrig ist daher die vielfach ausgesprochene Ansicht, daß Jeder innerhalb eines Kalenderjahres nach der Verordnung vom 26. Juli 1864 bis zu drei steuerpflichtigen Viehstücken zu schlachten und zu verpfunden berechtigt sei und wegen unbefugten gewerbsmäßigen Ausschlachtens nicht bestraft werden könne. Es w'rd vielmehr unter Umständen auch schon wegen eines ein- oder zweimaligen schlachtens und Verpfundens eine Bestrafung ein treten können und hinwiederum von einer strafrechtlichen Verfolgung eines öfteren als dreimaligen Schlachtens und Verpfundens innerhalb eines und desselben Jahres abzusehen sein. In jedem Falle aber ist davon auszugehen, daß das etwaige Verlangen, daß Jeder, der auch nur ein Viehstück ausschlachte und verpfände, eine mit gewecbspolizeilichsr Genehmigung versehene Schlächtereianlags besitzen müsse, ein zuweitgehendes und demnach zurückzuweisen ist. Dresden, den 18. November 1889. Ministerium des Innern. vsn Nostitz-Wallwitz. Gersdorf. Bekanntmachung das Standesamt Blankenstein betreffend. Nachdem Herr Gemeindevorstand Birkner in Blankenstein heute als Standesbeamter für den zusammengesetzten Standesamtsbezirk Blankenstein verpflichtet worden ist, wird dies andurch veröffentlicht. Meißen, am 28. Dezember 1889. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Kirchbach. Tagesgeschichte. Weihnachtsfriede und Weihnachtsstimmung waren die Kennzeichen der abgelaufenen Woche. Politische Ereignisse von irgend welcher Be deutung haben sich nicht zugetragen, und in den Weihnachtsartikel der be deutenderen Blätter prägt sich allenthalben eine durchaus friedliche Auf fassung der Weltlage und zumeist auch der Wunsch nach inneren Frieden aus. Für die grundsätzliche Opposition freilich gicbt es ebensowenig bei uns wie anderwärts die rechte Beachtung des Weihnachtsfriedens, das ändert aber nichts an der erfreulichen Thatsache, daß die diesjährige Weih nachtswoche kein« ernste Trübung erfahren hat. Die Karserfamilie hat das Weihnachtsfest in der herkömmlichen Weise gefeiert und dabei Gelegenheit genommen, von seiner mildthätigen Gesinnung Zeugniß abznlegen. DerDeutsche Reichstag und die übrigen Parlamente feiern. Ferner wird derselbe nach seinem Wiederzusammentritt zunächst dieEtats- berathung in zweiter Lesung erledigen, dann einige andere Vorlagen und darauf in die zweite Lesung des Sozialistengesetzes eintreten. Von parlamentarischer Seite wird der „Börsenzeitung" geschrieben: ES ist bereits öfter die Rede davon gewesen, daß unmittelbar nach den Weihnachtsferien des Parlaments der Reichskanzler Fürst Bismarck nach Berlin kommen werde, um eventuell in den Gang der Reichstagsverhand lungen einzugreifen. Man thut jedoch gut, alle solche Nachricht-n mit Vor sicht aufzunehmen. Vorläufig liegt kaum ein Veranlassung vor, welche that- sächlickes und persönliches Eingreifen des ersten Rathgebers unseres Kaisers als nöthig erscheinen ließe. Wohl sind vom Etat noch die beiden wich tigen Ressorts der Marine und des Landheercs zu erledigen, aber dieselben haben in der Commission eine so eingehende Erörterung erfahren, daß ein Eintreten de» Reichskanzler« für einzelne Posten kaum erforderlich erscheint. Zu einer Darlegung der allgemeinen politischen Situation, wozu der Reichs kanzler wohl sonst den Militäretat benutzte, fehlt auch jetzt die nöthige Veranlassung, die Situation ist eine vollkommen friedliche, und diese Ver sickerung braucht glücklicher Weise nicht aufs Neue aus dem Munde deS Reichskanzlers gegeben zu werden; außerdem hängt aber die Umwandlung in unserem Heerwesen nur mittelbar mit der politischen Situation zu sammen, denn diese Umwandlung bedeutet keine Vermehrung unserer Streit kräfte. sondern nur eins bessere Vertheilung und Organisation derselben. Ein Motiv würde allerdings für ein Eingreifen des Fürsten Bismarck sprechen: das ist die Beschleunigung der parlamentarischen Arbeiten, die dadurch sicherlich herbeigcführt werden würde. Eine solche kann aber auch die Reichstagsmehrheit selbst in die Hand nehmen, wenn sie stets vollzählig zur Stelle ist. Während die Arbeiterbewegung in den deutschen Kohlenrevieren in erfreulichem Rückgang begriffen ist, zeigt sich das Gegentheil in Belgien. Im Kohlenrevier von Charleroi wächst die Zahl der Streikenden täglich, und man befürchtet eine allgemeine Arbeitseinstellung. Die Bergleute aller Gruben sind eng verbunden, und das erhöht die Stärke und Gefahr der Bewegung. Im Elberfelder Sozialistenprozeß legte der Staatsanwalt zum Schluffe seiner Replik gegenüber den Ausführungen der Vertheidigung nochmals den staatsgefährlichen Charakter der Sozialdemokratie dar und führte aus: Da« Sozialistengesetz hat unter allen Umständen insoweit segensreich gewirkt, als es eine gewisse erziehliche Einwirkung auf die Aeußerungen der Sozialde mokratischen Agitation ausgeübt, als es insbesondere die revolutionäre Propa ganda möglichst unterdrückt hat, und wenn wir somit ein Recht zu der An nahme haben, daß cs vielleicht dem Sozialistengesetz zu danken ist, daß eS bisher zu dem Ausbruche von Gewaltthätigkeiten nicht gekommen ist, so